www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt Friedrich Nietzsches Schrift Der Antichrist Fur weitere Verwendungen siehe Antichrist Begriffsklarung Der Antichrist Fluch auf das Christentum ist eines der Spatwerke Friedrich Nietzsches Er schrieb die polemische Abrechnung mit dem Christentum im Spatsommer und Herbst 1888 Da Nietzsche sich bis zu seinem geistigen Zusammenbruch wenige Monate spater nicht konkret um eine Publikation bemuht hatte wurde das Manuskript zunachst zuruckgehalten und erst 1894 vom Nietzsche Archiv herausgegeben allerdings mit mehreren Mangeln Streitigkeiten um eine korrekte Edition des Werks zogen sich wie bei allen Spatwerken Nietzsches bis in die zweite Halfte des 20 Jahrhunderts hin Titelblatt der Erstausgabe 1894 in Band VIII der Ausgabe von Fritz Koegel Wie in seiner Gotzen Dammerung und in weiteren seiner letzten Werke philosophiert Nietzsche auch hier mit dem Hammer und will alte Werte umwerten Unter Ruckgriff auf einige seiner fruheren Schriften bundelt er seine Kritik am Christentum der er eine bisher nicht gekannte Scharfe gibt In oft pragnanten Satzen kritisiert er das Christentum der Priester das im Wesentlichen von Paulus von Tarsus begrundet worden sei und das unter anderem das Erbe der griechischen und romischen Antike vernichtet habe Des Weiteren gibt er eine originelle psychologische Deutung Jesu Er spricht sich gegen die Mitleidsethik aus attackiert die christliche Theologie und die aus seiner Sicht davon abhangige deutsche Philosophie sowie den judisch christlichen Gottesbegriff und stellt dem Christentum andere Religionen wie Buddhismus Islam oder Brahmanismus als in unterschiedlicher Hinsicht uberlegen gegenuber Das Werk ist von zentraler Bedeutung in Nietzsches spater Philosophie siehe Friedrich Nietzsche Ubersicht zum Werk Sein heute in der Nietzsche Forschung ubliches Sigel ist AC Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Entstehung und Einreihung in Nietzsches Schriften 2 1 Entstehung und Uberlieferung 2 2 Stellung der Schrift in Nietzsches Werk 3 Einflusse 4 Zur Editionsproblematik 4 1 Ausgelassene Stellen 4 2 Das Gesetz wider das Christenthum 4 3 Zum Titel 5 Deutungen und Rezeption 6 Literatur 6 1 Ausgaben 6 2 Sekundarliteratur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDas Werk besteht aus einem Vorwort und 62 kurzen Kapiteln Ob der Text Gesetz wider das Christenthum von Nietzsche als Schluss des Buches vorgesehen war ist unklar VorwortIm kurzen Vorwort gibt Nietzsche Eigenschaften an die Leser notig hatten um ihn uberhaupt verstehen zu konnen Solche Leser sieht er aber erst in ferner Zukunft kommen Dies Buch gehort den Wenigsten Vielleicht lebt selbst noch Keiner von ihnen Es mogen die sein welche meinen Zarathustra verstehn wie durfte ich mich mit denen verwechseln fur welche heute schon Ohren wachsen Erst das Ubermorgen gehort mir Einige werden posthum geboren Vorwort KSA 6 S 167 Kapitel 1 7Die Kapitel 1 bis 7 standen zunachst unter dem Titel Wir Hyperboreer Nietzsche stellt sich und seine Leser als Unzeitgemasse und Einsiedler vor die sich von der Moderne entfernt und einen neuen Weg gefunden haben Formelhaft stellt er seine Bewertungsmassstabe auf und sucht statt nach Fortschritt an den er nicht glaubt nach einem hoheren Typus eine r Art Ubermensch Glucksfalle seien es Einzelne oder ganze Kulturen die in der Geschichte immer wieder aufgetreten seien Das Christentum aber habe gerade diesen hoheren Typus stets bekampft mit der Mitleidsethik die Menschheit verdorben und so den hoheren Typus beinahe unmoglich gemacht nbsp Fichte Schelling Schopenhauer Hegel Schleiermacher Kant und Leibniz Alles blosse Schleiermacher schrieb Nietzsche an anderer Stelle 1 Im Antichrist machte er besonders Kant fur die fehlende Distanz der Philosophie zum Christentum verantwortlich Kapitel 8 14In diesen zunachst Fur uns wider uns betitelten Kapiteln stellt Nietzsche Theologen und Philosophen als seine Gegner vor Priester und Theologen seien Lugner aus Instinkt Damit sie an die Macht kommen konnten hatten sie alle naturlichen Werte auf den Kopf gestellt Die Philosophie besonders die deutsche sei eine mit anderen Mitteln fortgefuhrte Theologie Der protestantische Pfarrer ist Grossvater der deutschen Philosophie Man hat nur das Wort Tubinger Stift auszusprechen um zu begreifen was die deutsche Philosophie im Grunde ist eine hinterlistige Theologie Kapitel 10 KSA 6 S 176 Nach dieser Anspielung auf den Deutschen Idealismus attackiert Nietzsche Kant Dieser habe mit seiner Erkenntnisphilosophie den Kern des christlichen Glaubens fur unangreifbar und unwiderlegbar erklart ob mit Absicht oder nicht Jedenfalls sei gerade dieser Schleichweg zum alten Ideal nach Kant erfolgreich aufgegriffen worden Kant habe zudem eine lebensgefahrliche Moralphilosophie aufgestellt indem er eine allgemeingultige Pflicht an deren Spitze setzte Nietzsche zufolge geht der Mensch an unpersonlichen Pflichten zugrunde Gerade umgekehrt musse jeder Einzelne seine Tugend haben Nietzsche kritisiert dass sich die bisherige Philosophie ein Paar Skeptiker ausgenommen der Moral unterworfen und sich deren Begrundung statt Untersuchung und Kritik verschrieben habe Er lobt dagegen die Methodik der Wissenschaft die den Menschen unter die Tiere zuruckgestellt habe und so erst anfange ihn zu begreifen Umgekehrt die ganze Natur und den Menschen von einer Gottheit einem Willen oder einem Geist her verstehen zu wollen wie Schopenhauer und Hegel sei ein Irrweg Kapitel 15 19Dieser Abschnitt stand zunachst unter dem Titel Begriff einer Decadence Religion In Kapitel 15 erklart Nietzsche die ganze Gedankenwelt des Christentums diene den am Leben Leidenden dazu sich aus der Wirklichkeit wegzulugen Die Kapitel 16 bis 19 waren zunachst eine Abhandlung Zur Geschichte des Gottesbegriffs deren letzten Abschnitt Nietzsche nicht hierher ubernahm 2 Demnach schaffe sich ein gesundes Volk einen machtigen starken Gott nach seinem Bilde der noch uber den Begriffen gut und bose steht Der christliche Gottesbegriff sei dagegen degeneriert er sei nur noch gut fur arme Leute und Kranke in Nietzsches Sprachgebrauch nihilistisch Er heiligt nicht mehr die Welt das Diesseits sondern sei jetzt ein Widerspruch gegen das Leben Dieser schwache verblassende Gott habe auch ab Baruch de Spinoza in die Philosophie Einzug gehalten als Ideal reiner Geist Hegel absolutum Fichte oder Ding an sich Kant Schopenhauer Kapitel 20 23In diesen Kapiteln vergleicht Nietzsche Buddhismus und Christentum so lautete auch der ursprungliche Titel Zwar sei auch der Buddhismus nihilistisch und dekadent indem er sich an die Leidenden wendet und die Welt fur schlecht erklart vergleiche zu Nietzsches Gebrauch der Begriffe Nihilismus und decadence die hier genannten Stellen Aber der Buddhismus sei dabei viel realistischer kluger und vornehmer als das Christentum So fehle der Gottesbegriff ebenso wie eine moralische Zurechtmachung der Welt Das Leiden werde nicht mit der Sunde erklart sondern kuhl erkannt und auf kluge Weise bekampft Der Buddhismus stehe am Schluss einer Entwicklung und stehe fur die Mudigkeit einer spaten Zivilisation das Christentum dagegen sorge erst fur die Krankheit und Ermudung es wende sich an Missratene Klug seien im Christentum nur die Tugenden Glaube Liebe und Hoffnung die die Leidenden anziehen Der Buddhismus habe so etwas nicht notig Kapitel 24 27 Die Wurzeln des Christentums ist im Manuskript der letzte gestrichene Titel vor Kapitel 24 Hiermit richtet Nietzsche seinen Blick aufs Judentum Auch in dessen Geschichte sieht er den Abfall von einer ursprunglich gesunden Volksreligion zu einer widernaturlichen Moralistik Dafur macht er insbesondere die Priesterkaste verantwortlich Diese habe alle Begriffe gefalscht um sich selbst an der Macht zu halten Das Alte Testament sei ein priesterliches Machwerk das die ganze Geschichte Israels zu einem stupiden Heils Mechanismus umgedeutet habe in dem Schuld gegen Javeh zu Strafe Frommigkeit zu Lohn fuhre Dies alles diene dazu dass die Menschen sich den Priestern unterwerfen Dazu habe aber alle Wirklichkeit alle tatsachliche Starke und Macht verneint werden mussen Im Christentum sei diese Verneinung auf eine hohere Stufe gelangt Sie richte sich nun gerade gegen die Priesterkaste selbst gegen die Institutionen der organisierten Religion Kapitel 28 35 nbsp Ernest Renans Darstellung Jesu fand Nietzsche naiv nbsp Dostojewskij habe den Typus Jesus besser beobachtet Nietzsche versucht hier eine psychologische Deutung der Person und der Lehren Jesu zu geben Er widerspricht energisch den Thesen Ernest Renans der in seinem Hauptwerk Vie de Jesus 1863 aus Jesus einen Helden und ein Genie gemacht habe Ganz im Gegenteil sei Jesus ein Idiot Dieses Wort ist sicherlich mehrdeutig Bei aller Polemik ist zunachst die ursprungliche griechische Bedeutung vergleiche Idiot Idiotes eines einzelgangerischen oder unpolitischen Menschen dann aber auch die Anspielung auf Dostojewskis Der Idiot zu sehen 3 Aufgrund einer extremen Leid und Reizfahigkeit sei Jesus uberhaupt nur zu einer allumfassenden Liebe fahig gewesen alles andere habe ihm Schmerz verursacht Die Realitat nehme er gar nicht zur Kenntnis er konne nur in Symbolen seine inneren Zustande ausdrucken Die Lehre und Praktik Jesu sieht Nietzsche verwandt mit denjenigen Epikurs allerdings mit weniger Vitalitat und Buddhas allerdings auf einem sehr wenig indischen Boden Das einzige fur Jesus wichtige sei die evangelische Praktik gewesen ein Leben nach einem inneren Gefuhl ohne Widerstande Das Reich Gottes habe bei Jesus nicht die Bedeutung von etwas Zukunftigem wie es die Kirche auslegte sondern sei ein durch entsprechendes Handeln jederzeit erreichbarer Seelenzustand allumfassender Liebe und inneren Friedens An Kultur Politik Wissenschaft habe der christliche Typus kein Interesse er verstehe uberhaupt nicht wie man anders als er urteilen konne fur gegenteilige Lehren konne er nur trauerndes Mitgefuhl empfinden Das Leben des Erlosers war nichts andres als diese Praktik sein Tod war auch nichts andres er weiss wie es allein die Praktik des Lebens ist mit der man sich gottlich selig evangelisch jeder Zeit ein Kind Gottes fuhlt Nicht Busse nicht Gebet um Vergebung sind Wege zu Gott die evangelische Praktik allein fuhrt zu Gott sie eben ist Gott Was mit dem Evangelium abgethan war das war das Judenthum der Begriffe Sunde Vergebung der Sunde Glaube Erlosung durch den Glauben Kapitel 33 KSA 6 S 205 f Kapitel 36 38In einem kleinen Exkurs legt Nietzsche dar wie erst zu seiner Zeit klar werde dass die Geschichte des Christentums eine weitere Verfalschung ist Alle Kirche grunde sich auf den Gegensatz dessen was Jesus dargestellt habe Inzwischen musse jedem klar sein dass die christlichen Begriffe Lugen seien dass Priester nicht etwa aus Unwissenheit irren sondern zum Machterhalt lugen Tatsachlich verhielten sich auch die modernen Menschen durchaus unchristlich die Politik Nietzsche spielt auf Bismarck und Wilhelm II an sei geradezu antichristlich und dennoch bleibe alles beim alten die Staatsmanner nennen sich weiterhin Christen und der Priester bleibe eine geehrte Person Daruber empfinde er Ekel Was ehemals bloss krank war heute ward es unanstandig es ist unanstandig heute Christ zu sein Selbst bei dem bescheidensten Anspruch auf Rechtschaffenheit muss man heute wissen dass ein Theologe ein Priester ein Papst mit jedem Satz den er spricht nicht nur irrt sondern lugt Auch der Priester weiss so gut es Jedermann weiss dass es keinen Gott mehr giebt keinen Sunder keinen Erloser dass freier Wille sittliche Weltordnung Lugen sind Kapitel 38 KSA 6 S 210 nbsp Paulus fur Nietzsche der Prototyp des Priesters einer Sklavenmoral Kapitel 39 46Hier legt Nietzsche dar wie die christliche Kirche nach Jesu Tod entstehen konnte Die Urgemeinde habe keine der Lehren Jesu verstanden seinen Tod vollig falsch ausgedeutet und dann genau das errichtet was Jesus hinter sich gelassen hatte eine organisierte Kirche wiederum mit Priestertum Hauptschuldiger an dieser Umfalschung sei Paulus der alle Begriffe Jesu missbraucht habe um sich selbst an die Macht zu bringen Mit ihm sei wieder der Glaube an Sunde und Vergebung auferstanden er habe in tiefstem Hass das Christentum als eine Rebellion gegen alles Vornehme und Privilegierte neu gegrundet Mit besonderer Emporung weist Nietzsche die Lehren der Unsterblichkeit der Seele und des Jungsten Gerichts zuruck Man muss sich nicht irrefuhren lassen richtet nicht sagen sie aber sie schicken Alles in die Holle was ihnen im Wege steht Indem sie Gott richten lassen richten sie selber indem sie Gott verherrlichen verherrlichen sie sich selber Die Realitat ist dass hier der bewussteste Auserwahlten Dunkel die Bescheidenheit spielt man hat sich die Gemeinde die Guten und Gerechten ein fur alle Mal auf die Eine Seite gestellt auf die der Wahrheit und den Rest die Welt auf die andre Kapitel 44 KSA 6 S 220 f Zum Beleg gibt Nietzsche einige Stellen aus dem Neuen Testament und verweist im Ubrigen auf seine Theorie der Sklavenmoral aus Zur Genealogie der Moral Kapitel 47 49Nietzsche erklart noch einmal dass seine Gegnerschaft zum Christentum nicht einfach nur darin besteht keinen Gott in der Geschichte oder der Natur wiederzufinden wie man es meist unter Atheismus versteht sondern dass er das was im Christentum verherrlicht wird nicht als verehrungswurdig empfindet Im Weiteren behandelt Nietzsche das Verhaltnis des Christentums zur Wissenschaft Die bekannte Feindschaft dagegen ruhe eben darauf dass das Christentum lauter Lugen zur Voraussetzung habe und untergehe sobald die Realitat erkannt wird Besonders die Medizin Biologie und die Philologie hatten die Irrlehren der Kirche aufgedeckt und seien deswegen stets bekampft worden Nietzsche deutet den christlichen Begriff der Erbsunde aus dem Buch Genesis als Parabel auf die Angst des Priesters der sich als Gott darstellt vor der Wissenschaft Die ganze Lehre von der Sunde und der sittlichen Weltordnung die der Natur und Geschichte einen moralischen Sinn gibt sei erfunden um die naturlichen Kausalitaten zu verschleiern und dem Priester Macht uber seine Mitmenschen zu verschaffen Kapitel 50 55Es folgt eine Psychologie der Glaubigen allgemein der Martyrer und Fanatiker Diese seien geistig schwache oder missratene Menschen der Kirche sei vorzuwerfen dass sie gerade diesen Typus gefordert habe Nietzsche verspottet den vollkommen kindischen und unwurdigen Glauben an gottliche Vorsehung wie er noch heute verbreitet sei Martyrer heiligzusprechen habe der Wahrheit geschadet Immer noch sei die Ansicht verbreitet eine Sache sei wahr weil jemand fur sie in den Tod gehe In dem Tone mit dem ein Martyrer sein Fur wahr halten der Welt an den Kopf wirft druckt sich bereits ein so niedriger Grad intellektueller Rechtschaffenheit eine solche Stumpfheit fur die Frage Wahrheit aus dass man einen Martyrer nie zu widerlegen braucht Die Wahrheit ist Nichts was Einer hatte und ein Andrer nicht hatte so konnen hochstens Bauern oder Bauern Apostel nach Art Luther s uber die Wahrheit denken Kapitel 53 KSA 6 S 234 Alle grossen freien starken Geister seien Skeptiker die sich allenfalls gelegentlich Uberzeugungen gonnen Glaubige seien dagegen immer abhangig und konnten schliesslich zum Fanatiker werden Schliesslich greift Nietzsche noch einmal die in seinem Verstandnis von Kant wieder ermoglichte Denkungsart an die Vernunft konne nicht uber die letzten Dinge urteilen Damit sei der Offenbarung dem Glauben das heisse in der Realitat aber wieder dem Priester das Recht zuruckgegeben hier zu herrschen Alle priesterlichen und philosophisch priesterlichen Herrschaftsgebilde ruhen nach Nietzsche auf dem hiermit gegebenen Recht zur heiligen Luge wie sie sich nicht nur im Christentum sondern auch bei Mohammed bei Konfuzius bei Platon finde Kapitel 56 57Es komme aber darauf an zu welchem Zweck gelogen wird Hier stellt Nietzsche dem Christentum das brahmanistische Gesetzbuch des Manu gegenuber Dieses habe ein deutlich besseres Ziel als das Christentum die Schaffung einer nach Nietzsche naturlichen Ordnung unterschiedlicher Kasten mit unterschiedlichen Rechten Gleiche Rechte fur alle seien unnaturlich Die Mittelmassigen sollen durchaus ihr Gluck in der Mittelmassigkeit finden der Arbeiter selbstgenugsam sein Das Christentum habe dagegen den Anarchisten Nietzsche meint die terroristisch aktiven Anarchisten des 19 Jahrhunderts und Sozialisten den Weg bereitet die die Leute zu Neid und Rache aufstacheln um an die Herrschaft zu kommen nbsp Cesare Borgia als Papst das ware der Sieg gewesen nach dem ich heute allein verlange 4 Kapitel 58 61Diese politische Zerstorungskraft des Christentums die sich gegen alles Vornehme gerichtet habe sieht Nietzsche in der Geschichte bestatigt Das Christentum habe zuerst die Erbschaft der Antike besonders des romischen Reichs zerstort spater dann die maurisch islamische Kultur Spaniens und in den Kreuzzugen die weit uberlegene orientalische Kultur Die letzte grosse Chance auf Besserung sieht Nietzsche in der Renaissance Hier sei alles zu einem Sieg der hoheren Kultur uber das Christentum vorbereitet gewesen und gerade im Zentrum des Christentums in Rom Dies habe aber die Reformation verhindert Luther sah die Verderbniss des Papstthums wahrend gerade das Gegentheil mit Handen zu greifen war die alte Verderbniss das peccatum originale das Christenthum sass nicht mehr auf dem Stuhl des Papstes Sondern das Leben Sondern der Triumph des Lebens Sondern das grosse Ja zu allen hohen schonen verwegenen Dingen Und Luther stellte die Kirche wieder her er griff sie an Kapitel 61 KSA 6 S 251 Gerade die Deutschen hatten sich hier schuldig gemacht und immer wieder Moglichkeiten zu einer hoheren Kultur zerstort zuletzt mit den Befreiungskriegen gegen Napoleon und der Reichsgrundung 1871 Kapitel 62Zum Schluss wendet sich Nietzsche gegen das Reden von humanitaren Segnungen des Christentums Die Kirche habe vielmehr stets Notstande geschaffen etwa den Wurm der Sunde und die Kunst der Selbstschandung in die Menschheit gesetzt Das Christentum konne keinen humanitaren Nutzen haben weil sein Begriff der humanitas der Menschheit und Menschlichkeit vollig verkehrt sei Seine Ideale stunden gegen alle hoheren wohlgeratenen Menschen es habe das diesseitige Leben entwertet und verneint Das Christentum sei die hochstmogliche Korruption und habe alle Werte umgedreht Dagegen stehe eine neue Umwertung aller Werte an Zum Gesetz wider das Christenthum das eventuell das Buch beschliessen sollte siehe unten Entstehung und Einreihung in Nietzsches Schriften BearbeitenEntstehung und Uberlieferung Bearbeiten Nietzsche anderte zwischen Ende August und dem 3 September 1888 seine Plane bezuglich weiterer Veroffentlichungen er gab das seit langem geplante Werk Der Wille zur Macht auf und wollte stattdessen aus dem bis dahin verfassten Material zunachst einen Auszug aus seinen Hauptgedanken und spater ein vierbandiges Werk namens Umwerthung aller Werthe veroffentlichen Aus dem Auszug wurde in den nachsten Wochen die Gotzen Dammerung Aus einem ersten Plan fur diese Schrift entnahm er allerdings vier Kapitel Sie sollten nun den Beginn des ersten Buchs der Umwerthung das den Titel Der Antichrist Versuch einer Kritik des Christenthums bekam ausmachen und entsprechen im Werk den Abschnitten 1 23 Zwischen dem 3 und 30 September verfasste Nietzsche dann zunachst im Nietzsche Haus in Sils Maria dann in Turin die folgenden Abschnitte Es wird vermutet dass das Werk Anfang Oktober ungefahr in der heute bekannten Form vorlag nbsp Die zwei Titelblatter des Manuskripts zuerst erstes Buch der Umwerthung dann fur sich stehender Fluch Aus jener Zeit gibt es noch mehrere Plane uber die Bucher 2 bis 4 der Umwerthung aller Werthe Gegen Ende November anderte Nietzsche aber auch diesen Plan Der Antichrist war nun die ganze Umwerthung auf einem neuen Titelblatt heisst es nun Der Antichrist Umwerthung aller Werthe Schliesslich strich Nietzsche auch noch diesen Untertitel und ersetzte ihn durch Fluch auf das Christenthum Er plante wohl schon im beginnenden Wahnsinn den Antichrist innerhalb der folgenden zwei Jahre in alle europaischen Hauptsprachen ubersetzen zu lassen und dann in gigantischen Auflagen zu veroffentlichen Gedruckt werden sollte aber zunachst die im Oktober begonnene Autobiographie Ecce homo dann auch Nietzsche contra Wagner und die Dionysos Dithyramben Noch vor Ende der Drucklegung dieser Werke brach Nietzsches Wahnsinn um den Jahreswechsel 1888 89 offen aus Franz Overbeck der den an Progressiver Paralyse 5 erkrankten Nietzsche aus Turin nach Basel holte brachte unter anderem das Antichrist Manuskript in Sicherheit und fertigte eine Abschrift davon an Das Original sandte er 1893 Heinrich Koselitz der es der nach Deutschland zuruckgekehrten Elisabeth Forster ubergab Stellung der Schrift in Nietzsches Werk Bearbeiten Die Stellung des Antichrist in Nietzsches Werk wird schon aus seiner Entstehungsgeschichte deutlich Gemeinsam mit der Gotzen Dammerung bildet die Schrift denjenigen Teil der spaten Umwertungsphilosophie den Nietzsche veroffentlichen wollte Da er den Antichrist als die ganze Umwertung bezeichnete ist zu vermuten dass damit fur ihn alles Wesentliche zur Umwertung gesagt war In der autobiographischen Schrift Ecce homo die Nietzsche nach dem Antichrist schrieb aber vorher veroffentlichen wollte verweist er mehrmals auf die Umwertung zitiert auch einen Satz aus dem Gesetz wider das Christenthum 6 geht aber nicht explizit auf deren Inhalt ein Besonders im letzten Kapitel des Ecce homo 7 finden sich aber Zusammenfassungen der Ergebnisse des Antichrist von deren welthistorischer Bedeutung Nietzsche hier uberzeugt zu sein scheint Viele der im Antichrist vorgebrachten Kritikpunkte an Religion und Christentum sind aber nicht neu sondern finden sich in anderen Schriften Nietzsches seit Beginn der freigeistigen Periode um 1878 Zu nennen sind hier vor allem das 3 Kapitel Das religiose Leben aus Menschliches Allzumenschliches 1878 8 Aph 92 bis 97 aus Vermischte Meinungen und Spruche 1879 9 Aph 74 bis 85 aus Der Wanderer und sein Schatten 1880 10 Aph 56 bis 96 aus dem ersten Buch der Morgenrothe 1881 11 Aph 108 bis 151 aus dem dritten Buch der Frohlichen Wissenschaft 1882 12 sowie das dritte das religiose Wesen und funfte zur Naturgeschichte der Moral Hauptstuck von Jenseits von Gut und Bose 1886 13 nbsp Die Reformation Luthers sah Nietzsche als einen Bauernaufstand des Geistes gegen die Hochkultur der Renaissance In zahlreichen dieser fruheren Auseinandersetzungen klingen die im Antichrist vorgebrachten Punkte bereits an allerdings haben sie oft nicht die unbedingte Scharfe der Spatschrift Nietzsche formulierte sie dort offener als Fragen differenzierte oder gab Argumente fur und gegen bestimmte Aspekte der Religionen zum Beispiel in den Aphorismen 61 und 62 von Jenseits von Gut und Bose Einige Punkte die hier nur anklingen hat Nietzsche anderswo ausfuhrlicher und konzilianter formuliert so seine Kritik an der Reformation in der Frohlichen Wissenschaft 1887 14 oder seine Kritik an Kant und der ganzen Philosophie stets auf Begrundung und Sicherung einer angeblich gegebenen Moral ausgewesen zu sein statt auf einen Vergleich der Moralen und deren Kritik 15 Mit der Psychologie Paulus hatte sich Nietzsche schon 1881 in der Morgenrothe ausfuhrlich beschaftigt 16 Eine besonders enge Verwandtschaft besteht zur Schrift Zur Genealogie der Moral von 1887 und zwar sowohl stilistischer 17 als auch inhaltlicher Art Nietzsche setzt an einigen Stellen des Antichrist die Bekanntschaft mit seinen dort entwickelten Theorien voraus und verweist auch darauf Wichtig sind besonders die dortige erste Abhandlung 18 in der er den Gegensatz Herrenmoral und Sklavenmoral auch schon am Beispiel des Christentums entwickelt und Teile der dritten Abhandlung 19 in denen er ausfuhrlich den Themenkreis Askese Pessimismus Nihilismus decadence behandelt Diese Abschnitte konnen gewissermassen als theoretischer Hintergrund fur einige der hier zugespitzten Vorwurfe dienen Einflusse BearbeitenEs lassen sich im Text manche Lesefruchte anderer Autoren finden Nietzsche weist selbst darauf hin dass er sich in seiner Psychologie Jesu kritisch mit Ernest Renans La Vie de Jesus 1863 auseinandersetzt Er hatte sich schon fruher fur die seinerzeit aktuelle Leben Jesu Forschung interessiert und mit 20 Jahren David Friedrich Strauss Leben Jesu gelesen das er bei aller spateren Kritik an Strauss immer noch fur wertvoll hielt nbsp Julius Wellhausens historisch kritische Bibelforschung fand Eingang in Nietzsches Werk Eine wichtige Quelle Nietzsches zur Geschichte des Judentums waren Julius Wellhausens Prolegomena zur Geschichte Israels zweite Auflage 1883 zu der sich besonders in den Kapiteln 25 26 und 48 direkte Bezuge finden lassen Auch andere Werke Wellhausens hat Nietzsche gelesen sie durften allgemein seine Stellung zu Judentum und Islam beeinflusst haben Auf Nietzsches Anspielungen auf Dostojewski ist schon hingewiesen worden Nietzsche entdeckte den russischen Schriftsteller spat fur sich und las von seinen Schriften womoglich nur Die Damonen in franzosischer Ubersetzung informierte sich aber sicherlich uber seine anderen Werke Mehrfach lobte er Dostojewskis psychologischen Scharfsinn nbsp Tolstois Auffassung eines wahren Christentums pragte Nietzsches Bild Jesu Wahrend die literarische Bekanntschaft Nietzsches mit Dostojewski durch dessen Erwahnung im Antichrist und Ecce homo offensichtlich ist wurde lange daruber gestritten ob Nietzsche auch Tolstois Schriften zu Religion und Christentum gekannt hat Dies ist heute eindeutig zu bejahen da sich in Nietzsches Notizheften eine Vielzahl von Exzerpten aus Tolstois Ma religion 1885 finden Einige davon sind fruher vom Nietzsche Archiv wohl wider besseres Wissen als angebliche Aphorismen Nietzsches in die Kompilation Der Wille zur Macht aufgenommen worden Besonders Nietzsches Jesus Deutung verdankt Tolstois Ansichten offenbar viel Das Gesetzbuch des Manu kannte Nietzsche aus einem Werk Louis Jacolliots das allerdings als hochst unzuverlassig und unwissenschaftlich gilt So finden sich gerade die von Nietzsche hier gelobten positiven Stellen uber Frauen nicht in den Originalen Viel problematischer und vollig unhaltbar ist die von Nietzsche offenbar unkritisch ubernommene und im Antichrist an einigen Stellen anklingende Theorie Jacolliots wonach das judische Volk aus Nachfahren der Ausgestossenen im brahmanistischen Indien bestehe Siehe auch Tschandala Sein ehemaliger Professorenkollege Jacob Burckhardt galt Nietzsche als unangefochtene Autoritat in Fragen der Kunst und Kulturgeschichte besonders bezuglich der Renaissance Wenn Nietzsche in Kapitel 61 von der Moglichkeit Cesare Borgias als Papst schwarmt so hat dies ein Vorbild bei Burckhardt der in seiner Kultur der Renaissance in Italien 1869 allerdings eher mit Schauer als mit Wohlwollen diese Moglichkeit ebenfalls behandelt Siehe auch Renaissancismus Den Begriff folie circulaire Kapitel 51 entnahm Nietzsche der Studie Degenerescence et criminalite 1888 des franzosischen Mediziners Charles Fere und verband sie mit den Hypothesen der dritten Abhandlung seiner Genealogie der Moral Dass Nietzsche wie oben zitiert den protestantischen Pfarrer als Grossvater der deutschen Philosophie hinstellt ist auch deswegen beachtenswert weil Nietzsche selbst aus einer klassischen Pfarrerfamilie stammte Nietzsches Vater Carl Ludwig Nietzsche und beide Grossvater waren evangelische Pfarrer seine Mutter war fromme Pietistin Fur Nietzsches Verstandnis des Christentums sind deswegen oft biographische Quellen gesucht worden Zur Editionsproblematik BearbeitenZum ersten Mal erschien der Antichrist mit dem Untertitel Versuch einer Kritik des Christenthums Ende November 1894 Aufdruck 1895 im achten Band der ersten Abteilung der Grossoktavausgabe herausgegeben von Fritz Koegel im Auftrag des Nietzsche Archivs Auch in allen folgenden Ausgaben des Archivs erschien Der Antichrist aber mit schwankenden Titeln und Auslassungen Ausgelassene Stellen Bearbeiten Vier Stellen der Schrift sind in diversen Ausgaben weggelassen worden Der allerletzte Absatz Und man rechnet die Zeit fehlte in der ersten Ausgabe wurde aber in den folgenden wiederhergestellt Da allerdings die heutige Ausgabe des Insel Verlags dieser Erstausgabe folgt fehlt er auch hier Die folgenden drei Stellen fehlen in allen Ausgaben des Archivs und folglich bis heute in denen des Alfred Kroner Verlags und des Insel Verlags In Kapitel 29 fehlen in dem Satz Mit der Strenge des Physiologen gesprochen ware hier ein ganz andres Wort noch am Platz das Wort Idiot die letzten drei Worte Dass Nietzsche Jesus als einen Idioten bezeichnete galt wohl als zu blasphemisch Rudolf Steiner der in den 1890ern das Originalmanuskript zu Gesicht bekommen hatte machte diese Stelle 1924 in einem Vortrag bekannt ohne dass die Offentlichkeit davon Notiz nahm und erneut Josef Hofmiller 1931 dem sie Koselitz mitgeteilt hatte Der Esoteriker Steiner sah darin einen ahrimanischen Einfluss auf Nietzsche bestatigt Hofmiller wollte mit dieser Blasphemie Nietzsches vermeintlich schon lange vorhandene Geisteskrankheit belegen Dass die Stelle wie dargelegt auch auf Dostojewski anspielt scheint sowohl den fur die Zensur Verantwortlichen im Archiv als auch Steiner und Hofmiller entgangen zu sein In Kapitel 35 ist der vermeintliche Dialog Die Worte zum Schacher am Kreuz auch du ein Kind Gottes entfernt worden da Nietzsche hier zwei Bibelstellen vermischt Lk 23 39 43 LUT und Mt 27 54 LUT Mk 15 39 LUT Lk 23 47 LUT Vermutlich sollte kein Zweifel an Nietzsches Bibelfestigkeit aufkommen Einige Bibelzitate in Kapitel 45 wurden in Archiv Ausgaben ebenfalls stillschweigend korrigiert Auch diese Stelle wurde zuerst 1931 von Hofmiller veroffentlicht In Kapitel 38 schliesslich heisst es im Manuskript Ein junger Furst an der Spitze seiner Regimente lt r gt prachtvoll als Ausdruck der Selbstsucht und Selbstuberhebung seines Volks aber ohne jede Scham sich als Christen bekennend Das Wort junger wurde ausgelassen um die Anspielung auf Wilhelm II der 1888 als 29 Jahriger ins Amt kam zu verschleiern Moglicherweise wurde junger in der Taschenausgabe 1906 gedruckt in den anderen Ausgaben aber nicht Karl Schlechta stellte in seiner Ausgabe 1954 ff diese Stellen wieder her Ursprunglich konnten die Auslassungen zumindest bei zwei der Stellen auf Wunsch des Verlags geschehen sein um rechtliche Schwierigkeiten Blasphemie und Majestatsbeleidigung zu vermeiden Das Gesetz wider das Christenthum Bearbeiten nbsp Das Gesetz wider das Christenthum Im Nachlass Nietzsches gibt es eine auf den 30 September 1888 der falschen Zeitrechnung datierte und mit Der Antichrist unterschriebene Seite die den Todkrieg gegen das Laster das Christentum erklart Hierin werden in sieben Satzen teilweise mit zweideutigen Begriffen Massregeln gegen das Christentum und dessen Widernatur etwa die Predigt der Keuschheit erlassen Priester seien aus der Gesellschaft zu isolieren man solle sie verfehmen aushungern in jede Art Wuste treiben Jede Teilnahme an einem Gottesdienst sei ein Attentat auf die offentliche Sittlichkeit Man solle harter gegen Protestanten als gegen Katholiken harter gegen liberale als gegen strengglaubige Protestanten sein da das Verbrecherische im Christ sein in dem Masse zunehme als man sich der Wissenschaft nahert sei der Verbrecher der Verbrecher folglich der Philosoph Die Worte Gott Heiland Erloser und Heiliger solle man als Schimpfworte benutzen Dass der Text von Nietzsche zumindest zeitweise unter dem Titel Gesetz wider das Christenthum nach dem 62 Abschnitt im Antichrist vorgesehen war steht ausser Frage Nietzsches endgultige Absichten lassen sich aber nicht mehr klaren Moglicherweise war das Gesetz wider das Christenthum lange Zeit nur Elisabeth Forster Nietzsche und Heinrich Koselitz bekannt und wurde den Herausgebern bis 1932 vorenthalten In diesem Jahr fand es Hans Joachim Mette bei seiner Katalogisierung der Bestande des Nietzsche Archivs in der Kassette zu Ecce homo und wusste vorlaufig nichts damit anzufangen Erst Erich Podach der 1960 die Manuskripte in Weimar durchsah erkannte seine ursprungliche Zugehorigkeit zu Der Antichrist und veroffentlichte es 1961 Gegen diese und andere Zuordnungen Podachs erhoben Pierre Champromis und Walter Kaufmann Einwande In der heute gangigen 1967 begonnenen Kritischen Gesamtausgabe Kritischen Studienausgabe hat Mazzino Montinari das Gesetz ans Ende des Antichrist gesetzt allerdings in kleinerem Druck um auf diese Unklarheit hinzuweisen Ein weiterer Text welchen Podach dem Antichrist zuordnete Der Hammer redet ein Auszug aus Also sprach Zarathustra wird hier dagegen nur als Ende der Gotzen Dammerung gedruckt Eine ausfuhrliche Begrundung dafur gab Montinari im zuerst 1980 erschienenen Kommentarband der KSA womit mehr als 90 Jahre nach Abfassung der Schrift heute ein allgemein akzeptierter Text fur das Werk vorliegt Zum Titel Bearbeiten Die Geschichte der Veroffentlichung des Antichrist ist das fortgesetzte Bemuhen uber die Dekomposition der Umwertung hinwegzutauschen schrieb Podach 1961 20 Die tatsachlichen Umstande der Entstehung sind oben dargestellt Das Nietzsche Archiv behauptete aber lange Zeit Nietzsche habe noch weitere drei Bucher der Umwertung abgefasst die durch Franz Overbecks Schuld verloren gegangen seien Zur Unterstutzung dieser Verleumdungskampagne siehe Das Basler Gegenarchiv wurde in Ausgaben des Antichrist ein entsprechender Eindruck erweckt Die Ausgaben Kroners setzen bis heute als Titel Umwertung aller Werte Erstes Buch Der Antichrist und nehmen das Vorwort als Vorwort der ganzen vermeintlich vierbandigen Umwertung Auch nutzen diverse Ausgaben bis heute den in der Erstausgabe benutzten Untertitel Versuch einer Kritik des Christenthums Deutungen und Rezeption BearbeitenNietzsches Freund Franz Overbeck Professor fur Kirchengeschichte war der erste Leser des Manuskripts und bewertete es differenziert Der Antichrist sei ein Denkmal ganz einziger Art 21 Sehr beeindruckt war er von Nietzsches Beschreibung der Person Jesus A lle bisherigen Versuche eine menschliche Figur aus ihm zu machen erscheinen lacherlich abstrakt und nur als Illustration zu einer rationalistischen Dogmatik neben der Leistung Nietzsches Er lobte wie dabei aus dem Originellen der Person auch das Menschliche hervorspringt Vieles andere fand er dagegen masslos heftig und von souveraner Ungerechtigkeit Insbesondere scheint mir Nietzsches Auffassung des Christentums sozusagen zu politisch und die Gleichung Christ Anarchist auf einer historisch sehr bedenklichen Schatzung dessen was das Christentum der Realitat nach im romischen Reich gewesen ist zu beruhen Die buddhistische Friedensbewegung welche nach Nietzsche ursprunglich Jesus eingeleitet hat scheint mir doch auch im Christentum nach ihm mag es das so Eingeleitete auch noch so sehr verzerrt haben in hoherem Masse geblieben zu sein als Nietzsche annimmt Richard Strauss sah fur seine Alpensinfonie zeitweise den Titel Der Antichrist vor Strauss schatzte Nietzsches Philosophie sehr und benannte seine sinfonische Dichtung Also sprach Zarathustra nach Nietzsches gleichnamiger Schrift Literatur BearbeitenAusgaben Bearbeiten Siehe Nietzsche Ausgabe fur allgemeine Informationen In der von Giorgio Colli und Mazzino Montinari begrundeten Kritischen Gesamtausgabe KGW ist Der Antichrist zu finden in Abteilung VI Band 3 zusammen mit Der Fall Wagner Gotzen Dammerung Ecce homo den Dionysos Dithyramben und Nietzsche contra Wagner ISBN 978 3 11 002554 5 Ein Nachbericht d h kritischer Apparat hierzu liegt noch nicht vor Denselben Text liefert die Kritische Studienausgabe KSA in Band 6 zusammen mit denselben anderen Schriften Nietzsches Der Band KSA 6 erscheint auch als Einzelband unter der ISBN 978 3 423 30156 5 Der zugehorige Apparat befindet sich im Kommentarband KSA 14 S 434 454 Der Insel Verlag ISBN 978 3 458 32647 2 und einige weitere Verlage bieten Einzelausgaben an die der KSA textkritisch deutlich unterlegen sind Der Insel Verlag folgt der GAK so dass der Untertitel falsch ist und einige Passagen fehlen siehe Ausgelassene Stellen Auch andere Verlage benutzen den falschen Untertitel Versuch einer Kritik des Christentums Zu erwahnen ist die Ausgabe von Der Antichrist Ecce Homo sic und den Dionysos Dithyramben im Goldmann Verlag mit einem Nachwort und Anmerkungen von Peter Putz sowie einer Bibliographie ISBN 3 442 07511 4 Der Text folgt anscheinend der Schlechta Ausgabe und ist entsprechend vollstandig Das Gesetz wider das Christenthum wird allerdings nicht erwahnt Sekundarliteratur Bearbeiten Alle grossen Monographien zu Nietzsche behandeln auch Der Antichrist siehe deswegen grundsatzlich die Literaturliste im Artikel Friedrich Nietzsche Fur eine ausfuhrliche Bibliographie siehe Weblinks Heinrich Meier Nietzsches Vermachtnis Ecce homo und Der Antichrist Zwei Bucher uber Natur und Politik C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 73953 8 Der Autor gibt eine textnahe und detaillierte Analyse von Ecce homo und Antichrist und weist beide Werke als anspruchsvolle und philosophisch hochst ernst zu nehmende Lekture aus die weder in Form noch Inhalt von Wahnsinn gekennzeichnet sind Andreas Urs Sommer Friedrich Nietzsches Der Antichrist Ein philosophisch historischer Kommentar Schwabe Basel 2000 ISBN 3 7965 1098 1 Voluminoses Standardwerk zum Text Weblinks BearbeitenVollstandiger Text bei Nietzsche Source Colli Montinari Ausgabe Literatur zu Der Antichrist Verzeichnis der Weimarer Nietzsche BibliographieEinzelnachweise BearbeitenWerke Nietzsches werden nach der Kritischen Studienausgabe KSA zitiert Ecce homo Der Fall Wagner 3 Abschnitt KSA 6 S 361 Jetzt Nachlassfragment Mai Juni 1888 17 4 KSA 13 S 523 526 vgl KSA 14 S 440 Das wird aus dem Kontext klar In Kapitel 31 heisst es explizit Jene seltsame und kranke Welt in die uns die Evangelien einfuhren eine Welt wie aus einem russischen Romane in der sich Auswurf der Gesellschaft Nervenleiden und kindliches Idiotenthum ein Stelldichein zu geben scheinen Man hatte zu bedauern dass nicht ein Dostoiewsky in der Nahe dieses interessantesten decadent gelebt hat ich meine Jemand der gerade den ergreifenden Reiz einer solchen Mischung von Sublimem Krankem und Kindlichem zu empfinden wusste KSA 6 S 202 f Der Antichrist Kapitel 61 KSA 6 S 251 Michael Hertl Der Mythos Friedrich Nietzsche und seine Totenmasken optische Manifeste seines Kults und Bildzitate in der Kunst Konigshausen amp Neumann 2007 ISBN 978 3 8260 3633 0 google de abgerufen am 20 Dezember 2016 Ecce homo Warum ich so gute Bucher schreibe 5 Abschnitt KSA 6 S 307 Ecce homo Warum ich ein Schicksal bin KSA 6 S 365 374 KSA 2 S 107 140 KSA 2 S 414 416 KSA 2 S 586 591 KSA 3 S 57 88 KSA 3 S 467 495 KSA 5 S 65 83 und 105 127 Die frohliche Wissenschaft Funftes Buch Aphorismus 358 Der Bauernaufstand des Geistes KSA 3 S 602 605 vgl etwa die von 1886 stammende Vorrede der Morgenrothe KSA 3 S 11 17 die Aphorismen 186 bis 188 von Jenseits von Gut und Bose KSA 5 S 105 110 und Zur Genealogie der Moral Dritte Abhandlung Abschnitt 25 KSA 5 S 405 Morgenrothe Erstes Buch Aphorismus 68 Der erste Christ KSA 3 S 64 68 Zur moglicherweise entscheidenden Bedeutung die die Genealogie auf Nietzsches Neukonzeptionierung seines Werks Ende August 1888 hatte vgl KSA 14 S 395 399 Zur Genealogie der Moral Erste Abhandlung Gut und Bose Gut und Schlecht KSA 5 S 257 289 Zur Genealogie der Moral Dritte Abhandlung was bedeuten asketische Ideale besonders ab Abschnitt 11 KSA 5 S 361 412 Erich Podach Friedrich Nietzsches Werke des Zusammenbruchs Rothe Heidelberg 1961 S 67 Dieses und alle folgenden Zitate aus dem Brief an Heinrich Koselitz 13 Marz 1889 zitiert nach KSA 14 S 441 VFriedrich NietzscheWerke Die Geburt des tragischen Gedankens Die Geburt der Tragodie aus dem Geiste der Musik Uber das Pathos der Wahrheit Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen Uber Wahrheit und Luge im aussermoralischen Sinne Unzeitgemasse Betrachtungen Vom Nutzen und Nachteil der Historie fur das Leben Hymnus an das Leben Menschliches Allzumenschliches Morgenrote Gedanken uber die moralischen Vorurteile Idyllen aus Messina Die frohliche Wissenschaft Also sprach Zarathustra Der Freigeist Vereinsamt Jenseits von Gut und Bose Zur Genealogie der Moral Der Fall Wagner Gotzen Dammerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt Der Antichrist Ecce homo Dionysos Dithyramben Nietzsche contra Wagner Der Wille zur Macht Wahnbriefe nbsp Philosophische Konzepte Amor fati Apollinisch dionysisch Bejahung Ewige Wiederkunft Gott ist tot Herrenmoral Letzter Mensch Pathos der Distanz Perspektivismus Ressentiment Sklavenmoral Tschandala Ubermensch Umwertung aller Werte Weltratsel Wille zur MachtGedenkstatten Nietzsche Haus Naumburg Nietzsche Haus Sils Maria Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Antichrist amp oldid 233604945