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Reichsgraf Joachim 6 September 1530 in Mattighofen 19 Marz 1600 in Nurnberg war ein niederbayerischer Adeliger aus dem Haus Ortenburg und regierte von 1551 bis 1600 die Reichsgrafschaft Ortenburg Er war der einzige Sohn von Graf Christoph I und dessen zweiter Gemahlin Anna Freiin von Firmian Joachim galt angesichts seiner Bildung und politischen Beziehungen als eine der gebildetsten und einflussreichsten Personlichkeiten des 16 Jahrhunderts Aufgrund seines elterlichen Einflusses setzte er sich bald vehement fur die Lehre Martin Luthers und die Verbreitung des Protestantismus ein In seiner kleinen Grafschaft fuhrte Joachim 1563 den evangelischen Glauben ein und gilt seither als Reformator Ortenburgs Den daraus entstehenden Konflikt scheute er nicht mitsamt seiner nur 8000 Hektar umfassenden Grafschaft stemmte er sich uber viele Jahrzehnte hinweg erfolgreich gegen die Ubermacht des bayerischen Herzogtums Graf Joachim von Ortenburg im Alter von 60 Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Jugend 1 2 Regierungszeit 1 2 1 Entwicklung der Vermogensverhaltnisse 1 3 Bauherr 2 Nachkommen 3 Folgen seiner Regentschaft 4 Ortenburg Bibel 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenJugend Bearbeiten nbsp Martin Luther 1483 1546 im Jahre 1529 Seine Lehren beeinflussten Joachim so sehr dass er bald ein Verfechter dieser wurde nbsp Darstellung der Eheverbindung Joachims und Ursulas von Fugger aus dem Geheimen Ehrenbuch der FuggerSchon in jungen Jahren wurde Joachim von den lutherischen Lehren beeinflusst Seine Eltern Graf Christoph und Anna Freiin von Firmian konvertierten bereits 1538 zum lutherischen Glauben 1 2 Joachim selbst blieb noch katholisch weil er erst acht Jahre alt war andererseits aber um seine schulische Ausbildung ohne Konflikte abschliessen zu konnen Bereits in jungen Jahren zeigte sich Joachims Begabung mit nur acht Jahren begrusste er auf der Hochzeitsfeier seines Vetters Graf Karl I alle anwesenden Gaste in einer Rede in Latein Bereits mit 13 Jahren studierte er an der Hochschule zu Ingolstadt Innerhalb von nur zwei Jahren absolvierte Joachim sein Studium und fiel dabei besonders durch seinen grossen Fleiss und das fur sein Alter aussergewohnliche Auffassungsvermogen auf 1545 verliess er die Universitat und war in der Lage lateinisch und italienisch fliessend zu sprechen und zu schreiben Ebenso interessierte sich Joachim fur historische Studien welche er auch zeitlebens noch ausfuhrte Nach dem abgeschlossenen Studium begab er sich fur mehrere Jahre auf Studienfahrt nach Italien Dort bildete er sich nicht nur in der Kunst sondern auch in der Rechtsprechung weiter 1547 war Joachim an der juristischen Fakultat der Universitat Padua immatrikuliert 1 Weiteres ist uber Joachims Italienaufenthalt jedoch nicht bekannt Am 19 Mai 1549 vermahlte sich Joachim in Mickhausen mit der jungen Grafin Ursula von Fugger Tochter des Reichsgrafen Raymund Fugger Diese Ehe brachte 30 000 Gulden als Mitgift an das Haus Ortenburg 1 Regierungszeit Bearbeiten Nach dem Tod seines Vaters Graf Christoph I am 22 April 1551 ware Joachim aufgrund der seit Mitte des 13 Jahrhunderts geltenden Senioratsnachfolge im Hause Ortenburg der Dritte in der Nachfolge fur das Grafenamt nach Sebastian II und Johann III gewesen Sebastian II Georg III und Joachim traten am 28 April 1551 als Rat in die Dienste Kaiser Karls V 1 2 Der Kaiser riet Sebastian II wegen dessen hohen Alters von der Ausubung des Reichsgrafenamtes ab Nach reiflicher Uberlegung verzichtete er deshalb am 21 Mai 1551 aufgrund korperlicher Gebrechen zugunsten seines Neffen Joachim 2 Joachim wurde somit im Alter von nur 21 Jahren vorlaufig bis zum Tode Sebastians regierender Graf Johann III legte keinen Widerspruch bei dieser Entscheidung ein Offiziell wurde Joachim am 5 Juni 1551 durch Kaiser Karl V mit der Reichsgrafschaft belehnt Graf Joachim sollte fur 49 Jahre von 1551 bis 1600 amtierender Reichsgraf von Ortenburg sein 2 Um die kleine reichsunmittelbare Grafschaft jedoch weiterhin unabhangig erhalten zu konnen musste er wie viele seiner Vorfahren einflussreiche politische Beziehungen knupfen Dies gelang ihm aufgrund seiner hohen Bildung und der Stellung als machtiger und einflussreicher Reichsstand im Herzogtum Bayern rasch So wurde er bis 1553 bereits der Sprecher der Landstande auf Landtagen Mit vielen blieb er in kontinuierlichem brieflichem Kontakt Zugleich wuchs Joachims Interesse fur die Lehren Martin Luthers Schon bald wurde er ein Befurworter dessen Lehre 1553 setzte er sich erstmals offentlich fur Beschwerden wegen kirchlicher Missbrauche ein Auf dem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1555 setzte sich Joachim besonders fur die Augsburger Konfession und fur die protestantische Seite ein Uber den Abschluss des Augsburger Religionsfriedens war Joachim sehr erfreut da er hoffte dass sich die evangelische Lehre nun vermehrt verbreiten wurde Im selben Jahr 1555 wurde Joachim von den bayerischen Landstanden zum Adjutanten des Herzog Albrechts V gewahlt So wuchsen Joachims Einfluss und Macht im Heiligen Romischen Reich betrachtlich Die Landstande sandten ihn im selben Jahr zu Kaiser Karl V nach Gent um dort die Bestatigung und Erneuerung der Privilegien der bayerischen Landstande zu erlangen Im Jahre 1557 bekannte sich Joachim offentlich zum protestantischen Glauben 3 Er versuchte damit seiner Uberzeugung von der lutherischen Lehre weiter Ausdruck zu verleihen Des Weiteren trat er in den Folgejahren auf Landtagen des Herzogtums Bayern immer wieder als Sprecher der protestantischen Landstande in Erscheinung Zwischen den Landtagen blieb Joachim mit den lutherischen Fursten und Landstanden vor allem mit dem Freiherrn Pankraz von Freyberg in brieflichem Kontakt Als Sebastian II am 26 August 1559 verstarb hatte Johann III das Recht das Amt als Reichsgraf zu bekleiden da Joachim nur auf Duldung des Altesten des Ortenburger Grafenhauses an der Regierung war Johann verzichtete aber ebenso da er kaiserlicher Hauptmann in Sudtirol war und aufgrund seiner Eheschliessung dort bleiben wollte Im November 1559 wurde Joachim von Kaiser Ferdinand I erneut und diesmal endgultig mit der Grafschaft belehnt Somit wurde Joachim unangefochtener Reichsgraf und Oberster des Grafengeschlechtes nbsp Albrecht V 1528 1579 wandelte sich im Laufe der Zeit vom Freund Joachims zu seinem grossten WidersacherIm Jahre 1563 fand ein Landtag zu Ingolstadt statt Dort versuchten die protestantischen Landstande erneut die Gleichstellung des Abendmahls in beiderlei Gestalt zu erreichen Graf Joachim war dabei Wortfuhrer der lutherischen Seite 3 4 Jedoch kam es auch auf diesem Landtag zu keiner Mehrheit und das Anliegen der Protestanten scheiterte Der bayerische Herzog war nicht gewillt ohne ein papstliches Konzil eine solche weitreichende Entscheidung zu fallen Des Weiteren war Herzog Albrecht V uber die vehemente Haltung seines Adjutanten Joachim verargert Der Landtag wurde nach kurzer Zeit entscheidungslos aufgelost Der Herzog liess daraufhin einen Geheimbericht uber die sogenannten Konfessionisten die hartnackigen lutherischen Fursten anfertigen Im Bericht wurden Vermutungen aufgestellt dass einige Landstande eine Verschworung mithilfe auslandischer Krafte planten und einen gewaltsamen Umsturz der politischen und kirchlichen Ordnung in Bayern anstrebten 5 Die Ergebnisse dieser Untersuchung und Joachims weiteres Verhalten sollten zum Ausloser der sogenannten Ortenburger Adelsverschworung werden Nach dem Scheitern ihrer Forderungen blieben Joachim und Pankraz von Freyberg schriftlich mit allen in Kontakt Joachim seinerseits war uber den Ausgang des Landtages sehr verargert da die Diskussion bereits seit Jahren gefuhrt worden war und es seither zu keinerlei Entschluss gekommen war Nach Ende des Landtages reiste er jedoch nicht nach Ortenburg sondern zur Kronungsfeier Maximilians II zum Konig von Ungarn in Pressburg Auf dieser Reise fand er Zeit sich mit den Geschehnissen der letzten Jahre auseinanderzusetzen und erkannte bald dass weder der Herzog noch die meisten Landstande dazu bereit waren die Augsburger Konfession jemals ganz einzufuhren So fasste er den Entschluss nach seiner Ruckkehr nach Ortenburg die Reformation in der reichsunmittelbaren Grafschaft einzufuhren Am 17 Oktober 1563 liess Joachim durch Johann Friedrich Coelestin den ersten offentlichen protestantischen Gottesdienst in der Marktkirche Ortenburg abhalten 6 und erklarte per Edikt ein paar Tage spater die Einfuhrung der Reformation in der Grafschaft Ortenburg war eines der ersten Reichsfurstentumer das es inmitten eines katholischen Umlandes gewagt hatte die Reformation einzufuhren So bedrangte der Herzog Joachim mehrfach diesen Schritt ruckgangig zu machen Dies war der Ausloser fur den verscharften Kampf um die Reichsunmittelbarkeit der bereits seit der Klage Herzog Wilhelms IV im Jahre 1549 vor dem Reichskammergericht in Speyer schwelte Schon seit 1504 versuchte Herzog Albrecht IV energisch sein herzogliches Territorium zu bereinigen und viele Kleinstaaten dem Herzogtum anzugliedern Auch an der Reichsgrafschaft Ortenburg versuchte er dies scheiterte jedoch damals an der Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft 3 Herzog Albrecht V und Graf Joachim waren jedoch eng befreundet der Prozess vor dem Reichskammergericht wurde daher bis zur Einfuhrung der Reformation nur mehr bedingt durch Bayern verfolgt Da sich jedoch die Beziehungen zwischen Albrecht und Joachim zwischen 1553 und 1563 verschlechterten wurde fur Albrecht der Prozess wieder bedeutender denn dieser war ein geeignetes Druckmittel gegen den Reichsgrafen Als Joachim nun die Reformation in Ortenburg einfuhrte war Herzog Albrecht V gezwungen einzugreifen Er forcierte den Prozess vor dem Reichskammergericht und drangte fortan auf eine baldige Entscheidung Der Herzog hoffte dass der Prozess zu seinen Gunsten entschieden wurde und dass nachdem Ortenburg ein bayerisches Lehen geworden ware die Reformation ruckgangig gemacht werden konnte Doch Albrecht erkannte dass der Gerichtsprozess nicht wie erhofft allzu bald zu einem Urteil kommen wurde Da der Einfluss des lutherischen Glaubens im Ortenburger Umland stetig wuchs musste der Herzog schnellstmoglich eingreifen Um Joachim weiter unter Druck zu setzen bezog er sich auf ein Offnungsrecht der Burgen Alt und Neu Ortenburg aus dem Jahre 1391 Dies war unter den Grafen Georg I und Etzel entstanden welche damals von Herzog Heinrich XVI von Bayern Landshut erpresst worden waren Am 17 Dezember 1563 liess Herzog Albrecht V die beiden Ortenburger Festen offnen und besetzen 6 Dies hatte nur wenig Erfolg da Joachim nicht in Ortenburg sondern in Mattighofen residierte Am 20 Februar 1564 liess der Herzog daraufhin die Ortenburger Pfarrer gefangen nehmen Albrecht setzte sie bei Sandbach uber die Donau und liess sie schworen nie mehr nach Bayern zuruckzukehren Zu diesen Machenschaften hatte er trotz des Offnungsrechts kein Recht Joachim beschwerte sich diesbezuglich wegen Landes und Religionsfriedensbruchs vor Gericht und eroffnete einen weiteren Prozess vor dem Reichskammergericht Auch beschwerte er sich bei Kaiser Ferdinand I und Konig Maximilian II Um die weitere Verbreitung des Glaubens zu verhindern sperrte Albrecht V bald darauf alle Zugange zur Reichsgrafschaft Diese Massnahme zeigte jedoch nur bedingt Erfolg da die bayerische Bevolkerung nun noch mehr versuchte in die Grafschaft zu gelangen um dort der Lehre Luthers zu folgen Auch Joachim selbst blieb hartnackig und anderte seine Ansichten nicht Herzog Albrecht V war nun aufs ausserste entschlossen Joachim zu zwingen die Reformation ruckgangig zu machen So zog er 1564 die bayerischen Lehen und Besitztumer der Ortenburger Grafenfamilie ein und liess Burgen und Schlosser der Grafen gewaltsam offnen darunter auch Schloss Mattighofen dass er gewaltsam offnen liess Dabei fiel Albrecht der gesamte Briefverkehr Joachims mit Pankratz und den Landstanden in die Hande Nach Durchsicht der Briefe und Akten glaubte der Herzog einen Beweis fur die seit dem Landtag zu Ingolstadt vermutete Verschworung innerhalb Bayerns gefunden zu haben Ebenso erhoffte er sich durch einen weiteren Prozess Joachim noch mehr unter Druck setzen zu konnen Im Juni 1564 klagte Albrecht V daraufhin vor dem Gericht in Munchen gegen Joachim Pankratz und deren Mitstreiter 4 Die Angeklagten unter ihnen auch Joachim reisten nach Munchen um sich zu verteidigen Bald stellte sich jedoch heraus dass ein Freispruch aller absehbar ware Des Weiteren setzte sich Kaiser Ferdinand I vehement fur die Ortenburger ein und versuchte zu vermitteln Die Beschuldigten durften nach Unterzeichnung einer Erklarung die Haft in Munchen verlassen und nach Hause zuruckkehren Nur deren Verteidiger fuhrten die Verhandlungen weiter Nachdem Kaiser Ferdinand I im Jahre 1565 verstorben war versuchte dessen Nachfolger Maximilian II rasch eine Losung zu finden Er verpflichtete sogar mehrfach den bayerischen Herzog die Lehensguter zuruckzugeben wogegen sich der Herzog energisch wehrte Die protestantischen Fursten Sachsen Wurttemberg und Neuburg sagten Joachim bald Hilfe zu Sie wollten die Ortenburger Sache auf dem nachsten Reichstage zu Augsburg zur Sprache bringen und sie fur noch nicht geklarte Fragen im Glaubenskonflikt als Druckmittel einbringen Kaiser Maximilian II wollte dies verhindern und setzte sich verstarkt fur eine Losung des Konfliktes ein Jedoch schaffte er es nicht dass sich beide Parteien vor dem Reichstag zu Augsburg im Jahre 1566 einigten Dort setzten sich die Reichsfursten nun fur Joachim und seine Grafschaft ein Herzog Albrecht furchtete nun aufgrund des Augsburger Reichs und Religionsfriedens aus dem Jahre 1555 bestraft zu werden Der Herzog bat den Kurfursten von Sachsen die Vermittlerrolle anzunehmen Dieser willigte ein und es kam zu erneuten Verhandlungen Am 10 Mai 1566 kam es schliesslich zu einem Vertrag in dem Joachim und alle Angeklagten der sogenannten Adelsverschworung erklarten sie hatten keinerlei Verschworung im Sinne gehabt Ausserdem wurden die Anklagen in Munchen fallen gelassen Herzog Albrecht erreichte so trotz der gerichtlichen Niederlage das Schweigen der bayerischen Landstande in der Glaubensfrage Als Zeichen des guten Willens und als Teil der Abmachung gab der Herzog Joachim seine bayerischen Lehen und Besitztumer wieder zuruck unter anderem die reiche Herrschaft Mattighofen Weiterhin wurde vertraglich vereinbart dass die Ortenburger Bevolkerung weiterhin evangelisch bleiben durfte nur der Gottesdienst in der Marktkirche wurde eingestellt Lediglich in der Schlosskapelle auf Neu Ortenburg durfte evangelisch gepredigt werden Diese Abmachung in der Glaubensfrage war aber bis zum endgultigen Urteil des Reichskammergerichtes zeitlich begrenzt Bis 1565 war Joachim selbst stets uberzeugter Lutheraner Jedoch schon zwei Jahre spater 1567 zeigten sich bereits erste Tendenzen dass er personlich zum Calvinismus tendierte 1 Graf Joachim sah ein dass die Herzoge ihre Bestrebungen sich die Reichsgrafschaft einzuverleiben nie aufgeben wurden Aus diesem Grund schuf er im Jahre 1566 gemeinsam mit seinen beiden Cousins Ulrich III und Johann III ein neues Erbgesetz Darin wurde die bisher seit dem 13 Jahrhundert mundlich geltende Senioratsnachfolge fur das Reichsgrafenamt gesetzlich festgelegt Ferner liess Joachim sein Gesetz von Kaiser Maximilian II bestatigen Damit wurde die weitere Erbfolge des Hauses Ortenburg im Falle eines Aussterbens eines Familienzweiges gesichert Am 4 Marz 1573 fallte das Reichskammergericht die Urteile zu den beiden laufenden Verhandlungen uber die Reichsunmittelbarkeit Ortenburgs und die Verletzung der Ortenburger Privilegien durch den bayerischen Herzog 6 Darin wurde bestatigt dass Ortenburg ein Reichslehen mit allen dazugehorigen Reichsprivilegien und der Blutgerichtsbarkeit ist Damit wurde die Unabhangigkeit der Grafschaft vom Herzogtum Bayern bestatigt 7 Das Offnungsrecht aus dem Jahre 1391 wurde fur nichtig erklart da dies eine Verletzung der Reichsrechte darstellte Die bayerischen Herzoge wurden ebenso dazu verpflichtet die Reichsunmittelbarkeit Ortenburgs nicht mehr anzufechten und Stillschweigen in dieser Angelegenheit zu bewahren Graf Joachim sah sich in seiner Ansicht bestatigt und setzte sogleich die protestantischen Gottesdienste fur die Bevolkerung in der Marktkirche wieder fort was Herzog Albrecht sehr missfiel Er versuchte nun auf anderem Wege sein Ziel zu erreichen Nachdem Graf Joachims Sohn Anton am 23 Mai 1573 verstorben war sah Herzog Albrecht darin eine neue Moglichkeit die Grafschaft fur sich zu beanspruchen 2 Er hoffte die Reichsgrafschaft wurde nach Joachims Tod nicht an Mitglieder des Hauses Ortenburg fallen sondern sie wurde als zuruckgefallenes Lehen betrachtet werden Albrecht ersuchte daraufhin in einem Schreiben aus dem Jahre 1574 an Kaiser Maximilian die Grafschaft fur sich beanspruchen zu konnen 7 Maximilian gab Albrecht jedoch nur bedingt recht und sicherte diesem die Grafschaft fur den Fall zu dass das gesamte Adelsgeschlecht der Ortenburger aussterben sollte Grund fur die Entscheidung des Kaisers war das aus dem Jahre 1566 stammende Gesetz der Ortenburger Erbfolge welches Maximilian 1567 selbst bestatigt hatte Nachdem Joachim die Gottesdienste wieder von der Schlosskapelle in die grossere Marktkirche verlegt hatte und diese somit von neuem fur ein breiteres Publikum zuganglich waren wuchs auch bald wieder das Interesse der bayerischen Bevolkerung Viele zogen bald darauf nach Ortenburg um von den Lehren Luthers zu erfahren Um eine erneute Ausweitung des Glaubens zu verhindern sperrte Herzog Albrecht 1575 abermals die Zugange zur Grafschaft Wiederum zog er Joachims Lehen im Herzogtum Bayern ein um ihn zu zwingen die Gottesdienste einzustellen Die bayerischen Handler wurden vom Herzogtum ebenso angewiesen mit der Grafschaft Ortenburg keinerlei Handel zu fuhren Joachim beschwerte sich diesbezuglich erneut vor dem Reichskammergericht Dies entschied am 28 Juni 1575 und 1 Oktober 1576 zugunsten Joachims Herzog Albrecht V reagierte jedoch nicht sofort und behielt die Ortenburger Besitzungen vorerst weiterhin Erst 1577 gab Albrecht V Joachims Besitzungen wieder frei Warum der Herzog jedoch ungestraft blieb ist unbekannt Trotz der Ruckgabe und der Gerichtsbeschlusse zugunsten Joachims kam es auch in der Folgezeit zu weiteren Glaubenskonflikten Aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten mit den bayerischen Herzogen schloss Joachim wie einst sein Vorfahr Georg I bald einen Verkauf der Reichsgrafschaft nicht mehr aus Er plante nach einem Verkauf in den protestantischen Norden zu ziehen und sich dort niederzulassen nbsp Wilhelm V 1548 1626 folgte seinem Vater im Jahre 1579 Auch er sah keinen Grund den Kampf gegen Graf Joachim einzustellen Nach dem Tode Herzog Albrechts V im Jahre 1579 wurde Wilhelm V Herzog von Bayern Joachim trat bald mit der Bitte um Ruckgabe seiner Besitzungen und Lehen auf bayerischem Grund an ihn heran Aufgrund seiner Uberlegungen die durch den jahrelangen Konflikt entstanden machte er dem Herzog ein alternatives Angebot Falls Wilhelm nicht gewillt sei Joachims Besitzungen zuruckzugeben ware er zu Gesprachen uber den Verkauf der bayerischen Lehen und Besitzungen sowie der Reichsgrafschaft bereit Im Tausch wurde er ein Gebiet an der nordlichen Grenze des Herzogtums Bayerns annehmen Der Herzog sah jedoch dafur keinen Grund und lehnte Joachims Angebote ab Die Kurfursten Herzog August von Sachsen und Johann Georg von Brandenburg sowie Wolfgang von Dalberg der Erzbischof von Mainz und Johann von Schonenberg der Erzbischof von Trier setzten sich in der Folgezeit stark fur Verhandlungen zwischen Wilhelm und Joachim ein 1584 wurde Donauworth als Verhandlungsort ausgewahlt 7 Selbst Kaiser Rudolf II nahm daran teil um den jahrelangen Streit nun zu beenden Joachim erhoffte sich dadurch den Ruckerhalt seiner Besitzungen Jedoch scheiterten die Verhandlungen aufgrund der verharteten Positionen des bayerischen Herzoges Selbst ein erneutes Verkaufsangebot des Grafen lehnte Wilhelm ab Die Verhandlungen wurden daraufhin abermals abgebrochen 7 Die herzoglichen Rate empfahlen dem Herzog jedoch bald die graflichen Besitzungen kauflich zu erwerben um den andauernden Streit endlich zu beenden Auf Vermittlung Joachims Schwagers Graf Hans Fugger kam es in den Jahren 1589 und 1590 erneut zu Verkaufsgesprachen mit dem Herzogtum Bayern 7 Als Tauschobjekt war die unmittelbar zu Bohmen gehorende Grafschaft Glatz vorgesehen die 1549 fur 140 000 Gulden pfandweise von Herzog Ernst von Bayern erworben wurde und nach dessen Tod am 13 Juni 1560 am 7 Dezember als Erbe an seinen Neffen Herzog Albrecht V gefallen war Von diesem wurde sie 1567 vom bohmischen Landesherrn Maximilian II wieder eingelost Fur eine Summe von 200 000 Gulden hatte sie der ab 1575 amtierende bohmische Konig Rudolf II wieder verpfandet jedoch ist dies bis 1590 nicht geschehen So bot man Joachim diesen sogenannten Kaufschilling fur die Ortenburger Besitzungen in Bayern und die Reichsgrafschaft Ortenburg an 7 Graf Joachim selbst bot am 4 September 1589 seine Reichsgrafschaft samt den bayerischen landlichen Gutern fur 550 000 Gulden dem Herzog zum Kauf an Die herzogliche Seite bot Joachim 500 000 Gulden an Der Graf wollte davon 200 000 Gulden bereits in bar ausbezahlt haben wahrend er die Schuldforderung fur die Grafschaft Glatz fur 150 000 Gulden vom Kaiser erwerben wurde Der Rest des Kaufbetrags der Grafschaft sollte wegen der Schuldzinsen und gegen Versicherung als Hypothek beim Herzogtum Bayern verweilen Jedoch konnte dieser Handel nicht stattfinden da sich herausstellte dass die Bezahlung der Schuldforderung der Grafschaft Glatz zu unsicher war und Herzog Wilhelm am 4 Oktober 1590 Graf Joachim diese nicht zumuten wollte 7 nbsp Totenschild fur Graf Joachim von Ortenburg in der evangelischen MarktkircheIm Jahre 1594 beteiligte Wilhelm V schrittweise seinen Sohn Herzog Maximilian I an den Regierungsgeschaften des Herzogtums Dieser war von den Jesuiten erzogen worden und von tiefer Abneigung gegen die Protestanten erfullt Joachim hoffte dennoch sich mit ihm wieder zu versohnen Zunachst wandte sich Joachim jedoch auf dem Reichstage zu Regensburg erneut an die Reichsstande und bat um Hilfe in der Sache Die Kurfursten und die Reichsstande setzten sich fur die Ortenburger Sache ein und baten Kaiser Rudolf sich des Streites anzunehmen Dieser verfasste gemeinsam mit Joachim einen Brief an Maximilian der die Geschafte seines Vaters bereits ganz ubernommen hatte mit der Bitte die bayerischen Lehen wieder freizugeben Dieser antwortete jedoch nicht Daraufhin entschied sich Joachim ein Schiedsgericht anzurufen was Herzog Maximilian jedoch ablehnte Er versuchte vielmehr eine solche Entscheidung hinauszuzogern Joachim sah nun keinen anderen Ausweg mehr und klagte wiederum vor dem Reichskammergericht in Speyer Das Ende des Prozesses und die Versohnung der Grafen mit den Herzogen im Jahre 1602 erlebte Joachim allerdings nicht mehr da er bereits zwei Jahre zuvor verstorben war Entwicklung der Vermogensverhaltnisse Bearbeiten nbsp Graf Joachim von Ortenburg im Alter von 69 Jahren auf einem Kupferstich aus dem Jahre 1599Zu Joachims Regierungsantritt galten die Ortenburger Grafen als das reichste Haus Niederbayerns und eine der reichsten Familien des Herzogtums Vor allem die Besitzungen um den Markt Mattighofen und die Burg Neudeck brachten den Ortenburgern einen hohen Ertrag Diese stammten aus dem Hause Hollup und waren 1515 mit der Ehe Graf Christophs und der Erbtochter des Herren zu Mattighofen und Neudeck an die Ortenburger gelangt 2 Des Weiteren erwarb Graf Ulrich II die reiche Hofmark Soldenau die direkt an die Reichsgrafschaft angrenzte Mit seiner Heirat im Jahre 1549 mit Ursula der Grafin von Fugger vergrosserte Joachim den Ortenburger Reichtum dank der Mitgift von 30 000 Gulden erheblich Mit der Einfuhrung der Reformation anderten sich die finanziellen Verhaltnisse der Ortenburger jedoch schlagartig So wurden ihnen durch die herzogliche Besetzung 1564 und den Einzug der bayerischen Lehen von 1564 bis 1566 erhebliche finanzielle Einbussen zugefugt Um die wirtschaftliche Lage zu verbessern forderte Joachim nach dem Wiedererhalt seiner Guter im Jahre 1566 die Landwirtschaft und errichtete eine Muhle sowie eine Brauerei Die beiden Gerichtsprozesse vor dem Reichskammergericht um die Reichsunmittelbarkeit der Grafschaft bedeuteten eine immense finanzielle Belastung fur den Grafen sie allein kosteten ca 30 000 Gulden 1 so dass er bald in finanzielle Not geriet Schliesslich war er gezwungen verschiedene Amter anzunehmen um die Gerichtskosten weiter tragen zu konnen Schon im Jahre 1567 nahm Joachim das Amt des Verwalters der Burg Prunn im Altmuhltal an Dort entdeckte er eine Handschrift des Nibelungenliedes und schenkte sie dem Geschichtsschreiber Wiguleus Hundt der sich auf der Durchreise befand 8 Heute befindet sich diese Abschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek und ist als Prunner Codex bekannt 1570 gab Joachim das Amt des Verwalters der Burg auf Trotz des gewonnenen Gerichtsprozesses war Joachim finanziell ruiniert Ebenso schadeten die erneute Absperrung der Grafschaft von 1575 bis 1577 sowie die weitere Besetzung der Ortenburger Lehen den Handelseinnahmen der Grafschaft deutlich Joachim war finanziell so angeschlagen dass er erneut nach einem hoch bezahlten Amt suchte Im Jahre 1581 waren Joachim und seine Vetter Ulrich III und Heinrich VII dazu gezwungen einige Besitzungen zu verkaufen Dabei verausserten sie nicht naher genannte Guter an Bischof Urban von Passau der ihnen dafur 19 000 Gulden zahlte 7 1584 wurde in der calvinistischen Stadt Amberg ein neuer Statthalter sowie fur die Oberpfalz ein Vitztum gesucht 2 3 Joachim versuchte diese gut bezahlte Stelle zu erlangen und wechselte dafur sogar von der lutherischen Konfession zum Calvinismus wodurch es ihm schliesslich auch gelang Im Jahre 1590 ersuchte er aus Amt und Wurden entlassen zu werden was am 18 Juni 1590 geschah Die Grunde fur diesen Schritt sind unbekannt Hoch verschuldet zog Joachim nach Nurnberg und fand dort einige letzte Kreditgeber ehe er am 19 Marz 1600 dort verstarb Joachims Schulden betrugen zuletzt uber 50 000 Gulden Allein 40 000 Gulden schuldete er zwei Patriziern aus Nurnberg einem Landeshauptmann Salzburgs und dem Bistum Passau Hinzu kam noch ein Darlehen der Reichsstadt Nurnberg uber 10 000 Gulden 7 Der Grund dieser grossen Schuldenlast waren die hohen Prozesskosten vor dem Reichskammergericht die allein 30 000 1 Gulden verschlungen hatten Auch hatten die herzoglichen Besetzungen und Sperren der Grafschaft zu grossen finanziellen Einbussen gefuhrt In seinem Testament verpfandete Graf Joachim den Markt und die beiden Burgen Alt Ortenburg und Neu Ortenburg an seine Witwe Lucia von Limpurg damit diese nicht hablos bliebe Joachim war sicherlich nicht bewusst welchen enormen Schaden er seinem Geschlechte damit zufugen wurde Bemerkenswert ist aber Joachims Selbsterkenntnis uber den Glaubenskonflikt mit dem Herzogtum Bayern So schreibt er in seinem Testament dass er es zu grossen Ehren hatte bringen konnen wenn er hatte katholisch werden wollen 7 Bauherr Bearbeiten Zu Beginn seiner Amtszeit lebte Joachim auf Schloss Mattighofen wo er 1530 geboren wurde Es stammt aus dem reichen Besitz seiner Mutter Etwa um das Jahr 1551 liess das Schloss im Stil der Renaissance umbauen 9 Ebenso wurden dabei einige Teile der Anlage neu errichtet Dabei durfte es sich um grosse Turme gehandelt haben die an den Ecken der Gebaudeflugel errichtet wurden Auch der Eingangsbereich des Schlosses wurde neu gestaltet 10 nbsp Die alteste Darstellung von Schloss Alt Ortenburg nach einem Kupferstich um 1650 Sie zeigt das Schloss mit Vorburg sowie die fruheste Darstellung des SchlossgartensGraf Joachim pragte das Bild des heutigen Marktes Ortenburg wie kein anderer Er residierte zu Lebzeiten in Mattighofen da das Schloss uber dem Markt seit dem Landshuter Erbfolgekrieg stark beschadigt und nur notdurftig instand gesetzt war So fasste der Graf im Jahre 1561 den Entschluss die Feste renovieren und zum Teil neu errichten zu lassen Ein Jahr spater begannen die Bauarbeiten Der Ostflugel der Feste wurde neu gebaut alle anderen Teile der Burg von Grund auf neu errichtet und ausgebaut Die alte Vorburg wurde abgerissen Die Arbeiten am Grundbau des Schlosses dauerten bis ins Jahr 1575 11 Die Vollendung des Innenausbaus zum Schloss konnte Joachim jedoch nicht erreichen Aufgrund seiner finanziellen Not musste er die Bauarbeiten daran im Jahre 1575 einstellen lassen So blieb Alt Ortenburg vorerst eine neuerrichtete Feste Erst die Grafen Friedrich Casimir und Christian vollendeten den Innenausbau zum Schloss in heutiger Gestalt Um die wirtschaftliche Lage des Marktes und der Grafschaft zu starken errichtete Joachim noch eine Reihe weiterer Gebaude im Ort Im Jahre 1568 liess er ein Brau und Pflegeamtshaus auf dem Marktplatz errichten Des Weiteren forderte er den Hopfenanbau in der Gegend um die benotigten Rohstoffe fur die Brauerei gunstiger erwerben zu konnen In der Brauerei wurde noch bis ins Jahr 1917 gebraut 12 Das Gebaude steht noch heute und gehort der Familie Schricker die es Ende der 1990er Jahre aufwendig renovieren liess Es ist bis heute das grosste und damit pragnanteste Gebaude am Marktplatz Weiterhin errichtete Joachim eine Muhle an der Wolfach bei Kamm Da diese jedoch nicht rentabel fur den Grafen war verkaufte er sie bald Um den Wohlstand der Burger in Ortenburg zu steigern plante Joachim die Errichtung einer Schule und eines Spitals zur Versorgung der Kranken und Armen Zwischen 1566 und 1573 wurde das Schulhaus zwischen Marktplatz und der evangelischen Marktkirche errichtet Joachim ubernahm die Kosten fur den Unterricht der Kinder zum Grossteil selbst Der Besuch der Schule war allerdings freiwillig und wurde lediglich empfohlen Der Graf legte beim Unterricht sehr viel Wert auf Rechnen Schreiben und vor allem auf die Lehren Luthers Den Protestantismus wollte Joachim mit der Schule in Ortenburg vertiefen und festigen was ihm auch gelang Dem Einfluss und vehementen Kampf der Schulleiter im 17 Jahrhundert ist es hauptsachlich zu verdanken dass die Grafschaft trotz katholischer Regenten evangelisch blieb 6 Im Schulgebaude Joachims wurde bis ins Jahr 1810 unterrichtet ehe ein Neubau bei der Marktkirche stattfand Das Haus steht heute noch und ist pragend fur die heutige Furstenzeller Strasse des Marktes Das geplante Spital konnte Joachim auf Grund der hohen Gerichtskosten im Jahre 1573 nicht errichten Auch spater fehlten ihm wegen seiner hohen Verschuldung dazu die finanziellen Mittel 13 nbsp Zentraler Teil des grossen Kenotaphs fur Joachims Sohn Anton von Ortenburg nbsp Kenotaph Graf Joachims im Chorraum der MarktkircheEbenso liess Joachim die evangelische Marktkirche umgestalten Auf Grund des wachsenden Interesses fur den Glauben und der mangelnden Grosse der Kirche liess er im Innenraum eine Empore anbringen Im Altarraum liess er fur sich und seinen bereits im Jahre 1573 verstorbenen Sohn Anton je ein marmorgeschmucktes und reich verziertes Kenotaph errichten Unter dem Altarraum und seinem eigenen Kenotaph wurde auf seine Weisung hin eine Gruft fur das Grafengeschlecht errichtet Diese sollte fur 300 Jahre die Begrabnisstatte fur die evangelischen Mitglieder des Grafengeschlechtes werden Die katholischen Familienmitglieder liessen sich weiterhin in der seit Anfang des 13 Jahrhunderts verwendeten Sixtuskapelle neben dem Passauer Stephansdom begraben Der Eingang der Gruft in der Marktkirche ist nach einer Umgestaltung im 19 Jahrhundert in Vergessenheit geraten Erst bei grossen Renovierungsarbeiten im Herbst des Jahres 2006 wurde der Eingang inmitten des Kirchenschiffs wiederentdeckt und freigelegt Der Zugang ist heute durch eine Marmorplatte abgedeckt Nachkommen BearbeitenGraf Joachim war zweimal verheiratet zuerst seit 19 Mai 1549 mit Ursula Grafin von Fugger 21 April 1530 7 September 1570 in Ortenburg und seit 24 Februar 1572 mit Lucia Freiin zu Limpurg 23 November 1550 in Gaildorf 9 Februar 1626 in Ortenburg 2 Aus erster Ehe entstammt Anton von Ortenburg 1550 1573 der mit der Grafin Dorothea von Hanau Munzenberg 1556 1638 verheiratet war Anton war Reichshofrat in Wien Folgen seiner Regentschaft BearbeitenDurch die Einfuhrung der Reformation und den damit bedingten jahrzehntelangen Streit mit Bayern fugte Joachim seinem Geschlecht grossen Schaden zu Durch Joachims testamentliche Verpfandung des Marktes und der Schlosser Alt und Neu Ortenburg an seine Witwe fugte er dem Grafengeschlecht weitere finanzielle Einbussen zu Seinen direkten Nachfolgern Heinrich VII und Georg IV gelang es auf Grund der hohen Verschuldung des Hauses nicht die Grafschaft auszulosen Somit waren die Grafen gezwungen mit dem Herzogtum uber ihre eingezogenen bayerischen Lehen zu verhandeln Nachdem das Reichskammergericht 1602 erneut fur das Haus Ortenburg entschieden hatte wurden Verhandlungen aufgenommen Die Ortenburger waren jedoch so sehr verschuldet dass sie zu grossen Zugestandnissen bereit waren So verpflichteten sie sich die reiche Hofmark Mattighofen an Bayern zu verkaufen und dazu dass der Nachfolger von Graf Heinrich Graf Georg IV zum katholischen Glauben wechseln musse Im Gegenzug erhielt das Haus Ortenburg die bayerischen Lehen und Besitztumer wieder zuruck Der Markt und die beiden Schlosser blieben allerdings weiterhin verpfandet Ein Versuch Graf Friedrich Casimirs im Jahre 1628 die Besitzungen auszulosen war an den hohen Forderungen von 25 000 Gulden gescheitert Lediglich die Stammburg Alt Ortenburg konnte dieser auslosen Die Freilosung des Marktes und Neu Ortenburgs gelang erst seinem Nachfolger Graf Georg Reinhard und dessen Bruder Christian im Jahre 1662 Fur osterreichische protestantische Glaubensfluchtlinge des 17 Jahrhunderts stellte die Einfuhrung der Reformation in Ortenburg einen Segen dar Denn diese konnten in der kleinen lutherischen Enklave rasten ehe sie zu den grossen Reichsstadten Regensburg und Nurnberg weiter zogen Einige von ihnen liessen sich in Ortenburg auch nieder wodurch die Ortschaften Vorder und Hinterhainberg und der Ortsteil Gansewinkel entstanden Die Fluchtlinge brachten den Obstanbau und die Mosttradition aus ihrer Heimat mit Dies hatte aufgrund hoherer Steuer und Handelseinnahmen auch Vorteile fur die Grafschaft Herstellung und Export des Mostes wurden bald uberregional bedeutsam Die steigende Bedeutung des Mostes im Laufe der Jahrhunderte zeigt ein Edikt aus dem 18 Jahrhundert in dem die Pflanzung und Aufzucht weiterer Obstbaume unterstutzt wurde Burger die dagegen verstiessen wurden hoch bestraft 14 nbsp Evangelisch lutherische Joachim von Ortenburg Kirche in Tambach bei CoburgDurch sein Wirken fur den evangelischen Glauben in Ortenburg und in seinem Geschlecht ist Joachim bis heute bekannt Er git heute als der bedeutendste politische Kopf des Protestantismus im Bayern des 16 Jahrhunderts 15 Vor allem in Ortenburg hat er viele Spuren hinterlassen So pragen seine Bauten bis heute das Gesicht des Marktes Auch in anderen Teilen Bayerns halt man sein Andenken immer noch hoch So wurde nach dem Glaubenswechsel des Grafen Alram zu Ortenburg Tambach welcher wieder zum katholischen Glauben konvertierte in Tambach eine neue Kirche errichtet Dies wurde notig da die Ortenburger Grafen die Kapelle auf Schloss Tambach wieder katholisch weihen liessen und damit keine evangelischen Gottesdienste in der Schlosskapelle mehr moglich waren Die neue Kirche der Gemeinde wurde Evang Luth Joachim von Ortenburg Kirche genannt So verknupfte man den Namen der Kirche mit dem Mann der es als erster Furst in Bayern gewagt hatte die Ergebnisse des Augsburger Religionsfriedens auf sich zu beziehen und seine Grafschaft lutherisch zu machen Ortenburg Bibel Bearbeiten nbsp Einer der beiden Bande der Ortenburg Bibel in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums in BerlinJoachim von Ortenburg besass eine umfangreiche Bibliothek aus der heute noch 61 Handschriften 16 Inkunabeln und 504 Drucke des 16 Jahrhunderts in 345 Banden bekannt sind die jedoch inzwischen auf viele Standorte weltweit zerstreut ist 16 Als Prunkstuck gelangte wohl 1561 eine ausserst wertvolle zweibandige Fassung der Bibel in der Ubersetzung Martin Luthers in seinen Besitz die heute als Ortenburg Bibel bekannt ist und die der mogliche Ausloser fur die Einfuhrung der Reformation in der Reichsgrafschaft Ortenburg im Jahr 1563 war Im ersten Band befindet sich ein auf 1561 datierter Besitzeintrag Da Joachim von Ortenburg seine Bucher stets relativ zeitnah zum Erwerb signierte ist anzunehmen dass die Bibel in diesem Jahr in seinen Besitz kam Moglicher Schenker war der protestantische Bibliomane Ulrich Fugger fur dessen Freilassung aus Augsburger Gefangenschaft sich Joachim als Rat der Stadt 1559 eingesetzt hatte 17 Bei der Ortenburg Bibel handelt sich um eine fruhe Ausgabe der Bibelubersetzung Martin Luthers die von Heinrich Steiner in Augsburg im Jahre 1535 in limitierter Auflage auf 685 Pergamentblatter gedruckt wurde Diese Fassung besteht aus zwei Banden die sich wegen des Drucks auf Pergament und der prachtigen Ausstattung nur Reiche und Adelige leisten konnten Der Originaltitel der Bibel lautet Biblia Das ist die gantze heilige Schrifft Deudsch Diese Fassung ist mit 75 teils ganzseitigen im Furstenkolorit verzierten Holzschnitten ausgestattet die Nachschnitte aus der Lotter Bibel von 1534 nach Hans Holbein Lukas Cranach und Melchior Schwarzenberg sind Fur die Herstellung der vermutlich nur etwa 15 Exemplare auf Pergament waren die Haute von etwa 1 500 Schafen notwendig Graf Joachim liess in die Bande auf einigen leeren Seiten drei Briefe der Reformatoren Erasmus von Rotterdam Martin Luther und Philipp Melanchthon eintragen deren Originale sich im 16 Jahrhundert im Ortenburger Archiv befanden und die heute verloren sind Fur die drei Briefe ist die Ortenburg Bibel damit die Primarquelle Neben den Abschriften der Briefe befinden sich in der Bibel auch einige personliche Eintragungen der Grafen Joachim und Friedrich Casimir Nach dem Tod Joachims im Jahre 1600 gingen beide Bande der Bibel uber Heinrich VII von Ortenburg reg 1600 1603 sowie Georg IV von Ortenburg reg 1603 1627 an den Calvinisten Friedrich Casimir von Ortenburg reg 1627 1658 Dieser machte als bekennender Anhanger der reformierten Kirche in beiden Banden teils durch Rasur teil durch Ubermalung die Gottesdarstellungen unkenntlich Noch beim Tod Friedrich Casimirs 1658 werden in einem Nachlassverzeichnis beide Bande genannt 18 Erst im 18 Jahrhundert scheinen sich die Wege der beiden Bande getrennt zu haben als der zweite Band in englischem Privatbesitz auftaucht Der Erste Band blieb bis 1986 in Familienbesitz der zweite Band wurde von einem Antiquar 1980 aus Schweizer Privatbesitz erworben 1986 schliesslich wurden beide Bande der Bibel von einem Handler zusammengefuhrt und gemeinsam zum Verkauf angeboten Die Gemeinde Ortenburg versuchte sie mit Hilfe des Freistaates Bayern zu erwerben Allerdings waren die finanziellen Mittel begrenzt und der Freistaat zeigte wenig Interesse an einer Erwerbung 1989 wurden die beiden Bande mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin fur 1 2 Mio DM erworben und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin geschenkt Seit 2006 bis 2021 war standig einer der beiden Bande in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums ausgestellt Literatur BearbeitenMatthias Miller Reichsgraf Joachim von Ortenburg und seine Bucher Rekonstruktion seiner Bibliothek Ortenburg 2020 Forderkreis Bereich Schloss Ortenburg Hrsg Ortenburg Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation 1563 2013 Ortenburg 2013 Johann Schachtl Glauben und Lebensformen Die Konfessionalisierung im ostbayerischen Raum im 16 und fruhen 17 Jahrhundert aufgezeigt am Beispiel der Reichsgrafschaft Ortenburg und ihrer bayerischen Lehensgebiete Salzburger Theologische Studien 35 Salzburg 2009 ISBN 978 3 7022 2980 1 Christian Wieland Die bayerische Adelsverschworung von 1563 Ereignis und Selbstdeutungen In Zeitenblicke 4 2005 Nr 2 online Christian Kieslinger Territorialisierung und reichsgrafliche Libertat Studien zum Konflikt Joachims von Ortenburg mit dem Herzogtum Bayern Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie eingereicht an der Geistes und Kulturwissenschaftlichen Fakultat der Universitat Wien Wien 2001 Walter Fuchs Schloss Ortenburg Ortenburger Baudenkmaler und die Geschichte der Reichsgrafschaft Ortenburg Ortenburg 2000 Friedrich Hausmann Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm die Spanheimer in Karnten Sachsen und Bayern sowie deren Nebenlinien erschienen in Ostbairische Grenzmarken Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde Nr 36 Passau 1994 S 9 62 Heinz Pellender Tambach vom Langheimer Klosteramt zur Ortenburg schen Grafschaft Historie des Graflichen Hauses Ortenburg des Klosteramtes und Schlosses Tambach 2 Auflage Coburg 1990 Kurt Malisch Ortenburg Joachim Graf von In Karl Bosl Hrsg Bosls bayerische Biographie Pustet Regensburg 1983 ISBN 3 7917 0792 2 S 564 Digitalisat Hans Bleibrunner Niederbayern Kulturgeschichte des Bayerischen Unterlandes Band 1 amp 2 2 Auflage Landshut 1982 Friedrich Hausmann Neue Erkenntnisse zur Geschichte und Baugeschichte der Ortenburg Ortenburg 1974 Gerhild Hausmann Anton Graf zu Ortenburg 1550 1573 Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte des protestantischen Adels im 16 Jahrhundert Inaugural Dissertation zur Erlangung der Doktorwurde an der Philosophischen Fakultat der Karl Franzens Universitat Graz Graz 1968 Hans Schellnhuber Die Reformation in der Reichsgrafschaft Ortenburg In 400 Jahre Evang Luth Kirchengemeinde Ortenburg 1563 1963 Ortenburg 1963 S 7 42 Heinz Hans Konrad Schuster Ortenburg nach dem Tode des Grafen Joachim In Hans Schellnhuber Hrsg 400 Jahre Evang Luth Kirchengemeinde Ortenburg 1563 1963 Ortenburg 1963 S 43 48 Hans Schellnhuber Von Krieg und Streit in alter Zeit Ortenburgs Kriegsereignisse In Aus Ortenburgs Vergangenheit Heft 1 Ortenburg 1959 S 3 11 Dr Eberhard Graf zu Ortenburg Tambach Geschichte des reichsstandischen herzoglichen und graflichen Gesamthauses Ortenburg Teil 2 Das grafliche Haus in Bayern Vilshofen 1932 Leonhard Theobald Joachim von Ortenburg und die Durchfuhrung der Reformation in seiner Grafschaft Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns Band 6 Munchen 1927 Leonhard Theobald Die sog bayerische Adelsverschworung von 1563 in Beitrage zur bayerischen Kirchengeschichte Band 20 Erlangen 1914 S 28 73 Leonhard Theobald Die Einfuhrung der Reformation in der Grafschaft Ortenburg Leipzig 1914 Walter Goetz Leonhard Theobald Beitrage zur Geschichte Herzog Albrechts V und der sog Adelsverschworung von 1563 Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts Band 6 Munchen 1913 Heigel Karl Theodor von Ortenburg Joachim Graf von In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 24 Duncker amp Humblot Leipzig 1887 S 438 442 Carl Mehrmann Geschichte der evangelisch lutherischen Gemeinde Ortenburg in Niederbayern Denkschrift zur Jubilaumsfeier der 300jahrigen Einfuhrung der Reformation daselbst am 17 und 18 Oktober 1863 Landshut 1863 Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Joachim von Ortenburg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Joachim im CERL Thesaurus Stammliste auf Genealogy euweb cz Genealogie der Grafen von Ortenburg Literatur von und uber Joachim im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und uber Joachim in der Deutschen Digitalen BibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Gerhild Hausmann Anton Graf zu Ortenburg 1550 1573 Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte des protestantischen Adels im 16 Jahrhundert Graz 1968 a b c d e f g h Friedrich Hausmann Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm die Spanheimer in Karnten Sachsen und Bayern sowie deren Nebenlinien erschienen in Ostbairische Grenzmarken Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde Nr 36 Passau 1994 a b c d Markus Springer Evangelischer Panther im Staatswappen Die ehemalige Reichsgrafschaft Ortenburg war die einzige evangelische Enklave in Altbayern Sonntagsblatt Evangelische Wochenzeitung fur Bayern Ausgabe 31 2005 vom 31 Juli 2005 online Memento vom 19 August 2007 im Internet Archive a b Christian Wieland Die bayerische Adelsverschworung von 1563 Ereignis und Selbstdeutungen In Zeitenblicke 4 2005 Nr 2 online Heinz Pellender Tambach Vom Langheimer Klosteramt zur Ortenburg schen Grafschaft Historie des Graflichen Hauses Ortenburg des Klosteramtes und Schlosses Tambach 2 Auflage Coburg 1990 a b c d Hans Schellnhuber Die Reformation in der Reichsgrafschaft Ortenburg In Hans Schellnhuber Hrsg 400 Jahre Evang Luth Kirchengemeinde Ortenburg 1563 1963 Ortenburg 1963 S 6 42 a b c d e f g h i j Eberhard Graf zu Ortenburg Tambach Geschichte des reichsstandischen herzoglichen und graflichen Gesamthauses Ortenburg Teil 2 Das grafliche Haus in Bayern Vilshofen 1932 Entdeckung des Nibelungenliedes und Entdeckung und Weitergabe an Wiguleus Hundt Christian Kieslinger Territorialisierung und reichsgrafliche Libertat Wien 2001 Sehenswurdigkeiten Nicht mehr online verfugbar In mattighofen at Archiviert vom Original am 22 September 2009 abgerufen am 5 August 2022 Friedrich Hausmann Neue Erkenntnisse zur Geschichte und Baugeschichte der Ortenburg Ortenburg 1974 Walter Fuchs Schloss Ortenburg Ortenburger Baudenkmaler und die Geschichte der Reichsgrafschaft Ortenburg Ortenburg 2000 Geschichte uber Versorgung Ortenburgs auf den Webseiten des Seniorenheims Ortenburg Memento vom 4 Mai 2015 im Internet Archive Geschichte des Obstanbaus in Ortenburg Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive Dieter Albrecht Luthertum und Taufertum In Max Spindler Andreas Kraus Hrsg Handbuch der bayerischen Geschichte Band 2 Das alte Bayern Der Territorialstaat vom Ausgang des 12 Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18 Jahrhunderts Beck Munchen 1988 ISBN 3 406 32320 0 S 708 711 hier S 711 Matthias Miller Reichsgraf Joachim von Ortenburg und seine Bucher Ortenburg 2020 Matthias Miller Reichsgraf Joachim von Ortenburg und seine Bucher Ortenburg 2020 S 35 38 Bayerisches Hauptstaatsarchiv Munchen Ortenburg Archiv Akte 810 Inventar der nachgelassenen fahrbaren Habe Graf Friedrich Casimirs Geschirr Kleidung Utensilien Waffen und Bucher im Schloss Alt Ortenburg 1658 VorgangerAmtNachfolgerChristophGraf von Ortenburg 1551 1600Heinrich VII nbsp Dieser Artikel wurde am 8 Oktober 2007 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 104132280 lobid OGND AKS VIAF 69362221 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME JoachimALTERNATIVNAMEN Joachim I von Ortenburg Reformator OrtenburgsKURZBESCHREIBUNG Graf von Ortenburg und Herr zu Mattighofen und NeudeckGEBURTSDATUM 6 September 1530GEBURTSORT MattighofenSTERBEDATUM 19 Marz 1600STERBEORT Nurnberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Joachim Ortenburg amp oldid 237879097