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Carl Ludwig Nietzsche 10 Oktober 1813 in Eilenburg Konigreich Sachsen 30 Juli 1849 in Rocken Preussische Provinz Sachsen war ein deutscher lutherischer Pfarrer und der Vater des Philosophen Friedrich Nietzsche Carl Ludwig Nietzsche Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Anmerkungen 3 Literatur 4 WeblinksLeben BearbeitenCarl Ludwig Nietzsche wurde 1813 geboren also im selben Jahr wie Richard Wagner der spatere Freund und Gonner Friedrich Nietzsches Seine Mutter Erdmuthe Dorothea geborene Krause 11 Dezember 1778 in Reichenbach im Vogtland 3 April 1856 in Naumburg an der Saale war in erster Ehe mit einem Hofadvokaten Kruger in Weimar verheiratet gewesen hatte zur Zeit Goethes in Weimar gelebt und dort die Besetzung Weimars durch die Franzosen miterlebt Sein Vater Friedrich August Ludwig Nietzsche war zeitweise Pfarrer zu Wohlmirstedt gewesen und dann zum Superintendenten im preussisch sachsischen Eilenburg aufgestiegen Aus der ersten Ehe seines Vaters hatte Carl Ludwig sieben Halbgeschwister von denen eines spater in England zu Wohlstand kam und durch sein Erbe den Wohlstand der Familie begrundete dem auch Friedrich Nietzsche noch sein finanzielles Auskommen verdanken sollte Aus der zweiten Ehe des Vaters hatte Carl Ludwig zwei Schwestern Auguste und Rosalie die spater als Tanten in der Kindheit Friedrich Nietzsches eine bestimmende Rolle spielten Dem Vorbild des Vaters folgend studierte Carl Ludwig Theologie in Halle und versah anschliessend eine Stelle als Erzieher der Prinzessinnen am herzoglichen Hof in Altenburg 1842 erhielt er auf allerhochsten Befehl des preussischen Konigs Friedrich Wilhelm IV die Pfarrstelle in dem Dorf Rocken bei Lutzen im preussischen Sachsen und bezog das dortige Pfarrhaus gemeinsam mit seiner Mutter und den beiden unverheirateten Schwestern von denen Auguste die Fuhrung des Haushaltes ubernahm wahrend sich Rosalie karitativen Tatigkeiten widmete In den Jugenderinnerungen die der Sohn Friedrich als erst Vierzehnjahriger verfasste Aus meinem Leben 1858 schildert dieser den Vater in seiner gesellschaftlichen Rolle als Pfarrer von Rocken Mein Vater war fur diesen Ort und zugleich fur die Nachbarsdorfer Michlitz und Bothfeld Prediger Das vollendete Bild eines Landgeistlichen Mit Geist und Gemuth begabt mit allen Tugenden eines Christen geschmuckt lebte er ein stilles einfaches aber gluckliches Leben und wurde von allen die ihn kannten geachtet und geliebt Sein feines Benehmen und heiterer Sinn verschonerte manche Gesellschaften zu denen er geladen war und machten ihn gleich bei seinem Ersten Erscheinen uberall beliebt Seine Musestunden fullte er mit schoner Wissenschaft und mit Musik aus Im Klavierspielen hatte er eine bedeutende Fertigkeit besonders in freien Variiren erlangt 1 Bei einem Antrittsbesuch bei seinem Amtsbruder David Ernst Oehler dem Pfarrer der Nachbargemeinde Pobles machte Carl Ludwig die Bekanntschaft von dessen jungster Tochter Franziska die er an seinem 30 Geburtstag dem 10 Oktober 1843 als damals Siebzehnjahrige heiratete Franziska Nietzsche hat sich an die erste Begegnung bei der Carl Ludwig durch Improvisationen auf dem Klavier Eindruck machte spater im Ruckblick folgendermassen erinnert 2 Bei frohlichem Geplauder wurde Kaffee getrunken sodann der Herr Pastor uns als Klavierspieler schon bekannt zu phantasieren animiert was er an diesem Tage mit besonderer Meisterschaft ausgefuhrt Wenig mehr als ein Jahr nach der Heirat am 15 Oktober 1844 wurde der alteste Sohn geboren der auf den Namen Friedrich Wilhelm getauft wurde weil wie der Vater Carl Ludwig in seiner Taufrede hervorhob auch der konigliche Wohltater Friedrich Wilhelm IV an diesem Tag seinen Geburtstag feierte 3 Du gesegneter Monat Oktober in welchem mir in den verschiedenen Jahren alle die wichtigsten Ereignisse meines Lebens geschehen sind das was ich an dem 24ten October heute erlebe ist doch das Grosseste das Herrlichste mein Kindlein soll ich taufen O seliger Augenblick o kostliche Feier o unaussprechlich heiliges Werk sei mir gesegnet im Namen des Herrn Und nun mit unaussprechlichen Gefuhlen mit dem tiefbewegtesten Herzen spreche ich es aus nun so bringet mir denn diess mein liebes Kind dass ich es dem Herrn weihe Mein Sohn Friedrich Wilhelm so sollst Du genennet werden auf Erden zur Erinnerung an meinen koniglichen Wohlthater an dessen Geburtstag Du geboren wurdest Den zweijahrigen Sohn schilderte der Vater 1846 in einem Brief 4 Bruder Fritz ist ein wilder Knabe den manchmal allein der Papa noch zur Raison bringt sintemalen von diesem die Ruthe nicht fern ist allein jetzt hilft ein Anderer machtiger miterziehen denn das ist der liebe heilige Christ welcher auch bei dem kleinen Fritz schon Kopf und Herz ganz eingenommen hat dass er von nichts Anderem sprechen und horen will als vom heile Kist Es ist das etwas gar Liebliches Allerdings ist durch die Familie uberliefert dass der Vater den Sohn nicht nur mit der Ruthe und Predigten erzog sondern zur Beruhigung des lebhaften Kindes oft auch zum Musikmachen gerufen wurde und damit bei diesem einen lebenslang unvergesslichen Eindruck hinterliess 1846 wurde die Tochter Elisabeth geboren die im Leben ihres Bruders Friedrich und besonders dann als Nachlassverwalterin sowie Grunderin und Leiterin des Nietzsche Archivs auch fur die Nietzsche Rezeption eine bestimmende und problematische Rolle spielen sollte 1848 wurde als drittes Kind sein Sohn Karl Ludwig Joseph geboren der jedoch schon 1850 verstarb Im Spatsommer 1848 erkrankte Carl Ludwig Nietzsche an einer schweren Krankheit der er im Alter von erst 35 Jahren erlag In der Schilderung von Friedrich Nietzsches Jugenderinnerungen 1858 5 Im September 1848 wurde plotzlich mein geliebter Vate r krank Jedoch trosteten wir uns er sich mit baldiger Genesung Immer wenn wieder ein besserer Tag war bat er doch ihm wieder predigen und Confirmanden Stunden geben zu lassen Denn sein thatiger Geist konnte nicht musig bleiben Mehrere Aerzte bemuhten sich das Wesen der Krankheit zu erkennen aber vergebens Da holten wir den beruhmten Arzt Opolcer der sich damals in Leipzig befand nach Rocken Dieser vortreffliche Mann erkannte sogleich wo der Sitz der Krankheit zu suchen ware Zu unser aller Erschrecken hielt er es fur eine Gehirnserweichung die zwar noch nicht hoffnungslos aber dennoch sehr gefahrvoll sei Ungeheure Schmerzen musste mein geliebter Vater ertragen aber die Krankheit wollte sich nicht vermindern sondern sie wuchs von Tag zu Tag Endlich erlosch sogar sein Augenlicht und in ewigen Dunkel musste er noch den Rest seiner Leiden erdulten Bis zum Juli 1849 dauerte noch sein Krankenlager da nahte der Tag der Erlosung Den 26 Juli versank er in tiefen Schlummer und nur zuweilen erwachte er Seine letzten Worte waren Franzchen Franzchen komm Mutter hore hore Ach Gott Dann entschlief er sanft und selig d 27 Juli 1849 sic Als ich den Morgen erwachte horte ich rings um mich lautes Weinen und Schluchzen Meine liebe Mutter kamm mit Thranen herein und rief wehklagend Ach Gott Mein guter Ludwig ist todt Obgleich ich noch sehr jung und unerfahren war so hatte ich doch eine Idee vom Tode der Gedanke mich immer von den geliebten Vater getrennt zu sehn ergriff mich und ich weinte bitterlich Ach Gott Ich war zum vaterlosen Waisenkind meine liebe Mutter zur Wittwe geworden Nietzsche lebte aufgrund dieses Erlebnisses spater in der Angst dass es sich um eine Erbkrankheit handelte und er ein ahnliches Schicksal erleiden musse 6 Die Gehirnserweichung des Vaters hat in der Nietzscheforschung unterschiedliche Diagnosen auf sich gezogen unter anderem als Gehirntumor oder Gehirntuberkulose und auch uber die Moglichkeit einer erblichen Belastung wurde oft spekuliert Von der Familie besonders von Friedrichs Schwester Elisabeth Forster Nietzsche wurde dagegen Wert darauf gelegt dass ein unglucklicher Sturz mit Gehirnerschutterung die Ursache fur Erkrankung und Tod des Vaters gewesen sei Um dieser Version Geltung zu verschaffen und dem Verdacht eines Erbleidens vorzubeugen 7 falschte die Schwester in ihrer Ausgabe der Jugenderinnerungen die Darstellung ihres Bruders an der oben zitierten Stelle Im September 1848 wurde plotzlich mein geliebter Vater lt gt krank brannte sie offenbar ein Loch ins Manuskript und gab die Stelle wie folgt wieder Im September 1848 wurde plotzlich mein geliebter Vater in Folge eines Sturzes bedeutend krank und brachte sie so in Einklang mit ihrer eigenen Version des Hergangs den sie in ihrer Biographie des Bruders Das Leben Friedrich Nietzsche s I Leipzig 1895 S 5 folgendermassen wiedergab 8 Ende August 1848 geleitete er sc der Vater am Abend Freunde nach Hause bei seiner Ruckkehr nach dem Pfarrhause kam ihm an der Thur desselben unser kleiner Hund zwischen die Fusse er stolperte und sturzte ruckwarts sieben steinerne Stufen auf das Pflaster des Hofes hinab Dadurch zog er sich eine Gehirnerschutterung zu fing an zu krankeln und starb 11 Monate darauf Am 2 August 1849 wurde der Vater in Rocken zu Grabe getragen In der Schilderung von Aus meinem Leben 9 Die Gemeinde hatte das Grab ausmauern lassen Um 1 Uhr Mittag begann die Feierlichkeit unter vollen Glockengelaute Oh nie wird sich der dumpfe Klang derselben aus meinem Ohr verlieren nie werde ich die duster rauschende Melodie des Liedes Jesu meine Zuversicht vergessen Durch die Hallen der Kirchen brausste Orgelton Eine grosse Schar von Verwandten und Bekannten hatte sich eingefunden fast sammtliche Pastoren und Lehrer der Umgegend Herr Pastor Wimmer sprach die Altarrede H Supperindent Wilke am Grabe und H Pastor Osswalt den Segen Dann wurde der Sarg hinabgelassen die dumpfen Worte des Geistlichen erschallten und entruckt war er der theure Vater allen uns Leidtragenden Eine glaubige Seele verlohr die Erde eine schauende empfing der Himmel Wenig spater erkrankte und verstarb auch der jungere Bruder Joseph was Friedrich Nietzsche spater in der Weise erzahlte dass er kurz vorher in einem Traum den Vater aus dem Grab steigen und das Kind zu sich holen gesehen habe 9 In der damaligen Zeit traumte mir einst ich horte in der Kirche Orgelton wie beim Begrabniss Da ich sah was die Ursache ware erhob sich plotzlich ein Grab und mein Vater im Sterbekleid entsteigt denselben Er eilt in die Kirche und kommt in kurzen mit einem kleinen Kinde im Arm wieder Der Grabhugel offnet sich er steigt hinein und die Decke sinkt wieder auf die Offnung Sogleich schweigt der rauschende Orgelschall und ich erwache Denn Tag nach diesen Nacht wird plotzlich Josephchen unwohl bekommt die Krampfe und stirbt in Wenig Stunden Unser Schmerz war ungeheuer Mein Traum war vollstandig in Erfullung gegangen Die kleine Leiche wurde auch noch in die Arme des Vaters gelegt Bei diesen doppelten Ungluck war Gott im Himmel unser einziger Trost und Schutz Dies geschah Ende Januar 1850 Friedrich Nietzsche war beim Tod des Vaters knapp funf Jahre alt der Anteil des Vaters an der Erziehung und geistigen Entwicklung des Sohnes war also zeitlich sehr begrenzt In der Nietzscherezeption und forschung spielt er trotzdem eine gewisse Rolle nicht nur in psychologischen und psychoanalytischen Deutungsversuchen sondern auch als Reprasentant des protestantischen Milieus pietistischer Ausrichtung das fur Nietzsche auch in seiner spateren Auseinandersetzung mit der christlichen Religion noch pragend blieb Anmerkungen Bearbeiten Friedrich Nietzsche Aus meinem Leben I In Giorgio Colli Mazzino Montinari Begr Werke Kritische Gesamtausgabe Abt I Bd 1 Walter de Gruyter Verlag Berlin New York 1995 S 282 im Folgenden zitiert als KGA Zitiert im Artikel Carl Ludwig Nietzsche Memento des Originals vom 27 September 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www friedrichnietzsche de auf www friedrichnietzsche de Die Taufrede ist im Goethe und Schillerarchiv unter Signatur GSA 71 382 erhalten und vollstandig dokumentiert in Reiner Bohley Nietzsches Taufe in Nietzsche Studien 9 1980 S 383 405 hier S 399 C L Nietzsche an Emil Julius Schenk 15 Dezember 1846 zitiert nach Stiftung Weimarer Klassik Friedrich Nietzsche Chronik in Bildern und Texten Hanser Verlag Munchen Wien 2000 S 11 Original im Goethe und Schiller Archiv Signatur GSA 100 396 Aus meinem Leben KGA I 1 S 285 zu den mit bezeichneten Lucken im Manuskript siehe unten Z B im Brief an Carl von Gersdorff 18 Januar 1876 Mein Vater starb 36 Jahr an Gehirnentzundung es ist moglich dass es bei mir noch schneller geht zit nach Friedrich Nietzsche Briefe Kritische Gesamtausgabe Abt II Band 5 Walter de Gruyter Verlag Berlin New York 1980 S 132 Digitalisat Fur das folgende siehe Montinari 1991 wie im Literaturverzeichnis S 6 f und Hans Gerald Hodl Dichtung oder Wahrheit In Nietzsche Studien 23 1994 S 285ff hier S 292ff Zitiert von Montinari 1991 siehe Literaturverzeichnis S 6 nach Elisabeth Forster Nietzsche Das Leben Friedrich Nietzsche s I Leipzig 1895 S 5 a b Aus meinem Leben KGA I 1 S 286 Literatur BearbeitenKlaus Goch Nietzsches Vater oder Die Katastrophe des deutschen Protestantismus Eine Biografie Akademie Verlag Berlin 2001 ISBN 3 05 003077 1 Eva Marsal Wen lost Dionysos ab Der Gekreuzigte im Facettenreichtum der mannlichen Nietzsche Dynastie Friedrich August Ludwig Nietzsche Carl Ludwig Nietzsche und Friedrich Nietzsche In Jahrbuch der Nietzsche Gesellschaft 9 2002 S 132 146 Eva Marsal Das unzeitgemasse Betrachten als familiare Denktradition Eine Analyse des kognitiven Stils von Friedrich August Ludwig Nietzsche In Renate Reschke Hrsg Zeitenwende Wertewende Internationaler Kongress zum 100 Todestag von Friedrich Nietzsche vom 24 bis 27 August 2000 in Naumburg Nietzscheforschung Sonderband 1 Akademie Verlag Berlin 2001 ISBN 3 05 003619 2 S 351 356 Mazzino Montinari Friedrich Nietzsche Eine Einfuhrung Walter de Gruyter Berlin New York 1991 ISBN 3 11 012213 8 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Carl Ludwig Nietzsche im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Carl Ludwig Nietzsche auf www friedrichnietzsche de Helmut Walter Der junge Nietzsche Uberarbeitete und erweiterte Fassung eines Vortrages vom 8 Mai 2002 vor der Gesellschaft fur kritische Philosophie Nurnberg Memento vom 22 Juli 2012 im Internet Archive Normdaten Person GND 121764257 lobid OGND AKS LCCN n00102590 VIAF 10710358 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Nietzsche Carl LudwigKURZBESCHREIBUNG deutscher protestantischer Pfarrer und Vater des Philosophen Friedrich NietzscheGEBURTSDATUM 10 Oktober 1813GEBURTSORT Eilenburg SachsenSTERBEDATUM 30 Juli 1849STERBEORT Rocken Sachsen Anhalt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Carl Ludwig Nietzsche amp oldid 237036731