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Kommunikationswissenschaft ist eine wissenschaftliche Forschungsdisziplin im Bereich der Sozial und Geisteswissenschaften die sich mit Vorgangen der menschlichen Kommunikation befasst Die Forschungsinhalte unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Universitaten zum Teil erheblich Eine Ausrichtung befasst sich insbesondere mit medialer und Massenkommunikation und wird oft auch Publizistikwissenschaft genannt Unter anderem ist Zeitungswissenschaft ein Vorlaufer dieser Integrations und Sozialwissenschaft mit Ansatzen auch aus dem Recht der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften Eine andere Ausrichtung beschaftigt sich vorrangig mit Individualkommunikation und hat Beruhrungspunkte zu Linguistik vor allem Pragmatik Philosophie Semiotik und Soziologie Das Arbeitsgebiet der Kommunikationswissenschaft uberschneidet sich mit dem der Medienwissenschaft die vor allem kulturwissenschaftliche und medienhermeneutische Fragen in den Vordergrund stellt Verwandte Bereiche sind auch Sprechwissenschaft und Sprecherziehung Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsfelder 1 1 Kommunikatorforschung 1 2 Medieninhaltsforschung 1 3 Medienforschung Medienanalyse 1 4 Mediennutzungsforschung 1 5 Medienwirkungsforschung 2 Teildisziplinen 3 Geschichte 3 1 Kommunikationswissenschaft in den USA 3 1 1 1900er 1920er Chicagoer Schule 3 1 2 1920er 1950er Propagandaforschung und fruhe Medienwirkungsforschung 3 1 3 1970er 1980er 3 2 Kommunikationswissenschaft in Deutschland 3 2 1 Institut fur Zeitungskunde in Leipzig 3 2 2 Frankfurter Schule 3 2 3 Versozialwissenschaftlichung in den 1960er Jahren 3 2 4 1980er Jahre bis zur Gegenwart 4 Forschungsmethoden 5 Theorien 6 Begriffe der Kommunikation 7 Studium 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseForschungsfelder BearbeitenDie einzelnen Forschungsfelder der Kommunikationswissenschaft verdeutlicht am einfachsten die Lasswell Formel 1 Wer sagt 2 was 3 auf welchem Weg 4 zu wem 5 mit welchem Effekt Anhand des Prozesses der offentlichen Kommunikation der hier beschrieben wird lassen sich die Forschungsfelder der Kommunikationswissenschaft systematisieren ubergeordnet Forschung zu institutionellen Rahmenbedingungen und Organisationen 1 Kommunikatorforschung Journalistik und PR Forschung 2 Medieninhaltsforschung 3 Medienforschung Medienanalyse 4 Mediennutzungsforschung und 5 Medienwirkungsforschung 1 Kommunikatorforschung Bearbeiten Die Kommunikatorforschung befasst sich mit Medienakteuren und ihrer Einbindung in bestimmte Organisationen Grundlegende Forschungsfragen sind Welche Einstellungen Motivation Interessen Ausbildung usw haben Journalisten PR Fachleute und andere Kommunikatoren Welchen Zwangen unterliegen sie worin sind sie frei wie arbeiten sie wie entscheiden sie sich fur Themen und Darstellungsweisen Hierunter fallt auch die Gatekeeper Forschung welche sich mit dem Journalisten als Einflussfaktor auf Kommunikationsinhalte beschaftigt Bereiche der Kommunikatorforschung sind vor allem die Journalistik die PR Forschung sowie die Werbeforschung Medieninhaltsforschung Bearbeiten Die Medieninhaltsforschung befasst sich mit den Inhalten d h Aussagen und Darstellungsweisen dessen was die Medien ubermitteln Medieninhalte Sie differenziert sich einerseits anhand der Kontroverse daruber was objektiv feststellbarer Inhalt ist andererseits nach dem Erkenntnisinteresse etwa der Einschatzung journalistischer Qualitat dem Abgleich von Realitat und Berichterstattung wenn man einen solchen Vergleich fur moglich halt Existenz und Eigenschaften einer eigenen Medienrealitat sowie der Frage was warum berichtet wird und warum anderes nicht den Inszenierungsstrategien von Medienschaffenden und in den Medien prasenten Akteuren der Ausdifferenzierung von Genres usw Medienforschung Medienanalyse Bearbeiten Die Medienanalyse untersucht das Medium an sich beispielsweise welche Zwange von einem Medium ausgehen oder welche Beschrankungen es gibt Mediennutzungsforschung Bearbeiten Die Mediennutzungsforschung beschreibt die Zusammensetzung der Rezipientenschaft sowie die Motive das Ausmass die Eigenschaften und Muster der Mediennutzung Welche soziodemografischen und psychografischen Beschreibungen lassen sich von Lesern Zuschauern und Zuhorern anfertigen Welches Zeitbudget und welche Aufmerksamkeit widmen sie der Mediennutzung Medienwirkungsforschung Bearbeiten Die Medienwirkungsforschung also die Erforschung der Effekte der durch Massen Medien vermittelten Kommunikation beschaftigt sich mit der Kernfrage was die Medien mit den Menschen machen Dabei geht es einerseits um die Auswirkungen auf das Individuum die Psyche mit Kognitionen und Emotionen andererseits um die Folgen fur die Gesellschaft oder ihre Segmente z B Politik Wirtschaft Sport Religion und andere gesellschaftliche Bereiche Die Analyse der offentlichen Meinung en spielt dabei eine besondere Rolle Teildisziplinen BearbeitenDes Weiteren werden einige klassische Teildisziplinen der Kommunikationswissenschaft unterschieden 1 Kommunikations und Mediengeschichte Kommunikations Medien und Offentlichkeitstheorien Kommunikationspolitik und politische Kommunikation Empirische Kommunikationsforschung Organisationskommunikation Journalistik Visuelle KommunikationsforschungTeildisziplinen deren Forschungsgegenstande und Interessen sich mit anderen Fachern uberschneiden und damit transdisziplinar ausgerichtet sind sind Medienpsychologie Medienpadagogik Medienokonomie Medienrecht Medieninformatik Medienmanagement MediensoziologieGeschichte BearbeitenDiverse Aspekte der Kommunikation sind schon lange Gegenstande der menschlichen Wissenschaft gewesen Im antiken Griechenland und Rom war das Studium der Rhetorik der Kunst der Rede und der Persuasion ein grundlegendes Fach fur Studenten Eine bedeutende Debatte war hierbei ob man ein erfolgreicher Sprecher durch die Lehre Sophisten werden kann oder ob exzellente Rhetorik auf dem Charakter des Redners beruht Sokrates Platon Cicero Wahrend des europaischen Mittelalters und der Renaissance bestand das Grundstudium das sogenannte Trivium aus den drei sprachlichen Fachern der sieben freien Kunste namlich Grammatik Dialektik bzw Logik und Rhetorik Auf diesen basierte das ganze klassische Studium Kommunikationswissenschaft in den USA Bearbeiten 1900er 1920er Chicagoer Schule Bearbeiten Obwohl die Erforschung und das Studium der Kommunikation bis in die Antike und davor zuruckreicht waren die Werke von Charles Horton Cooley George Herbert Mead Walter Lippmann und John Dewey im fruhen 20 Jahrhundert besonders wichtig fur die Entwicklung der akademischen Disziplin Kommunikationswissenschaft Communication studies wie sie heute in den USA existiert Diese Autoren sahen die amerikanische Gesellschaft an der Schwelle zum Wandel zu einer reinen Demokratie hin stehend Mead argumentierte dass fur die Existenz einer idealen Gesellschaft eine Kommunikation geschaffen werden musse die es dem einzelnen Individuum erlaube die Einstellungen Sichtweisen und Positionen anderer gegenuber den eigenen abzuwiegen Mead glaubte dass die sogenannten Neuen Medien den Menschen erlauben wurden sich in andere hineinzufuhlen bzw hineinzuversetzen und sich dadurch zu einem Ideal der menschlichen Gesellschaft 2 zu entwickeln 3 Was Mead als ideale Gesellschaft sah nannte Dewey Great Community und behauptete ausserdem dass Menschen intelligent genug fur eine Selbstregierung seien und dass dieses Wissen eine Funktion der Assoziation und Kommunikation 4 sei Ahnlich denkt auch Cooley namlich dass politische Kommunikation offentliche Meinung ermoglicht welche wiederum Demokratie fordert Jeder dieser Autoren der Chicagoer Schule reprasentiert die Betrachtung der elektronischen Kommunikation als Vermittler und Unterstutzer der Demokratie den Glauben an eine informierte Wahlerschaft und den Fokus auf das Individuum anstelle der Masse In seinem Werk Social Organisation 5 von 1909 definiert Cooley Kommunikation als den Mechanismus durch den menschliche Beziehungen existieren und sich entwickeln alle Zeichen des Geistes zusammen mit den Mitteln sie durch den Raum zu befordern und sie in der Zeit zu konservieren 6 Diese Sichtweise die nachtraglich in der Soziologie deutlich marginalisiert wurde gab den Kommunikationsprozessen einen zentralen und festen Platz in der Erforschung gesellschaftlicher Beziehungen Das Werk Public Opinion 7 Offentliche Meinung welches Walter Lippmann 1922 veroffentlichte koppelt diese Ansicht von der konstitutiven Wichtigkeit von Kommunikation mit der Angst dass neue Technologien und Institutionen der Massenkommunikation Unstimmigkeiten bzw Dissonanzen zwischen der Welt draussen und den Bildern in unseren Kopfen kreieren wurden John Deweys 1927 veroffentlichter Essay The Public amp its Problems 8 beleuchtete Kommunikation ahnlich verband sie jedoch im Gegensatz zu Lippmann mit einer optimistischen fortschrittlichen und demokratischen Reform und argumentierte bekannterweise dass allein Kommunikation eine grosse Gemeinschaft entstehen lassen kann 9 Cooley Lippmann und Dewey griffen Themen wie die zentrale Wichtigkeit von Kommunikation im gesellschaftlichen Leben das Aufkommen von grossen und potenziell sehr machtigen Medieninstitutionen und die neuen Kommunikationstechnologien in sich schnell entwickelnden und transformierenden Gesellschaften auf Zusatzlich stellten sie Fragen zur Beziehung zwischen Kommunikation Demokratie und Gemeinschaft All diese sind als zentrale Elemente in der Disziplin der Kommunikationswissenschaft erhalten geblieben Zudem sind sie Hauptelemente in den Werken von Denkern wie Gabriel Tarde und Theodor W Adorno welche international deutlich zur Entwicklung der Kommunikationswissenschaft beitrugen 1920er 1950er Propagandaforschung und fruhe Medienwirkungsforschung Bearbeiten Die Institutionalisierung der Kommunikationswissenschaft in der akademischen Bildung und Forschung in den USA wird oft auf die Columbia University die University of Chicago und die University of Illinois at Urbana Champaign zuruckgefuhrt wo Vordenker und fruher Pioniere wie Paul Felix Lazarsfeld Harold Lasswell und Wilbur Schramm arbeiteten Harold Dwight Lasswell der im Paradigma der Chicagoer Schule arbeitete verfasste 1927 sein Werk Propaganda Technique in the World War welches folgende Definition von Propaganda enthielt Propaganda im weitesten Sinne ist die Technik der Beeinflussung von menschlichem Handeln durch die Manipulation von Darstellungen Diese Darstellungen konnen gesprochene geschriebene bildliche oder musikalische Form haben 10 Zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg kam es in kurzer Zeit zur Bedeutungssteigerung des 1937 gegrundeten Institute for Propaganda Analysis Dessen Definition von Propaganda bezeichnete diese als Ausserung einer Meinung oder Handlung durch Individuen oder Gruppen ganz bewusst ausgelegt um Meinung oder Handlungen anderer Individuen oder Gruppen mit Bezug auf vorbestimmte Ziele zu beeinflussen 11 Diese Definitionen von Propaganda zeigen klar dass dies eine gedankliche Schule mit Fokus auf die Medienwirkung war die hauptsachlich den Einfluss von Medien auf die Einstellungen und Handlungen des Publikums untersuchte Diese fruhe Schule der Medienwirkungsforschung wird durch die Experimente die von der Experiment Sektion der Forschungsabteilung der Information and Education Division des U S War Department durchgefuhrt wurden verkorpert In diesen Experimenten wurde die Wirkung von verschiedenen US Propagandafilmen aus der Kriegszeit auf Soldaten untersucht 12 Gegenwartige Propagandaforschung bezieht sich neben der Politik auf diverse andere Felder Ein kleineres Paradigma seit dem Zweiten Weltkrieg baut auf den Ideen Methoden und Forschungsergebnissen des osterreichisch amerikanischen Soziologen Paul Felix Lazarsfeld und seiner Lehre auf der Medienwirkungsforschung Die Forschung fokussiert auf messbaren kurzzeitigen Wirkungen auf das Verhalten und kommt zu dem Schluss dass die Medien eine begrenzte Rolle bei der Beeinflussung der offentlichen Meinung spielen Das Limited Effects Modell das von Lazersfeld und seinen Kollegen aus Columbia entwickelt wurde hatte grossen Einfluss auf die Entwicklung der Medienwissenschaft Das Modell stellt die Behauptung auf dass die Massenmedien nur limited effects auf das Rezipientenverhalten haben Die Rezipienten werden stattdessen eher uber das Two Step Flow Modell beeinflusst also uber sogenannte Meinungsfuhrer opinion leaders welche die Nachrichten durch die Medien erhalten und erst in einem zweiten Schritt an die Rezipienten weitergeben 13 Das Modell der limited effects war so einflussreich dass die Frage nach Wirkungen der Medien auf die Politik grossteils bis in die spaten 1960er kaum Beachtung fand Letztendlich begann die Forschung der Massenkommunikation wieder auch politisches Verhalten mit einzubeziehen und das Modell der limited effects wurde in Frage gestellt 14 1970er 1980er Bearbeiten Neil Postman grundete 1971 das media ecology program Medienokologie Programm an der New York University Medienokologen Media ecologists legen in ihrer Forschung Wert auf eine grosse Zahl von Inspirationen um die gesamte Umwelt der Medien in einer breiteren und eher kulturell ausgerichteten Art zu erforschen Diese Sichtweise ist die Grundlage fur eine separate professionelle Gesellschaft die Media Ecology Association Gesellschaft fur Medienokologie in den USA 1972 veroffentlichten Maxwell E McCombs und Donald L Shaw einen bahnbrechenden Artikel der eine Agenda Setting Theorie der Medienwirkung enthielt welche neue Moglichkeiten bot kurzzeitige Medienwirkungen zu erforschen welche die zuvorige Forschung nur begrenzt beachtete und betrachtete Dieser Denkansatz war sehr einflussreich vor allem in der Erforschung von politischer Kommunikation und Nachrichtenberichterstattung In den 1970ern wurde zudem die heute bekannte Uses and Gratification Forschung begrundet entwickelt von Wissenschaftlern wie Elihu Katz Jay G Blumler und Michael Gurevitch Statt den Kommunikationsprozess als einseitig gerichtete Ubertragung vom Kommunikator zum Rezipienten zu betrachten beleuchtet dieser Ansatz was das Publikum aus Kommunikationen erhalt was sie damit machen und warum sie sich uberhaupt mit Kommunikation vor allem Massenkommunikation beschaftigen Kommunikationswissenschaft in Deutschland Bearbeiten Die Kommunikationswissenschaft in Deutschland hat eine reiche hermeneutische Vergangenheit in der Philosophie Textinterpretation und der Geschichtswissenschaft Zudem ergaben sich fruhe Forschungskonzepte in der Soziologie und Nationalokonomie Der deutsche Sonderweg einer Zeitungswissenschaft fuhrte dann zu einer Verengung der Perspektive Als Sozialpsychologie eines seltsamen Faches bezeichnete der Kommunikationshistoriker Lutz Hachmeister seine Studie zur Vor Geschichte der Kommunikationswissenschaft in Deutschland 1986 weil sich wesentliche Anstrengungen auf dem Feld der Kommunikationsforschung und Medientheorie ausserhalb der Disziplingrenzen vollzogen hatten Aus wissenschaftshistorischer Perspektive betrachtet sei die Kommunikationswissenschaft in Deutschland ein verspatetes Fach vor allem bedingt durch die intellektuelle Blockade wahrend der NS Zeit allerdings heute personell und institutionell prosperierend entpolitisiert und gerauschlos in den akademischen Alltag eingebunden 15 2007 unterschied der Wissenschaftsrat drei Ausrichtungen im Feld der Kommunikations und Medienwissenschaften die sozialwissenschaftlich orientierte Kommunikationswissenschaft die kulturwissenschaftliche Medialitatsforschung und die an der Informatik orientierte Medientechnologie Um international anschlussfahig zu bleiben so die nicht unumstrittene Empfehlung des Wissenschaftsrates musse in der Forschung deutlich starker uber die Grenzen dieser drei Ausrichtungen hinweg kooperiert werden wie dies etwa in den USA der Fall sei Institut fur Zeitungskunde in Leipzig Bearbeiten Hauptartikel Institut fur Kommunikations und Medienwissenschaft der Universitat Leipzig Als Beginn der institutionalisierten wissenschaftlichen Beschaftigung mit der Kommunikation kann die Grundung des Instituts fur Zeitungskunde und die Einrichtung des ersten Lehrstuhls fur Zeitungswissenschaften im Jahr 1916 unter Karl Bucher angesehen werden Dieser hatte Interesse an der Erforschung des Einflusses der Zeitung auf Gesellschaft und Individuum Sein Nachfolger wurde 1926 Erich Everth Er setzte Buchers Streben nach der Festigung des Instituts fort und war mit seiner Vorstellung der offentlichen Kommunikation als sozialem Prozess mit der Presse als Sozialform an sich ein fruher Vordenker der sozialwissenschaftlichen Ausrichtung der Kommunikationswissenschaft in den 1960er Jahren Schon er wollte Methoden anderer Wissenschaften fur das eigene Fach erforschen Mit Anbruch der Herrschaft der Nationalsozialisten 1933 wurden Everths Ideen nicht weitergefuhrt Frankfurter Schule Bearbeiten Die Arbeit der Frankfurter Schule hatte Einfluss auf einen grossen Teil der deutschen Forschung zur Kommunikation Die philosophischen und theoretischen Orientierungen von Denkern wie Max Horkheimer Theodor W Adorno Walter Benjamin Leo Lowenthal und Herbert Marcuse trugen deutlich zur Entwicklung und zum Einsatz der Kritischen Theorie in der Kommunikationswissenschaft bei Neben der Anklage der Wirkungen der Kulturindustrie leisteten sie Beitrage zur Untersuchung der Massenkultur und Hochkultur als zwei deutlich unterscheidbaren Phanomenen Versozialwissenschaftlichung in den 1960er Jahren Bearbeiten In den 1960er Jahren kam es zu einem Paradigmenwechsel im wissenschaftlichen Selbstverstandnis der Kommunikationswissenschaft in Deutschland Sie wandelte sich unter Einbeziehung sozialwissenschaftlicher Methoden von einer normativen hermeneutisch interpretierend arbeitenden Wissenschaft zu einer deskriptiv und rein empirisch messend arbeitenden Sozialwissenschaft Pioniere der Versozialwissenschaftlichung der Kommunikationswissenschaft waren unter anderem Elisabeth Noelle Neumann und Gerhard Maletzke Elisabeth Noelle Neumann wurde 1964 als Professorin an die Universitat Mainz berufen wo sie das Institut fur Publizistik auf und zum Zentrum der empirischen Publizistikwissenschaft ausbaute Sie vertrat den Wandel der Wissenschaft hin zu einer empirisch orientierten Sozialwissenschaft nach US Vorbild Ihr Forschungsschwerpunkt lag auf der Sozialforschung mit reprasentativ statistischen Erhebungen 16 Sie ubte zudem Kritik an der Hypothese der geringen Wirkung limited effects oder sogar Wirkungslosigkeit der Medien wie sie z B Lazersfeld vertreten hatte Ihre Arbeit der Theorie der Schweigespirale in den 1970er Jahren stand in einer Tradition die international sehr einflussreich war sie war kompatibel mit den dominanten Paradigmen in den USA Gerhard Maletzke hatte mit seinem Werk Psychologie der Massenkommunikation 1963 eine Vorreiterrolle fur die Versozialwissenschaftlichung indem er den Forschungsstand der USA siehe oben zusammenfasste Er konnte sich jedoch nicht habilitieren und seine Ideen in Noelle Neumanns Schule in Mainz und der Schule in Munster nicht durchsetzen Erst Wissenschaftler wie Otto B Roegele und Franz Ronneberger nahmen sie auf und arbeiteten daran weiter 17 Maletzkes Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung der psychologisch sozialen Aspekte der Massenkommunikation wie verschiedenen Zwangen und der Einbindung des Kommunikationsprozesses in Systeme Dies verbildlichte er in seinem Feldschema der Massenkommunikation In den 1970er Jahren kehrte der Sozial und Politikwissenschaftler Karl W Deutsch aus den USA nach Deutschland zuruck Seine von der Kybernetik beeinflusste Arbeit war in Deutschland und auch international von grossem Einfluss 1980er Jahre bis zur Gegenwart Bearbeiten Von den 1980er Jahren an haben Wissenschaftler wie Friedrich Kittler zur Entwicklung einer neuen deutschen Medientheorie angeregt welche an den Poststrukturalismus angeglichen ist Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 kam es zu mehreren Neugrundungen von Lehrstuhlen und Instituten des Fachs Kommunikationswissenschaft in den ostlichen Bundeslandern beispielsweise in Dresden Erfurt Greifswald Ilmenau und Jena In diesen Jahren wandte sich die Kommunikationswissenschaft in besonderer Weise den Bedingungen Strukturen und Folgen der Online Kommunikation zu Kommunikationswissenschaftler wie beispielsweise Martin Loffelholz oder Thorsten Quandt beschrieben in ihrer Analyse einer neuen Kommunikationswissenschaft 2003 die Notwendigkeit einer Neuformulierung klassischer Kommunikationstheorien 18 Forschungsmethoden BearbeitenNoch immer ist die Kommunikationswissenschaft durch quantitative und qualitative empirische Methoden Befragung Beobachtung Experiment Inhaltsanalyse gepragt die der Logik des kritischen Rationalismus vgl Wiener Kreis Karl Popper Positivismusstreit folgen Theoriegenerierende Arbeiten folgen haufig den Grundsatzen der Grounded Theory bzw den Grundsatzen hermeneutisch interpretativer Sozialforschung vgl Friedrich Krotz Theorien BearbeitenBahnung Cognitive turn Das Medium ist die Botschaft Marshall McLuhan 1967 Dekonstruktion Jacques Derrida Judith Butler Diskurstheorie Michel Foucault Feldschema der Massenkommunikation Gerhard Maletzke 1963 Handlungstheorie Journalismustheorie Kognitive Dissonanz Kommunikation Luhmann Niklas Luhmann Konstruktivismus Kritische Theorie Frankfurter Schule Kybernetik Lasswell Formel Harold Dwight Lasswell 1948 Metakommunikatives Axiom Man kann nicht nicht kommunizieren Paul Watzlawick Mediatisierung Medienanarchie Stavros Arabatzis 2016 Methodologischer Individualismus Nachrichtenwert Theorie Nutzen und Belohnungsansatz Schweigespirale Elisabeth Noelle Neumann 1980 Spieltheorie Symbolischer Interaktionismus George Herbert Mead und Chicagoer Schule 1900 1930 Herbert Blumer 1937 Theorie des kommunikativen Handelns Jurgen Habermas 1981 Third Person Effekt Parasoziale Interaktion Wissenskluft KonnektivismusBegriffe der Kommunikation BearbeitenKommunikation vermittelt ganz allgemein Bedeutung zwischen Lebewesen 19 Soziale Kommunikationsprozesse im Gegensatz zu technischen stehen dabei im Mittelpunkt des Interesses sog symbolisch vermittelte Interaktion 20 Massenkommunikation Prozess bei dem technische Verbreitungsmittel Aussagen offentlich indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermitteln 21 Hyperkommunikation kollektive Arbeit von Autoren an einem Hypertext 22 im Sinne der Systemtheorie allgemeiner Kommunikation zweiter Ordnung bzw Kommunikation mit Selbstdistanz Biokommunikation Untersucht zeichenvermittelte regelgeleitete Interaktionen zwischen nicht menschlichen Lebewesen z B bei Bakterien Viren Pilzen Pflanzen und Tieren Im Rahmen einer anderen Bedeutung des Begriffs wird zwischen notwendiger physiko chemischer Interaktion bei nicht lebendigen Entitaten und verhaltensvariabler Bio Kommunikation bei nicht menschlichen Lebewesen differenziert Interaktion soziales Handeln intentionales Verhalten Da Kommunikation nichts anderes ist als soziales Handeln mit Hilfe von Symbolen setzt C F Graumann die Begriffe Kommunikation und Interaktion gleich Sprache Verstandigung mit Hilfe von Symbolen Kommunikator Journalist en Moderator en Kommentator en oder PR Praktiker Kommunikatorseite Aussage praziser ware das Ausgesagte Das Ausgesagte umfasst sowohl den Inhalt als auch die Form von Botschaften Medium lat Mittel ein umstrittener Begriff allgemein Verbreitungstechniken oder mittel Medien erster Ordnung technische Einrichtungen Druckmaschinen Video Schnittsysteme Bildschirme etc also blosse Kommunikationskanale oder Infrastruktur Medien zweiter Ordnung Formen der Arbeitsorganisationen Redaktionen Nachrichtenagenturen o a Informations Verarbeitungsmuster Die Kommunikationswissenschaft hat sich hier noch nicht geeinigt Die etwas holprige Definition zu Medien von Ulrich Saxer komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanale von spezifischem Leistungsvermogen 23 Rezipient Eine Person die eine Aussage empfangt und entschlusselt Wenden sich mehrere Rezipienten derselben Aussage zu spricht man von Publikum Recht einheitlich verwendeter Begriff Studium BearbeitenDas Studium der Kommunikationswissenschaft ist meist in Kombination mit der verwandten Medienwissenschaft teilweise auch unter der Bezeichnung Publizistikwissenschaft an zahlreichen Universitaten in Deutschland Osterreich und der Schweiz moglich Die Vergabe der Studienplatze erfolgt wegen der hohen Studiennachfrage des Fachs anhand eines ortlichen Auswahlverfahrens Numerus clausus haufig werden zusatzlich auch Eignungs und Auswahltests durchgefuhrt Die Hochschulen legen besonderen Wert auf sehr gute Deutschkenntnisse gute Kenntnisse der englischen und teilweise einer weiteren Fremdsprache Literatur BearbeitenArabatzis Stavros Feindselige Mediengesellschaft Krieg der Offentlichkeit Wiesbaden Springer VS 2019 ISBN 978 3 658 26993 7 Klaus Beck Kommunikationswissenschaft 4 Auflage UVK Konstanz 2015 UTB basics ISBN 978 3 8252 4370 8 253 S Gunter 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Holtz Bacha Arnulf Kutsch Hrsg 2002 Schlusselwerke fur die Kommunikationswissenschaft Wiesbaden Westdeutscher Verlag ISBN 978 3 531 13429 1 Christina Holtz Bacha Arnulf Kutsch Wolfgang R Langenbucher Klaus Schonbach Hrsg 1955ff Publizistik Vierteljahreshefte fur Kommunikationsforschung Opladen Westdeutscher Verlag Elisabeth Klaus 2005 Kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung Zur Bedeutung der Frauen in den Massenmedien und im Journalismus Wien Lit Verlag ISBN 978 3 8258 5513 0 Dieter Krallmann Andreas Ziemann 2001 Grundkurs Kommunikationswissenschaft Stuttgart UTB ISBN 978 3 8252 2249 9 Klaus Merten Siegfried J Schmidt Siegfried Weischenberg Hrsg 1994 Die Wirklichkeit der Medien Eine Einfuhrung in die Kommunikationswissenschaft Opladen Westdeutscher Verlag ISBN 3 531 12327 0 Katharina Lobinger Visuelle Kommunikationsforschung Medienbilder als Herausforderung fur die Kommunikations und Medienwissenschaft Wiesbaden Springer VS 2012 Martin Loffelholz amp Thorsten Quandt Hrsg 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S 105 121 Siegfried J Schmidt Guido Zurstiege 2000 Orientierung Kommunikationswissenschaft Was sie kann was sie will Reinbek bei Hamburg Rowohlt ISBN 3 499 55618 9 Stefan Weber Hrsg 2003 Theorien der Medien Von der Kulturkritik bis zum Konstruktivismus Konstanz UVK ISBN 3 8252 2424 4 bietet einen guten Uberblick uber den derzeitigen Stand der Theorieentwicklung Gernot Wersig 2009 Einfuhrung in die Publizistik und Kommunikationswissenschaft Erweitert und aktualisiert von Jan Krone und Tobias Muller Prothmann Nomos Baden Baden ISBN 978 3 8329 4225 0 Standardwerk Lehrbuch Einfuhrung zum Thema einschliesslich der historischen Entwicklung von Kommunikationstechnik und Massenmedien Rudolf Stober 2008 Kommunikations und Medienwissenschaft Eine Einfuhrung Munchen C H Beck ISBN 978 3 406 56807 7 Bernward Wember Wie informiert das Fernsehen Munchen List 1976 ISBN 978 3 471 79120 2 Leon Tsvasman Hrsg 2006 Das grosse Lexikon Medien und Kommunikation Kompendium interdisziplinarer Konzepte Wurzburg Ergon Verlag ISBN 3 89913 515 6 bietet eine Orientierung in studienrelevanten Themenkomplexen Weblinks Bearbeiten Wiktionary Kommunikationswissenschaft Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Deutsche Gesellschaft fur Publizistik und Kommunikationswissenschaft DGPuK International Communication Association ICA European Communication Research and Education Association ECREA Virtuelle Fachbibliothek medien buehne film Teilportal Kommunikations und Medienwissenschaft Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft BLexKom Einzelnachweise Bearbeiten a b Vgl Bentele Brosius Jarren 2003 9 Ubersetzung des Zitats ideal of human society Mead George Herbert 1934 Mind Self and Society From the Standpoint of a Social Behaviorist Chicago Univ of Chicago Press Deutsche Ubersetzung George Herbert Mead Geist Identitat und Gesellschaft aus der Sicht des Sozialbehaviorismus Frankfurt am Main Suhrkamp 1995 S 317 Vgl Mead 1934 317 328 Ubersetzung des Zitats a function of association and communication Dewey John 1927 Experience and Nature New York Henry Holt amp Co S 143 184 Die deutsche Ubersetzung des Werkes John Dewey 1995 Erfahrung und Natur Frankfurt am Main Suhrkamp ISBN 3 518 58158 9 Horton Cooley Social Organization A Study of the Larger Mind New York 1909 Charles Scribner s Sons Neuauflage New York 1983 Transaction Books ISBN 0 87855 824 1 Ubersetzung des Zitats the mechanism through which human relations exist and develop all the symbols of the mind together with the means of conveying them through space and preserving them in time Cooley 1909 Walter Lippmann Public Opinion New York Harcourt Brace and Company 1999 Offentliche Meinung Neuauflage John Dewey The Public amp its Problems Swallow Press 1954 ISBN 0 8040 0254 1 Ubersetzung des Zitats communication can alone create a great community Dewey 1954 Ubersetzung des Zitats Propaganda in the broadest sense is the technique of influencing human action by the manipulation of representations These representations may take spoken written pictorial or musical form Lasswell Harold Dwight 1937 Propaganda Technique in the World War Neuere Edition The MIT Press 1971 ISBN 0 262 62018 9 S 214 222 Ubersetzung des Zitats expression of opinion or action by individuals or groups deliberately designed to influence opinion or actions of other individuals or groups with reference to predetermined ends Lee Alfred M Lee 1937 The Fine Art of Propaganda A Study of Father Coughlin s Speeches Harcourt Brace and Co Vgl Hovland Carl I Lumsdaine Arthur A Sheffield Fred D 1949 Experiments in Mass Communication Studies in the Social Psychology in World War II American Soldier Series 3 New York Macmillan S 3 16 247 279 Vgl Gitlinn Todd 1974 Media Sociology The Dominant Paradigm Vgl Chaffee Steven H Hochheimer J 1985 The Beginnings of Political Communication Research in the United States Origins of the Limited Effects Model In Rogers Everett M Balle Francis Hrsg The Media Revolution in America amp Western Europe Norwood N J Ablex 1985 S 267 296 Vgl Hachmeister 2008 Meyen Loblich 2006 255 276 Meyen Loblich 2006 221 237 Martin Loffelholz amp Thorsten Quandt Hrsg Die neue Kommunikationswissenschaft Theorien Themen und Berufsfelder im Internet Zeitalter Eine Einfuhrung Wiesbaden Westdeutscher Verlag 2003 ISBN 3 531 13705 0 Gerhard Maletzke Kommunikationswissenschaft im Uberblick Opladen Westdt Verlag 1998 S 37 Burkart 2002 20ff Vgl Definition von Maletzke in Gerhard Maletzke Psychologie der Massenkommunikation Theorie und Systematik Hamburg Hans Bredow Institut 1963 S 32 Hyperkommunikation in NetzkunstWorterbuch der HFBK Hamburg Saxer Grenzen der PublizistikwissenschaftNormdaten Sachbegriff GND 4120588 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kommunikationswissenschaft amp oldid 231174283