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Das christliche Konzept der tres linguae sacrae drei heilige Sprachen tres linguae sapientales drei Sprachen der Weisheit oder auch tres linguae praecipuae drei herausragenden Sprachen bezeichnet die hebraische die griechische und die lateinische Sprache und leitet sich von dem Titulus INRI am Kreuz Christi her von dem das Evangelium des Johannes Joh 19 20 EU berichtet dass Pontius Pilatus ihn in drei Sprachen schreiben liess Inhaltsverzeichnis 1 Quellen 2 Gegenbegriffe 3 Examina 4 Einrichtungen 5 LiteraturQuellen BearbeitenBereits im 4 Jahrhundert empfahl der Kirchenlehrer Hilarius von Poitiers 315 367 die drei Sprachen als diejenigen durch die Gottes Wille die Ankundigung seines Reiches und die Inschrift am Kreuz der Welt uberliefert worden seien Tractatus super psalmos Instructio psalmorum 15 CSEL 22 13 Wenig spater hebt der christliche Dichter Prudentius 348 nach 405 die Ironie des Schicksals hervor die sich aus dem Befehl des Pontius Pilatus ergibt am Kreuz Christi eine dreisprachige Inschrift anzubringen das Christentum habe sich trotz der Kreuzigung Jesu durchsetzen konnen und werde nun in hebraischer griechischer und lateinischer Sprache besungen aut quae non scriptorum armaria Christilaude referta novis celebrant miracula libris Hebraeus pangit stilus Attica copia pangit pangit et Ausoniae facundia tertia linguae Pilatus iubet ignorans I scriba tripictisdigere versiculis quae sit subfixa potestas fronte crucis titulus sit triplex triplici linguaagnoscat Juadea legens et Graecia noritet venerata Deum percenseat aurea Roma Oder welche Bucherschranke der Schriftsteller gefullt mit dem Lob Christi preisen nicht in neuen Buchern seine Wunder Es dichtet der Schreibgriffel der Hebraer es dichtet die Redefulle der Griechen es dichtet auch als dritte die Beredsamkeit der Ausonischen lateinischen Sprache Pilatus befiehlt unwissend Geh Schreiber erzahle in dreifach geschriebenen Zeilen welche Macht ans Kreuz geschlagen ist an der Stirnseite des Kreuzes soll eine dreifache Inschrift sein in dreifacher Sprache soll Judaea es lesen und anerkennen und Griechenland es wissen und das Gott ehrende goldene Rom es betrachten Prudentius Apotheosis 11 377 385 Etwa gleichzeitig verstand der Kirchenlehrer Augustinus 354 430 das Hebraische als Symbol fur das Gesetz der Juden das Griechische als das der Weisheit der Heiden und das Lateinische als das des Romischen Reiches Hae quippe tres linguae ibi prae caeteris eminebant Hebraea propter Judaeos in Dei Lege gloriantes Graeca propter Gentium sapientes Latina propter Romanos multis ac pene omnibus jam tunc gentibus imperantes Diese drei Sprachen ragten dort namlich vor den anderen hervor die hebraische wegen der Juden die sich im Gesetz Gottes auszeichneten die griechische wegen der Weisen der Volker die lateinische wegen der Romer die uber viele und beinahe damals schon alle Volker herrschten Augustinus von Hippo In Iohannis evangelium tractatus 117 4 CCSL 36 653 PL 35 1946 Aufgegriffen wurde dieses Konzept im Mittelalter durch den Kirchenlehrer Isidor von Sevilla ca 560 636 der den drei Sprachen als Erster das Epitheton sacrae gab Tres autem sunt linguae sacrae Hebraea Graeca Latina quae toto orbe maxime excellunt His namque tribus linguis super crucem Domini a Pilato fuit causa ejus scripta Es gibt aber drei heilige Sprachen die hebraische die griechische die lateinische welche auf der ganzen Welt am meisten hervorragen Denn in diesen drei Sprachen stand oben am Kreuz des Herrn auf Befehl des Pilatus dessen Verurteilungsgrund geschrieben Isidor von Sevilla Etymologiae 9 1 3 Zu den weiteren Gelehrten die das Konzept propagierten zahlte auch Hrabanus Maurus ca 780 856 Unterstutzt wurde auf diese Weise der sogenannte christliche Hebraismus des Mittelalters der Ruckgriff auf die hebraische Ursprache der Heiligen Schrift in der philologischen Bemuhung um deren Deutung So galt das Hebraische als lingua sacra par excellence Manche Gelehrte der Neuzeit tragen den Titel professor linguae sacrae das heisst des Hebraischen Der Tubinger Professor fur Hebraische Sprache Michael Beringer steigerte das Konzept in seiner Oratio de sancta lingua Hebraea Tubingen 1599 noch durch die Behauptung Hebraisch sei die alteste Sprache Adams und Evas gewesen und von Gott gesprochen worden der Messias werde diese Sprache sprechen daher sei das Studium des Hebraischen auch ein wichtiges Instrument der Judenmission Wahrend das Griechische als Sprache des Neuen Testaments den zweiten Rang erhielt wurde das Lateinische obwohl es nicht ursprunglich Sprache der Heiligen Schrift war als dritte Sprache in den Kanon aufgenommen nicht allein wegen der Erwahnung im Evangelium des Johannes sondern wohl auch wegen des Status den die lateinische Bibelubersetzung und das Lateinische als Sprache der Liturgie im Mittelalter erlangt hatten Gegenbegriffe BearbeitenGegenbegriffe zu lingua sacra sind lingua vernacula lingua vulgaris lingua barbara oder barbarica lingua rustica Gemeint ist die jeweilige Landes oder Nationalsprache Deren Verwendung als Literatursprache wurde durch das Konzept der drei heiligen Sprachen bis in die Renaissance hinein unterdruckt oder behindert Examina BearbeitenAuf das Konzept der drei heiligen Sprachen geht nach der Erneuerung hebraistischer Studien durch Johannes Reuchlin letztlich auch die Trias der examina Hebraicum Graecum Latinum sowie die Prufung im Bibelgriechischen im Schul und Hochschulwesen des deutschsprachigen Raums zuruck Einrichtungen Bearbeiten Hauptartikel Collegium Trilingue Eine der ersten Einrichtungen zum Studium der drei heiligen Sprachen war das 1517 auf Veranlassung des luxemburgischen Humanisten Jerome de Busleyden lateinisch Hieronymus Buslidius gegrundete Collegium Trilingue in Lowen Gegenwartig ist das Theologisch propadeutische Seminar Ambrosianum in Tubingen eine Einrichtung dieser Art Literatur BearbeitenWalter Berschin Early Byzantine Italy and the Maritime Lands of the West In Greek Letters and the Latin Middle Ages From Jerome to Nicholas of Cusa Revised and expanded edition Auflage The Catholic University of America Press englisch Auszug auf myriobiblos gr deutsch Griechisch lateinisches Mittelalter Von Hieronymus zu Nikolaus von Kues Bern Munchen 1980 Ubersetzt von Jerold C Frakes Klaus Gantert Akkommodation und eingeschriebener Kommentar Untersuchungen zur Ubertragungsstrategie des Helianddichters ScriptOralia Band 111 Gunter Narr Tubingen 1998 ISBN 3 8233 5421 3 S 46 47 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Andreas Gardt Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland Vom Mittelalter bis ins 20 Jahrhundert Walter de Gruyter Berlin 1999 ISBN 3 11 015788 8 S 13 14 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Raphaela Gasser Propter lamentabilem vocem hominis Zur Theorie der Volkssprache in althochdeutscher Zeit Zurich 1970 S 7 ff Diss phil David Howlett Tres linguae sacrae and threefold play in Insular Latin In Peritia Journal of the Medieval Academy of Ireland Band 16 2002 S 94 115 englisch Tony Hunt Teaching and Learning Latin in 13th Century England Band I Texts D S Brewer Cambridge 1991 S 289 englisch eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Hartmut Lehmann Anne Charlott Trepp Im Zeichen der Krise Religiositat im Europa des 17 Jahrhunderts Veroffentlichungen des Max Planck Instituts fur Geschichte Band 152 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 3 525 35468 1 S 301 302 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Robert E McNally The tres linguae sacrae in Early Irish Bible Exegesis In Theological Studies Band 19 1958 S 395 403 englisch mu edu PDF Friedrich Paulsen Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitaten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart Mit besonderer Rucksicht auf den klassischen Unterricht 2 Bde Veit Metzger amp Wittig Leipzig 1885 Irven Michael Resnick Lingua Dei lingua hominis Sacred Language and Medieval texts In Viator Band 21 1990 S 51 74 englisch Michael Richter Concept and evolution 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