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Als Troubadour franzosische Wortform oder Trobador ursprungliche okzitanische Wortform bezeichnet man einen Dichter Komponisten und Sanger hofischer mittelalterlicher Lieder insbesondere der in okzitanischer Sprache verfassten Trobadordichtung im sudlichen Frankreich Die Zeit der Trobadore als deren fruhester Vertreter Wilhelm IX von Aquitanien gilt ist vor allem das 12 und 13 Jahrhundert Als letzter Trobador wird oft Raimon de Cornet bezeichnet Weibliche Trobadors heissen Trobairitz Die Dichter im Nordosten Frankreichs die sich des Altfranzosischen bedienten und die anglonormannischen Dichter in England nennt man Trouveres Wilhelm IX von Aquitanien Darstellung aus Bibliotheque Nationale MS cod fr 12473 13 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Wortgeschichte 1 1 Etymologie 1 2 Trobador Troubadour Trouvere 2 Bekannte Troubadors und Trobairitz 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseWortgeschichte BearbeitenEtymologie Bearbeiten Okzitanisch trobador Obliquus mit der Nebenform trobaire Nominativ und der weiblichen Form trobairitz ist abgeleitet von dem Stammwort trob wie in der Verbform trobar Letzteres bedeutet finden erfinden ein Lied schaffen komponieren und entspricht der vom Inventio Begriff der antiken Rhetorik gepragten Auffassung dass der dichterische rednerische musikalische Schaffensprozess in erster Linie ein zweckgerichtetes Finden geeigneter Ausdrucksmittel und Themen als Orte loci topoi in den Werken der Vorganger bzw in der diese Werke memorierenden Erinnerung ist Die Herkunft des Wortes trobar ist nicht sicher geklart In der Romanistik wird seit Gaston Paris 1909 meist ein quellenmassig nicht belegtes aber phonetisch lautgesetzlich aus trobar und aus altfranzosisch trouver erschlossenes lateinisches Wort tropare angenommen das zunachst in musikalischer Fachsprache komponieren einen musikalischen Tropus komponieren bedeutet habe und seine Bedeutung dann sukzessive zu dichten und schliesslich allgemein finden erweitert habe Ob contropare vergleichen bzw contropatio Vergleich das von Leo Spitzer 1940 aus vereinzelten Quellenbelegen des 6 Jahrhunderts beigebracht wurde diese These stutzen kann ist fraglich Doch wird das Gallo Romische TROPATOR als mogliche Quelle des Okzitanischen Trobaire und Altfranzosischen trovere gt F trouvere und TROPATŌRE des Okzitanischen trobador und Altfranzosischen troveor troveeur betrachtet 1 Seltener vertreten wird die auf Friedrich Diez 1861 zuruckgehende und spater von Hugo Schuchardt weiterentwickelte These dass lateinisch turbare aufwuhlen eine phonetisch unregelmassige eventuell durch erschlossenes trublare aufstobern beeinflusste Entwicklung zu galloromanisch TROPARE gt O trobar F trouver gt Italienisch trovare in der Bedeutung von finden genommen habe und so auch in einer engeren Bedeutung fur das musikalisch poetische Er Finden inventio in Gebrauch kommen konnte Von arabistischer Seite so zuerst von Julian Ribera 1928 wurde speziell fur diese engere poetisch musikalische Bedeutung Einfluss aus arabisch ṭaraba طرب singen durch Gesang unterhalten vorgeschlagen was in jungerer Zeit auch wieder von Maria Rosa Menocal 1982 83 engagiert vertreten wurde in der Romanistik aber nur zogerlich Beachtung gefunden hat und im Ubrigen die Entstehung der allgemeinen Wortbedeutung finden auch noch nicht erklaren konnte Es wird von den einzigen alten Texten uber die die wir hierzu verfugen deutlich gezeigt dass das altfranzosische Wort trover viel fruher urkundlich erwahnt wird als das okzitanische Wort trobar Trover ist tatsachlich schon in der Vie de saint Leger 10 Jahrhundert zu finden Es bedeutet eigentlich entdecken begegnen Es wird nochmal im 11 Jahrhundert mit einem naheren Sinn im Alexiuslied erwahnt Erst im 12 Jahrhundert bedeutet es bei Wace etwas mit Versen komponieren 2 Trobador Troubadour Trouvere Bearbeiten In der Romanistik unterscheidet man gemass den ursprunglichen altokzitanischen und altfranzosischen Bezeichnungen Trobadors d h Dichter von Trobadordichtung speziell in der altokzitanischen Literatursprache Sudfrankreichs in der auch galicische katalanische gaskognische und italienische Dichter Lieder verfassten Trouveres d h Dichter in der altfranzosischen Literatursprache Nordfrankreichs die bzw deren anglonormannische Variante nach der Eroberung Englands durch die Normannen zeitweise auch die Literatursprache der englischen Oberschicht und ihrer Dichter war Das altfranzosische Wort trouvere kam mit dem Ausgang des Mittelalters ausser Gebrauch und wurde im Franzosischen seit dem 16 Jahrhundert durch die Lehnbildung troubadour ersetzt die dann okzitanische und nordfranzosische Vertreter gleichermassen bezeichnen konnte und seit dem 18 Jahrhundert mit dieser erweiterten Bedeutung auch ins Deutsche ubernommen wurde Mit dem Entstehen einer wissenschaftlichen Romanistik wurde die fachsprachliche Bedeutung des Wortes troubadour trobador wieder auf die okzitanischen Vertreter der Trobadordichtung eingegrenzt wobei sich speziell in der deutschsprachigen Romanistik seit einigen Jahrzehnten auch wieder die Ruckkehr zu der ursprunglichen okzitanischen Wortform Trobador statt Troubadour durchgesetzt hat wahrend in Frankreich in den Niederlanden und in der englischsprachigen Literatur die nordfranzosische Schreibweise troubadour weiter vorherrscht Die deutschen Minnesanger werden normalerweise nicht als Troubadoure bezeichnet sofern nicht kolloquial ganz allgemein mittelalterliche Liederdichter ohne besondere Rucksicht auf ihre Sprache gemeint sind In ubertragener und dann meist ironisch gefarbter Bedeutung wird Troubadour manchmal auch fur moderne Chansonniers oder Schlagersanger gebraucht Bekannte Troubadors und Trobairitz BearbeitenDie folgende Auswahl gibt eine Ubersicht bedeutender Troubadors und Trobairitz in ungefahrer Chronologie Wilhelm IX Herzog von Aquitanien 1071 1126 oder 1127 erster Trobador Jaufre Rudel vor 1113 um 1170 Marcabru vor 1127 1148 Cercamon vor 1135 nach 1146 Rigaut de Berbezilh aktiv um 1150 Peire d Alvernha aktiv um 1170 Bernart Marti aktiv um 1170 Alfons II von Aragon 1157 1196 Berenguer de Palou aktiv 12 Jahrhundert Giraut de Bornelh aktiv 1162 1199 Bernart de Ventadorn 1130 1140 1190 1200 Folquet de Marselha ca 1150 1231 Raimbaut d Aurenga 1147 1173 Blondel de Nesle um 1155 um 1210 Azalais de Porcairagues aktiv 2 Halfte des 12 Jahrhunderts Beatriz de Dia aktiv 2 Halfte 12 Jahrhundert Guillem de Berguedan oder de Bergueda aktiv um 1180 Peire Vidal aktiv 2 Halfte 12 Jahrhundert Gavaudan aktiv Ende 12 Jahrhundert Raimbaut de Vaqueiras nach 1202 Gaucelm Faidit vor 1185 nach 1202 Arnaut Daniel um 1150 um 1200 oder 1210 Bertran de Born vor 1140 1215 Castelloza fruhes 13 Jh Peire Cardenal aktiv 13 Jahrhundert Aimeric de Peguilhan um 1170 um 1230 Peire de Corbian aktiv 13 Jahrhundert Bertran d Alamanon aktiv um 1250 Guillem de Montanhagol aktiv um 1250 Cerveri de Girona aktiv 2 Halfte 13 Jahrhundert Jacques Bretel aktiv um 1286 Guiraut Riquier aktiv 2 Halfte 13 Jahrhundert Jehannot de Lescurel 1304 auch Jehan de Lescurel Joan Blanc aktiv um 1360 Bernat de Palaol aktiv letztes Viertel 14 Jahrhundert Literatur BearbeitenDiese Zusammenstellung enthalt Literatur zu den Troubadours allgemein Literatur zur Dichtung der provenzalischen Trobadors findet sich in der Literaturliste des Artikels Trobadordichtung SammlungenMittelalterliche Lyrik Frankreichs Ausgewahlt und ubersetzt von Dietmar Rieger Zweisprachig Reclam Stuttgart Band 1 Lieder der Trobadors provenzalisch deutsch RUB 7620 1980 ISBN 3 15 007620 X Band 2 Lieder der Trouveres franzosisch deutsch RUB 7943 1983 ISBN 3 15 007943 8 SekundarliteraturEugene Baret Les troubadours et leur influence sur la litterature du midi de l Europe avec des extraits et des pieces rares ou inedites 2 Auflage Paris 1867 Nachdruck Slatkine Genf 1969 Theodor Frings Minnesanger und Troubadours Akademie Verlag Berlin 1949 Simon Gaunt Sarah Kay The Troubadours An Introduction Cambridge University Press Cambridge 1999 ISBN 0 521 57388 2 Jorn Gruber Die Dialektik des Trobar Untersuchungen zur Struktur und Entwicklung des occitanischen und franzosischen Minnesangs des 12 Jahrhunderts Niemeyer Tubingen 1983 Ernest Hoepffner Les troubadours dans leur vie et dans leurs œuvres Colin Paris 1955 Ingrid Kasten Frauendienst bei Trobadors und Minnesangern im 12 Jahrhundert Zur Entwicklung und Adaption eines literarischen Konzepts Winter Heidelberg 1986 Erich Kohler Trobadorlyrik und hofischer Roman Aufsatze zur franzosischen und provenzalischen Literatur des Mittelalters Rutten amp Loening Berlin 1962 Ulrich Molk Trobadorlyrik Eine Einfuhrung Artemis Verlag Munchen 1982 Rene Nelli L erotique des troubadours 2 Bande Union Generale d Editions Paris 1974 Rene Nelli Troubadours et trouveres Hachette Paris 1979 Linda Paterson The World of the Troubadours Medieval Occitan Society c 1100 c 1300 Cambridge University Press Cambridge 1993 Alfred Pillet Bibliographie der Troubadours Niemeyer Halle 1933 Neudruck Franklin New York 1968 Hans Gerd Tuchel Hrsg Die Trobadors Leben und Lieder 3 Auflage Sammlung Dieterich Band 104 Dieterich Leipzig 1985 Gero von Wilpert Sachworterbuch der Literatur 8 Auflage Kroner Stuttgart 2013 ISBN 978 3 520 84601 3 S 854f Eliza Zingesser Stolen Song How the Troubadours Became French Cornell University Press 2020 ISBN 978 1 5017 4763 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Troubadour Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Zur Etymologie von trobadour Angie Haley Never Will You Ascend to Her Hispano Arabic Influence on the Concept of Courtly Love in Washington College Review 12 2004 S 15 26 Kevin Tuite Of Phonemes Fossils and Webs of Meaning The Interpretation of Language Variation and Change PDF 844 kB Einzelnachweise Bearbeiten Jacques Allieres La formation de la langue francaise coll Que sais je editions PUF 1982 p 49 2 Imparisyllabiques b Mots en OR ŌRE CNRTL herkunft von trouver Franzosisch Normdaten Sachbegriff GND 4186337 9 lobid OGND AKS LCCN sh85138082 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Troubadour Kunstler amp oldid 235636750