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Ein literaturwissenschaftlicher Kommentar auch philologischer Kommentar oder in eindeutigem Zusammenhang kurz Kommentar ist die Sammlung von Anmerkungen zu einem literarischen Text welche das Verstandnis des Textes erleichtern beziehungsweise ermoglichen sollen Ein Kommentar stellt heute in der Regel Entstehungs Uberlieferungs und Wirkungsgeschichte des Textes dar und beinhaltet einen Uberblickskommentar sowie im sogenannten Stellenkommentar Erlauterungen von Namen Begriffen Fremdwortern und Zitaten 1 Diese Erlauterungen werden in der Regel im Rahmen von kritischen Editionen innerhalb des Apparats veroffentlicht 2 es gibt aber auch separate Erlauterungsbande Inhaltsverzeichnis 1 Begriffs und Sachgeschichte 1 1 Antike und Mittelalter 1 2 Renaissance 1 3 Neuzeit 2 Aufgaben und Inhalt des Kommentars 3 Methodische Probleme 3 1 Abgrenzung zur Interpretation 3 2 Intertextualitat 4 Beispiele 4 1 Szenenausschnitt aus Georg Buchners Drama Woyzeck 4 2 Hugo von Hofmannsthals Ein Traum von grosser Magie 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBegriffs und Sachgeschichte BearbeitenAntike und Mittelalter Bearbeiten Die lange Tradition des philologischen Kommentars hangt mit der Entwicklung der Philologie uberhaupt zusammen Wie Literaturwissenschaft und Philologie in der Tradition der theologischen Hermeneutik und Exegese stehen so gilt dies insbesondere auch fur die literaturwissenschaftliche Kommentierung Bereits im Altertum gab es Kommentare das heisst erlauternde Schriften zu religiosen philosophischen astronomischen medizinischen und auch literarischen Texten Das Wort Kommentar geht zuruck auf lateinisch commentarius abgeleitet von lateinisch commentus das ins Gedachtnis gerufene dem Partizip Perfekt von comminisci sich etwas ins Gedachtnis rufen 3 als Lehnubersetzung von gleichbedeutendem altgriechischem ὑpomnhma hypomnema Hypomnema ist im altgriechischen zunachst eine unspezifische Bezeichnung fur Prosatexte 4 Noch in romischer Zeit bezeichnen commentarius liber Kommentarbuch commentarium volumen Kommentarband eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Schriften 5 6 7 Ein Beispiel dafur welche Bedeutung das Wort commentarius je nach Kontext annehmen konnte ist die Verwendung durch Cicero Cicero bezeichnet damit amtliche Schriftstucke aber auch wissenschaftliche Abhandlungen und die Sammlung von Denkwurdigkeiten zur Unterstutzung des Gedachtnisses In dieses letztere Bedeutungsfeld der Denkschriften sind auch Casars commentarii de bello gallico einzuordnen Standen anfangs vor allem Gesetzestexte und heilige Schriften im Fokus der wissenschaftlichen Kommentierung setzt sich im dritten Jahrhundert nach Christus seit den alexandrinischen Philologen die Bezeichnung commentarius allgemein fur Inhaltsangaben Bedeutungserklarungen und Auslegungen alterer poetischer politischer philosophischer rhetorischer oder allgemein wissenschaftlicher Texte durch Kommentare zu literarischen oder philosophischen Werken wurden als Untersuchung Traktat Essay oder Quaestio veroffentlicht Dabei spielte es in der Antike und der Renaissance keine Rolle ob der Kommentar eigenstandig oder im Rahmen einer Edition des Textes publiziert wurde Vergleichbar mit dem heutigen Stellenkommentar ist die Glosse welche seit der Antike als Kommentierungsform zu autoritativen Texten insbesondere zur Bibel Erklarungen bzw Ubersetzungen von Einzelworten liefert 8 Das Scholion dagegen erlautert den Text in sprachlicher semantischer stilistischer rhetorischer metrischer und poetologischer Hinsicht Die Schulen von Antiochia und Alexandria konkurrierten in Fragen der biblischen Hermeneutik Die Kommentare etwa Basilius des Grossen Gregors von Nazianz des spater als Nestorianer verurteilten Theodors von Mopsuestia oder des Johannes Chrysostomus orientierten sich uberwiegend am sprachlichen historischen und moralischen Sinn Einflussreich durch die Anwendung der allegorischen Auslegungsmethode wurden aber die gelehrten Bibelkommentare des Clemens von Alexandria und des Origenes Letztlich setzte sich die allegorische Methode und die Lehre vom vierfachen Schriftsinn durch Vielfaltige Bezeichnungen werden in Antike und Mittelalter fur Kommentare der christlichen Bibelexegese verwendet z B commentarius um glossa ula elucidatio arium enaratio explanatio explicatio expositio In Byzanz Katene Bibelkommentare finden sich ferner unter unspezifischen Titeln wie dialogus disputatio epistola homilia liber postilla quaestio sermo tractatus mit jeweiligem Hinweis auf die erlauterten biblischen Bucher Dazu treten die Kommentare zu den Sentenzen des Petrus Lombardus sowie eine umfangreiche Kommentarliteratur zu den einzelnen Buchern des Kirchenrechts etwa des Decretum Gratiani des Liber Extra und des Liber Sextus Die Kommentarliteratur macht einen erheblichen Teil der lateinischen Literatur des Mittelalters und der Neuzeit aus Unter den Kommentatoren befinden sich bedeutendste Wissenschaftler und Theologen wie Ambrosius von Mailand Hieronymus Augustinus von Hippo Hilarius von Poitiers Cassiodorus Gregor der Grosse Beda Venerabilis Hrabanus Maurus Bernhard von Clairvaux Albertus Magnus Thomas von Aquin Johannes Duns Scotus um nur einige der wichtigsten zu benennen Renaissance Bearbeiten In der humanistischen Philologie der Renaissance 9 10 entstanden im Zuge der Ruckbesinnung auf die Antike viele Kommentare zu antiken Schriften insbesondere zu Texten des Aristoteles des Cicero des Ovid und des Vergil Daneben gewinnt in der Renaissance der volkssprachliche das heisst nichtlateinische Kommentar zu den Schriften der grossen Nationalautoren an Bedeutung Zwar ist die Mehrzahl der wahrend der Renaissance verfassten Kommentare in der universellen Wissenschaftssprache Latein abgefasst besonders die Kommentare zu antiken Texten Als man aber der volkssprachlichen Dichtung insbesondere der Gottlichen Komodie Dantes den gleichen kunstlerischen Rang einraumte begann man auch in der Volkssprache zu kommentieren Die lateinischen und die volkssprachlichen Kommentare unterscheiden sich grundlegend voneinander weil sie auf ein unterschiedliches Publikum abzielen Dafur ist die Kommentierung des Lob der Torheit des Erasmus von Rotterdam ein Beispiel Der deutschsprachige Kommentar von Sebastian Franck richtet sich an ein Lesepublikum das Latein nicht versteht also an ein humanistisch nicht gebildetes Publikum Er bezieht sich daher oftmals auf zeitgenossische Erfahrungen halt sich mit Bemerkungen zur sprachlichen Gestaltung weitgehend zuruck und verlegt den Schwerpunkt der Kommentierung vielmehr auf die Deutung der moralischen Ebene des Textes In der Renaissance wurden vor allem einzelne Textstellen oder ganze Passagen ausgedeutet 11 Die Formenvielfalt der Kommentare ist im Humanismus am grossten Zahlreiche verschiedene zum Teil nicht klar voneinander abzugrenzende Begriffe fur Kommentare bezeugen dies Interpretatio Auslegung Ennarratio Erorterung Expositio Darlegung Explicatio Erklarung Adnotationes Anmerkungen Glossae Scholia Die sachlichen Anmerkungen der humanistischen Kommentare geben uber mythologische Erklarungen hinaus oftmals philosophische naturwissenschaftliche historische geographische und astrologische Erlauterungen Neben diesem enzyklopadischen Anspruch beruht eine Besonderheit der humanistischen Kommentare darin dass sie den antiken Text oftmals recht personlich mit der eigenen Lebensrealitat mit den eigenen Erfahrungen des Kommentators verknupfen Unterschieden wurden der kurze Kommentar commentarius brevis commentarius contractus der vorrangig der sachlichen Erlauterung dient und der lange Kommentar commentarius diffusus in dem der Kommentator eigenes Wissen und eigene Erfahrungen beitragt sowie moderne Beispiele und Beobachtungen der zeitgenossischen Gesellschaft zur Erlauterung heranzieht Diese literarische Kommentierung begann zunachst vor allem als wertende Literaturkritik In dieser Tradition steht noch heute der journalistische Literaturkommentar der vor allem eine Wertung enthalt Seit der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts bemuhten sich Kommentatoren um eine rationale Interpretation des Textes Neuzeit Bearbeiten Im 19 Jahrhundert zielte der Kommentar zunehmend auf wissenschaftliche Interpretation ab In der Mitte des 19 Jahrhunderts wurde der Kommentar bewusst aus den textkritischen Editionen ausgegliedert Damit sollte der unterschiedliche Status von Textkritik und Kommentar ausgedruckt werden Der Textkritik wurde ein hoheres Mass an Wissenschaftlichkeit bescheinigt wohingegen der Kommentar auch aufgrund seiner beschrankten Gultigkeitsdauer als zweifelhafter angesehen wurde Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wurde der Kommentar einer grundsatzlichen wissenschaftlichen Kritik unterzogen Es verbreitete sich die Auffassung dass ein Kommentar einen bestimmten Adressatenkreis ansprechen musse und dass die Kommentierungsweise sich an den Kenntnissen und Unkenntnissen dieses Leserkreises zu orientieren habe 12 Die wissenschaftliche Kritik am Kommentar fuhrte dazu dass der Kommentar entgegen der langen europaischen Tradition wissenschaftlicher Kommentare zum Teil gar als unwissenschaftlich verworfen wurde man hielt die Arbeit des Kommentators fur einen subjektiven Eingriff in den Text der den als objektiv angesehenen Inhalt des Texts verfalsche und die Interpretationen durch eine willkurliche Vorentscheidung des Kommentators verenge Erst seit den 1970er Jahren nachdem verstarkt eine methodische Reflexion uber die wissenschaftlichen Grundlagen des Kommentierens einsetzte gilt der Kommentar in der germanistischen Literaturwissenschaft als anerkannter Gegenstand wissenschaftlicher Editionen Seitdem erscheinen Kommentare oftmals im Rahmen von textkritischen Editionen in Studienausgaben und in kommentierten historisch kritischen Ausgaben als Anmerkungsteil Es haben sich aber auch separate Kommentarreihen erhalten wie etwa Reclams Erlauterungen und Dokumente Aufgaben und Inhalt des Kommentars BearbeitenDer literaturwissenschaftliche Kommentar soll dem Leser die Erschliessung des Textes ermoglichen Es wird heute nicht als seine Aufgabe angesehen eine Interpretation des Textes zu liefern 13 Fur die Texterschliessung sollte der Kommentar moglichst alle Informationen angeben die relevant dafur sind den Text in seinem Kontext und in seiner Geformtheit zu verstehen Das Missverstehen oder Nichtverstehen eines Textes ist oftmals bedingt durch die historische oder kulturelle Distanz des Lesers zum Autor Diese sogenannte Horizontdifferenz die Differenz von Wissen und Wertungen des Autors und des Lesers soll durch den Kommentar soweit verringert werden dass ein Verstehen des Textes moglich ist Als kommentierungswurdig gelten im Allgemeinen sprachliche eventuelle metrische Eigentumlichkeiten des Textes Daruber hinaus enthalt ein Kommentar Worterklarungen sofern die historische Bedeutung eines Wortes von der heute ublichen abweicht Sacherklarungen zu den im Text vorkommenden Begriffen sofern davon auszugehen ist dass diese Erklarungen dem Leser nicht gelaufig sind ausserdem Informationen zum biographischen und historischen Entstehungskontext wie etwa Selbstaussagen des Autors und Informationen zur Wirkungsgeschichte des Textes 14 Auch bei geringer historischer Distanz zwischen Autor und Leser kann ein Text aufgrund seiner poetischen Eigenart hermetisch schwer zuganglich sein 15 So kann die Lekture etwa symbolistischer Gedichte durch einen Kommentar bereichert werden auch dann wenn dem Leser alle Worte in ihrer Bedeutung bekannt sind weil viele der dort auftauchenden Symbole und Anspielungen nur mit einem breiten Hintergrundwissen zuganglich sind Wo Schriftsteller idiosynkratisch ein Wort anders als ublich verwenden kann die Kenntnis der Verwendungsweise in anderen Texten desselben Autors verstandnisfordernd sein Daher sind auch Verweise auf solche Parallelstellen kommentierungswurdig Ebenso kann die Verarbeitung fremder Texte oder Textbestandteile eine spezifische Aussage enthalten Deswegen werden auch sogenannte intertextuelle Bezuge zu anderen literarischen Werken wie etwa markierte oder unmarkierte Zitate Plagiate Parodien Kontrafakturen oder Anspielungen im literaturwissenschaftlichen Kommentar erwahnt Die spezifischen Aufgaben eines jeden Kommentars richten sich auch nach der vermuteten Lesergruppe Kommentare die sich an Schuler oder an ein breiteres Lesepublikum richten beinhalten vor allem Einzelerklarungen unklarer Worte oder Stellen wahrend Angaben zur Rezeptionsgeschichte in wissenschaftlichen Ausgaben relevanter sind Da der Kommentierungsbedarf vom Horizont des Lesers abhangt veralten Kommentare regelmassig Stellen die bisher als unproblematisch galten konnen unklar werden weil sich mit der Zeit der Horizont der Leser ihr Wissen ihre Wertungen und ihre Gewohnheiten verandern Methodische Probleme BearbeitenAbgrenzung zur Interpretation Bearbeiten Ein Kommentar kann die Rezeption die Wahrnehmung eines Textes grundlegend beeinflussen Daher wird es als wissenschaftliches Ideal angesehen den Kommentar so weit wie moglich frei von willkurlicher Interpretation zu halten Der wissenschaftliche Kommentar gibt aber den Stand der wissenschaftlichen Diskussion wieder und stellt dar welche Interpretationsansatze in der literaturwissenschaftlichen Forschung vertreten werden Dem Ideal der Interpretationsfreiheit steht entgegen dass bereits die Auswahl der Lemmata das heisst die Entscheidung daruber welche Stellen als kommentierungswurdig angesehen werden eine interpretierende Entscheidung benotigt Diese hangt vom Horizont des Herausgebers und von Annahmen uber den Horizont des Lesers ab Das kann besonders bei der Kommentierung von Anspielungen und Parallelstellen richtungsweisenden Einfluss auf die Rezeption des Textes haben 16 Editorische Abwagungen die nicht vollig frei von subjektiven Entscheidungen und Wertungen sind konnten bei der Kommentierung von Anspielungen erforderlich sein mitunter ist es von der Einschatzung des Lesers abhangig ob er eine Stelle als Anspielung auf einen anderen Text ansieht Der Kommentar beschrankt sich hier auf Informationen deren Quellen sich beispielsweise aus der Kenntnis des Nachlasses oder der Briefe des Autors nachweisen lassen Informationen die sich nur durch Interpretation des Textes gewinnen lassen sollten im Kommentar vermieden werden 17 Intertextualitat Bearbeiten Ein weiteres methodisches Problem ergibt sich bei der Kommentierung der Intertextualitat des Textes 18 Da niemand die gesamte Literatur kennt kann methodisch nicht gewahrleistet werden dass die Kommentierung der intertextuellen Bezuge vollstandig ist Die Aussagekraft des Kommentars ist hier immer durch die Belesenheit des Kommentators begrenzt 19 Da die Autorintention die massgebliche Richtschnur fur die Entscheidungen des Herausgebers ist kommt auf ihn das methodische Problem zu zwischen beabsichtigten und unbeabsichtigten Zitaten zu unterscheiden Zwar konnen beabsichtigte Zitate oftmals als solche identifiziert werden Es ist dagegen nahezu unmoglich zu zeigen dass ein Zitat nicht vom Autor bewusst als solches intendiert ist Aus einem ahnlichen Grund kann es auch ungewiss sein ob es sich bei einer Beobachtung tatsachlich um ein Zitat oder aber um eine nur zufallige Ubereinstimmung zweier Texte handelt da letzteres in der Regel nur schwer beweiskraftig auszuschliessen ist Beispiele BearbeitenSzenenausschnitt aus Georg Buchners Drama Woyzeck BearbeitenDie Kommentierung eines Szenenausschnitts aus Georg Buchners Drama Woyzeck kann die Funktion und Wirkung des literaturwissenschaftlichen Kommentars beispielhaft illustrieren Folgender kurzer Szenenausschnitt enthalt viele unklare missverstandliche Stellen 20 Buden Volk Marktschreier vor einer Bude Meine Herren Meine Herren Sehn sie die Kreatur wie sie Gott gemacht nix gar nix Sehen Sie jetzt die Kunst geht aufrecht hat Rock und Hosen hat ein Sabel Ho Mach Kompliment So bist baron Gieb Kuss er trompetet Michel ist musikalisch Meine Herren hier ist zu sehen das astronomische Pferd und die kleinen Kanaillevogele Ist favori von alle gekronte Haupter Die raprasentation anfangen Man mackt Anfang von Anfang Der Kommentarteil der Marburger Ausgabe 21 erklart Worter und Wortgruppen die moglicherweise unklar sind die Kreatur wie sie Gott gemacht d h im naturlichen Zustand unbekleidet nackt Im Sinne des international verbreiteten Sprichworts Kleider machen Leute ist das nackte Tier noch gar nix Es handelt sich bei Michel den der Marktschreier hier vorstellt vmtl um einen Affen wie aus ein Pferd ein Aff ein Canaillevogel Der Aff ist schon ein Soldat hervorgeht Wo der Sprachgebrauch zu Buchners Zeit vom heutigen stark abweicht wird auf den historischen Sprachgebrauch verwiesen wobei Worterbucher aus Buchners Zeit herangezogen werden Kompliment aus dem Franz Compliment eigentlich eine Verbeugung aus Ehrfurcht oder Hochachtung In weiterer Bedeutung ein Gruss mit einer Verbeugung In noch weiterem Sinne ein jeder Gruss baron Mann von Adel der sich zu benehen weiss Baron ist auch im deutschen seit dem 17 Jahrhundert aus dem frz baron das der Marktschreier benutzt bzw dem ital barone gangig und bezeichnet die Klasse des niederen Adels zwischen den Grafen und den einfachen Edelleuten entspricht dem deutschen Freyherren Ausserdem werden Vorbilder aus der Realitat oder aus der Literatur benannt er trompetet Michel ist musikalisch das Affen Theater war eine beliebte Attraktion auf volkstumlichen Festen und in Vergnungungsparks Seit dem Mittelalter gab es keinen vagirenden Gaukler mehr der nicht einen afrikanischen Affen mit sich gefuhrt hatte Eine Art systematische Dressur aber kam erst im 18 Jahrhundert auf mackt imitiert franzosische Aussprache so wie in Raimunds am 20 Feb 1834 aufgefuhrte Komodie Der Verschwender Mackt mir der Fenster auf dass ich der Landschaft kann betrachten Ha der Kirchhof macken sich dort gut Diese Informationen dienen zunachst dem Wortverstandnis unklarer Stellen Daruber hinaus geben sie aber auch Hinweise auf die Interpretation und beugen etwaigen Fehlinterpretationen vor Durch die Angabe welchem Kontext bestimmte Worte entstammen oder gar wie im vorletzten Beispiel bestimmte gestalterische Elemente des Textes in diesem Fall die Idee fur die ganze Szenerie wird der Spielraum fur interpretatorische Spekulationen auf den historischen Kontext verengt Hugo von Hofmannsthals Ein Traum von grosser Magie Bearbeiten Ein Beispiel dafur dass ein Kommentar nicht nur unklare Stellen klart sondern auch die Interpretation durch Angabe von literarischen Bezugen bereichern kann ist der Kommentar zu einem Gedicht von Hugo von Hofmannsthal 22 Ein Traum von grosser Magie Viel koniglicher als ein Perlenband Und kuhn wie junges Meer im Morgenduft So war ein grosser Traum wie ich ihn fand Durch offene Glasturen ging die Luft Ich schlief im Pavillon zu ebner Erde Und durch vier offne Turen ging die Luft Und fruher liefen schon geschirrte Pferde Hindurch und Hunde eine ganze Schar An meinem Bett vorbei Doch die Gebarde Des Magiers des ersten grossen war Auf einmal zwischen mir und einer Wand Sein stolzes Nicken konigliches Haar Und hinter ihm nicht Mauer es entstand Ein weiter Prunk von Abgrund dunklem Meer Und grunen Matten hinter seiner Hand Er buckte sich und zog das Tiefe her Er buckte sich und seine Finger gingen Im Boden so als ob es Wasser war Vom dunnen Quellenwasser aber fingen Sich riesige Opale in den Handen Und fielen tonend wieder ab in Ringen Dann warf er sich mit leichtem Schwung der Lenden Wie nur aus Stolz der nachsten Klippe zu An ihm sah ich die Macht der Schwere enden In seinen Augen aber war die Ruh Von schlafend doch lebendgen Edelsteinen Er setzte sich und sprach ein solches Du Zu Tagen die uns ganz vergangen scheinen Dass sie herkamen trauervoll und gross Das freute ihn zu Lachen und zu Weinen Er fuhlte traumhaft aller Menschen Los So wie er seine eignen Glieder fuhlte Ihm war nichts nah und fern nichts klein und gross Und wie tief unten sich die Erde kuhlte Das Dunkel aus den Tiefen aufwarts drang Die Nacht das Laue aus den Wipfeln wuhlte Genoss er allen Lebens grossen Gang So sehr dass er in grosser Trunkenheit So wie ein Lowe uber Klippen sprang Cherub und hoher Herr ist unser Geist Wohnt nicht in uns und in die obern Sterne Setzt er den Stuhl und lasst uns viel verwaist Doch Er ist Feuer uns im tiefsten Kerne So ahnte mir da ich den Traum da fand Und redet mit den Feuern jener Ferne Und lebt in mir wie ich in meiner Hand Der Kommentar enthalt hier Verweise auf mogliche literarische und philosophische Vorbilder sowie auf Bezuge in Hofmannsthals eigenem Werk Elemente des Gedichts gehen wohl auf Hofmannsthals Lekture der Schriften des dt Philosophen Arthur Schopenhauer 1788 1860 bes dessen Versuch uber das Geistersehen und was damit zusammenhangt zuruck Zum Motiv der Magie und des Traumes als Inspiration vgl das Gedicht Kubla Khan des engl Dichters und Philosophen Samuel T Coleridge 1772 1834 Zum Traum Motiv vgl a Hofmannsthals Weltgeheimnis Vgl Ad me ipsum Er buckte sich und in Ringen vgl das Gedicht Lied und Gebilde im Buch des Sangers von Goethes West ostlicher Divan 1814 1819 und Hofmannsthals Das Gesprach uber Gedichte Aus dem Vergleich dieser Bezuge kann man ihre Verarbeitung durch Hofmannsthal erkennen Die Art und Weise der Verarbeitung kann eine spezifische Aussage fur die Interpretation des Gedichts enthalten Diese vergleichende Perspektive wird erst durch das vom Kommentar bereitgestellte Wissen moglich Literatur BearbeitenJan Assmann und Burkhard Gladigow Hrsg Text und Kommentar Archaologie der literarischen Kommunikation IV Wilhelm Fink Munchen 1995 Wolfgang Fruhwald u a Hrsg Probleme der Kommentierung Kolloquien der Deutschen Forschungsgemeinschaft Frankfurt am Main 12 14 Oktober 1970 und 16 18 Marz 1972 Referate und Diskussionsbeitrage Boldt Boppard 1975 Gunter Martens Hrsg Kommentierungsverfahren und Kommentarformen Hamburger Kolloquium der Arbeitsgemeinschaft fur germanistische Edition 4 bis 7 Marz 1992 autor und problembezogene Referate Niemeyer Tubingen 1993 Christian von Zimmermann Vom Kommentieren In Michael Stolz und Yen Chun Chen Hrsg Internationalitat und Interdisziplinaritat der Editionswissenschaft de Gruyter Berlin 2014 Beihefte zu editio 38 S 219 237 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Norbert Oellers Kommentar In Fricke Harald u a Hrsg Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Berlin New York Walter Gruyter 2000 Bd 2 S 302 303 Vgl Bodo Plachta Apparat In FRICKE2000 Bd 1 S 109 111 Vgl Kommentar In Pfeifer Wolfgang Hrsg Etymologisches Worterbuch des Deutschen Berlin Akademie Verlag 1989 S 884 Ludwig Fladerer Art Kommentar In Reallexikon fur Antike und Christentum Bd 21 Anton Hiersemann Verlag Stuttgart 2006 Sp 275 276 Fur diesen Abschnitt vgl Ralph Hafner Kommentar1 In FRICKE2000 Bd 2 S 298 302 Vgl auch Nikolaus Wegman Kommentar philologischer In Nunning Ansgar Hrsg Metzler Lexikon Literatur und Kulturtheorie 4 Auflage Stuttgart und Weimar J B Metzler 2008 S 364 365 Vgl auch Rainer Hess Literaturkritik In Hess Rainer u a Hrsg Literaturwissenschaftliches Worterbuch fur Romanisten LWR 4 Auflage Tubingen und Basel A Francke 2003 S 161 168 insbesondere den Abschnitt 1b auf S 162 163 Vgl Nikolaus Henkel Glosse1 In FRICKE2000 Bd 1 S 727 728 Fur diesen Absatz vgl August Buck Einfuhrung In Der Kommentar in der Renaissance Hg v August Buck und Otto Herding Boppard Harald Boldt 1975 S 7 19 Vgl auch Bodo Guthmuller Kommentar Allgemein In Manfred Landfester Hrsg Der Neue Pauly Stuttgart und Weimar J B Metzler 2000 Bd 14 Sp 1055 1057 Fur den folgenden Absatz vgl auch Aline Loicq Commentaire In Aron Paul u a Hrsg Le dictionnaire du Litteraire Paris Presses Universitaires de France 2002 S 108 109 Georg Witkowski Textkritik und Editionstechnik neuerer Schriftwerke Ein methodologischer Versuch Leipzig Haessel 1924 S 134 Vgl Bodo Plachta Texterschliessung durch Erlauterung und Kommentar In ders Editionswissenschaft Stuttgart Reclam 1997 RUB 17603 S 122 129 Vgl Thomas Zabka Kommentar In Burdorf Dieter u a Hrsg Metzler Lexikon Literatur Begriffe und Definitionen 3 Auflage Stuttgart und Weimar J B Metzler 2007 S 390 391 vgl Jurgen Lehmann und Christine Ivanovic in Kommentar zu Paul Celans Niemandsrose Hg v Jurgen Lehmann Vgl Andreas Thomasberger Uber die Erlauterungen zu Hofmannsthals Lyrik In MARTENS1993 S 11 16 Vgl Andreas Thomasberger Uber die Erlauterungen zu Hofmannsthals Lyrik In MARTENS1993 S 14 Fur den folgenden Absatz vgl Wolfram Groddeck Und das Wort hab ich vergessen Intertextualitat als Herausforderung und Grenzbestimmung philologischen Kommentierens dargestellt an einem Gedicht von Heinrich Heine In MARTENS1993 S 1 10 Claus Zittel Von den Dichtern Quellenforschung versus Intertextualitatskonzepte am Beispiel eines Kapitels aus Nietzsches Also sprach Zarathustra In A Schwob E Streitfeld K Kranich Hofbauer Hrsg Quelle Text Edition Editio Niemeyer Tubingen 1997 ISBN 978 3 484 29509 4 S 315 332 Georg Buchner Woyzeck Marburger Ausgabe Band 7 2 Hg v Burghard Dedner Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt S 3 Alle in diesem Abschnitt folgenden Zitate aus Georg Buchner Woyzeck Marburger Ausgabe Band 7 2 Hg v Burghard Dedner Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt S 443 444 Text und Kommentar des Gedichts aus Hugo von Hofmannsthal Gesammelte Werke Band I Gedichte und Prosa hrsg v Dieter Lamping mit Anmerkungen von Frank Zipfel Dusseldorf und Zurich Artemis amp Winkler 2003 S 24 25 bzw S 757 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kommentar Literaturwissenschaft amp oldid 232728078