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Die Phonetik altgriechisch fwnhtikos phōnetikos deutsch zum Tonen Sprechen gehorig von fwnh phōnḗ deutsch Stimme 1 auch Lautlehre ist eine wissenschaftliche Disziplin die Sprachlaute unter den folgenden Aspekten untersucht Lautproduktion im Artikulationstrakt Lunge Kehlkopf Rachen Mund und Nasenbereich die akustischen Eigenschaften der Laute und die Lautwahrnehmung und verarbeitung durch Ohr und menschliches Gehirn Die Phonetik ist ein eigenstandiges interdisziplinares Fachgebiet zwischen Linguistik Anatomie Physiologie Neurologie Physik und Mathematik Der Gegenstandsbereich der Phonetik ist die gesprochene Sprache in all ihren Realisierungen source source source source source source Darstellung des Sprechvorgangs in Echtzeit Magnetresonanztomographie Die Phonetik ist abzugrenzen von der Phonologie als einem Teilgebiet der Sprachwissenschaft die Sprachlaute unter einem anderen Aspekt untersucht Die Phonologie ist Teil der Grammatik und behandelt Laute hinsichtlich der Funktion die sie im System verschiedener Sprachen haben Die Phonetik dagegen befasst sich mit den physikalischen neurologischen und physiologischen Aspekten die bei der Lautproduktion ubertragung und wahrnehmung relevant sind und bedient sich dabei naturwissenschaftlicher Methoden Inhaltsverzeichnis 1 Angrenzende Facher und verwandte Fachdisziplinen 1 1 Abgrenzung zur Phonologie 1 2 Interdisziplinares Fachgebiet 2 Geschichte der Phonetik 3 Teilbereiche der Phonetik 3 1 Hauptarbeitsgebiete 3 2 Artikulatorische Phonetik 3 3 Akustische Phonetik 3 4 Auditive oder perzeptive Phonetik 3 5 Weitere mogliche Klassifikationen der Teilbereiche der Phonetik 4 Phonetik der Einzelsprachen 5 Angewandte Phonetik 6 Literatur 6 1 Einfuhrungen und Nachschlagewerke 6 2 Artikulatorische akustische und auditive Phonetik 6 3 Phonetik von Einzelsprachen 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAngrenzende Facher und verwandte Fachdisziplinen BearbeitenAbgrenzung zur Phonologie Bearbeiten Die sprachwissenschaftliche Disziplin der Phonologie ist mit der Phonetik eng verwandt Die Phonologie klassifiziert Laute und grossere Einheiten aufgrund ihrer Verteilung und Funktion in einer spezifischen Sprache Aufgrund von Minimalpaaren wie z B rot und tot identifiziert die Phonologie die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Laute einer Sprache die Phoneme hier ʀ und t Im Gegensatz zur Phonologie untersucht die Phonetik die konkreten artikulatorischen und akustischen Merkmale der Laute aller Sprachen d h sie beschaftigt sich damit wie sprachliche Laute gebildet werden wie sie durch das menschliche Ohr aufgenommen und im Gehirn weiterverarbeitet wird und wie man sprachliche Laute akustisch messen und beschreiben kann Kleinste Einheit in der Phonetik ist der Laut oder das Phon die kleinste Lauteinheit in dem Lautkontinuum der gesprochenen Sprache Diese kleinsten Einheiten werden durch Analyse und Zerlegung von sprachlichen Ausserungen identifiziert In der Phonetik kann dann z B beschrieben werden durch welche Artikulation diese Laute erzeugt werden 2 Einem Phonem der abstrakten Einheit aus der Phonologie entsprechen in einer Lautausserung ein oder mehrere Phone Phone die in einer bestimmten Sprache als Varianten desselben Phonems zahlen also in der jeweiligen Sprache funktionsgleich sind nennt man auch Allophone dieses Phonems Ubergreifende lautliche Einheiten und Merkmale wie Betonung Phrasierung und Intonation werden ebenfalls in der Phonetik hinsichtlich ihrer substantiellen Eigenschaften und in der Phonologie hinsichtlich ihrer Klassifizierung und sprachlichen Funktionen untersucht Interdisziplinares Fachgebiet Bearbeiten Die Phonetik ist ein interdisziplinares Fachgebiet das Ergebnisse und Methoden aus den Fachern Anatomie Physiologie Neurologie Physik und Mathematik nutzt 3 Fur die Beschreibung der Lautbildung mit Lunge Kehlkopf sowie Mund und Nasenraum nutzt die Phonetik Erkenntnisse aus der Anatomie und der Physiologie fur die Beschreibung der Lautverarbeitung durch das menschliche Gehirn Ergebnisse der Neurologie Die Physik speziell das Teilgebiet der Akustik ist relevant fur die Beschreibung der Schallubertragung der sprachlichen Laute ebenso wie einige Erkenntnisse aus der Mathematik die das mathematische Gerust zur Beschreibung von Schallwellen bietet z B Fourier Analysis Die Phonetik wird in vielen Publikationen als interdisziplinares naturwissenschaftliches Fachgebiet gesehen 3 viele Einfuhrungen in die Sprachwissenschaft fuhren sie aber auch als Teilbereich der Sprachwissenschaft und behandeln sie gemeinsam mit den sprachwissenschaftlichen Disziplinen Phonologie Morphologie und Syntax 4 Neben der Phonetik und Phonologie haben u a auch die Facher Sprechwissenschaft Sprecherziehung Rhetorik Sprechkunst Klinische Linguistik Logopadie und Sprachheilpadagogik gesprochene Sprache zum Inhalt Geschichte der Phonetik Bearbeiten Jean Pierre Rousselot gehorte zu den Pionieren der Sprachaufzeichnung fur wissenschaftliche Zwecke Sein zentrales Werk dazu war Principes de Phonetique Experimentale von 1897 Es beeinflusste viele Forscher nach ihm Im Bild sein Apparat zur Sprachaufzeichnung um 1900 Die Ursprunge der Phonetik gehen zuruck bis in eine Periode zwischen 800 und 150 v Chr auf dem indischen Subkontinent wo indische Linguisten die Phonetik des Sanskrit beschreiben 5 In der europaischen Antike und in der Renaissance wurden die Grundlagen fur eine systematische Beschreibung der Artikulationsorgane gelegt So hat sich bereits in der Antike der Arzt Galenus mit dem Aufbau des Kehlkopfs beschaftigt und auch der Arzt und Naturwissenschaftler Avicenna befasste sich im 11 Jahrhundert wissenschaftlich mit der Phonetik 6 7 Insgesamt sind im Mittelalter jedoch eher Ruckschritte bezuglich der Erkenntnisse und Vorstellungen zur sprachlichen Lautproduktion und rezeption zu verzeichnen was sich erst in der Renaissance wieder anderte Sogar Leonardo da Vinci kann als Vorlaufer der Phonetiker genannt werden denn seine Studien an sezierten Leichen trugen zum Wissen uber den Aufbau des Kehlkopfes bei 8 9 Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften in der Neuzeit entstanden erst die Voraussetzungen fur die Phonetik als naturwissenschaftliche Disziplin z B die akustische Schwingungslehre mit der der Mathematiker Leonhard Euler gegen Ende des 18 Jahrhunderts die akustischen Eigenschaften von Vokalen genauer zu beschreiben versuchte Im 18 Jahrhundert findet man auch die ersten Versuche Sprache kunstlich zu erzeugen Beispielhaft sei hier Wolfgang von Kempelen genannt der ab 1769 an einer sprechenden Maschine arbeitete 9 Rekonstruktion der Sprechmaschine von Kempelens Einen Aufbruch erlebte die Phonetik im 19 Jahrhundert als technische Apparate wie der Phonograph zur Verfugung standen mit denen erstmals sprachliche Laute aufgezeichnet und analysiert werden konnten Jean Pierre Rousselot gehorte zu den Pionieren der Sprachaufzeichnung fur wissenschaftliche Zwecke und kann als einer der Grundervater der Phonetik als Wissenschaftsdisziplin genannt werden Ludimar Hermann gelang es ferner 1889 und 1890 mit Hilfe mathematischer Prinzipien Stimm und Lautkurven zu analysieren er pragte auch den Begriff Formant 10 Gleichzeitig entwickelte sich Ende des 19 Jahrhunderts auch die Erkenntnis unter den artikulatorischen Phonetikern dass Sprachlaute ein eigenes Beschreibungssystem benotigen weil in den meisten Sprachen keine eindeutige Beziehung zwischen Buchstaben und Lauten mehr besteht und damit die gangigen Alphabete zur Beschreibung der Laute einer Sprache nicht ausreichen So veroffentlichte Alexander Melville Bell mit seiner Schrift Visible Speech 1867 eine phonetische Schrift mit der er versucht Vokale prazise zu beschreiben 11 Diese Aktivitaten kulminierten in der Grundung der International Phonetic Association 1884 und der Veroffentlichung des ersten Internationalen Phonetischen Alphabets IPA 1888 12 13 Im deutschsprachigen Raum wurde die Phonetik erstmals 1919 als eigenstandige Disziplin anerkannt als sie als Haupt und Nebenfach bei Promotionen an der Philosophischen Fakultat der Universitat Hamburg zugelassen wurde Eine erste planmassige ausserordentliche Professur fur Phonetik in Deutschland wurde 1922 an der Hansischen Universitat Hamburg eingerichtet 14 Weitere wichtige technische Entwicklungen fur die Phonetik waren z B die Rontgenbildgebung und die Sonografie Anfang des 20 Jahrhunderts Weitere Fortschritte in der Phonetik sind durch technische Entwicklungen zu erwarten So sind in den letzten Jahren z B grosse Fortschritte in Echtzeit MRTs gemacht worden Damit ist es fur die Phonetik einfacher moglich akustische Signale und physiologische Vorgange bei der Lauterzeugung zu analysieren Teilbereiche der Phonetik BearbeitenHauptarbeitsgebiete Bearbeiten Die allgemeine Phonetik beschaftigt sich mit den bei konkreten Sprechakten physikalisch ablaufenden Prozessen sowie deren messtechnischer Erfassung Sie hat die folgenden Teilgebiete Die artikulatorische Phonetik ist die Lehre des Aufbaus und der Funktion des Sprechapparats sowie dessen Einsatz bei der Produktion von Sprache Die akustische Phonetik untersucht die physikalische Struktur der Schallwellen als Trager der sprachlichen Laute Die auditive oder perzeptive Phonetik befasst sich mit der Wahrnehmung der sprachlichen Laute durch den Horer und der jeweiligen Rolle des Gehors und des GehirnsFerner gibt es das Arbeitsgebiet der systematischen Phonetik die sich um die systematische Beschreibung der Laute Phone der Sprachen der Welt bemuht einschliesslich der Beschreibung der Konsonanten und Vokale aller menschlichen Sprachen und deren Transkription in eine Lautschrift Zur systematischen Phonetik zahlt auch die Beschreibung der suprasegmentalen Phonetik Prosodie d h die Beschreibung einzelner Laute und deren Verwendung in der Silbe bzw im Wort Artikulatorische Phonetik Bearbeiten Hauptartikel Artikulatorische Phonetik Anatomie des Mund und Nasenraums mit den wichtigsten Artikulationsorganen wie Zunge Lippen Unterkiefer und Gaumensegel Die artikulatorische Phonetik befasst sich mit dem Zusammenspiel von Atmung Erzeugung des notwendigen Luftdrucks in der Lunge der Phonation im Kehlkopf und der Artikulation im Rachen Mund und Nasenraum dem Vokaltrakt Durch die Atmung wird in der Lunge der fur den Schall notwendige Luftdruck erzeugt Im Kehlkopf sitzen die Stimmlippen die die Schwingungen in der Luft erzeugen die fur den Klang verantwortlich sind Schliesslich wirkt der Rachen Mund und Nasenraum je nach Stellung von z B Gaumen oder Zunge als Filter der den Klang weiter modifiziert 15 Die artikulatorische Phonetik interessiert sich insbesondere fur die Rolle und Position der beweglichen Teile in Kehlkopf und Mundraum also Zunge Lippen Unterkiefer Gaumensegel Velum mit dem Zapfchen Uvula Rachen und Glottis Je nach Position dieser Artikulationsorgane werden unterschiedliche sprachliche Laute erzeugt Die Phonetik spricht von verschiedenen Artikulationsstellen oder orten wenn sie die Orte beschreibt an denen Teile der Zunge und oder die Lippen sich befinden wenn Konsonanten erzeugt werden So spricht man z B bei den Lauten b oder m von bilabialen Lauten weil hier die Ober und Unterlippe bei der Lautbildung hauptsachlich beteiligt sind Bei anderen Konsonanten wie z B d oder g spielt die Position der Zunge eine Rolle dental hinter den Oberkieferzahnen oder velar beim Gaumensegel Die artikulatorische Phonetik verfugt uber verschiedene experimentelle Untersuchungstechniken um das Kehlkopfverhalten und das Verhalten der Artikulatoren zu erfassen Fur den Kehlkopf verwendet man Kehlkopfspiegel Laryngoskop Laryngographen und Photoelektroglottographie Zur Erfassung der artikulatorischen Geometrie verwendet man die Palatographie Rontgenbilder elektromagnetische Artikulographie Ultraschallvermessung Sonografie und Magnetresonanztomographie bzw Echtzeit Magnetresonanztomographie 16 Akustische Phonetik Bearbeiten Hauptartikel Akustische Phonetik Oszillogramm oben Spektrogramm Mitte und phonetische Transkription unten des gesprochenen Wortes Wikipedia unter Verwendung der Software Praat fur linguistische Analyse source source track track track track Sprachdatei dazu Die akustische Phonetik befasst sich mit der Beschreibung der sprachlichen Laute als Schallschwingungen wie sie von Sprecher zum Horer ubertragen werden Der Untersuchungsbereich der akustischen Phonetik befindet sich damit in dem Bereich nach der Artikulation durch den Sprecher und vor der Signalaufnahme durch das Ohr des Horers 17 Die Grundlagen der akustischen Phonetik stammen aus einem Teilbereich der Physik der Akustik Die akustische Phonetik beschreibt die Erzeugung und Ubertragung der Schallschwingungen die durch sprachliche Laute erzeugt werden Unter Schall versteht man minimale Luftdruckschwankungen die horbar sind Sprachliche Laute gehoren zu einem speziellen Typ von Schallschwingungen namlich den Klangen Im Gegensatz zu reinen Tonen z B aus der Musik sind Klange zusammengesetzte Schallschwingungen Im Gegensatz zu Gerauschen sind Klange periodische Schallschwingungen In der Akustik werden Klange also auch sprachliche Laute als Sinoidalschwingungen beschrieben 18 Genauer gesagt sind sprachliche Laute zusammengesetzte Schwingungen die in einzelne Sinoidalschwingungen zerlegbar sind Bei einer solchen Zerlegung werden die Amplituden der einzelnen Teilschwingungen ermittelt So erhalt man ein Schallspektrum und das Verfahren das hierfur verwendet wird nennt man Frequenzanalyse oder Fourier Analyse nach dem franzosischen Mathematiker Jean Baptiste Joseph Fourier 19 Die Ergebnisse der Akustik sind fur die Phonetik relevant weil wahrend der Sprachlautproduktion Schallwellen erzeugt werden die vom Kehlkopf uber den Rachen Mund und Nasenraum wandern Diese Schallwellen lassen sich mit den Mitteln der Akustik messen und beschreiben Die akustische Phonetik verwendet verschiedene Darstellungsformen um die Akustik der sprachlichen Ausserungen sichtbar zu machen Eine wichtige Darstellungsform ist das Oszillogramm das die Schallschwingungen als Graph entlang einer Zeitachse darstellt Das Oszillogramm gibt den tatsachlichen Schwingungsvorgang des Schalls wieder misst also die Schwingung der Luftteilchen wahrend der Schallwellenubertragung 20 Spektrogramm der Laute i u ɑ in amerikanischem Englisch Formanten sind deutlich sichtbar Haufig will man nicht nur die reinen Schallschwingungen darstellen sondern man will gleichzeitig zeigen welche Frequenzen und Amplituden die Schallwellen einer sprachlichen Ausserung haben und wie sie sich uber die Zeit verandern Dies gelingt wenn man die akustische Information der Schallschwingungen mittels mathematischer Methoden in ein Spektrogramm oder Sonagramm umwandelt eine bildliche Darstellung des Frequenzspektrums eines Signals Im Sonagramm ist der Zeitverlauf auf der x Achse von links nach rechts wahrend die Frequenz auf der y Achse von unten nach oben dargestellt wird Die Amplitude der Schallwellen wird durch verschiedene Grauschattierungen dargestellt je dunkler ein Bereich desto grosser die Amplitude 21 Die Balken in eine Sonagramm die einen starkeren Schwarzungsgrad aufweisen stellen die Frequenzbander mit einer hoheren Energie dar die sogenannten Formanten Im Sonagramm sind die Formanten die grafische Reprasentation des Vokalschalls 22 Ein wichtiger Schwerpunkt der akustischen Phonetik ist die Beschreibung und Analyse von Lautausserungen mittels Spektrogrammen und Sonagrammen Weitere Themen im Bereich der akustischen Phonetik die vor allem durch den zunehmenden Einsatz von Computern moglich sind sind automatische Spracherkennung und Sprachsynthese 23 Auditive oder perzeptive Phonetik Bearbeiten Anatomie des Ohres mit ausserem Gehorgang Mittelohr mit Hammer Amboss und Steigbugel in grau und Innenohr mit Schnecke oder Cochlea in violett Die auditive oder perzeptive Phonetik befasst sich mit der Aufnahme und Verarbeitung sprachlicher Laute im Gehororgan und im auditiven Nervensystem Die Schallwellen sprachlicher Laute werden uber das aussere Ohr und das Mittelohr in das Innenohr geleitet wo das eigentliche Hororgan das Corti Organ sitzt Die Frage wie die Sprache im Ohr und im menschlichen Gehirn verarbeitet wird ist Teil verschiedener Hortheorien darunter die Resonanzhypothese und die Wanderwellentheorie von Georg von Bekesy Ein wichtiges Untersuchungsgebiet der auditiven Phonetik ist der Zusammenhang zwischen der subjektiven Wahrnehmung der sprachlichen Laute und der physikalisch messbaren Parameter des akustischen Signals etwa der Lautstarke und des messbaren Schalldruckpegels in Dezibel dB sowie der Tonhohe Bahnbrechend fur die perzeptive Phonetik waren die Forschungen zur auditiven Sprachwahrnehmung z B durch die Bell Laboratories Mitte des 20 Jahrhunderts die feststellen wollten wie stark das Sprachsignal reduziert werden kann ohne dass es unverstandlich wird um damit die Kapazitat der Telefonleitungen besser ausschopfen zu konnen 24 Ein wichtiges Ergebnis zur auditiven Sprachwahrnehmung aus der Phonetik ist neben anderen die Erkenntnis dass eine sprachliche Ausserung aus einem kontinuierlichen akustischen Signal besteht In den Anfangen der Phonetik hatte man die Erwartung dass sich in den Messungen sprachlicher Ausserungen eindeutig abgrenzbare Segmente Vokale Konsonanten identifizieren und auch synthetisch erzeugen lassen Wie sich aber mit den Experimenten des Pattern Playback Synthetisator der Haskins Laboratorien herausstellte war dies zwar fur Vokale moglich aber nicht fur Konsonanten Aus Experimenten zur Sprachwahrnehmung stammt die Erkenntnis dass Menschen sprachlichen Input in klar abgegrenzte Kategorien unterteilen Variiert man den sprachlichen Input leicht z B von bae uber dae nach gae so nehmen Probanden vor allem drei Kategorien wahr kategoriale Wahrnehmung Nimmt man musikalische Tone oder Gerausche als Input so konnen Probanden wesentlich mehr feine Unterschiede benennen kontinuierliche Wahrnehmung Aus diesem und anderen Experimenten entwickelten die Forscher der Haskins Laboratorien ihre Motor Theorie der Sprachwahrnehmung 25 26 Weitere mogliche Klassifikationen der Teilbereiche der Phonetik Bearbeiten Wenn man phonetische Teilbereiche nach ihrem methodischen Zugang klassifiziert kann man sie wie folgt unterscheiden 27 Deskriptive Phonetik Beschreibung und Analyse von Lauten durch Verwendung des Gehors Ohrenphonetik Symbolphonetik Darstellung des Gehorten mit dem Internationalen Phonetischen Alphabet IPA Instrumental oder Signalphonetik Erforschung sprachlicher Laute mittels mechanischer und elektronischer Gerate Experimentalphonetik Erforschung des Zusammenhangs zwischen einer lautlichen Ausserung und der Wahrnehmung von Versuchspersonen im ExperimentPhonetik der Einzelsprachen BearbeitenNeben der Beschreibung und Messung der Vorgange bei der Spracherzeugung und Sprachwahrnehmung tragt die Phonetik dazu bei das Lautinventar von Einzelsprachen zu erfassen Die Laute oder Phone einer Sprache werden zunachst durch Beobachtungen des Phonetikers identifiziert und anschliessend systematisch beschrieben Konsonanten werden auf der Basis ihrer Artikulationsart und der Artikulationsstelle beschrieben und klassifiziert Vokale aufgrund der Zungenposition und der Mundrundung 28 Beispielsweise findet man unter den Konsonanten des Deutschen die Nasallaute m n und ŋ wie in den Wortern Damm dann und Drang Diese werden bilabial mit beiden Lippen alveolar mit der Zunge am oberen Zahndamm hinter den oberen Schneidezahnen bzw velar am Gaumensegel artikuliert Im Franzosischen dagegen findet man neben m und n wie in pomme panne auch noch den palatalen Nasal ɲ wie in pagne 29 Die Sprachen der Welt machen von den potentiell moglichen Phonen unterschiedlich Gebrauch So findet man Sprachen deren Lautinventar eine geringe Zahl von Vokalen oder Konsonanten umfasst wie die Papuasprache Rotokas mit ihren lediglich sechs Konsonanten und funf Vokalen Ein anderes Extrem ist die sudafrikanische Khoisansprache Xũ die insgesamt 141 Phoneme hat darunter eine grosse Zahl von Konsonanten Klicks und Diphthongen 30 Phone werden durch eine Lautschrift schriftlich dargestellt wobei das Internationale Phonetische Alphabet IPA als der Standard hierfur gilt Die Phonetik vieler Einzelsprachen ist gut erforscht einen Uberblick uber die Lautsysteme der Sprachen der Welt geben die Linguisten Peter Ladefoged und Ian Maddieson mit ihrem Buch The Sounds of the World s Languages 31 Fur viele europaische Sprachen sind Einfuhrungen in ihre Phonetik verfugbar so z B fur das Deutsche Englische oder Franzosische 32 33 34 Ein Meilenstein fur die Beschreibung der englischen Sprache ist das Buch An Outline of English Phonetics des Phonetikers Daniel Jones von 1922 35 Angewandte Phonetik BearbeitenDie Ergebnisse der allgemeinen und systematischen Phonetik fliessen in Teilbereiche der angewandten Phonetik ein z B in die forensische Phonetik oder die klinische Phonetik und auch in die Spracherwerbsforschung In der forensischen Phonetik kommt phonetisches Wissen fur die Untersuchung von sprechertypischen Stimm und Sprecheigenschaften zum Einsatz z B mit forensischen Fragestellungen im Bereich der Kriminalistik bzw Kriminaltechnik und oder beim Verfassen von forensischen Gerichtsgutachten So konnen Erkenntnisse aus der Phonetik das Fundament fur forensische Gutachter sein die vor Gericht etwa daruber entscheiden sollen wie wahrscheinlich ein Angeklagter der Sprecher auf einer Audioaufzeichnung ist Dabei fliessen verschiedene Methoden ineinander wie das Anhoren der Aufnahme durch den Gutachter und technische Analysen z B mittels der Untersuchung eines Spektrogramms 36 Die klinische Phonetik ist ein anwendungsorientiertes Teilgebiet der sprachwissenschaftlichen Disziplin Phonetik Sie beschaftigt sich mit der Symptombeschreibung und Diagnostik von Sprech Sprach und Stimmstorungen bei Erwachsenen und Storungen des Spracherwerbs bzw der Sprachentwicklung bei Kindern Die klinische Phonetik begann sich Ende der 1970er Jahre als eigenstandige Disziplin zu etablieren grundlegend fur die Disziplin war die Publikation von David Crystals Buch Clinical Linguistics 1981 37 Ziele der klinischen Phonetik sind unter anderem die Anwendung von Erkenntnissen aus der Phonetik um Sprach und Sprechstorungen bei Patienten zu behandeln und die Integration klinischer Ergebnisse in linguistische Theorie Auch befasst sie sich mit der Erweiterung des Internationalen Phonetischen Alphabets IPA um Transkriptionsmethoden die die Sprache sprachgestorter Individuen angemessener wiedergibt 38 Phonetische Grundlagen sind auch relevant fur die Spracherwerbsforschung die den Erwerb der Sprechfertigkeit und individuelle Lautentwicklung beim vor allem gesunden Kind untersucht Phonetisches Grundwissen fliesst ferner in die Orthoepie ein die Lehre von bzw die Regelung der normierten Standardlautung einer Sprache die frei von regionalen Einflussen sein soll Standardaussprache Das Deseret Alphabet das Shaw Alphabet und das Simpel Fonetik Alphabet sind Beispiele fur Schreibsysteme mit denen die englischen Sprache rein phonemisch nach der Aussprache geschrieben werden kann Entsprechend wurden fur das Standardchinesische unter anderen Pinyin Bopomofo und Gwoyeu Romatzyh entwickelt und auch fur weitere Sprachen existieren ahnliche Systeme Literatur BearbeitenEinfuhrungen und Nachschlagewerke Bearbeiten J C Catford A Practical Introduction to Phonetics Oxford University Press Oxford 1988 ISBN 0 19 824217 4 John Laver Principles of Phonetics Cambridge University Press Cambridge 1994 ISBN 0 521 45655 X Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 3 11 022480 1 Henning Reetz Allard Jongman Phonetics Transcription Production Acoustics and Perception Wiley Blackwell Oxford 2008 ISBN 978 0 631 23226 1 R L Trask A Dictionary of Phonetics and Phonology Routledge London New York 1996 ISBN 0 415 11261 3 Richard Wiese Phonetik und Phonologie UTB Tubingen 2010 ISBN 978 3 8252 3354 9 Artikulatorische akustische und auditive Phonetik Bearbeiten Fabian Bross Grundzuge der Akustischen Phonetik In Helikon A Multidisciplinary Online Journal Nr 1 2010 S 89 104 Online PDF 1 3 MB Bryan Gick Ian Wilson Donald Derrick Articulatory Phonetics Wiley Blackwell Oxford 2013 ISBN 978 1 4051 9321 4 Keith Johnson Acoustic and Auditory Phonetics 3 Auflage Wiley Blackwell Oxford 2012 ISBN 978 1 4051 9466 2 Peter Ladefoged Elements of Acoustic Phonetics Chicago 1996 ISBN 0 226 46764 3 Peter Ladefoged Ian Maddieson The Sounds of the World s Languages Wiley Blackwell Oxford 1996 ISBN 0 631 19814 8 Joachim M H Neppert Elemente einer Akustischen Phonetik 4 Auflage Hamburg 1999 ISBN 3 87548 154 2 Henning Reetz Artikulatorische und Akustische Phonetik Trier 2003 ISBN 3 88476 617 1 Phonetik von Einzelsprachen Bearbeiten Thomas Becker Einfuhrung in die Phonetik und Phonologie des Deutschen Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2012 ISBN 978 3 534 24949 7 Paul Carley Inger Margrethe Mees Beverley Collins English phonetics and pronunciation practice Routledge London 2018 ISBN 978 1 138 88634 6 Elissa Pustka Einfuhrung in die Phonetik und Phonologie des Franzosischen 2 Auflage Erich Schmidt Verlag Berlin 2016 ISBN 978 3 503 16631 2 Weblinks Bearbeiten Commons Phonetics Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wiktionary Phonetik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Website der International Phonetic Association IPA letzter Zugriff am 23 Mai 2018 Interaktiver Phonetik Kurs letzter Zugriff am 23 Mai 2018 Online Phonetik Kurs Franzosisch und Englisch letzter Zugriff am 23 Mai 2018 Phonetics resources umfangreiche Sammlung weiterfuhrender Links englisch letzter Zugriff am 23 Mai 2018 Christian Lehmann Auditive Phonetik letzter Zugriff am 23 Mai 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Etymologie nach Wahrig Deutsches Worterbuch Stichwort Phonetik Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 3 11 022480 1 S 178 a b Hadumod Bussmann Lexikon der Sprachwissenschaft Kroners Taschenausgabe Band 452 Kroner Stuttgart 1983 ISBN 3 520 45201 4 S 385 William O Grady Michael Dobrovolsky Francis Katamba Contemporary Linguistics An Introduction 4 Auflage Longman London New York 1997 ISBN 0 582 24691 1 S 18 englisch R H Robins A Short History of Linguistics 4 Auflage Longman London New York 1997 ISBN 0 582 24994 5 S 175 englisch I Ormos Observations on Avicenna s Treatise on Phonetics In Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae Band 39 1985 S 45 84 I Ormos A key factor in Avicenna s theory of phonation In Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae Band 40 1986 S 283 292 Giulio Panconcelli Calzia Geschichtszahlen der Phonetik Quellenatlas der Phonetik Benjamins Amsterdam Philadelphia 1994 ISBN 90 272 0957 X S 18 a b Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 5 6 Giulio Panconcelli Calzia Geschichtszahlen der Phonetik Quellenatlas der Phonetik Benjamins Amsterdam Philadelphia 1994 ISBN 90 272 0957 X S 60 Giulio Panconcelli Calzia Geschichtszahlen der Phonetik Quellenatlas der Phonetik Benjamins Amsterdam Philadelphia 1994 ISBN 90 272 0957 X S 54 David Crystal The Cambridge Encyclopedia of Language 2 Auflage Cambridge University Press Cambridge 1997 ISBN 0 521 55967 7 S 160 161 englisch Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 6 7 Giulio Panconcelli Calzia Geschichtszahlen der Phonetik Quellenatlas der Phonetik Benjamins Amsterdam Philadelphia 1994 ISBN 90 272 0957 X S 77 78 Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 18 Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 78 85 Fabian Bross Grundzuge der Akustischen Phonetik In Helikon A Multidisciplinary Online Journal Nr 1 2010 S 89 Online 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Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 160 171 Henning Reetz Allard Jongman Phonetics Transcription Production Acoustics and Perception Wiley Blackwell Oxford 2009 ISBN 978 0 631 23226 1 S 263 273 englisch Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin New York 2009 ISBN 978 3 11 022480 1 S 2 3 Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 3 11 022480 1 S 177 183 221 Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 3 11 022480 1 S 193 Bernd Pompino Marschall Einfuhrung in die Phonetik 3 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 3 11 022480 1 S 257 260 Peter Ladefoged Ian Maddieson The Sounds of the World s Languages Wiley Blackwell Oxford 1996 ISBN 0 631 19814 8 Thomas Becker Einfuhrung in die Phonetik und Phonologie des Deutschen Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2012 ISBN 978 3 534 24949 7 Paul Carley 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