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Georg Friedrich Grotefend 9 Juni 1775 in Munden 15 Dezember 1853 in Hannover war ein deutscher Sprachwissenschaftler und Altertumsforscher Er begann mit der Entzifferung der Keilschrift Georg Friedrich Grotefend Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Entzifferung der altpersischen Keilschrift 2 Tod und Nachleben 3 Schriften Auswahl 4 Bibliographie 5 Festschrift 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben und Wirken Bearbeiten nbsp Geburtshaus in Hann Munden Ziegelstrasse 39Georg Friedrich war ein Sohn des Schuhmachergildemeisters Johann Christian Grotefend 1738 1813 und seiner Ehefrau Sophie geb Wolff Tochter des Schuhmachermeisters Johann Gregor Wolff in Munden Er war ein Bruder des Lehrers und spateren Generalsuperintendenten Johann Gregor Grotefend 1766 1837 Vater des Historikers Karl Ludwig Grotefend 1807 1874 und Grossvater des Archivars und Chronologen Hermann Grotefend 1845 1931 Der Philologe und Gottinger Gymnasialdirektor August Grotefend 1798 1836 war ein Sohn seines Bruders Johann Gregor Grotefend besuchte bis zu seinem 16 Lebensjahr die Lateinschule seiner Heimatstadt danach das Padagogium in Ilfeld wo sein Bruder zu der Zeit Lehrer war Ab 1795 studierte er in Gottingen Philologie und Theologie 1 Noch wahrend seines Studiums wurde er 1797 Collaborator am Gymnasium in Gottingen heute Max Planck Gymnasium 1803 kam er als Prorektor an das Stadtische Gymnasium heute Lessing Gymnasium in Frankfurt am Main dessen Konrektor er von 1806 bis 1821 war Die Universitat Marburg verlieh ihm am 3 September 1811 die philosophische Doktorwurde 2 Im Jahr 1812 hatte er zudem die Professur fur klassische Literatur am Lyceum Carolinum inne einer im selben Jahr von Grossherzog Karl Theodor von Dalberg in Frankfurt gegrundeten Landesuniversitat die 1814 wieder eingestellt wurde Schliesslich wurde er 1821 Schulleiter des Lyceums in Hannover Zum 300 jahrigen Jubilaum der Reformation wurde er Grunder des Frankfurtischen Gelehrtenvereins fur deutsche Sprache In dessen Abhandlungen brachte er neben bedeutenden anderen Aufsatzen z B von Herling eine grossere Zahl eigene Aufsatze heraus 3 Sein Neffe August wurde nach 1821 Mitglied des Gelehrtenvereins 1819 gehorte er zu den Grundern der Gesellschaft fur Deutschlands altere Geschichtskunde die sich mit der Herausgabe der Monumenta Germaniae Historica befasste Im Nachlass der Bruder Grimm befinden sich zehn Briefe Grotefends an Jacob Grimm aus der Zeit zwischen 1818 und 1821 sie betreffen einen Meinungsaustausch uber die gotische Sprache 4 Am 3 November 1805 heiratete er die reiche Kaufmannstochter Christiane Bornemann 1786 1834 mit der er funf Sohne und zwei Tochter hatte Entzifferung der altpersischen Keilschrift Bearbeiten Ausgangspunkt fur Grotefends erste Entzifferung von zehn Zeichen der persischen Keilschrift binnen weniger Wochen im Jahr 1802 in Gottingen war eine Wette bei der er den Standpunkt vertrat es sei moglich ein vollkommen unbekanntes Schriftsystem aus sich selbst heraus zu entziffern 5 In seinem ersten Bericht von 1802 stellte Grotefend fest dass die Keilinschriften Schriftzeichen sind was zu jener Zeit nicht selbstverstandlich war und dass sich die drei Inschriftenarten entsprechen Er fahrt fort Es gibt zwar mehrere Arten von Keilinschriften welche man im babylonischen und in den sonstigen Bereichen des Orients antrifft aber in den Persepolitanischen Inschriften deren Deutung ich mir vorgenommen habe sind nur drei Arten erkennbar welche sich dermassen nahezu wortlich entsprechen dass wir wenn wir eine Gattung verstehen auch die Bedeutung der anderen kennen wurden 6 Fur seine Aufgabe standen ihm Zeichnungen von Carsten Niebuhr und Cornelis de Bruyn zur Verfugung die diese von Inschriften in Persepolis angefertigt hatten Es handelt sich um die Inschriften DPa DPb DPc DPd DPe DPf DPg XPb XPc und XPe Zusatzlich lag ihm eine Abschrift von der Inschrift auf der Caylus Vase vor Von Friedrich Munter und Oluf Gerhard Tychsen war kurz zuvor der Worttrenner als schragliegender Keil erkannt worden 7 Als Griechischlehrer kannte Grotefend das historische Umfeld sowie die Namen der persischen Konige dieser Zeit Es war ihm auch aus griechischer Uberlieferung bekannt dass die Konigsnamen immer im Zusammenhang mit dem Namen des Vorgangers verzeichnet waren Bei seiner Suche ging er von jener Form der Konigsnamen aus die einige Jahre zuvor von dem franzosischen Orientalisten Abraham Hyacinthe Anquetil Duperron mit seiner Ubersetzung des altiranischen heiligen Buches Avesta veroffentlicht worden waren Grotefend stellte fest dass die Konige in der ihm vorliegenden Inschrift weder Kyros I noch Kambyses I sein konnten da beide Namen mit dem gleichen Schriftzeichen begannen das erste Zeichen dagegen verschieden war Auch konnte es sich nicht um Kyros und Artaxerxes I handeln da der erste Name zu kurz und der zweite zu lang war Es blieben also nur Darius und Xerxes ubrig Tatsachlich war nicht der Name des Thronfolgers Xerxes I sondern der seines Vorgangers Darius I mit dem Konigstitel gekennzeichnet Georg Friedrich Grotefend war der erste dem ein Join das Zusammenfugen zweier voneinander im Altertum getrennter Textstucke gelungen ist In seinem vierten Bericht verglich er die Zeichnung Nr 131 die Inschrift XPca von Cornelis de Bruyn 8 mit der Tafel 24 A die Inschrift XPba von Carsten Niebuhr 9 und stellte fest dass sich der Anfang von Niebuhrs Tafel mit Hilfe der Zeichnung von de Bruyn wiederherstellen liess Als Gore Ouseley Bruchstucke von XPba nach England brachte und Abschriften davon nach Gottingen gelangten erkannte Grotefend dass das grosste Stuck ein abgebrochener Anfang der Inschrift XPba war die Niebuhr in der Tafel A dargestellt hatte Grotefend veroffentlichte seine Entdeckungen in der Allgemeinen Literatur Zeitung 1819 und 1820 ungefahr 140 Jahre vor Richard David Barnett vom British Museum dem Grotefends Entdeckung offenbar unbekannt war 10 11 nbsp Gottinger Gedenktafel fur Georg Friedrich Grotefend Gotmarstrasse 8 Er trug seine Ergebnisse der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen vor deren Mitglied er 1820 wurde 12 und publizierte eine kurze Zusammenfassung Seine vier Berichte die nach dem einleitenden ersten Wort des ersten Berichts auch Praevia genannt werden wurden erst 1893 von Wilhelm Meyer publiziert der kalligraphische Abschriften eines Herrn Johannknecht in den Archiven der Gottinger Akademie der Wissenschaften entdeckt hatte 13 Grotefend lieferte auch das Vorwort zu Friedrich Wagenfelds Ubersetzung einer griechischen Handschrift von Sanchuniathons Urgeschichte der Phonizier Hannover 1836 die sich aber wenig spater als erfundene Quelle erwies Im Jahr 1847 wurde Grotefend als korrespondierendes Mitglied in die Preussische Akademie der Wissenschaften aufgenommen 14 nbsp Grab auf dem Gartenfriedhof in Hannover nbsp Medaille Grotefends 1848 von Heinrich BrehmerTod und Nachleben BearbeitenGeorg Friedrich Grotefend ging 1849 als Schulleiter in den Ruhestand Er war Ehrenburger der Stadt Hannover und starb dort am 15 Dezember 1853 Er ist auf dem Gartenfriedhof Marienstrasse begraben Sowohl in seiner Geburtsstadt Munden die heute Hann Munden heisst in Frankfurt Eckenheim in Hamburg Iserbrook in Hildesheim in Gottingen und in Hannover wurden Strassen nach ihm benannt Das Grotefend Gymnasium Munden tragt seit 1976 seinen Namen Eine Gottinger Gedenktafel erinnert an ihn 15 An seine Leistungen fur das Lyzeum in Hannover fur das er uber 50 Jahre tatig war erinnert eine Medaille die 1848 fur ein doppeltes Jubilaum gepragt wurde Der lokale Medailleur Heinrich Brehmer fertigte die bronzene Medaille einerseits fur den langjahrigen Direktor der Schule andererseits aufgrund des 500 jahrigen Bestehens des Lyzeums Die Vorderseite ist Grotefend gewidmet die Ruckseite der Schule Gerade diese Seite ist interessant da sie eine Anspielung auf die Stadtwerdung und den Ursprung der Schule der Stadt Hannover darstellt 16 Der literarische Nachlass von Georg Friedrich Grotefend befindet sich seit 1878 in der Gottinger Universitatsbibliothek 17 Schriften Auswahl BearbeitenUeber die Erklarung der Keilschriften und besonders der Inschriften von Persepolis In Ideen uber die Politik den Verkehr und den Handel der vornehmsten Volker der alten Welt Erster Theil Zweyte Abtheilung Von A H L Heeren Zweyte vermehrte Aufl Gottingen 1805 S 931 958 18 Anfangsgrunde der deutschen Prosodie Als Anhang zu den Anfangsgrunden der deutschen Sprachlehre und Orthographie vorzuglich zum Gebrauche in Schulen entworfen von Dr G M Roth Heyer Giessen 1815 19 Vorlaufige Nachrichten von einigen persischen babylonischen und agyptischen Denkmalern In Allgemeine Literatur Zeitung Nr 124 vom Mai 1819 Spalte 137 144 Das Gebiet der keilformigen Inschriften so weit sie bekannt sind In Allgemeine Literatur Zeitung Nr 106 vom April 1820 Spalte 841 846 Lateinische Grammatik 2 Bde Frankfurt am Main 1823 1824 Neue Beitrage zur Erlauterung der persepolitanischen Keilschrift Hannover 1837 Digitalisat Rudimenta linguae umbricae 8 Hefte Hannover 1835 1838 Rudimentae linguae oscae Hannover 1839 Zur Geographie und Geschichte von Altitalien 5 Hefte Hannover 1840 1842 G Fr Grotefend s erste Nachricht von seiner Entzifferung der Keilschrift Zum Abdruck gebracht von W Meyer In Nachrichten von der Koniglichen Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg Augusts Universitat zu Gottingen 1893 S 573 616 Bibliographie BearbeitenJ Flemming Die Arbeiten von G F Grotefend s Beitrage zur Assyriologie und semitischen Sprachwissenschaft Band 1 Leipzig 1890 S 86 93 babel hathitrust org Festschrift BearbeitenRykle Borger Hrsg Die Welt des Alten Orients Keilschrift Grabungen Gelehrte Handbuch und Katalog zur Ausstellung zum 200 Geburtstag Georg Friedrich Grotefends Stadtisches Museum Gottingen vom 4 Mai bis zum 27 Juli 1975 im Kestner Museum Hannover vom 21 August bis zum 19 Oktober 1975 in Verbindung mit den Staatlichen Museen Berlin Deutsche Demokratische Republik Gottingen 1975 Literatur Bearbeiten Autobiographische Darlegung in Geschichte des Lyceums der Koniglichen Residenz Stadt Hannover wahrend des Zeitraums von 1733 bis 1833 als Einladung am 16 September 1833 von Dr Georg Friedrich Grotefend S 72ff H Grotefend Grotefend Georg Friedrich In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 9 Duncker amp Humblot Leipzig 1879 S 763 765 Genealogisches Handbuch burgerlicher Familien 1 Band Charlottenburg 1889 S 117 120 Die Vorfahren und Nachkommen von Johann Christian Grotefend 1813 Fur den Grotefendʼschen Familienverband zusammengestellt vom Familienarchivar Hermann Grotefend Schwerin 1901 PDF Wilhelm Rothert Die sieben Grotefends In Allgemeine hannoversche Biographie Band 2 Im alten Konigreich Hannover 1814 1866 Hannover 1914 S 186 198 und 535f Dietz Otto Edzard Grotefend Georg Friedrich In Neue Deutsche Biographie NDB Band 7 Duncker amp Humblot Berlin 1966 ISBN 3 428 00188 5 S 164 f Digitalisat Grotefend Georg Friedrich In Bio bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18 Jahrhunderts Band 3 Tubingen 1994 ISBN 3 484 73023 4 S 338 373 Dietmar Vonend Denkmalportrait in Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 4 2017 S 286 Rudiger Schmitt Georg Friedrich Grotefend In Ehsan Yarshater Hrsg Encyclopaedia Iranica 23 Februar 2012 englisch iranicaonline org abgerufen am 16 August 2023 mit Literaturangaben Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Georg Friedrich Grotefend Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Georg Friedrich Grotefend Quellen und Volltexte Literatur von und uber Georg Friedrich Grotefend im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Georg Friedrich Grotefend in der Deutschen Digitalen Bibliothek Georg Friedrich Grotefend im Internet Archive Grotefend Georg Friedrich Hessische Biografie Stand 2 Mai 2023 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten eingeschrieben am 3 Mai 1795 Die Matrikel der Georg August Universitat zu Gottingen 1734 1837 Hrsg Gotz von Selle Hildesheim 1937 S 355 Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur Zeitung vom 2 November 1811 Spalte 270 Abhandlungen des frankfurtischen Gelehrtenvereines fur deutsche Sprache Inhaltsverzeichnis des Ersten Stucks 1818 S If des Zweiten Stucks 1818 S If und des Dritten Stucks 1821 S If Wilhelm Schoof Georg Friedrich Grotefend und Jacob Grimm In Werratalverein Eschwege e V Hrsg Das Werraland Heft 2 Eschwege 1957 S 27 28 Borger 1975 S 169 Georg Friedrich Grotefend Vorlaufiger Bericht uber Lesung und Erklarung der sogenannten Keilinschriften von Persepolis Gottingen 1802 In Rykle Borger Hrsg Die Welt des Alten Orients Keilschrift Grabungen Gelehrte Handbuch und Katalog zur Ausstellung zum 200 Geburtstag Georg Friedrich Grotefends Stadtisches Museum Gottingen vom 4 Mai bis zum 27 Juli 1975 im Kestner Museum Hannover vom 21 August bis zum 19 Oktober 1975 in Verbindung mit den Staatlichen Museen Berlin Deutsche Demokratische Republik Gottingen 1975 S 161 178 hier S 169 lateinisch mit deutscher Ubersetzung Borger 1975 S 158 159 Cornelis de Bruyn Reizen over Moskovie door Persie en Indie verrijkt met 300 kunstplaaten door den auteur zelf na t leven afgeteekend Amsterdam 1711 Band 2 Tafel 131 digitalcollections nypl org Carsten Niebuhr Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Landern 2 Bande Kopenhagen 1774 1778 3 Band Reisen durch Syrien und Palastina Hamburg 1837 Band 2 Tafel XXIV A dibiki ub uni kiel de R D Barnett Persepolis IRAQ Band 19 Nr 1 1957 S 55 77 Borger 1975 S 179 Max Arnim Mitglieder Verzeichnisse der Gesellschaft der Wissenschaften zu Gottingen 1751 1927 Gottingen 1928 S 65 Rykle Borger Hrsg Die Welt des Alten Orients Keilschrift Grabungen Gelehrte Handbuch und Katalog zur Ausstellung zum 200 Geburtstag Georg Friedrich Grotefends Stadtisches Museum Gottingen vom 4 Mai bis zum 27 Juli 1975 im Kestner Museum Hannover vom 21 August bis zum 19 Oktober 1975 in Verbindung mit den Staatlichen Museen Berlin Deutsche Demokratische Republik Gottingen 1975 S 157 lateinisch mit deutscher Ubersetzung Mitglieder der Vorgangerakademien Georg Friedrich Grotefend Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 31 Marz 2015 Walter Nissen Christina Prauss Siegfried Schutz Gottinger Gedenktafeln Ein biografischer Wegweiser Vandenhoeck amp Ruprecht 2002 S 89 ISBN 3 525 39161 7 Stefan Krmnicek Marius Gaidys Gelehrtenbilder Altertumswissenschaftler auf Medaillen des 19 Jahrhunderts Begleitband zur online Ausstellung im Digitalen Munzkabinett des Instituts fur Klassische Archaologie der Universitat Tubingen Von Krosus bis zu Konig Wilhelm Neue Serie Band 3 Universitatsbibliothek Tubingen Tubingen 2020 S 82 f online Borger 1975 S 157 Vgl auch A H Sayce The Archaeology of the Cuneiform Inscriptions 1908 S 11f verfasst auf Ersuchen von Georg Michael Roth und dem Verleger Anfangsgrunde der deutschen Sprachlehre und Orthographie vorzuglich zum Gebrauche in Schulen entworfen von G M Roth Zweyte vollstandigere und verbesserte Auflage Giessen 1814 S XIV Normdaten Person GND 118718991 lobid OGND AKS LCCN n50032971 VIAF 47556864 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Grotefend Georg FriedrichKURZBESCHREIBUNG deutscher SprachwissenschaftlerGEBURTSDATUM 9 Juni 1775GEBURTSORT Hann MundenSTERBEDATUM 15 Dezember 1853STERBEORT Hannover Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Georg Friedrich Grotefend amp oldid 238509445