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Der Begriff Literaturgeschichte hatte bis Mitte des 18 Jahrhunderts die Bedeutung Berichte aus der gelehrten Welt und wurde seit etwa 1830 neu definiert als Feld der nationalen sprachlich fixierten Uberlieferung innerhalb derer die kunstlerisch gestalteten Werke massgeblich sind Kunst Geschichten Berichte von neuesten technischen Apparaturen Literatur Geschichten Berichte von neuesten wissenschaftlichen Arbeiten im vorliegenden Fall aus dem Feld der Medizin und Meteorologie Titelseite der Breslauischen Sammlungen 1718 der seinerzeit fuhrenden deutschen naturwissenschaftlichen Zeitschrift Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Von der Polyhistorie zur Literaturgeschichte 1500 1650 1 2 Der Siegeszug der belles lettres 1600 1750 1 3 Die Poesie wird Gegenstand der nationalen Literaturdebatte 1720 1780 1 4 Die nationale Literaturgeschichte definiert sich neu 1780 1850 2 Probleme einer Ausrichtung der Literaturgeschichtsschreibung 2 1 Vom Nutzen des Themenwechsels der Dramen Romane und Gedichte zu Literatur machte 2 1 1 Die Entskandalisierung der Poesie und Romanproduktion 2 1 2 Die Geburt der Literatur aus dem Geist der Sekundarliteratur 2 2 Von Problemen im Umgang mit Literatur die seit 1750 verfasst wurde 2 3 Von Problemen im Umgang mit Literatur die vor 1750 verfasst wurde 2 3 1 Die heutigen literarischen Gattungen gab es nicht 2 3 2 Die Nationalliteraturen bestanden nicht 2 3 3 Poesie vor 1750 war nicht was Literatur uns heute ist 2 3 4 Der Roman gehorte vor 1750 weder zur Poesie noch zur Literatur 2 3 5 Was vor 1750 offentliche Auseinandersetzungen bestimmte bleibt weitgehend unbeachtet 3 Werke 4 Siehe auch 5 Literatur 5 1 Literaturgeschichte im Deutschunterricht 6 Weblinks 7 EinzelbelegeGeschichte BearbeitenDie Geschichte der Literaturgeschichtsschreibung birgt einen Bruch mit der Wende ins 19 Jahrhundert Diejenigen die zwischen 1750 und 1850 Literaturgeschichte schrieben gaben ihr originares Thema die Berichterstattung aus den Wissenschaften Ende des 18 Jahrhunderts auf und machten gerade das zum Gegenstand was bislang fur unwissenschaftlich ausserhalb der Literatur liegend galt Dichtung Fiktionen Der Themenwechsel hatte zur Folge dass mit dem 19 Jahrhundert das Wort Literatur neu definiert werden musste Als Bereich der sprachlichen Uberlieferung wurde die Definition dabei so gestaltet dass die Fachwissenschaften weiterhin ihre Arbeiten in Literaturverzeichnissen listen konnten In der sprachlichen Uberlieferung nahmen jedoch so die neue These der Literaturgeschichtsschreibung des 19 und 20 Jahrhunderts die sprachlichen Kunstwerke einen zentralen Platz ein als der Kern der nationalen Uberlieferungen als das Feld der ewig diskutierten Werke das Feld der durch ihre Asthetik herausragenden Werke so die Versuche zu erklaren warum Dramen Gedichte und Romane Literatur im engeren Sinne sein sollten Im Folgenden soll das Entstehen der Literaturgeschichtsschreibung mitsamt dem von ihr vollzogenen Themenwechsel knapp skizziert werden Von der Polyhistorie zur Literaturgeschichte 1500 1650 Bearbeiten Die moderne Literaturgeschichtsschreibung beginnt im 16 und 17 Jahrhundert als der Versuch uber die Wissenschaften und das ist bis in das 19 Jahrhundert die Literatur Bericht zu erstatten Anfanglich das Aufkommen des Buchdrucks steigert die hier bestehenden Hoffnungen gilt die Arbeit Grosswerken die das gesamte Wissen der Gelehrsamkeit systematisch wie Bibliotheken geordnet in sich bergen sollen Die Polyhistorik scheitert jedoch bereits in ihren ersten Ansatzen Das Problem ist dabei weniger das Aufkommen der Naturwissenschaften Schwierig verlaufen die polyhistorischen Projekte vielmehr da sie von Anfang an in ideologische Fixierungen ausarten Ihre Autoren versuchen philosophisch theologische Aussagen daruber zu treffen wie das Wissen und der mit ihm erfasste Kosmos geordnet sind Die Ordnungsvorhaben werden unverzuglich als scholastische ruckwartsgewandte gebrandmarkt die Werke selbst kommen inhaltlich bei allen Ordnungsbestrebungen kaum uber das Kompilieren von bereits vorhandenen Informationen heraus Wer sie bedienen will muss sich muhselig in die Ordnungsgedanken der Verfasser einarbeiten er hantiert sodann mit schweren Banden die in nur wenigen Bibliotheken verfugbar sind Kritik an bestehendem Wissen Fachdiskussionen finden sich in den polyhistorischen Werken kaum Mit dem 17 Jahrhundert gewinnen drei neue Gruppen von Werken Bedeutung das alphabetisch sortierende Lexikon die bibliographisch ausgerichtete Historia Literaria oder Geschichte der Gelehrsamkeit und das literarische Journal Das Lexikon tritt das Erbe der Polyhistorik als das Werk an das das Wissen selbst anbietet Universallexika bleiben dabei rare Projekte Der Markt expandiert mit Fachlexika und ab dem Anfang des 18 Jahrhunderts mit kleinen Lexika Zeitungs oder Conversations Lexica die Wissen in Kurze im tragbaren Format bieten ausgerichtet auf die Zeitungen die selten Informationen zu den historischen Schauplatzen mitliefern Titelseite J F Reimmann Historia Literaria 1710 Die Historia Literaria oder Geschichte der Gelahrheit heute Gelehrsamkeit wird zum bibliographischen Projekt Sie bietet kleine Nachschlagewerke die die Wissenschaften nach allen Fachgebieten und Forschungsfragen ordnen und untergliedern und dabei Punkt um Punkt notieren welche Werke im jeweiligen Gebiet von Wissenschaftlern welcher Nation verfasst die wichtigsten sind Gekauft werden diese Nachschlagewerke primar von Studenten und angehenden Wissenschaftlern die nach ihnen in ihren eigenen wissenschaftlichen Arbeiten Fussnoten setzen konnen Das literarische Journal wird in der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts zum Renner auf dem Buchmarkt In monatlichen Ausgaben bietet es Uberblick uber die wichtigsten wissenschaftlichen Neuerscheinungen und bei naturwissenschaftlicher Ausrichtung Erfindungen Die Berichte bieten Exzerpte aus den besprochenen Werken samt Seitenangaben zu wichtigen Zitaten Zu den einzelnen Nummern erhalt der Bezieher in der Regel am Ende des Jahres ein Register das es ihm ermoglicht sein wissenschaftliches Journal als Fachlexikon zu benutzen Karriere macht das literarische Journal um 1700 vor allem da es sich zum Trager eines fortgesetzten Raisonnements uber aktuelle Debatten der Forschung entwickelt und dabei offentlichen Debatten aus Politik und Religion Raum bietet Im Lauf des 18 Jahrhunderts offnen sich die wichtigsten literarischen Journale dem Bereich der belles lettres der damit ein zentrales Feld im Austausch uber Literatur wird Der Siegeszug der belles lettres 1600 1750 Bearbeiten Der Buchmarkt untergliederte sich fruh in zwei Bereiche den der Literatur fur die Gelehrten und den der Veroffentlichungen fur das breitere lesende Publikum das Gebetbucher Heiligenleben populare Historien vor allem aber Zeitungen verlangte Beide Bereiche waren im Design deutlich voneinander unterschieden Kostbar und fein gedruckt vor allem auf Latein erschien die Literatur in den vier Wissenschaften Theologie Jurisprudenz Medizin und Philosophie In lieblos gesetzten mit einfachen Holzschnitten ausgestatteten Publikationen sprach dagegen die billige Massenware das Publikum an Mit dem 17 Jahrhundert entsteht ein neuer dritter Markt der der belles lettres Bereits der Name ist Programm Die hier gebotenen Publikationen gehoren zum gehobenen Marktsegment zu den lettres den Wissenschaften der Literatur indes nicht zur pedantischen akademischen Gelehrsamkeit sondern zu einem Feld das sich eher durch seine Annehmlichkeit auszeichnet durch Geschmack und Anspruch Feine Kupferstiche sind hier statt billiger Holzschnitte geboten Franzosisch und elegante moderne Landessprachen statt Gelehrtenlatein oder abgeschmackter Sprache aus dem niederen Schrifttum Zum Markt der belles lettres gehoren aktuelle skandalose Historien Romane Memoires Reiseberichte Journale Das Publikum ist aristokratisch burgerlich stadtisch es umfasst die Frauen denen die akademische Gelehrsamkeit verwehrt ist und den gelehrten Leser der neben seinem Fach noch Interessen am aktuellen Geschehen hat Der neue Markt rangiert im Englischen unter dem franzosischen Wort oder unter dem Wort polite literature in Deutschland ist er im ausgehenden 17 Jahrhundert der Bereich der galanten Wissenschafften ab Mitte des 18 Jahrhunderts der Bereich der schonen Wissenschaften oder eleganter der schonen Literatur Die Literaturbesprechung steht dem neuen Markt zu Beginn des 18 Jahrhunderts noch mit Vorsicht gegenuber Das Journal de Scavans oder ihm nacheifernd die Deutschen Acta Eruditorum sind wissenschaftliche Journale Deutlich bestimmt sie jedoch mit dem Boom des Journalmarkts der Ende des 17 Jahrhunderts sich abzeichnet das Bestreben die sich ausweitende Leserschaft zu befriedigen Zu diesem Zweck lassen die populareren Blatter regelmassig einzelne Rezensionen von Publikationen aus dem Bereich der belles lettres zu die zwar nicht zur Literatur im aktuellen Sinne gehoren jedoch breiteres Interesse auch der Gelehrtenschaft beanspruchen konnen So rezensieren die Deutschen Acta Eruditorum 1713 ganzlich ungeniert die skandalose Atalantis Delarivier Manleys 1 ein als Roman getarntes Enthullungsbuch angeblicher Machenschaften der letzten Londoner Administration Der neue Besprechungsgegenstand gewinnt jedoch erst in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Kraft als die Poesie national gefuhrte Diskussionen erobert Die Poesie wird Gegenstand der nationalen Literaturdebatte 1720 1780 Bearbeiten Die belles lettres sind nur indirekt ein Vorlaufer unserer heutigen Literatur Im Deutschen lebt ihr Markt mit dem Markt der Belletristik fort und das kennzeichnet die wichtigsten Unterschiede Man kann von den Literaturen der Nationen sprechen es gibt jedoch nur eine einzige Belletristik Literatur wird diskutiert von Literaturkritikern und Literaturpapsten Die Belletristik blieb dagegen ein Markt ohne sekundaren Diskurs Die Belletristik umschliesst die Literaturen doch bietet sie unendlich viel mehr nahezu alles was breiteres Interesse beansprucht ist im Buchhandel Belletristik Unsere heutige Vorstellung von Literatur entsteht als nach 1720 die nationale Poesie sie tut dies anfanglich vor allem in Deutschland das Interesse der Gelehrsamkeit auf sich zieht Poesie ist im 17 und 18 Jahrhundert wenig mehr als der Bereich der gebundenen Sprache Im Verlauf des 17 Jahrhunderts entwickelte sich die Oper in ihren Spielformen des italienischen und des franzosischen Stils zum zentralen Ort der poetischen Produktion Lyrik wurde veroffentlicht um vertont zu werden Hinzu kam verachtet von jedem der Geschmack hatte die Panegyrik und die gesamte kommerzielle Gedichtproduktion die zu Beerdigungen Hochzeiten und Jubilaen in Auftrag gegeben wurde Zu Beginn des 18 Jahrhunderts sieht man die Poesie am ehesten in einer Krise korrumpiert uberall dort wo sie in Auftrag gegeben verfasst wird und skandalos wo sie sich dem Opern Betrieb und der galanten Lieddichtung anbietet Die 1720er und 1730er erleben eine massive Kritik an den Opern gerade von gelehrter Seite aus Im Interesse der offentlichen Moral fordern im deutschsprachigen Raum Johann Christoph Gottsched und seine Mitkritiker eine Neuausrichtung der Poesie in der die aristotelische Poetik zum Zuge kommen soll Die Oper das Lied die Cantate werden dabei nicht abgeschafft jedoch wird festgelegt dass der offentliche Austausch diesen Bereichen nicht gilt er gilt und dies konnen die Verfasser aktueller Journale da sie uber Offentlichkeit verfugen festlegen einer Poesie die der Nation dient grosse verantwortungsbewusste Autoren hervorbringt wichtige Diskussionen zulasst Das Ergebnis ist im Verlauf des 18 Jahrhunderts eine Zweiteilung des Marktes Auf der einen Seite besteht der Markt der belles lettres fort er entwickelt sich als internationaler Markt der Belletristik Auf der anderen Seite konnen es Autoren im Verlauf des 18 Jahrhunderts zunehmend riskieren anspruchsvolle Dichtung zu schreiben Dichtung die sich erst in dem Moment verkauft in dem die Kritik sie bespricht und ihre Lekture empfiehlt Es entsteht eine offentlich diskutierte Poesie gegenuber einem Markt der der Trivialisierung uberlassen bleibt Die anspruchsvolle auf gesellschaftliche Beachtung Anspruch erhebende Dichtung gewinnt an Bedeutung als die erste Generation der Kritiker die noch die Ruckbesinnung auf Aristoteles forderte einer zweiten Generation weicht die sich dem neuen burgerlichen Drama und vor allem dem Roman offen stellt Diskutierte man Poesie bislang vornehmlich auf die Frage hin wie perfekt Gattungsregeln eingehalten wurden so kommen in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts viel brisantere Diskussionen auf jene die Pierre Daniel Huet 1670 noch ohne Gehor damit zu finden mit seinem Traitte de l origine des romans in den Raum stellte als er vorschlug Roman und Poesie grundlegend als fiktionale Produktionen und damit als Spiegelbilder der aktuellen Sitten einer Nation zu lesen Hatte sich der Roman Ende des 17 Jahrhunderts zum wichtigsten Medium der chronique scandaleuse entwickelt so kann die gelehrte Kritik des 18 Jahrhunderts Romane fordern die die Sitten reformieren Romane die an Samuel Richardsons Pamela anknupfen Offentliche Beachtung gewinnt die Poesie Diskussion in gelehrten Journalen in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts vor allem in Deutschland wo sie das beste nationale Debattenfeld anbietet Deutschland ist territorial und konfessionell zersplittert es gibt ausser der gelehrten doch damit elitaren Diskussion kein breiteres uberregional funktionierendes Debattenfeld Hier erregt die Forderung nach einer deutschen Dichtung die sich von der franzosischen trennt die englische imitiert und sich dann auch noch von dieser emanzipiert offentliche Brisanz im Ringen um nationale Identitat Die nationale Literaturgeschichte definiert sich neu 1780 1850 Bearbeiten Ende des 18 Jahrhunderts befindet sich die antiquierte Literaturgeschichtsschreibung in einer Krise Die Wissenschaften richten sich nun zunehmend auf die modernen Naturwissenschaften aus die Rekapitulation alter Autoritaten wird obsolet gleichzeitig hat sich die offentliche Literaturdiskussion gewandelt sie gilt fast ausschliesslich Romanen Dramen und Gedichten Das Ergebnis der Entwicklung zeichnet sich in den letzten Literaturgeschichten alten Stils ab etwa im Grundriss einer Geschichte der Sprache und Literatur der Deutschen von den altesten Zeiten bis auf Lessings Tod von Erduin Julius Koch 1 Berlin Verlag der Konigl Realschulbuchhandlung 1795 Wie die alten Werke der Historia Literaria ist die spate Literaturgeschichte des 18 Jahrhunderts eine Bibliographie die nach Sektionen gliedert und untergliedert Die Wissenschaften nehmen jedoch nun nur noch wenig Platz ein Die schone Literatur mit den Gattungen der Dichtung hat das Werk erobert Mit der Geschichte der poetischen National Literatur der Deutschen von Dr G G Gervinus Erster Theil Von den ersten Spuren der deutschen Dichtung bis gegen Ende des 13 Jahrhunderts Leipzig W Engelmann 1835 wird das alte Projekt in das neue uberfuhrt Die Literatur der Nation ist laut Titel ihre uberlieferte Dichtung der neue Literaturkenner liefert jedoch wie er in der Vorrede eroffnet keine Bibliographie mehr sondern eine interpretierende Erzahlung dazu wie die Dichtung sich in den verschiedenen Epochen der Nation entfaltete im Mittelalter anfanglich an den Hofen dann zunehmend korrumpiert durch die Monche im Humanismus beherrscht von Gelehrten endlich im 18 Jahrhundert befreit durch eine anfanglich gelehrte dann jedoch rasch dazulernende Kritik Die neue Literaturgeschichte liefert Diskussionsstoff ihr Thema ist der Charakter der Nation unter wechselnden kulturellen und politischen Bedingungen und sie findet unverzuglich Erwiderungen von allen politischen Interessengruppen die auf eine eigene Darstellung der Literaturgeschichte dringen mussen wenn sie gewahrleisten wollen dass ihre Themen offentlich diskutiert werden Im Hintergrund der modernen Literaturgeschichte steht ab Mitte des Jahrhunderts der moderne Nationalstaat der der Literatur der Nation den grossten Dichtern der Nation und den entscheidenden Epochen ihrer Geschichte offentliche Beachtung im kulturellen Leben wie in allen Institutionen der Bildung zusichert Spatestens damit dass die Texte der nationalen Dichtung im 19 Jahrhundert im offentlichen Schulwesen die Funktionen gewinnen auf die bislang religiose Texte allein zugeschnitten schienen namlich interpretiert und diskutiert zu werden zu individueller Besinnung und Ausrichtung Anlass zu geben hat die Literatur eine neue Funktion gewonnen Sie ist das Feld auf dem nahezu jede Frage der Gesellschaft behandelt werden kann und bis in den Schulunterricht hinein behandelt werden wird ein Feld das keine gesellschaftliche Gruppe unbeachtet lassen kann Entscheidend geht es von nun an darum den Kanon der literarischen Werke zu bestimmen und ihre Diskussion festzulegen Der Wettstreit hieruber findet zwischen Autoren statt die sich unterschiedlicher Literaturforderung und einem unterschiedlichen Umgang mit Literatur anbieten er findet in den Medien in Auseinandersetzung mit der Literatur alter und neuer nationaler und internationaler statt er findet im akademischen Bereich zwischen den verschiedenen Schulen der Literaturkritik statt die letztlich die Gesellschaft mit Musterdiskussionen versorgen Probleme einer Ausrichtung der Literaturgeschichtsschreibung BearbeitenVom Nutzen des Themenwechsels der Dramen Romane und Gedichte zu Literatur machte Bearbeiten Der Themenwechsel auf den sich die Literaturdiskussion einliess indem sie sich Dramen Romanen und Gedichten zuwandte trug offentlichen Desideraten Rechnung Er veranderte den Buchmarkt vor allem aber erlaubte er der Literaturwissenschaft eine entschieden breitere Kommunikation mit der Gesellschaft Die Entskandalisierung der Poesie und Romanproduktion Bearbeiten Die Hinwendung der wissenschaftlichen Debatte zur poetischen Produktion und zur Romanproduktion erfolgte vor allem in Reformangeboten Die aktuelle Poesieproduktion schien dem wissenschaftlichen Diskurs der 1730er vom Pfad abgekommen zu sein den Aristoteles vorgab Gottscheds Mitstreiter mieden es die Opern entschiedener als Ort des Sittenverfalls zu brandmarken Sie forderten jedoch ein Drama das ganz eigene Bedeutung hatte diskutierbare Aussagen machte das hervorgebracht wurde von verantwortungsbewussten mit burgerlichen Namen bekannt werdenden Autoren Unreformierbar schien zur selben Zeit noch der Roman Mit dem Ende des 17 Jahrhunderts hatte er sich in das Skandalgeschaft begeben Auch hier stand Mitte des 18 Jahrhunderts die Diskussion besserer und verantwortungsbewusster verfasster Romane im Raum Was nicht abgeschafft werden konnte die Opernproduktion und die Produktion skandaloser Romane konnte so der Neuansatz erfolgreich in der offentlichen Beachtung herabgemindert werden als eine jeder Debatte unwurdige triviale Produktion der gegenuber der Blick den ausgesucht hohen Kunstwerken gelten musste Tatsachlich griffen in der neuen literaturfahigen Poesie und Romanproduktion mit dem ausgehenden 18 Jahrhundert Mechanismen der Verantwortung Autoren stellten sich hinter ihre Werke und erhoben Anspruch auf den Ruhm die Sitten ihrer Nation mit ihren Werken gebessert zu haben Der Kulturbetrieb der neuen Nationen gab der moralisch wertvollen Produktion neuen Stellenwert ob er nun Schuler uber die grosse Dichtung Besinnungsaufsatze schreiben liess oder Institutionen wie den Literaturnobelpreis begrundete mit dem Autoren gewurdigt werden die sich als das Gewissen ihrer Nation betatigen Tatsachlich verliess die Skandalproduktion die Oper wie den Roman Ihr neues Medium wurde der Journalismus der mit der Boulevardpresse ein eigenes Feld erhielt Das war nicht das Ende skandaloser Romane Dramen und Gedichte die neuen Skandale der Literatur sind jedoch ganzlich andere Junge Autoren rebellieren nun gegen festgefahrene Moralvorstellungen gegen alte Asthetiken und uberholte Kunstvorstellungen sie sind Teil des Ringens um Verantwortung im literarischen Leben Der skandalose Roman des fruhen 18 Jahrhunderts lebt viel eher im Enthullungsjournalismus als im Roman des 20 und 21 Jahrhunderts fort Die Marktreform auf die es die fruhe Literaturdiskussion absah kam tatsachlich zustande Die Geburt der Literatur aus dem Geist der Sekundarliteratur Bearbeiten Die moderne Literaturwissenschaft basiert auf dem Selbstbild dass sie ein beobachtender analysierender wissenschaftlicher sekundarer Diskurs sei Die Literatur besteht so die verbreitete Aussage der Literaturkritik schon viel langer als die Literaturwissenschaft Sie besteht seit Anbeginn der Menschheit seit den ersten Uberlieferungen die noch mundlich geschahen Sie verlief schliesslich in den literarischen Gattungen bis in die Literatur der Gegenwart hinein so die etablierte Sicht Der sekundare Diskurs wende sich unter Wahrung wissenschaftlicher Distanz der Literatur zu Tatsachlich durfte es andersherum sein Die Werke entwickelten sich in ganz verschiedenen Feldern und waren am Ende in den 1760ern grosstenteils verschollen Die Literaturwissenschaft legte fest was Literatur sein sollte Sie schuf die Literaturen die wir heute untersuchen Die grossen Traditionslinien die heute bestehen mussten dabei im 19 Jahrhundert neu begrundet werden Die Literatur des Mittelalters war verloren die Romane und Dramen des Barock waren zu Beginn des 19 Jahrhunderts unbekannt Die Vergangenheit der Literatur musste rekonstruiert werden Und in der Gegenwart verlief der Eingriff noch viel drastischer Die Literaturrezension entschied in offenem Streit daruber welche Werke der Gegenwart und jungsten Vergangenheit als Literatur diskutiert werden sollten und welche Gattungen damit zu den literarischen Gattungen wurden Dass die Literaturwissenschaft die Literatur zu eigenem Nutzen definierte um damit ein breit diskutierbares Thema zu gewinnen ist eine heikle Feststellung Wenn dem so ist dann sind alle Versuche schlicht auf die Literatur zu sehen und dabei zu erfassen was Literatur eigentlich ist und auszeichnet nicht das was sie vorgeben Sie sind dann tatsachlich Versuche aus dem Bereich der Wissenschaften heraus festzulegen was Literatur sein soll und was mit ihr adaquaterweise gemacht werden soll Interaktionen der Literaturkritik mit dem Buchmarkt mit Autoren und mit der Gesellschaft die Bucher liest und Diskussionen aufgreift Die unbequeme Losung erklart allerdings dann auch warum jede Literaturdefinition sofort Widerspruch der Offentlichkeit auf sich zieht die hier vielfaltigste Interessen an der Literaturdebatte wahren muss Von Problemen im Umgang mit Literatur die seit 1750 verfasst wurde Bearbeiten Anspruchsvolle Literatur die seit 1750 geschaffen wurde spricht gezielt die Kritik an sie unterscheidet sich grundlegend von der vorangegangenen Produktion an Romanen Dramen und Gedichten Wir verfugen mit ihr der modernen Literatur uber Hinweise darauf wie sie diskutiert sein will Zu dem was die Autoren taten um Diskussionen zu entfachen kommt was die Verlage tun um die Literaturkritik zu erreichen Anspruchsvolle Literatur verkauft sich primar uber den sekundaren Diskurs Trivialromane konnen auf jede offentliche Debatte verzichten Ein moderner Roman ein junger Dramatiker sind dagegen nichts wenn es ihnen nicht gelingt Rezensionen auf sich zu ziehen und sie haben gewonnen wenn sie eine breite Wurdigung im Feuilleton finden Eine vollstandigere Literaturgeschichte der Moderne wird das komplette literarische Leben erfassen das dem einzelnen Stuck und dem einzelnen Roman Funktionen im gesellschaftlichen Leben gibt Existenz auf dem Buchmarkt Anerkennung in der Presse Behandlung in Schulen und literaturwissenschaftlichen Seminaren der Universitaten Von Problemen im Umgang mit Literatur die vor 1750 verfasst wurde Bearbeiten Problematisch bleiben unsere Rekonstruktionen der Literaturgeschichte Die meisten Zusammenhange die sie etablieren durften eine erneute Befragung verdienen Die heutigen literarischen Gattungen gab es nicht Bearbeiten Das Konzept der literarischen Gattungen wird in der Forschung vorsichtig erneut zu befragen sein Dass Drama Epos und Lyrik die drei grossen Felder der literarischen Uberlieferung seien geht an der geschichtlichen Konsistenz der Uberlieferung vorbei Man kann dies im Blick auf Aristoteles postulieren doch begibt man sich damit in eine Nachfolge der gelehrten Kritik des 17 und 18 Jahrhunderts einer Kritik die genau mit diesen Setzungen den Markt veranderte Die Nationalliteraturen bestanden nicht Bearbeiten Ganzlich fragwurdig ist unsere Untersuchung der Nationalliteraturen und der Vergleich der Literaturen durch die Komparatistik Die von uns untersuchten Autoren kannten vor 1750 kaum die Werke ihrer Literatur Weit gerechter wird man der Produktion vor 1750 wenn man sie betrachtet wie man die Produktion von Belletristik heute betrachten wurde als eine einzige internationale aktuelle Produktion die nationale Auspragungen fand in der jedoch letztlich uberall internationale Ware in Ubersetzungen neben einheimischen Buchern in die Auslagen kam Die Autoren schrieben fur diesen Markt und lieferten was er am Ort der Veroffentlichung hoffentlich so noch nicht vergleichbar bot Poesie vor 1750 war nicht was Literatur uns heute ist Bearbeiten Eine erneute Erforschung der Poesieproduktion vor 1750 konnte den musikorientierten Feldern zentralen Stellenwert geben und dies nicht auf der Suche nach dem Literaturbegriff des Barock tun der angeblich einem opernfeindlichen Literaturbegriff der Aufklarung am Ende unterlag Es gab einen Markt auf dem die Oper als Poesie florierte und diesem gegenuber eine gelehrte Kritik die die Oper mit Distanz betrachtete Der Roman gehorte vor 1750 weder zur Poesie noch zur Literatur Bearbeiten Der Roman gehorte vor 1750 weder zur Poesie noch zur Literatur er war Teil der historischen Schriften und in seiner aktuellen Produktion der belles lettres deren virulentester und skandalosester Part Wie sich der Roman auf das Besprechungswesen zubewegte ist fur das 18 Jahrhundert noch weitgehend ununtersucht welche Funktionen er zuvor erfullte als er das literarische Besprechungswesen noch weitgehend affrontierte nicht minder Was vor 1750 offentliche Auseinandersetzungen bestimmte bleibt weitgehend unbeachtet Bearbeiten Unser Austausch uber Dramen Romane und Gedichte schuf einen neuen Ort gesellschaftlichen Streits mit grossem Erfolg Literatur im neuen Sinne verdrangte die bisher gewichtigste Produktion die Theologie auf dem Buchmarkt wie in den allgemeinen Diskussionen Der Austausch uber Dramen und Gedichte entwickelte sich mit grosster Dynamik im spaten 18 Jahrhundert in Deutschland Er gewann im Nationalismus der deutschen Romantik Gewicht Frankreich adoptierte die neue Literaturdebatte nach der franzosischen Revolution als des burgerlichen Staates wurdige Deutsche und franzosische Literaturwissenschaftler boten schliesslich England die ersten Geschichten der englischen Literatur im neuen Zuschnitt die Nation die ungebrochen uber nationale Diskurse verfugte sah lange Zeit keinen Anlass dazu die Bedeutung des Wortes Literatur zu andern Die moderne Literaturgeschichte setzte sich international durch und schuf die heute bestehenden nationalen Philologien und sie inspirierte Parallelgrundungen Die Kunst wurde neu definiert als Feld der bildenden Kunste die Musik liess sich auf einen Wettstreit nationaler Tonkunst ein der in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts entbrannte Ein vorsichtigerer Umgang mit der Literaturgeschichte wird dem offentlichen Leben vor 1750 und seinen ganz eigenen Themen gelten und der Literaturkritik kritisch gegenuberstehen mussen Sie veranderte den Markt dem sie sich zuwandte und sie schuf im Wesentlichen erst das Feld das uns heute als die Literatur beschaftigt Werke BearbeitenChristophe Milieu Christophorus Mylaeus De scribenda universitatis rerum historia libri quinque Basileae 1551 darin Buch 5 zur Historia literaturae Jacob Friedrich Reimmann Versuch einer Einleitung in die Historiam Literariam Rengerische Buchhandlung Halle 1708 Georg Stolle Kurtze Anleitung zur Historie der Gelahrheit 1 Neue Buchhandlung Halle 1718 Johann Friedrich Bertram Anfangs Lehren der Historie der Gelehrsamkeit Sammt einem Discurs uber die Frage ob es rathsam sey Historiam literariam auf Schulen und Gymnasiis zu tractiren Renger Braunschweig 1730 Johann Andreas Fabricius M Johann Andrea Fabricii Abriss einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit Weidmann Leipzig 1752 Hieronymus Andreas Mertens Hodegetischer Entwurf einer vollstandigen Geschichte der Gelehrsamkeit fur Leute die bald auf die Universitaten gehen wollen oder kaum dahin gekommen sind Eberhard Kletts sel Wittwe und Franck Augsburg 1779 1780 Carl Joseph Bougine Handbuch der allgemeinen Litterargeschichte nach Heumanns Grundriss Bde 1 ff 1789 Grundriss einer Geschichte der Sprache und Literatur der Deutschen von den altesten Zeiten bis auf Lessings Tod von Erduin Julius Koch 1 Verlag der Konigl Realschulbuchhandlung Berlin 1795 Johann Gottfried Eichhorn Allgemeine Geschichte der Cultur und Litteratur des neueren Europa Gottingen 1796 1799 Johann Gottfried Eichhorn Litterargeschichte Johann Georg Rosenbusch Gottingen 1799 Johann Gottfried Eichhorn Geschichte der Litteratur von ihrem Anfang bis auf die neuesten Zeiten Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1805 1812 Ludwig Wachler Handbuch der Geschichte der Literatur J A Barth Leipzig 1833 Einleitung und Geschichte der alten Literatur Geschichte der Literatur im Mittelalter Geschichte der neueren Nationalliteratur Geschichte der neueren Gelehrsamkeit Geschichte der poetischen National Literatur der Deutschen von Dr G G Gervinus Erster Theil Von den ersten Spuren der deutschen Dichtung bis gegen Ende des 13 Jahrhunderts W Engelmann Leipzig 1835 Vorlesungen uber die Geschichte der deutschen National Literatur von Dr A F C Vilmar 2 Auflage Elwert sche Universitats Buchhandlung Marburg Leipzig 1847 Siehe auch BearbeitenLiteraturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft Rezeption persischer Literatur im deutschsprachigen RaumLiteratur BearbeitenJan Dirk Muller Literaturgeschichte Literaturgeschichtsschreibung In Erkenntnis der Literatur Theorien Konzepte Methoden der Literaturwissenschaft hrsg v D Harth und P Gebhardt Stuttgart 1983 S 195 227 2 Aufl 1989 Michael S Batts A History of Histories of German Literature Canadian Studies in German Language and Literature 37 New York Bern Frankfurt a M Paris 1987 Jurgen Fohrmann Projekt der deutschen Literaturgeschichte Entstehung und Scheitern einer nationalen Poesiegeschichtsschreibung zwischen Humanismus und Deutschem Kaiserreich Stuttgart 1989 Olaf Simons Marteaus Europa oder Der Roman bevor er Literatur wurde Amsterdam Atlanta 2001 S 85 94 und S 115 193 Literaturgeschichte im Deutschunterricht Bearbeiten Hermann Korte Ein schwieriges Geschaft Zum Umgang mit Literaturgeschichte in der Schule In Deutschunterricht 6 2003 S 2 10 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Literaturgeschichte Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Literatur von und uber Literaturgeschichte im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelbelege Bearbeiten Archivierte Kopie Memento vom 3 Mai 2005 im Internet Archive Normdaten Sachbegriff GND 4167873 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Literaturgeschichte amp oldid 226361735