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Der Brunnen ist ein vielfach verwendetes Motiv sowohl in der Literatur als auch der Kunst Er kann fur die Brautwerbung und die Liebe die Meditation und Besinnung die Gefangenschaft und Demutigung mit spaterer Erhohung oder auch das Leben das Schicksal im Allgemeinen stehen Die Vieldeutigkeit des Motivs spiegelt die Mehrdeutigkeit des Wortes Brunnen Das deutsche Wort meint bis in die Neuzeit hinein sowohl die frei fliessende Quelle und ihr Wasser die eingefasste Quelle auch den Springbrunnen und den gegrabenen Rohren Zieh brunnen Das Wort dient daneben zur Ubersetzung von Begriffen der mediterranen Kulturen die auch Zisternen und Viehtranken meinen konnten Das Motiv beruhrt und uberschneidet sich daher vielfach mit dem Motiv der Quelle bzw Wassers des ewigen Lebens siehe hierzu unter Jungbrunnen Bereits im Altertum verstand man die gefassten Brunnen entweder als Ziehbrunnen einer Quelle oder als Zisternen die als Wohnsitz von Gottern galten und denen jeweils ein hoher Symbolgehalt Auge Mund zugeschrieben wurde Inhaltsverzeichnis 1 Der Brunnen in der Bibel 1 1 Symbol der Liebe des Trostes der Verheissung und der Erfullung 1 2 Brunnen als Streitanlass 1 3 Brunnen als Symbol der Geliebten 1 4 Brunnen als Metapher fur Ehe 2 Der Brunnen in der Mythologie 2 1 Griechische Mythologie 2 2 Keltische Mythologie 2 3 Nordische Mythologie 3 Der Brunnen im Marchen 4 Brunnen und Brunnenmotiv im Mittelalter 4 1 Der Brunnen in der mittelalterlichen Literatur 4 2 Brunnen und Brunnenmotiv in der Alchemie 5 Das Brunnenmotiv in der Literatur der Neuzeit 6 Das Brunnenmotiv in der Malerei der Neuzeit 7 Das Brunnenmotiv in der Musik der Neuzeit 8 Psychologische Deutung 9 Siehe auch 10 Literatur 11 EinzelnachweiseDer Brunnen in der Bibel BearbeitenIm Alten Testament ist der Brunnen den am Rande der Wuste umherziehenden Nomaden zunachst einmal ein Ort an dem lebenswichtiges und kostbares Wasser zu finden ist Symbol der Liebe des Trostes der Verheissung und der Erfullung Bearbeiten In den Erzahlungen des 1 Buches Mose findet sich der Brunnen auch als Ort der Liebe und als Symbol der Weiblichkeit In Genesis 24 62 67 sieht Isaak seine spatere Frau Rebecca erstmals am Brunnen von Lahai Roi Zuvor schon trifft Hagar die Magd und Nebenfrau Abrahams in Gen 16 7 16 den Engel des Herrn an diesem Brunnen Neben dem Trost und dem Zuspruch den Hagar dort durch den Engel erhalt wird ihr vom Engel auch die Geburt Ismaels verkundet sodass der Brunnen die volksetymologische Deutung Lahai Roi nach El Roi den Gott des Schauens erhalt Die Namensgebung deutet auf eine ursprungliche lokale Gottheit Lokalnumen Nach der Bedeutung der Liebe und des Trostes erhalt der Brunnen so auch die Bedeutung als Ort der Verheissung und der Erfullung In der Trostlosigkeit des am Brunnen sitzenden Gretchens in Goethes Faust I wird dieser Anklang konterkariert nbsp Bartolome Esteban Murillo Rebecca und Eliezer am Brunnen Mitte 17 Jahrhundert zeigt wie der Eliezer auf Isaaks zukunftige Frau trifft Bei Rebecca findet sich der Brunnen dann vor dem Tor Da nicht Isaak selbst sondern ein Knecht des Vaters auf die Suche geschickt wird findet sich auch hier gottliche Fuhrung und Fugung 24 7 Das Madchen Rebecca das der Knecht am Brunnen vorfindet wird nicht nur in ihrer Schonheit Jungfraulichkeit 24 16 und Freundlichkeit sondern auch pragmatisch beurteilt Dass sie nicht nur dem die Kamele fuhrenden Knecht sondern auch den Tieren Wasser reicht scheint einen Grossteil ihrer Eignung zur Gattin Isaaks auszumachen 24 17 22 Zum Dank werden ihr ein Nasenring und zwei Spangen uberreicht 24 22 Eine weitere Liebesgeschichte am Brunnen bietet Gen 29 1 14 mit Jakob und Rahel Brunnen als Streitanlass Bearbeiten Umgekehrt ist das Zuschutten von Brunnen wie es die Philister in Gen 26 15 tun ein ernster Grund fur Streitigkeiten die an dieser Stelle jedoch erst beginnen als die Hirten Isaaks die Brunnen wieder freigraben die die konkurrierenden Hirten von Gerar umgehend fur sich beanspruchen Die in Gen 26 17 22 aufgefuhrten Auseinandersetzungen bei denen sogar zwei der drei Brunnen die volksetymologischen so gedeuteten Namen Zank Esek und Feindschaft Sitna beigelegt bekommen scheint eine alte Sage als Kern zu besitzen und hat zudem Parallelen mit einigen orientalischen Marchen Die Beilegung des Streites geschieht vermittels eines dritten Brunnens der Rehobot Weite genannt wird da er erstmals ohne Streit den Abrahamleuten bleibt und ihnen so den Raum lasst Dies deutet darauf hin dass zu einem Brunnen immer auch ein gewisses Umfeld an Land zu rechnen ist das dem Besitzer des Brunnens mit zufallt Wichtiger aber noch an dieser im Jakob Laban Kreis beheimateten Erzahlung ist der folgende Segen den Abraham nachts von seinem Gott erhalt Hiernach wird ein vierter Brunnen gegraben an dem sich tags darauf Abimelech einfindet und einen feierlichen Friedenseid schwort Der Brunnen namens Be er Scheva wird nach diesem Eid sebua Schwurbrunnen gedeutet und steht nicht nur fur den dort erlangten Segen Gottes oder den dort geschlossenen Frieden sondern eine anerkannte Auszeichnung In den Leuten Abrahams wird das Volk Israel sichtbar Diese pazifizierende Bedeutung wird auch bei Jesaja aufgegriffen Auch hier wird vorausgesetzt dass aus dem Brunnen eines anderen trinken zu wollen Streitigkeiten evoziert wenn der Konig von Assyrien Macht mit mir Frieden so sollt ihr ein jeder das Wasser aus einem Brunnen trinken Jes 36 16 fordern kann 1 Auch die Gefangennahme des Joseph Gen 37 18 30 in einer Zisterne legt dem Brunnen jene Bedeutung der Erfullung bei die hier jedoch erst im Verlaufe der Joseph Novelle zum Ziel kommt Die Zisterne als Gleichnis der Eitelkeit zitiert der Prophet Jeremia wenn er sie der Quelle kontrastierend gegenuberstellt mein Volk hat eine zwiefache Sunde begangen Mich die Quelle des lebendigen Wassers haben sie verlassen um sich Zisternen zu graben locherige Zisternen die kein Wasser halten Jer 2 13 Der Brunnen steht bei ihm weiter als Ort der Gefangenschaft und der Demutigung wenn es heisst Da nahmen sie Jeremia und warfen ihn in die Zisterne des Konigssohnes Malkija die im Wachhof war und sie liessen Jeremia mit Stricken hinab In der Zisterne aber war kein Wasser sondern nur Schlamm und Jeremia sank in den Schlamm ein Jer 38 6 Der Schlamm auf dem Grund des Brunnens steht hier fur die Missachtung Der Prophet selber versinkt totum pro parte den Untergang seines gering geschatzten Wortes zu verdeutlichen Brunnen als Symbol der Geliebten Bearbeiten Metaphorisch steht in der alttestamentlichen Poesie der Brunnen dann auch fur die sich sexuell versagende und dann hingebende Geliebte Im Hohenlied Salomos findet sich Ein verriegelter Garten ist meine Schwester und Braut ein verriegelter Garten mit versiegeltem Quell Hld 4 12 Die angesprochene Entsagung wird jedoch uber Mein Gartenquell ist ein Brunnen lebendigen Wassers 4 15 bis zu komme in seinen Garten und esse von seinen kostlichen Fruchten 4 16 und berauscht euch in Liebeslust 5 1 vollig abgebaut Lediglich die Wahl des Pronomens dt seinen statt meinen weist auf den zaghaften Versuch den erotischen Kontext religios zu uberformen Das Brunnenmotiv erscheint mit dem Paradies Motiv verschrankt ohne jedoch die mittlerweile ubliche Sundenfall Konnotation aufzuweisen Brunnen als Metapher fur Ehe Bearbeiten Das Buch der Sprichworter kennt den Brunnen dann vor allem als Metapher fur die Ehe Trinke Wasser aus deiner Zisterne und frischen Trunk aus dem eigenen Brunnen Spr 5 15 warnte vor dem Ehebruch und Denn eine tiefe Grube ist die Buhlerin und ein enger Brunnen die Fremde 23 27 weitet den Ehebruch von der Frau eines anderen Fremde auf die Dirne aus Der Brunnen in der Mythologie BearbeitenGriechische Mythologie Bearbeiten In der griechischen Mythologie nahm Hera die bei den Romern mit Juno gleichgesetzt wird jahrlich in einer Quelle ein reinigendes Bad zur Wiederherstellung Die reinigende Vorstellung scheint erst einmal der menschlichen Menstruation entlehnt dann aber auf den grosseren Wachstumszyklus eines Jahres ubertragen worden zu sein Das Jahr wiederum wurde durch Mondphasen vorgestellt und der Mond als der Geliebte der Hera der am Ende sein Leben lassen muss Hera die die Gottheit des zyklischen Wachstums wie auch der Ehe und Zucht war regeneriert nach der Totung des Liebhabers dann auch ihre Jungfraulichkeit In anderen Vorstellungen ist es Artemis ebenfalls eine Mondgottheit die gern an Quellen nackt badet und so einst Aktaion den Sohn des Aristaios der sie nicht nur dabei beobachtet sondern mit dieser Beobachtung auch prahlt in einen Bock verwandelt den eine Hundemeute dann zerfleischt In dieser Erscheinung der Artemis wiederum soll sich eine ursprunglichere Nymphengottin die in Kreta auch Frau der wilden Dinge genannt wurde und als Fuhrerin der Nymphen galt wiederfinden An anderer Stelle ist Pasiphae die Mondgottin und Leukippos wird von den wilden Nymphen die sich danach badend reinigen zerrissen Auch Orpheus ereilt dieses Schicksal Hier bei dem nach Ovid von einer Schar Nymphen stets Begleiteten vollbringen dann thrakische Frauen die Tat Hylas wiederum wird beim Wasserholen auf ahnliche Weise von Dryope und ihren Nymphen den Najaden in den Brunnen herabgezogen und zerstuckelt Hier wird die Schonheit des Junglings als Ausloser der Tat benannt Und der Brunnen gerat wieder zum Symbol des todlichen Abgrundes Keltische Mythologie Bearbeiten Die keltische Mythologie kennt den reinigenden Brunnen in einer noch ubersteigerten Form als Jungbrunnen Die Vorstellung eines Jugend und Unsterblichkeit verleihenden Bades hangt aber eng mit der Vorstellung einer Sunden tilgenden Wirkung des rituellen Bades zusammen Das Land Tir Nan Og auch tir na n og in dem sich dieser Brunnen finden soll ist ein mit Paradies Vorstellungen aufgeladener Ort der Unbeschwertheit und Leidensfreiheit Er galt als Heimat der Elfen und Einhorner und wurde als Insel vorgestellt Ausserhalb der irischen Mythe verschmilzt er oft mit der Avalon Vorstellung Der sich hier befindende Jungbrunnen wurde neben dem Schlaraffenland zu einem beliebten Paradies Motiv das unter anderem der altere Lucas Cranach aufgriff s u Nordische Mythologie Bearbeiten In den Schopfungserzahlungen der nordischen Mythologie ist der Brunnen Hvergelmir in Niflheim der Quell fur zwolf Flusse elivagar aus denen der Eisriese Ymir entstanden sein soll Die nachfolgenden Riesen namens Orgelmir Thrudgelmir und Bergelmir sollen im Namen noch Anklange an den Brunnen ihrer Herkunft tragen Eine zweite Quelle ist der Brunnen Mimirs die der gleichnamige Riese Mimir als Born des Wissens und der Weisheit bewacht Hvergelmir und Mimirquelle speisen die Weltenesche Yggdrasil zusammen mit dem Urd Brunnen urdarbrunnr Wahrend Hvergelmir dunkler Ursprungsort des Bosen ist ist der Urd Brunnen auch Urdar der Ort an dem sich die Gotter taglich zu Besprechungen versammeln Wenn sie hier von Loddafnir der nach Erkenntnis und Weisheit strebt aufgesucht werden scheinen die Attribute der Mimir Quelle auf den Urd Brunnen uberzugehen Noch deutlicher aber wird der Urd Brunnen mit dem Leben und dem Schicksal verbunden Der Brunnen selbst befindet sich am Fusse der Weltenesche Yggdrasil die den Bau der gesamten Welt vorstellen soll An ihm sitzen die drei Nornen die den Parzen gleich die Schicksalsfaden flechten Urdr oder urdr wurd ord bringt den Faden hervor Verdandi flicht ihn zu dem Band des Lebens und Skuld schneidet ihn am Tage des Todes ab Die Dreiheit der Nornen die Vergangenheit Gegenwart und Zukunft symbolisieren soll ist derjenigen der griechischen Moiren angepasst Auch Klotho Lachesis und Atropos werden ahnlich vorgestellt wobei Lachesis untergeht wo Zeus wie in Delphi selbst den Anspruch auf das gegenwartige Walten erhebt Auch Homer kennt Aphrodite als Schicksalsgottin Die nordischen Mythen kennen hingegen viele oft namentlich unbekannte Schicksalsfrauen Auch die Walkuren die auf den Krieg und die Schlacht spezialisiert sind sind hier zuzurechnen Die machtigste der Nornen ist Urd da sie die ursprunglichste der Nornen ist Sie ist anders als das griechische Pendant keinem Herrn verpflichtet Daher ist auch nach ihr der Brunnen benannt Schon im Beowulf und auch im Heliand findet sich Urd wyrd In Island kennt man zudem urdarkottur die Katze der Urd deren Anblick den Tod bedeutet Dennoch werden Urd und der spater hinzukommenden Verdandi ein gemassigtes Wesen zugeschrieben Lediglich Skuld erscheint in manchen Volkssagen als von ubler Gesinnung Zunehmend werden dann aber Nornen Feen und andere Weise Frauen vermengt Lediglich Lichtungen und Brunnen und andere magische Orte kennen dann noch ihre Lokalgeister Der Brunnen im Marchen BearbeitenUrd durfte auch jener Frau Holda oder Hulda entsprechen die in dem Grimmschen Marchen Frau Holle weiterlebt Die Verbindung zu einer unteren Welt die sich schon im Eigennamen Holle Holle zu zeigen scheint ist noch im fruhen Mittelalter so prasent dass aus Brunnen geweissagt wird Hier fallen die zwei an sich disparaten Vorstellungen eines schachtartig leeren erst am Boden Wasser spendenden und eines gefullten nahezu uberquellenden Brunnens zusammen Wahrend der Schacht die Verbindung zum Unterweltsitz der Nornen nahelegt wird das sich auf dem Wasserspiegel zeigende Bild zur Wahrsagung genutzt Trotz eines Verbotes dieser Brunnenwahrsagerei die Papst Gregor III 731 aussprach halten sich verschiedene hiermit verbundene Vorstellungen im Volksglauben So kann wer zur Weihnachtszeit unangesprochen aus drei Brunnen trinkt wahrend die Messe noch eingelautet wird und dann mit dem Lauten noch ankommend uber die rechte Schulter zuruckblickt seine Zukunft schauen vgl HDA 1 1674f Das in der konkreten Schau am Brunnenrand mit der Weissagung noch verbundene Spiegel Motiv scheint hier zeitlich wie raumlich losgelost von dem des Brunnens Das Sprichwort des Kindes das in den Brunnen gefallen ist erfullt sich jedoch im Holle Marchen nicht Der Brunnen erweist sich dem Madchen als Pforte zu einer begehbaren Unterwelt die zumindest eine grossere Wiese und einen Garten besitzt Auch in diesem Marchen bleibt der Brunnen Hort des Gluckes Sowohl die Nahe der Holle Figur zu der ahnlich genannten Gefahrtin Freyas als auch die ratselhaften grossen Zahne die an den Wolf aus Rotkappchen erinnern mogen sind fraglich Neuere psychoanalytische Versuche die Zahngrosse phallisch sehen zu wollen bieten uber diese Deutung hinaus keinen Erklarungsansatz Zumindest findet sich aber auch in Holda eine Gegnerin des Mussigganges Doch auch wenn die Gottin Holda mal versohnlich und mal als schreckliche Teilnehmerin am wilden Heer gezeichnet wird erklart sie die widerspruchliche Anlage der Figur der Marchen Holle nicht Frau Holle haust in den Tiefen der Brunnen Unterwelt befindet sich aber gleichzeitig im Himmel aus dem heraus sie es schneien lasst und ist dabei am Ende weder Brunnen noch Luftgeist sondern scheint lediglich eine auf Fleiss und Ordnung bedachte Hausmutter zu sein Der Volksglaube der diese Marchenfigur ebenfalls kennt knupft verschiedene Vorstellungen mit erheblichen regionalen Schwankungen an die Holle und ihren Brunnen Neben den Vorstellungen einer gefahrlichen Alten die auf Ordnung und auch auf Gerechtigkeit bedacht ist dabei aber zu Arglist zu neigen scheint scheint manchenorts noch die der frugalen Gottheit durch Hier streift die Hollefigur dann uber die Felder deren Fruchtbarkeit auf die Weise erhalten bleibt Andernorts findet sich auch der Vorstellungskranz des Jungbrunnens s o in die Holle Erzahlung eingewoben wenn man glaubt dass alte Frauen bei einem Abstieg in den Brunnen verjungt wurden Und zuletzt kommen auch Vorstellungen vor die die Holle als Huterin der ungeborenen Seelen sehen Diese christianisierte Variante erhalt dann mit dem Storchen von dem man sich die Kinder zur Geburt abtransportiert sieht ein paganes Element beigefugt dass sich oft in Biedermeier Darstellungen findet nbsp Die in den Brunnen schauende Konigstochter aus dem Froschkonig nach einer Illustration von Bernhard WenigScharfer gezeichnete Varianten des Marchens selbst lassen dann naheliegend erscheinen in der Holle die mutterliche Beschutzerin des Madchens zu sehen Die Naubertinische Sammlung kennt noch eine absichtsvoll planende Stiefmutter die den Tod des Madchens herbeifuhren will Der Brunnen wird hier ahnlich der Erzahlung vom biblischen Joseph zum Ort des Schreckens In dieser Variante hilft dem Madchen eine Nixe der zuvor das Haar entflochten werden muss In einer dritten Variante vgl Panzers Anmerkungen zur Urfassung in der der Brunnen lediglich der Reinigung dienen soll fallt das Madchen das den Namen Murmeltier tragt in die Kristallkugel der Brunnenfrau Auch hier wird nach einigen Prufungen das gute Madchen belohnt und das hintendrein gesandte schlechte Madchen bestraft Die Belohnung des Murmeltiers fallt hier jedoch noch eher immateriell aus Zwar wird ein kostbares Kleid genannt das das Madchen geschenkt bekommt wertvoller erscheint aber ein Stab der sich gegen wilde Tiere verwenden lasst Und noch bedeutender ist die Zusage der Brunnenfrau dem Kind in der Not jederzeit beizustehen eine Zusage der wiederum die Vorstellung eines miteinander verbundenen Systems von Brunnen zugrunde liegt Die namenlose bose Schwester hingegen die auch in den Brunnen springt landet nicht einmal in der Kugel Der Boden des Brunnens ist hier ein Sumpf Im Marchen Der Froschkonig oder der eiserne Heinrich findet sich dann erneut die Kristallkugel Hier uberschneidet sich zudem das Brunnenmotiv als Begegnungsort der weiblichen und mannlichen Protagonisten mit dem Motiv vom Jungbrunnen In der jetzigen bei Grimm vorliegenden Fassung verdunkelt macht dies jedoch ein Blick auf die Marchenparallele Der Froschprinz KHM Anh 21 sowie auf das Marchen Der Brunnen am Ende der Welt bei Joseph Jacobs deutlich Das verunreinigte lebensrettende Brunnenwasser kann der Frosch reinigen sofern der Wasserholer auf dessen Bedingungen eingeht worauf sich die jungste der drei Schwestern einlasst und letztlich neben dem Lebenswasser fur den kranken Vater auch den Prinzen gewinnt Brunnen und Brunnenmotiv im Mittelalter BearbeitenDer Brunnen in der mittelalterlichen Literatur BearbeitenIm Iwein von Hartmann von Aue dem wiederum der Yvain ou Le Chevalier au lion von Chretien de Troyes zugrunde liegt ist die Quelle der Ort an dem die entscheidende aventiure zu bestehen ist Iwein erschlagt den Brunnenwachter Askalon v 945 1134 und gewinnt dessen Frau Laudine zur Gattin v 1135 2445 Das alttestamentliche Werben am Brunnen erscheint so zwar in das Motiv eingebracht Mit Askalon werden der Quelle jedoch ein Reich und ein Wachter beigegeben Hierin mag sich Hades oder Anubis entdecken lassen naher liegen die literarischen Bezuge zur keltischen Todes und Anderswelt Deutlicher noch scheint die Quelle Laudine selbst zu reprasentieren Die topographische Anlage von Quelle Garten Mauer und Falltor verweist auf die mitgemeinte sexuelle Eroberung Zuerst aber sind Quelle Stein und Vogelgezwitscher Linde und Goldgefass hier Teil eines locus amoenus eines Paradieses Nur das von Iwein auf den Stein gegossene Wasser vermag mit dem folgenden Gewittergrollen das schwarende Unheil kurz anzudeuten enthebt die Lokalitat aber als magischen Ort umso deutlicher der Alltaglichkeit nbsp Das Brunnenhaus im Stift Heiligenkreuz bei WienDie Nebenbedeutung des Brunnens als ein unwagbarer Abgrund bleibt jedoch weiterhin erhalten So kann im 13 Jahrhundert Hugo von Trimberg im Renner als allegorische Umschreibung einer der Todsunden von einem Brunnen der Habgier sprechen Der Minne Born wiederum ein allegorisches Gedicht des 14 Jahrhunderts greift mit den vier Koniginnen die in einem Wald einen Brunnen umstehen noch einmal die um eine Person erweiterte Parzenschar auf Die vier Frauen die die Minne die Hoffnung den Zweifel und die Bestandigkeit darstellen stehen als Attribute der Liebe Im Eingedenken dieser Attribute darf der Ich Erzahler aus dem Brunnen der Liebe dann trinken Lediglich ein funftes Attribut die Vorsicht steht in seiner mahnenden Funktion gesondert Mit ihm soll der Erzahler vor einem Ubergenuss gewarnt werden Eine von aussen kommende Brunnenvergiftung vermag die Liebe dann auch zu uberstehen Wahrend das Motiv des Brunnens sich in der Tradition seine Weite erhalten zu haben scheint verengt sich der Ausdruck Brunnenvergifter jedoch im Mittelalter In all den Beschreibungen des Brunnens die diesen als Ort des Lebens sei es fur die Kleinvieh Nomaden des Alten Testamentes oder die spateren dorflichen und stadtischen Kulturen sehen ist der Brunnenvergifter der Verbrecher Und so wie der Brunnen zu einem Idyll einem locus amoenus stilisiert werden konnte so war umgekehrt einen Brunnen zu vergiften ein unsagbarer Frevel Die mittelalterliche Bezeichnung des Brunnenvergifters findet sich nun aber im Zusammenhang mit den grossen europaischen Pest Pandemien ab dem 14 Jahrhundert in antisemitischer Farbung Mit Brunnenvergifter ist der Mensch judischen Glaubens gemeint sodass sich dieses Stereotyp das dann auch Hitler in Mein Kampf verwendete zunehmend in der Propaganda vor Pogromen findet Brunnen und Brunnenmotiv in der Alchemie Bearbeiten Die Alchemie kennt das legendare Buch des Nicolas Flamel auf dessen funftem Blatt das erste Bild einen Brunnen gezeigt haben soll Der Brunnen fand sich innerhalb eines schonen Gartens in dessen Mitte eine ausgehohlte Eiche gestanden haben soll um die wiederum sich ein Rosenbaum rankte Zu den Wurzeln des Baumes entsprang dann der weisses Wasser fuhrende Brunnen Ob dieser Brunnen der Elemente der Ursprunglichkeit Weisheit und Reinheit mit alten kultischen Opfer Vorstellungen verbindet einem alteren Kultus entstammt muss dahingestellt bleiben Das andere Bild der Seite zeigt mit der Opferung von Kindern in deren Blut die personifizierten Sonne und Mond baden zumindest eine kultisch anmutende Szene Das weisse Wasser und das rote Blut das manchmal auch als aus einem Doppelbrunnen sprudelnd dargestellt wird symbolisieren hier jedoch bereits die beiden Wasser Mercurius und Sulphur die nach der Lehre der Alchemie die Grundbestandteile aller Metalle sind Auch wenn der Weg hin zu dem Stein der Weisen im Dunkeln bleibt ist der Mercurius Brunnen stets ein beliebtes Motiv der Alchemie gewesen So wird beispielsweise im Rosarium Philosophorum das Carl Gustav Jung in Die Psychologie der Ubertragung ausfuhrlich kommentiert hat die mehrstufige Vereinigung von Sol und Luna beschrieben als eines mehrerer Bader Nach einem Feuer und einem Wasserbad entsteht ein Hermaphrodit der noch die Kopfe beider zeigt Die Belebung dieses Hermaphroditen der vielleicht zuerst nur die weiblichen Elemente enthalt und so das in der alchemistischen Vorstellung hier gewonnene Silber darstellt fuhrt dann nach manchen Illustrationen wie denen des Chymischen Lustgartleins von Stoltzius wieder zu einem losenden Bad Erst die nachste Vereinigung im Brunnen scheint nun die Wandlung zu bringen sodass am Ende Gold und Silber gewonnen sein sollen Der letzte Brunnenausstieg zeigt einen Pelikan als Symbol des Blutes Dann folgen Ouroboros und Lowe als Symbole fur das anfangliche Weltenchaos und die Auflosung neben einem keimenden Baumchen von Sonnenfruchten Zuletzt dann vor der Anbetung des neuen Konigs wird der Weisenstein als Sohn des wieder getrennt dargestellten Paares gezeigt Ob dem eine altere Anschauung eines Paares namens Gabricus und Beya zugrunde liegt ist nicht gesichert Vor dem unsicheren Ausgang warnt jedoch schon das erste Bild aus dem Rosarium mit den unterlegten Worten Wyr sindt der metall anfang und erste natur die kunst macht durch uns die hœchste tinktur Keyn brunn noch wasser ist meyn gleych Ich mach gesund arm und reych Un bin doch jtzund gyftig und dœtlich Das Brunnenmotiv in der Literatur der Neuzeit BearbeitenDas Motiv des Brunnens taucht auch in Goethes Drama Faust I von 1808 als Schauplatz von Gretchens und Lieschens Tratschereien uber eine gemeinsame Bekannte auf Theodor Storm greift in Ein Doppelganger von 1887 noch einmal die in Frau Holle zum Marchen kondensierten Vorstellungen auf wenn er John Hansen nachts in einen nicht mehr genutzten Brunnen fallen lasst Hansen der gerade im Begriff war aus der Not heraus Kartoffeln zu stehlen verschwindet auf immer Das Schicksal seiner Tochter Christine berichtet die Rahmenerzahlung Der Abgrund der den Arbeiter und Notdieb verschlingt besteht so scheint es aber vornehmlich aus gesellschaftlichem Dunkel was einen Vergleich mit dem Marchen Der Froschkonig oder der eiserne Heinrich naheliegender erscheinen lasst nbsp Am Brunnen vor dem Tore Osterreichische Bildpostkarte von 1913Haufig wird das Motiv des Brunnens auch in der Lyrik aufgegriffen etwa von in Am Brunnen vor dem Tore aus der Winterreise 1823 von Wilhelm Muller vertont von Franz Schubert Conrad Ferdinand Meyer Der romische Brunnen 1882 von Hugo von Hofmannsthal Weltgeheimnis 1894 von Rainer Maria Rilke Romische Fontane 1906 La Fontaine 1924 Hans Carossa Der alte Brunnen 1910 oder auch im Gedichtzyklus Der tiefe Brunnen von Emanuel Bodman aus dem Jahr 1924 Zu nennen ist aber insbesondere Wilhelm Mullers Gedicht Der Lindenbaum von 1822 wo der Brunnen gemeinsam mit dem Lindenbaum zum Symbol wehmutiger Sehnsucht nach der heilen Vergangenheit wird In seiner Vertonung durch Franz Schubert in der Winterreise aber auch spater als Volkslied hat es Weltruhm erlangt Eine der eindrucksvollsten Verwendungen einer zum poetologischen Symbol verdichteten Brunnen Motivik bietet Thomas Mann in seinem Roman Joseph und seine Bruder Das mit der Uberschrift Hollenfahrt versehene Kapitel des Vorspiels Prologs das zugleich der Beginn des gesamten Romanes ist setzt ein mit Tief ist der Brunnen der Vergangenheit Sollte man ihn nicht unergrundlich nennen Dies namlich dann sogar und vielleicht eben dann wenn nur und allein das Menschenwesen es ist dessen Vergangenheit in Rede und Frage steht Da denn nun gerade geschieht es dass je tiefer man schurft je weiter hinab in die Unterwelt des Vergangenen man dringt und tastet die Anfangsgrunde des Menschlichen seiner Geschichte seiner Gesittung sich als ganzlich unerlotbar erweisen und vor unserem Senkblei zu welcher abenteuerlichen Zeitenlange wir seine Schnur auch abspulen immer wieder und weiter ins Bodenlose zuruckweichen Zutreffend aber heisst es hier wieder und weiter denn mit unserer Forscherangelegentlichkeit treibt das Unerforschliche eine Art von foppendem Spiel es bietet ihr Scheininhalte und Wegesziele hinter denen wenn sie erreicht sind neue Vergangenheitsstrecken sich auftun wie es dem Kustenjager ergeht der des Wanderns kein Ende findet weil hinter jeder lehmigen Dunenkulisse die er erstrebte neue Weiten zu neuen Vorgebirgen vorwartslocken Thomas Mann Joseph und seine Bruder 1 9 Der Brunnen der Vergangenheit verdichtet die topographische ebenso zu einer zeitlichen wie einer seelischen das Modell der Psychoanalyse Freuds mit umgreifenden Metaphorik Er verbindet Mythos und Historie im Erinnern und weist dem Unterfangen diese Materie als Unerforschliches worin Ottos Numinosum anklingt durchdringen zu wollen eine Unmoglichkeit zu indem und trotzdem dies gerade im Ansetzen des Textes begonnen wurde Derart die Geschichte der Menschheit wie des Menschen in der Brunnen Metaphorik als Vorspiel ein Verweis auf Faust I zu nutzen konzentriert aber in nuce den gesamten Text schon im Anfang und formt so ein seltenes Leitmotiv das noch Motiv ist und doch auch durch den Stoff fuhrender Anklang eines Motives zudem das dem Text kompositorisch unterlegt und doch seinem Kern entnommen wurde Auf diese Weise wird der Brunnen in den die Bruder den Joseph werfen der Brunnen der Gefangenschaft und Verschleppung Erhohung und Versohnung in einem bedeutet Symbol der Geschichte jedes einzelnen Menschen wie seiner ganzen Art und weist deren Grenzen ebenso auf wie cum grano salis die des Romanes Das Brunnenmotiv in der Malerei der Neuzeit BearbeitenBereits seit dem Mittelalter findet sich das Motiv des Brunnens in der Malerei Besonders Darstellung aus der christlichen Ikonographie z B Christus und die Samariterin Jakobsbrunnen lassen sich mehrfach nachweisen Als wichtiges Motiv sogar die Komposition bestimmendes Element innerhalb von Bildern finden sich Brunnen ebenfalls haufig 1439 malte Jan van Eyck das Gemalde der Madonna am Springbrunnen das Maria mit dem Christuskind neben einen sehr filigranen Springbrunnen aus Metall zeigt Der Brunnen wird meist als Symbol der Fons vitae Lebensbrunnen gedeutet Um 1510 entstand das Gemalde Ruhe auf der Flucht von Albrecht Altdorfer Der Maler zeigt die Szene nicht etwa an einer Quelle oder auf einer Waldlichtung wie es meist ublich war sondern verlagert sie an einen grossen Renaissancebrunnen mit einem figurlichen Stock und einer breiten Schale Das Der Jungbrunnen 1546 betitelte Bild Lucas Cranach d A zeigt eine ausladende Brunnenanlage Die von Links kommenden alten Frauen betreten die Anlage schleppend werden getragen oder im Wagen herangebracht Sichtbar verjungt mit Alabasterhaut und aufrechten Ganges verlassen sie dann den Brunnen nach rechts wo sie von adelig anmutenden Junglingen mit Gewandern und einem Mahl empfangen werden Die Darstellung bindet nicht nur Gluck an Schonheit und Schonheit an Jugend sondern bietet mit der auf Frauen beschrankten Benutzergruppe auch eine geschlechtsspezifische Pointierung Die Darstellung weist schon auf einen Jugendwahn der Frau dem eine an die Frau gerichtete Jugendforderung des zukunftigen Gatten gegenubersteht Eine ahnliche Darstellung eines Jungbrunnens bietet schon eine Holzschnittfolge von Sebald Beham aus dem Jahre 1536 Das Brunnenmotiv in der Musik der Neuzeit BearbeitenDer standige Fluss des Wassers in Zierbrunnen hat Komponisten insbesondere der Spatromantik zu Instrumentalwerken inspiriert die das Fliessen auf vielfaltige Weise nachahmen Franz Liszt komponierte sein Klavierwerk Les jeux d eau a la Villa d Este aus Annees de pelerinage Troisieme annee unter dem Eindruck der Brunnen der Villa d Este in Tivoli In der sinfonischen Dichtung Le fontane di Roma 1916 stellt Ottorino Respighi die Brunnen der Stadt Rom dar Psychologische Deutung BearbeitenDer Analytischen Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs gilt der Brunnen als Auspragung des sog Mutterarchetyps Siehe auch BearbeitenMotiv bildende Kunst Biedermeier LiebesliedLiteratur BearbeitenZu allgemeiner und ubergreifender Literatur siehe die Bibliographie zu Stoff und Motiv D Arendt Das Symbol des Brunnens zwischen Antike und Moderne In WW 26 1971 Ursula Wiegers Der Brunnen in der deutschen Dichtung Eine motivgeschichtliche Untersuchung Bonn 1957 DNB 480561281 Dissertation Universitat Bonn 15 Juni 1955 295 Seiten Robert Wolff Der Brunnen als Symbol und Motiv in der Dichtung In Hans Michael Speier D Straub Hrsg Kehr um im Bild Gedenkschrift Victor A Schmitz R G Fischer Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 88323 464 8 Esther P Wipfler Fons gratiae In Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Bd X 2003 2004 Sp 125 132 Esther P Wipfler Fons hortorum In Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Bd X 2004 Sp 133 140 Esther P Wipfler Fons pietatis In Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Bd X 2004 Sp 140 158 Esther P Wipfler Fons signatus In Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Bd X 2004 Sp 158 175 Esther P Wipfler Fons vitae In Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte Bd X 2004 Sp 175 184 Einzelnachweise Bearbeiten Nach der Ubersetzung von http theol uibk ac at leseraum bibel jes36 html konnte man Jes 36 16 auch anders verstehen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Brunnen als Motiv amp oldid 234425337