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Kette und Zyklus sind mathematische Objekte die insbesondere in der Funktionentheorie betrachtet werden aber auch als Spezialfalle in der algebraischen Topologie auftreten Die Kette ist eine Verallgemeinerung einer Kurve und der Zyklus ist eine Verallgemeinerung einer geschlossenen Kurve Sie werden in Funktionentheorie vor allem im Bereich der Integration verwendet Um anzudeuten dass Kette und Zyklus Spezialfalle aus der Homologietheorie der algebraischen Topologie sind spricht man auch von der 1 Kette und dem 1 Zyklus 1 In der algebraischen Topologie selbst hat sich anstatt des Begriffs 1 Zyklus der Begriff 1 Zykel beziehungsweise p Zykel durchgesetzt 2 Ausserdem ist zu beachten dass der Plural von der Zyklus die Zyklen der Plural von der Zykel jedoch die Zykel heisst Inhaltsverzeichnis 1 Definitionen 1 1 Kette 1 2 Integration uber eine Eins Kette 1 3 Zyklus 1 4 Windungszahl 2 Integralsatze 3 Einordnung in die Homologietheorie 4 Quellen 5 EinzelnachweiseDefinitionen BearbeitenKette Bearbeiten Unter einer Kette auf X C displaystyle X mathbb C nbsp beziehungsweise auf einer riemannschen Flache X displaystyle X nbsp versteht man eine formale endliche ganzzahlige Linearkombination G i 1 k n i g i n i Z displaystyle Gamma sum i 1 k n i gamma i quad n i in mathbb Z nbsp von stetigen Kurven g i 0 1 X displaystyle gamma i colon 0 1 to X nbsp Die Menge aller Ketten auf X displaystyle X nbsp die auf naturliche Weise eine abelsche Gruppe bilden wird mit C 1 X displaystyle C 1 X nbsp notiert Integration uber eine Eins Kette Bearbeiten Sei w displaystyle omega nbsp eine geschlossene komplexe 1 0 Differentialform dann ist das Integral uber die Kette G displaystyle Gamma nbsp durch G w i 1 k n i g i w displaystyle int Gamma omega sum i 1 k n i int gamma i omega nbsp definiert Ist X displaystyle X nbsp die komplexe Ebene C displaystyle mathbb C nbsp so ist das Kalkul der Differentialformen nicht notwendig In diesem Fall gilt namlich w f z d z displaystyle omega f z mathrm d z nbsp wobei f D C C displaystyle f colon D subset mathbb C to mathbb C nbsp eine differenzierbare Funktion ist Die Definition vereinfacht sich dann zu G f z d z i 1 k n i g i f z d z displaystyle int Gamma f z mathrm d z sum i 1 k n i int gamma i f z mathrm d z nbsp Zyklus Bearbeiten Ein Zyklus ist eine Kette bei der jeder Punkt a C displaystyle a in mathbb C nbsp unter Berucksichtigung der Vielfachheit n i displaystyle n i nbsp genauso oft als Anfangs wie als Endpunkt der Kurven g i displaystyle gamma i nbsp auftritt Diese Definition kann man mit Hilfe der Divisorengruppe Div X displaystyle operatorname Div X nbsp umformulieren Sei C 1 X Div X displaystyle partial colon C 1 X to operatorname Div X nbsp eine Abbildung Fur eine Kurve c 0 1 X displaystyle c colon 0 1 to X nbsp setzt man c 0 displaystyle partial c 0 nbsp falls c 0 c 1 displaystyle c 0 c 1 nbsp Andernfalls ist c displaystyle partial c nbsp der Divisor der den Wert 1 in c 1 displaystyle c 1 nbsp den Wert 1 in c 0 displaystyle c 0 nbsp und sonst den Wert 0 annimmt Fur eine Kette G displaystyle Gamma nbsp ist displaystyle partial nbsp durch G i 1 n n i g i displaystyle textstyle partial Gamma sum i 1 n n i partial gamma i nbsp definiert Der Kern Z 1 X Kern displaystyle Z 1 X operatorname Kern partial nbsp der Abbildung displaystyle partial nbsp ist die Gruppe der Zyklen Windungszahl Bearbeiten Die Spur ist die Vereinigung der Bilder der einzelnen Kurven d h Spur G i 1 N im g i displaystyle operatorname Spur Gamma bigcup i 1 N operatorname im gamma i nbsp Ist D C displaystyle D subseteq mathbb C nbsp eine Teilmenge dann heisst G displaystyle Gamma nbsp ein Zyklus in D displaystyle D nbsp genau dann wenn die Spur Spur G D displaystyle operatorname Spur Gamma subseteq D nbsp in D displaystyle D nbsp liegt Die Umlaufzahl wird analog zu der einer geschlossenen Kurve definiert nur unter Verwendung des oben definierten Integrals d h fur z Spur G displaystyle z not in operatorname Spur Gamma nbsp schreibt man ind G z 1 2 p i G d z z z Z displaystyle operatorname ind Gamma z frac 1 2 pi mathrm i int Gamma frac mathrm d zeta zeta z in mathbb Z nbsp Das Innere Interior eines Zyklus sind genau diejenigen Punkte fur die die Windungszahl nicht verschwindet Int G z C Spur G ind G z 0 displaystyle operatorname Int Gamma z in mathbb C setminus operatorname Spur Gamma operatorname ind Gamma z neq 0 nbsp Analog dazu ist das Aussere Exterior genau die Menge der Punkte fur die die Windungszahl verschwindet Ext G z C Spur G ind G z 0 displaystyle operatorname Ext Gamma z in mathbb C setminus operatorname Spur Gamma operatorname ind Gamma z 0 nbsp Ein Zyklus heisst nullhomolog in D C displaystyle D subseteq mathbb C nbsp genau dann wenn das Innere Int G displaystyle operatorname Int Gamma nbsp vollstandig in D displaystyle D nbsp liegt Dies ist genau dann der Fall wenn die Windungszahl fur alle Punkte aus C D displaystyle mathbb C setminus D nbsp verschwindet Zwei Zyklen G 1 displaystyle Gamma 1 nbsp G 2 displaystyle Gamma 2 nbsp heissen homolog in D C displaystyle D subseteq mathbb C nbsp genau dann wenn ihre formale Differenz G 1 G 2 displaystyle Gamma 1 Gamma 2 nbsp nullhomolog in D displaystyle D nbsp ist Integralsatze BearbeitenDie Ketten und Zyklen sind in der Funktionentheorie deshalb wichtig weil man wie schon angesprochen mit ihnen das Kurvenintegral verallgemeinern kann Insbesondere kann das Integral uber einen Zyklus als Verallgemeinerung des geschlossenen Kurvenintegrals verstanden werden Der Cauchysche Integralsatz die Cauchysche Integralformel und der Residuensatz konnen fur Zyklen bewiesen werden Der Satz von Stokes kann auch fur Ketten erklart werden Sei G displaystyle Gamma nbsp eine Kette auf X displaystyle X nbsp bei der alle Kurven g i displaystyle gamma i nbsp glatt sind und sei f X R displaystyle f colon X to mathbb R nbsp eine glatte Funktion Dann lautet die Aussage des Satzes von Stokes G d f z d z G f z d z displaystyle int Gamma mathrm d f z mathrm d z int partial Gamma f z mathrm d z nbsp wobei displaystyle partial nbsp der Operator aus dem Abschnitt Eins Zyklus und d displaystyle mathrm d nbsp die Ableitung ist Das zweite Integral muss ausserdem als G f z d z i 1 n n i f z g i 0 z g i 1 i 1 n n i f g i 1 f g i 0 displaystyle int partial Gamma f z mathrm d z sum i 1 n n i f z gamma i 0 z gamma i 1 sum i 1 n n i left f gamma i 1 f gamma i 0 right nbsp verstanden werden Ist G displaystyle Gamma nbsp sogar ein Zyklus dessen Kurven glatt sind dann vereinfacht sich der Satz von Stokes zu G d f z d z 0 displaystyle int Gamma mathrm d f z mathrm d z 0 nbsp da dann die Summe i 1 n n i f g i 1 f g i 0 displaystyle textstyle sum i 1 n n i left f gamma i 1 f gamma i 0 right nbsp null ist Einordnung in die Homologietheorie BearbeitenBei den Begriffen der Kette und des Zyklus handelt es sich um Spezialfalle von Objekten der Topologie In der algebraischen Topologie betrachtet man Komplexe von p Ketten und bildet daraus Homologiegruppen Diese Gruppen sind Invarianten in der Topologie Eine sehr wichtige Homologietheorie ist die der singularen Homologiegruppen Eine Kette wie sie hier im Artikel definiert wurde ist eine 1 Kette des singularen Komplexes der ein bestimmter Kettenkomplex ist Der im Abschnitt zum Zyklus definierte Operator C 1 X Div X displaystyle partial colon C 1 X to operatorname Div X nbsp ist der erste Randoperator des singularen Komplexes und die Gruppe der Divisoren ist daher identisch mit der Gruppe der 0 Ketten Die Gruppe der Zyklen definiert als der Kern des Randoperators displaystyle partial nbsp ist ein 1 Zykel im Sinn des singularen Komplexes Neben dem Kern des Randoperators betrachte man in der algebraischen Topologie auch das Bild dieses Operators und konstruiert aus diesen beiden Mengen eine entsprechende Homologiegruppe Im Fall des singularen Komplexes erhalt man die singulare Homologie In diesem Kontext haben auch die zuvor definierten Begriffe homologe Kette und nullhomologe Kette eine abstraktere Bedeutung Quellen BearbeitenWolfgang Fischer Ingo Lieb Funktionentheorie 8 Auflage Vieweg Braunschweig 2003 ISBN 3 528 77247 6 Otto Forster Riemannsche Flachen Springer 1977 englisch Lectures on Riemann surfaces Graduate Texts in Mathematics Springer Verlag 1991 ISBN 3 540 90617 7 Kapitel 20Einzelnachweise Bearbeiten Otto Forster Riemannsche Flachen Springer 1977 englisch Lectures on Riemann surfaces Graduate Texts in Mathematics Springer Verlag 1991 ISBN 3 540 90617 7 Kapitel 20 Wolfgang Luck Algebraische Topologie Homologie und Mannigfaltigkeiten Vieweg 2005 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zyklus Funktionentheorie amp oldid 239558070