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Die Geburt des tragischen Gedankens ist ein Essay von Friedrich Nietzsche den er im Juni 1870 schrieb und der zu Lebzeiten unveroffentlicht blieb Dieser Essay gilt neben vier anderen Das griechische Musikdrama Sokrates und die griechische Tragodie Die Dionysische Weltanschauung Die Tragodie und die Freigeister als Vorarbeit zu seinem ersten bedeutenden Werk Die Geburt der Tragodie aus dem Geiste der Musik In diesem Essay formuliert Nietzsche bereits sein Bild des apollinisch dionysischen Prinzips welches nach Nietzsche das kunstbeherrschende Prinzip darstellt Das in der Nietzscheforschung ubliche Sigel des Buches ist GTG Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt 2 1 1 Kapitel 2 2 2 Kapitel 2 3 3 Kapitel 3 Unterschiede zur Geburt der Tragodie 4 Forschungsstand 5 Trivia 6 Ausgaben 7 Kommentar 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenUber die Entstehung des Essays ist wenig bekannt Das Autograph ist betitelt mit Aus dem Juni des Jahres 1870 Nachdem Nietzsche infolge einer Krankheit schon bald im September 1870 aus dem Krieg nach Basel zuruckgekehrt war entnahm er eine Partie des Aufsatzes Die dionysische Weltanschauung um sie unter dem Titel Die Geburt des tragischen Gedankens an Cosima Wagner zu ihrem Geburtstag am 25 Dezember 1870 nach Tribschen zu bringen 1 Inhalt BearbeitenDas Essay ist in drei Kapitel unterteilt In dieser essayistischen Vorarbeit erscheint erstmals die Vorstellung der Geburt der Tragodie Besonders an diesem Werk ist dass hier die eigentliche Fortentwickelung der Kunst aus der Duplizitat des Apollinischen und des Dionysischen klarer und konziser skizziert wird als spater in der Geburt der Tragodie Auch auf die jahreszeitlich organisierte kultische Ordnung von Apollo und Dionysos geht Nietzsche in dieser Vorstufe explizit ein was in der Geburt der Tragodie nur noch impliziert wird 1 Kapitel Bearbeiten Nietzsche berichtet dass die antiken Griechen sich als Doppelquell ihrer Kunst zwei Gottheiten aufgestellt haben Apollo und Dionysos Sie verkorpern zwei Gegensatze in denen der Mensch das Wonnegefuhl des Daseins erlangt Traum Apollo und Rausch Dionysos Die attische Tragodie mit ihren Vertretern Aischylos Sophokles und Euripides in der diese beiden Prinzipien zusammen agieren ist fur Nietzsche das erste und bedeutendste Beispiel wahrer Kunst Nietzsche geht nun darauf ein warum die Gotter diese Prinzipien verkorpern Apollo war seit je bei den antiken Griechen Sonnen und Lichtgott sowie der Gott der massvollen Begrenzung Weiterhin hat er die Schonheit zum Element Nietzsche fasst diese Eigenschaften im Begriff Traum zusammen Dionysos demgegenuber entstammt laut Nietzsche asiatisch heidnischen Naturvolkern und kulturen Er steht fur Masslosigkeit und den Rausch Wahrend Apollo fur die Erhaltung des Individuums steht so strebt Dionysos nach der Auflosung der Einzelnen in die Masse Dabei ist es wichtig dass diese Prinzipien stets zeitgleich auftreten Nietzsche fuhrt weiter aus dass Apollo den Dionysos im Kampf zerreisst um ihn spater wieder zusammenzusetzen Er begreift dass sie einander brauchen und gleichberechtigt auftreten mussen Nun geht Nietzsche auf die Musik ein Musik ist grundsatzlich ein dionysisches Element wenn es etwas Apollinisches gibt dann ist es der Rhythmus weil er eine masssetzende Einheit ist Der dionysische Rausch hingegen aussert sich in Harmonien Seelen Tonleitern und dem Gesang an sich 2 Kapitel Bearbeiten Dieses Kapitel beginnt Nietzsche mit der Erzahlung von Silen dem Wegbegleiter Dionysos Dieser fragt ihn was fur den Menschen das Beste sei Dieser antwortet bei Nietzsche mit den Worten die auch Aristoteles benutzte Wer einmal ein Mensch ist der kann uberhaupt nicht das Allervortrefflichste werden und er kann gar keinen Antheil haben am Wesen des Besten Das Allervorzuglichste ware also fur euch samt und sonders Manner wie Weiber gar nicht geboren zu werden Das Nachstbeste jedoch nachdem ihr geboren worden moglichst bald zu sterben Nietzsche beschreibt in diesem Kapitel im Gegenentwurf zu Schiller und Goethe das Leben der antiken Griechen als schrecklich Als Realitatsflucht erschufen sie sich das Theater Apollo und Dionysos mussten also zusammenarbeiten um dem Griechen diese Realitatsflucht zu ermoglichen 3 Kapitel Bearbeiten Nun spricht Nietzsche von einem lethargischen Element Nietzsche verwendet das hervorgehobene Wort lethargisch im alten etymologischen Sinn Lethe ist in der griechischen Mythologie der Fluss der Unterwelt den die Toten uberqueren und dabei ihr ganzes fruheres Dasein vergessen Vergessenheit ist nicht die Eigenschaft wie Vergesslichkeit auch nicht das gewohnliche Vergessen des Vergangenen wie im Lethe Mythos sondern ein Zustand in dem die dionysisch Erregten ein rauschhaft gesteigertes Dasein empfinden und dabei die Normal Wirklichkeit hinter sich lassen Damit erreicht der tragische Gedanke seine volle Entfaltung Nun stellt Nietzsche zweit griechisch antike Dramatiker gegenuber Aischylos und Sophokles Bei Ersterem stehen die Menschen und die Gotter in enger Gemeinsamkeit Das Gerechte und das Gluck sind bei ihm laut Nietzsche meist eins Sophokles hingegen beharrt auf der menschlichen Undurchdringlichkeit der gottlichen Rechtspflege Nietzsche findet dass Sophokles Auffassung naher an der dionysischen Wahrheit ist Unterschiede zur Geburt der Tragodie BearbeitenDer Grossteil dieses Essays gleicht dem fruher entstandenen Essay Die Dionysische Weltanschauung Neu jedoch ist hier der Aspekt der Geburt der Tragodie Folgende Aspekte und Gedanken anderte Nietzsche in der GT In der Geburt der Tragodie skizziert Nietzsche die Duplicitat des Apollinischen und des Dionysischen nur knapp Im ersten Kapitel der GTG erlautert er seine Gedanken dazu detaillierter Die polare Konstellation der Begriffe apollinisch und dionysisch ist zwar erst durch die GT zu einem allgemeineren Bildungsgut geworden aber sowohl die Polaritat der Gotter Apollon und Dionysos wie diejenige der davon abgeleiteten Adjektive gab es schon in der GTG 1 Expliziter wird auch die jahreszeitlich kultische Ordnung der Antike Apollo ist der Gott der Sommermonate Dionysos jener der Wintermonate Nietzsche verdeutlicht dass die Wechselwirkung der beiden Gotter sich in der Antike uber die Kunst hinaus manifestiert hat 1 Die GTG klart ausserdem die konzeptionelle Absicht Nietzsches Apollo auch als Heilgott darzustellen Dort heisst es Vom Standpuncte der apollinischen Welt war das Hellenenthum zu heilen und zu suhnen Apollo der rechte Heil und Suhngott rettete den Griechen von der hellsehenden Ekstase und dem Ekel am Dasein durch das Kunstwerk des tragisch komischen Gedankens KSA 1 596 17 22 Dies verdeutlicht Nietzsche in der getroffenen Dichotomie GT zwischen Zerstorung Dionysos und Heilung Apollo 2 Forschungsstand BearbeitenZu den essayistischen Vorarbeiten der GT ist der Forschungsstand noch sehr uberschaubar Vorreiterin ist hier Claudia Crawford die die englische Ubersetzung von Die dionysische Weltanschauung erstellt hat 3 Dieser Essay ist der GTG im Grossteil identisch Der Kommentarband von Jochen Schmidt zur GT liefert ebenfalls Informationen uber die GTG Trivia BearbeitenNietzsche widmete und schenkte das Essay Richard Wagners Ehefrau Cosima zum Geburtstag Abends liest uns Richard im Manuskript das mir Professor Nietzsche als Geburtstagsgabe dargereicht hat notierte Cosima Wagner in ihr Tagebuch am 26 Dezember 1870 sie ist von hochstem Wert die Tiefe und Grossartigkeit der in gedrangtester Kurze gegebenen Anschauungen ist ganz merkwurdig wir folgen seinem Gedankengang mit grosstem und lebhaftestem Interesse Besondere Freude gewahrt es mir dass Richards Ideen auf diesem Gebiet ausgedehnt werden konnen 1 Ausgaben BearbeitenFriedrich Nietzsche Die Geburt des tragischen Gedankens in Friedrich Nietzsche Werke I bis V Hrsg K Schlechta Ullstein Verlag 1977 Band 1 Friedrich Nietzsche Die Geburt des tragischen Gedankens in Samtliche Werke Kritische Studienausgabe in 15 Einzelbanden hg v Giorgio Colli und Mazzino Montinari Bd I Munchen Berlin New York 1988 S 579 599 Friedrich Nietzsche Die Geburt des tragischen Gedankens in Nietzsche Werke Kritische Gesamtausgabe 2 Abteilung 1 Band hg von Giorgio Colli und Mazzino Montinari Berlin 1982 Kommentar BearbeitenEin eigener Kommentarband zu diesem Essay existiert noch nicht Jedoch wird im GT Kommentar regelmassig auf die GTG eingegangen Jochen Schmidt Kommentar zu Nietzsches Die Geburt der Tragodie Berlin 2012 Literatur BearbeitenBarbara von Reibnitz Ein Kommentar zu Friedrich Nietzsche Die Geburt der Tragodie aus dem Geiste der Musik Kap 1 12 Stuttgart 1992 Jochen Schmidt Kommentar zu Nietzsches Die Geburt der Tragodie Berlin 2012 Julia Crawford The Dionysian Worldview Nietzsches symbolic language and music in Journal of Nietzsche Studies No 13 Nietzsche and German Literature Spring 1997 pp 72 80 Friedrich Nietzsche Julia Crawford The Dionysian Worldview in Journal of Nietzsche Studies No 13 Nietzsche and German Literature Spring 1997 pp 81 97 Weblinks BearbeitenDie Geburt des tragischen Gedankens bei Nietzsche SourceEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Jochen Schmidt Kommentar zu Nietzsches Die Geburt der Tragodie Band 1 De Gruyter Berlin S 31 Jochen Schmidt Kommentar zu Nietzsches Die Geburt der Tragodie Band 1 De Gruyter Berlin S 410 411 Claudia Crawford The Dionysian Worldview Nietzsches symbolic language and music In Journal of Nietzsche Studies Band 13 1997 S 72 80 VFriedrich NietzscheWerke Die Geburt des tragischen Gedankens Die Geburt der Tragodie aus dem Geiste der Musik Uber das Pathos der Wahrheit Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen Uber Wahrheit und Luge im aussermoralischen Sinne Unzeitgemasse Betrachtungen Vom Nutzen und Nachteil der Historie fur das Leben Hymnus an das Leben Menschliches Allzumenschliches Morgenrote Gedanken uber die moralischen Vorurteile Idyllen aus Messina Die frohliche Wissenschaft Also sprach Zarathustra Der Freigeist Vereinsamt Jenseits von Gut und Bose Zur Genealogie der Moral Der Fall Wagner Gotzen Dammerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt Der Antichrist Ecce homo Dionysos Dithyramben Nietzsche contra Wagner Der Wille zur Macht Wahnbriefe nbsp Philosophische Konzepte Amor fati Apollinisch dionysisch Bejahung Ewige Wiederkunft Gott ist tot Herrenmoral Letzter Mensch Pathos der Distanz Perspektivismus Ressentiment Sklavenmoral Tschandala Ubermensch Umwertung aller Werte Weltratsel Wille zur MachtGedenkstatten Nietzsche Haus Naumburg Nietzsche Haus Sils Maria Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Geburt des tragischen Gedankens amp oldid 237877129