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Die Philologie ist die zusammenfassende Bezeichnung fur die Sprach und Literaturwissenschaft einer Sprache oder eines Sprachzweiges und entstand im 16 Jahrhundert aus griechisch filologia philologia lateinisch philologia zu filos philos und logos logos wortlich Liebe zur Sprache 1 Philologie bedeutete ursprunglich das Streben nach historisch ausgerichteter gelehrter Bildung uberhaupt In der Folge verstand man darunter den Inbegriff der Studien die sich mit dem griechischen und romischen Altertum befassen Heute wird als Philologie die Wissenschaft verstanden die sich mit Texten historischen literarischen oder kulturgeschichtlichen Inhalts in einer bestimmten Sprache beschaftigt und sie sprachlich historisch kulturgeschichtlich und gesellschaftlich interpretiert 2 Man unterscheidet die Altphilologie Klassische Philologie die sich mit Altgriechisch und Latein befasst daneben die altorientalische Philologie anfangs vor allem fur Althebraisch und die Neuphilologie die Beschaftigung mit den modernen Sprachen In vielen Sprachen befasst sich deren Philologie mit der alteren und der modernen Sprache so die Germanistik Romanistik Slawistik Anglistik Skandinavistik Sinologie Japanologie Iranistik Gelegentlich wird der Begriff im Sinn von Forschung fur die gelehrte Beschaftigung mit einem einzelnen Autor und dessen literarischem Werk Goethe Philologie gebraucht Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Deutsche Philologie 3 Fachgebiete Auswahl 4 Schriften zur Theorie der Philologie 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenDas Wort wurde in der Neuzeit erstmals 1575 benutzt in Johann Fischarts Ubersetzung des Romans Gargantua von Rabelais der die Franzosische Klassik einleitete In der Antike hiess der Philologe noch grammatikos grammatikos oder kritikos kritikos Es gibt aber altgriechisch filologos philologos und davon lateinisch philologus im Sinne eines Literaturliebhabers oder eines vielfaltig interessierten Lesers Die typischen philologischen Tatigkeiten Sammeln Kommentieren Edieren gab es durchaus Als Hohepunkt antiker Philologie gilt der Dichter und Bibliothekar von Alexandria Kallimachos im 3 Jahrhundert v Chr Bei den Romern hat Varro bereits Regeln zur Verbesserung Emendation von Abschreibfehlern aufgestellt Die Philologie der Humanisten begann im 14 Jahrhundert bei Petrarca und anderen darunter Giovanni Boccaccio Salutati Lorenzo Valla mit der Arbeit am originalen Livius Text von Ab urbe condita dem spateren Codex Harleianus 2493 Die Humanisten stellten sowohl die Frage nach dem wahren Text im Sinne des Originals als auch nach dem eigentlichen Sinn des Textes der durch Erklarungen verstandlich gemacht werden musse 1397 wurde Manuel Chrysoloras als erster Grazist nach Florenz berufen Die deutschen Philologen des Humanismus waren Theologen mit Interesse an den drei heiligen Sprachen vor allem Johannes Reuchlin der die Hebraistik forderte Philipp Melanchthon Erasmus von Rotterdam der die Vulgata uberarbeitete oder kirchenkritische Humanisten wie Ulrich von Hutten der die Germania des Tacitus popularisierte Von Italien wanderten die Zentren nach Frankreich Bude Scaliger Casaubonus und an die Universitat Leiden Lipsius Voss Im 18 Jahrhundert ragte Richard Bentley in England hervor der Lexikograf Gesner im deutschen Gottingen In Spanien trat auch fruh eine Befassung mit den verschiedenen Sprachen bei Rodrigo Jimenez de Rada auf an die Andres de Poza 1587 anschloss Ursprungliche Aufgabe der Philologie war neben dem Sammeln die Textkritik also die Herstellung eines moglichst authentischen Textes der aus verschiedenen voneinander abweichenden Handschriften erschlossen wurde Diese Editionsphilologie ist heute noch ein Teilbereich der Philologie Dazu kam der Kommentar durch Randbemerkungen oder eigenstandige Schriften aus der die Zusammenhange erlauternde Literaturgeschichte im weiteren Sinne entstanden ist Als alteste Philologie gilt die Klassische Philologie die sich mit dem als klassisch verstandenen griechischen und romischen Altertum befasst Aus ihr entstanden die meisten anderen Philologien Die sogenannten Neuphilologien zu denen die Anglistik die Germanistik die Slawistik und die Romanistik gehoren entwickelten sich vor allem wahrend der Aufklarung und der Romantik und bildeten die Grundlage zur Herausbildung weiterer Ableger zum Beispiel Lusitanistik und Rumanistik Die Tendenz der Aufspaltung einer grosseren Philologie in viele Teilphilologien bezeichnet man auch als Orchideisierung Im Rahmen der Orientalistik beispielsweise entstanden zahlreiche kleine Philologien die an grosseren Hochschulstandorten als Orchideenfacher fortexistieren Fur die Theologie aber ist Hebraistik ein notwendiges Fach der Bibelwissenschaft Deutsche Philologie BearbeitenAn der Wiener Universitat befasste sich Joachim von Watt in Vorlesungen 1512 13 mit alt und mittelhochdeutscher Literatur Ihm folgte im 18 Jahrhundert der in Gottingen lehrende Georg Friedrich Benecke Wichtige Entwicklungsschritte waren die Edition des Parzival von Wolfram von Eschenbach 1753 durch Johann Jakob Bodmer und Johann Christoph Gottscheds Nothiger Vorrath zur Geschichte der deutschen Dramatischen Dichtkunst 1757 Anfang des 19 Jahrhunderts legte von der Hagen eine kritischen Edition des Nibelungenlieds vor Der erste Lehrstuhl fur englische Sprache entstand an der von Georg II gegrundeten und 1737 eroffneten Georg August Universitat Gottingen Der antinapoleonische Kampfer der Befreiungskriege Friedrich Christian Diez lehrte 1830 zuerst Romanistik in Bonn Doch zeitgleich entstand auch im Zeichen wachsender Globalisierung die aussereuropaische Philologie Georg Friedrich Grotefend entzifferte die Keilschrift Champollion die Hieroglyphen Josef von Hammer ubersetzte 1812 den persischen Dichter Hafis August Wilhelm Schlegel befasste sich mit Sanskrit Etwas spater begann auch die deutsche Slawistik 1874 mit der Professur Vatroslav Jagic an der Berliner Universitat Viel fruher gab es aber ein Litauisches Seminar an der Universitat Konigsberg seit 1718 das die engen Beziehungen zum baltischen Raum untersuchte Siehe auch zur Entwicklung Geschichte der Klassischen Philologie Geschichte der Germanistik Anglistik Romanistik etc Fachgebiete Auswahl BearbeitenUbergreifende Philologien Vergleichende Sprachwissenschaft Indogermanistik Kaukasistik SemitistikKlassische Philologie Altphilologie Grazistik Byzantinistik Latinistik Mittellateinische PhilologieAltorientalistik Altorientalische Sprachen Akkadisch Assyrisch Babylonisch Elamistik Hethitologie Semitistik Aramaisch Hebraisch SumeristikNeuphilologie Europa Anglistik Amerikanistik Baltistik Bohemistik Finnougristik vor allem Hungarologie und Fennistik Germanistik Keltologie Neograzistik Niederlandistik Romanistik u a Hispanistik Lusitanistik Katalanistik einschliesslich Lateinamerikanistik Romaniphilologie Skandinavistik Slawistik u a Russistik Polonistik Serbokroatistik Philologien Naher Osten Asien Arabistik Austronesistik Dravidistik Hebraistik Indologie Iranistik Japanistik Koreanistik Kurdologie Mongolistik Sinologie Thaiistik Tibetologie Turkologie VietnamistikPhilologien Afrika Afrikanistik Agyptologie AthiopistikSchriften zur Theorie der Philologie BearbeitenFriedrich Schlegel Zur Philologie I und II In Kritische Friedrich Schlegel Ausgabe Hrsg von Ernst Behler 2 Abteilung Bd 16 Fragmente zur Poesie und Literatur 1 Teil Schoningh Paderborn Munchen Wien 1981 S 33 81 Friedrich Nietzsche Wir Philologen In Friedrich Nietzsche Werke Hrsg von Karl Schlechta Bd 3 6 durchgesehene Auflage Hanser Munchen 1969 S 323 332 Notizen zu Wir Philologen i R der Digitalen Faksimile Gesamtausgabe Hrsg von Paolo D Iorio August Boeckh Encyklopadie und Methodologie der philologischen Wissenschaften Hrsg von Ernst Bratuschek B G Teubner Leipzig 1877 Digitalisat auf Open Library Peter Szondi Uber philologische Erkenntnis In Peter Szondi Holderlin Studien Mit einem Traktat uber philologische Erkenntnis Suhrkamp Frankfurt am Main 1967 ISBN 3 518 10379 2 S 9 34 Heinz Schlaffer Poesie und Wissen Die Entstehung des asthetischen Bewusstseins und der philologischen Erkenntnis Suhrkamp Frankfurt am Main 1990 ISBN 3 518 58023 X Jan Ziolkowski What is Philology Introduction In Comparative Literature Studies Band 27 Nr 1 Special focus issue What is Philology 1990 S 1 12 Nikolaus Wegmann Was heisst einen klassischen Text lesen Philologische Selbstreflexion zwischen Wissenschaft und Bildung In Jurgen Fohrmann Wilhelm Vosskamp Hrsg Wissenschaftsgeschichte der Germanistik im 19 Jahrhundert Metzler Stuttgart Weimar 1994 ISBN 3 476 00990 4 S 334 450 Raphael Sobotta Heidelberg Nigel Wilson Oxford Andrew Dyck Los Angeles Philologie In Der Neue Pauly Hg v Hubert Cancik Helmuth Schneider Antike Manfred Landfester Rezeptions und Wissenschaftsgeschichte 9 2000 S 836 844 3 Thomas Schestag Philologie Erkenntnis In Neue Rundschau Band 119 Nr 3 2008 S 128 143 Jurgen Paul Schwindt Hrsg Was ist eine philologische Frage Beitrage zur Erkundung einer theoretischen Einstellung Suhrkamp Frankfurt am Main 2009 ISBN 978 3 518 29543 4 Marcel Lepper Philologie Zur Einfuhrung Junius Hamburg 2012 ISBN 978 3 88506 063 5 Jerome McGann Philology in a New Key In Critical Inquiry Band 39 Nr 2 Winter 2013 S 327 346 Sheldon Pollock Kritische Philologie Essays zu Literatur Sprache und Macht in Indien und Europa Hrsg von Christoph Konig Aus dem Englischen ubersetzt von Brigitte Schoning Wallstein Gottingen 2015 ISBN 978 3 8353 1662 1 Vincenz Pieper Philologische Erkenntnis Eine Untersuchung zu den begrifflichen Grundlagen der Literaturforschung De Gruyter Berlin 2019 ISBN 978 3 11 062528 8 Weblinks Bearbeiten Commons Philology Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wikisource Klassische Philologie Quellen und Volltexte Wikisource Zeitschriften Philologie Quellen und Volltexte Wiktionary Philologie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen PhiN Philologie im Netz Zeitschrift der FU Berlin Dieter Borchmeyer Vom Nutzen der Philologie Zwei Liebeserklarungen an eine bemitleidenswerte Wissenschaft In Die Zeit Nr 9 2005 Uwe Wirth Kai Bremer Die philologische Frage Kulturwissenschaftliche Perpektiven auf die Theoriegeschichte der Philologie Abgerufen am 4 Oktober 2019 Forum Computerphilologie Uni Munchen Jose Angel Garcia Landa A Bibliography of Literary Theory Criticism and Philology 13 A 2008 Informationen zu dem Projekt Philologie als Kulturwissenschaft des Leibniz Zentrums fur Literatur und Kulturforschung BerlinEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Wilhelm Gemoll Griechisch Deutsches Schul und Handworterbuch G Freytag Verlag Holder Pichler Tempsky Munchen Wien 1965 Philologie In Worterbuch der deutschen Gegenwartssprache auf dwds de Abgerufen am 15 Februar 2023 Philologie Koninklijke Brill NV doi 10 1163 1574 9347 dnp e921170 brillonline com abgerufen am 12 April 2020 Normdaten Sachbegriff GND 4174271 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Philologie amp oldid 230919795