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Die algebraische Topologie ist ein Teilgebiet der Mathematik das topologische Raume oder auch Lagebeziehungen im Raum wie zum Beispiel in der Knotentheorie mit Hilfe von algebraischen Strukturen untersucht Sie ist eine Teildisziplin der Topologie Die Grundidee besteht darin gewissen topologischen Raumen zum Beispiel Teilmengen des Anschauungsraums wie Kugeln Tori oder deren Oberflachen gewisse algebraische Strukturen wie zum Beispiel Gruppen oder Vektorraume zuzuordnen und das auf eine Weise dass verwickelte Verhaltnisse auf Seiten der topologischen Raume sich vereinfacht auf Seiten der algebraischen Strukturen wiederfinden und so einer Behandlung zuganglich werden Inhaltsverzeichnis 1 Aufgabenstellung 2 Methodik 3 Historische Entwicklung 4 Anwendungen 5 LiteraturAufgabenstellung Bearbeiten nbsp Simplizialkomplexe sind aus einfachen Bestandteilen aufgebaut Ein wesentliches Ziel der Topologie ist es alle topologischen Raume bis auf Homoomorphie zu klassifizieren Dieses Ziel ist in dieser umfassenden Form nicht erreichbar trotzdem wird nach effektiven und zuverlassigen Methoden gesucht mit deren Hilfe bestimmte Raume analysiert oder sogar bestimmte Klassen topologischer Raume klassifiziert werden konnen Typischerweise werden Simplizialkomplexe Zellkomplexe Mannigfaltigkeiten mit und ohne Rand untersucht also Raume die aus topologisch einfachen Komponenten zusammengesetzt sind Die betrachteten Abbildungen zwischen ihnen konnen stetige stuckweise lineare oder differenzierbare Abbildungen sein Ziel ist es die betrachteten Raume und die Abbildungen zwischen ihnen mittels zugeordneter algebraischer Strukturen wie Gruppen Ringe Vektorraume und der Homomorphismen Strukturen zwischen ihnen und daraus abgeleiteten Grossen so weit wie moglich zu klassifizieren bis auf Homoomorphie oder zumindest bis auf die grobere Homotopieaquivalenz Dazu werden keine mengentopologischen Eigenschaften wie Trennungsaxiome oder Metrisierbarkeit herangezogen sondern eher globale Eigenschaften wie Windungen oder Locher in Raumen Begriffe die im Rahmen der algebraischen Topologie zuerst zu prazisieren sind Methodik BearbeitenManche Resultate der algebraischen Topologie sind negativer Natur etwa Unmoglichkeitsaussagen So kann man zeigen dass es keine stetige surjektive Abbildung der Kugel auf die Kugeloberflache gibt die die Kugeloberflache im folgenden Sinne fest lasst jeder Punkt der Kugeloberflache wird auf sich selbst abgebildet Eine solche Abbildung musste irgendwie das Loch das von der Kugeloberflache umschlossen wird erzeugen und das scheint mit einer stetigen Abbildung nicht moglich zu sein Eine Prazisierung dieser Ideen fuhrt zur Homologietheorie Derartige Unmoglichkeitsaussagen konnen durchaus wieder positiv zu formulierende Konsequenzen haben So ist zum Beispiel der Brouwersche Fixpunktsatz nach dem jede stetige Abbildung der Kugel in sich einen Fixpunkt hat eine einfache Konsequenz denn man kann zeigen dass mit einer fixpunktfreien Abbildung der Kugel in sich eine Abbildung der gerade ausgeschlossenen Art konstruiert werden konnte Eine weitere typische Vorgehensweise in der algebraischen Topologie ist die Aufstellung von Invarianten zur Klassifikation gewisser topologischer Strukturen Will man zum Beispiel geschlossene stetige Kurven in der Ebene bis auf stetige Deformation klassifizieren so stellt man fest dass es nur eine solche Klasse gibt denn man kann anschaulich jede solche geschlossene Kurve zu einem Kreis auseinanderziehen und diesen dann zum Einheitskreis mit Radius 1 um den Koordinatenursprung deformieren Jede geschlossene Kurve ist also deformationsgleich zum Einheitskreis Man beachte dass die Kurven sich dabei selbst durchdringen durfen es gibt in der Ebene keine Knoten fur Knoten die auch in der algebraischen Topologie behandelt werden braucht man drei Dimensionen nbsp Die Kurve g displaystyle gamma nbsp umlauft den Nullpunkt z 0 displaystyle z 0 nbsp zweimal Die gerade angedeutete Situation andert sich wenn man die Ebene durch die Ebene ohne den Nullpunkt ersetzt Das Auseinanderziehen zum Kreis funktioniert nun nicht mehr immer da die Kurve im Zuge des Deformationsprozesses den Nullpunkt nicht mehr uberstreichen kann Eine Prazisierung dieser Ideen fuhrt zur Fundamentalgruppe und allgemeiner zur Homotopietheorie Man kann sich uberlegen dass zwei geschlossene Kurven genau dann zur selben Klasse gehoren wenn die Anzahlen der Umlaufe um den Nullpunkt etwa im Gegenuhrzeigersinn uberstimmen Jeder Kurve wird also eine Zahl aus Z displaystyle mathbb Z nbsp zugeordnet namlich ihre Umlaufzahl und diese Zahl klassifiziert die Kurven Beschrankt man sich auf Kurven die in einem festgelegten Punkt beginnen und wegen der Geschlossenheit der Kurven dort auch wieder enden so kann man zwei Kurven hintereinander durchlaufen indem man zunachst die erste Kurve durchlauft und dann nachdem man wieder am festen Startpunkt angekommen ist die zweite Dabei addieren sich die Umlaufzahlen Dem hintereinander ausgefuhrten Durchlauf der Kurven auf topologischer Seite entspricht also die Addition ganzer Zahlen auf der algebraischen Seite Damit ist dem topologischen Raum Ebene ohne Nullpunkt eine algebraische Struktur die Gruppe Z displaystyle mathbb Z nbsp zugeordnet die geschlossenen Kurven darin werden durch ein Element dieser Gruppe klassifiziert Diese Betrachtungen deuten die Rolle der Kategorientheorie in der algebraischen Topologie an Die allgemeine Idee besteht darin einer topologischen Situation das heisst topologischen Raumen und stetigen Abbildungen zwischen ihnen eine algebraische Situation das heisst Gruppen Ringe oder Vektorraume und Morphismen zwischen ihnen in invarianter und funktorieller Weise zuzuordnen und daraus Schlusse zu ziehen Invariant bedeutet in diesem Fall dass homoomorphen oder homotopieaquivalenten Raumen isomorphe algebraische Strukturen zugeordnet werden Historische Entwicklung BearbeitenZwar haben sich schon die griechischen Mathematiker des Altertums mit Verformungen dreidimensionaler Korper Scherungen Streckungen befasst und auch fur die Komplexitat von Knoten interessiert aber die erste prazise Begriffsbildung die der algebraischen Topologie zuzurechnen ware ist die von Leonhard Euler eingefuhrte Eulercharakteristik Im 19 Jahrhundert entdeckte Gauss die Verschlingungszahl zweier Kurven die sich bei stetiger Deformation ohne gegenseitige Durchdringung nicht andert Der Physiker Kelvin begann sich fur Knoten zu interessieren Betti untersuchte Locher und Henkel an Mannigfaltigkeiten und kam zu den nach ihm benannten Bettizahlen Gegen Ende des 19 Jahrhunderts klassifizierte Poincare zweidimensionale Mannigfaltigkeiten siehe Klassifikationssatz fur 2 Mannigfaltigkeiten und fuhrte in diesem Zusammenhang den grundlegenden Begriff der Fundamentalgruppe ein Die ersten herausragenden Ergebnisse in der algebraischen Topologie des 20 Jahrhunderts waren der Nachweis der Invarianz der topologischen Dimension durch Brouwer 1913 und der Invarianz der Homologie das heisst der Bettizahlen durch Alexander in den 1920ern Durch Vietoris Alexandrow und Cech wurde die Homologietheorie auf allgemeine Raume ausgedehnt Ideen Poincares und Riemanns folgend fuhrte Cartan Differentialformen und eine darauf aufbauende Homologietheorie ein deren Aquivalenz zur ublichen Homologietheorie von seinem Studenten de Rham in den 1930ern bewiesen wurde Hurewicz verallgemeinerte den Begriff der Fundamentalgruppe zur Homotopiegruppe Nachdem festgestellt wurde dass die n Spharen nicht triviale hohere Homotopiegruppen haben wurde deren Bestimmung eine zentrale Aufgabe Ende der 1930er Jahre entdeckten Whitney Stiefel Pontrjagin und Chern verschiedene nach ihnen benannte topologische Invarianten sogenannte charakteristische Klassen die als Hindernisse auftreten gewisse Dinge konnen nur dann funktionieren oder vorhanden sein wenn diese Klassen gewissen Bedingungen genugen anderenfalls stellen sie das Hindernis dafur dar In den 1940ern etablierte sich die Morsetheorie und Eilenberg gelang ein rigoroser Beweis der Homotopieinvarianz der singularen Homologie Eine weitergehende Algebraisierung der Poincare Dualitat fuhrte schliesslich zur Kohomologietheorie Eilenberg und Mac Lane abstrahierten weiter zur sogenannten homologischen Algebra und gelten in diesem Zusammenhang als Begrunder der Kategorientheorie Diese Uberlegungen mundeten im Eilenberg Steenrod Eindeutigkeitssatz Ein Durchbruch in der bereits von Poincare begonnenen Klassifikation der Mannigfaltigkeiten war die Chirurgietheorie von Browder Nowikow Sullivan und Wall mit der eine Klassifikation bis auf Diffeomorphie der einfach zusammenhangenden Mannigfaltigkeiten der Dimension 5 displaystyle geq 5 nbsp die zu einer gegebenen Mannigfaltigkeit homotopieaquivalent sind gelang Ein weiterer wichtiger Fortschritt in den algebraischen Methoden der Topologie und Homologietheorie waren Grothendiecks Arbeiten uber den Satz von Riemann Roch die die K Theorie begrundeten Hier zahlen die Bott Periodizitat und der Atiyah Singer Indexsatz in den 1960er Jahren zu den bedeutenden Ergebnissen Die algebraische Topologie ist bis heute Gegenstand aktueller Forschung wobei eine allgemein verstandliche Darstellung der Ergebnisse zunehmend schwieriger wird Fur weitere Ausfuhrungen wird auf den unten angegebenen Artikel von Nowikow verwiesen Beim schon von Poincare unternommenen Versuch der Klassifikation dreidimensionaler Mannigfaltigkeiten trat das Problem auf zu zeigen dass jede einfach zusammenhangende kompakte unberandete 3 dimensionale Mannigfaltigkeit zur 3 Sphare homoomorph ist Dieses als Poincare Vermutung bekannt gewordene Problem wurde erst 2002 von Perelman gelost Anwendungen BearbeitenAuch ausserhalb der Topologie gibt es viele Anwendungen der algebraischen Topologie Die oben erwahnte Umlaufzahl ist fur Integrationswege eine wichtige Grosse in der Funktionentheorie spricht man wie selbstverstandlich von nullhomologen Zyklen Bei der Untersuchung riemannscher Flachen spielen Methoden der Kohomologietheorie eine wichtige Rolle Identifiziert man einen kompakten Raum K displaystyle K nbsp mit der Algebra C K displaystyle C K nbsp der stetigen komplexwertigen Funktionen darauf was man nach dem Satz von Gelfand Neumark tun darf so ubersetzen sich obige Begriffsbildungen in die Ringtheorie bzw C Theorie zumindest fur kommutative Ringe bzw C Algebren denn C K displaystyle C K nbsp ist kommutativ Lasst man die Kommutativitat nun fallen so fuhrt das zur sogenannten nicht kommutativen Topologie zum Beispiel zur auf Kasparow zuruckgehenden KK Theorie So erhalt man wichtige Impulse fur die Algebra und die Funktionalanalysis In der Physik spielt die algebraische Topologie eine bedeutende Rolle in der topologischen Quantenfeldtheorie TQFT Literatur BearbeitenGlen Bredon Topology and Geometry Graduate Texts in Mathematics 139 Springer 1993 ISBN 0 387 97926 3 Albrecht Dold Lectures on Algebraic Topology Springer Verlag Grundlehren der Mathematischen Wissenschaften 1972 2 Auflage 1980 neu 2004 in der Reihe Classics in Mathematics herausgekommen ISBN 3 540 58660 1 Marvin J Greenberg John Harper Algebraic Topology A First Course Westview 1981 Ioan M James Handbook of Algebraic Topology Elsevier Amsterdam 1995 ISBN 0 444 81779 4 William S Massey Algebraic Topology An Introduction Graduate Texts in Mathematics Springer 1989 Sergei Petrowitsch Nowikow Topology in the 20th century a view from the inside Russian Mathematical Surveys Band 59 2004 Seiten 803 829 Erich Ossa Topologie Eine anschauliche Einfuhrung in die geometrischen und algebraischen Grundlagen Vieweg Teubner Wiesbaden 2009 ISBN 978 3 8348 0874 5 Allen Hatcher Algebraic Topology University Press Cambridge 2000 ISBN 0 521 79540 0 cornell edu Tammo tom Dieck Topologie 2 Auflage de Gruyter 1991 2000 Stark erweiterte englische Ausgabe Algebraic Topology European Mathematical Society 2008Normdaten Sachbegriff GND 4120861 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Algebraische Topologie amp oldid 231484954