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In der Mathematik ist eine Kurve von lateinisch curvus gebogen gekrummt ein eindimensionales Objekt 1 Im Gegensatz etwa zu einer Geraden muss eine Kurve grundsatzlich keinen geraden sondern kann vielmehr jeden beliebigen Verlauf annehmen 2 Eindimensional bedeutet dabei informell dass man sich auf der Kurve nur in eine Richtung bzw in die Gegenrichtung bewegen kann Ob die Kurve in der zweidimensionalen Ebene liegt ebene Kurve in einem hoherdimensionalen Raum siehe Raumkurve oder gar in einer Mannigfaltigkeit beispielsweise in einer Lorentzschen Mannigfaltigkeit ist in diesem begrifflichen Zusammenhang unerheblich Je nach Teilgebiet der Mathematik gibt es unterschiedliche Prazisierungen dieser Beschreibung Inhaltsverzeichnis 1 Parameterdarstellungen 2 Parametertransformation 3 Gerichtete Kurven 4 Glatte Kurven 5 Gleichungsdarstellungen 6 Funktionsgraphen 7 Differenzierbare Kurven Krummung 8 Geschlossene Kurven 9 Raumkurven 10 Kurven als eigenstandige Objekte 11 Historisches 12 Literatur 13 Anmerkungen 14 Weblinks 15 EinzelnachweiseParameterdarstellungen Bearbeiten Hauptartikel Weg Mathematik Eine Kurve kann als das Bild Wertebereich eines Weges definiert werden 3 Ein Weg ist abweichend von der Umgangssprache eine stetige Abbildung von einem Intervall in den betrachteten Raum also z B in die euklidische Ebene R 2 displaystyle mathbb R 2 nbsp Ein Weg dessen Bild eine gegebene Kurve ist heisst auch Parameterdarstellung dieser Kurve Wege werden deshalb manchmal auch als parametrisierte Kurven bezeichnet 4 nbsp Kubische Kurve mit einem Doppelpunkt t t2 1 t t2 1 bzw y2 x2 x 1 Beispiele Die Abbildung 0 2 p R 2 t cos t sin t displaystyle 0 2 pi to mathbb R 2 quad t mapsto cos t sin t nbsp dd beschreibt den Einheitskreis in der Ebene Die AbbildungR R 2 t t 2 1 t t 2 1 displaystyle mathbb R to mathbb R 2 quad t mapsto big t 2 1 t t 2 1 big nbsp dd beschreibt eine Kurve mit einem einfachen Doppelpunkt bei 0 0 displaystyle 0 0 nbsp entsprechend den Parameterwerten t 1 displaystyle t 1 nbsp und t 1 displaystyle t 1 nbsp Gelegentlich insbesondere bei historischen Bezeichnungen wird zwischen Weg und Kurve nicht unterschieden So ist die interessante Struktur bei der Hilbert Kurve der Weg das Bild dieses Weges ist das Einheitsquadrat besitzt also keinerlei fraktale Struktur mehr Parametertransformation Bearbeiten Hauptartikel Parametertransformation Eine Parametertransformation ϕ displaystyle phi nbsp ist eine umkehrbar stetige Abbildung Homoomorphismus der zwei Wege d h parametrisierte Kurven c c displaystyle c c nbsp ineinander uberfuhrt gemass c c ϕ displaystyle c c circ phi nbsp 4 Fur zwei Parameterdarstellungen c I C c J C displaystyle c colon I to C c colon J to C nbsp derselben Kurve C displaystyle C nbsp ist ein Parameterwechsel daher durch eine Parametertransformation ϕ J I displaystyle phi colon J to I nbsp gegeben so dass c c ϕ displaystyle c c circ phi nbsp und damit umgekehrt auch c c displaystyle c c circ nbsp ϕ 1 displaystyle phi 1 nbsp Statt Kurven mit den Bildern von Wegen zu identifizieren konnte man sie auch im Sinn der Kategorientheorie aquivalent auch als die Aquivalenzklassen von Wegen mit gleichem Bild beschreiben die durch Parametertransformationen Homoomorphismen ineinander ubergefuhrt werden konnen Diese Gleichwertigkeit macht man sich zunutze um spezielle Klassen von Kurven zu definieren Gerichtete Kurven BearbeitenDurch die Parameterdarstellung erhalt die Kurve einen Richtungssinn in der Richtung des wachsenden Parameters 5 6 Eine gerichtete oder orientierte Kurve ist eine Aquivalenzklasse von Wegen parameterisierten Kurven die sich durch streng strikt monotone steigende Parametertransformationen ineinander uberfuhren lassen 4 In Anpassung des Sprachgebrauchs an den vorliegenden Verwendungszweck wird allgemein definiert Die Spur einer parametrisierten gerichteten oder allgemeinen Kurve ist die eindeutige Menge der Bildpunkte einer beliebigen Parameterdarstellung derselben 4 A 1 Glatte Kurven Bearbeiten Hauptartikel Glatte Kurve In diesem Fall verlangt man zusatzlich k displaystyle k nbsp fache stetige Differenzierbarkeit k 1 2 displaystyle k 1 2 ldots infty nbsp fur den Weg bzw die Parameterdarstellungen einer gerichteten Kurve Die entsprechenden Kurvenklassen werden mit C k displaystyle C k nbsp bezeichnet 4 Gleichungsdarstellungen Bearbeiten Hauptartikel Implizite Kurve Eine Kurve kann auch durch eine oder mehrere Gleichungen in den Koordinaten beschrieben werden Beispiele dafur sind wieder die Bilder der beiden durch die obigen Parameterdarstellungen gegebenen Kurven Die Gleichungx 2 y 2 1 displaystyle x 2 y 2 1 nbsp dd beschreibt den Einheitskreis in der Ebene Die Gleichungy 2 x 2 x 1 displaystyle y 2 x 2 x 1 nbsp dd beschreibt die oben in Parameterdarstellung angegebene Kurve mit Doppelpunkt Ist die Gleichung wie hier durch ein Polynom gegeben nennt man die Kurve algebraisch Funktionsgraphen Bearbeiten Hauptartikel Funktionsgraph Funktionsgraphen sind ein Spezialfall beider oben angegebenen Formen Der Graph einer Funktion f D R x f x displaystyle f colon D to mathbb R quad x mapsto f x nbsp kann entweder als Parameterdarstellung D R 2 t t f t displaystyle D to mathbb R 2 quad t mapsto t f t nbsp oder als Gleichung G f x y R 2 y f x displaystyle Gamma f x y in mathbb R 2 mid y f x nbsp angegeben werden Wird in der Schulmathematik von Kurvendiskussion gesprochen so meint man ublicherweise nur diesen Spezialfall Differenzierbare Kurven Krummung BearbeitenSei a b R displaystyle a b subset mathbb R nbsp ein Intervall und c a b R n displaystyle c colon a b to mathbb R n nbsp eine regulare Kurve d h c x 0 displaystyle c x neq 0 nbsp fur alle x a b displaystyle x in a b nbsp Die Lange der Kurve ist l a b c t d t displaystyle l int a b c t dt nbsp Die Funktion x a x c t d t displaystyle x mapsto int a x c t dt nbsp ist ein Diffeomorphismus a b 0 l displaystyle a b to 0 l nbsp und die Verkettung von c displaystyle c nbsp mit dem inversen Diffeomorphismus liefert eine neue Kurve c 0 l R n displaystyle tilde c colon 0 l to mathbb R n nbsp mit c x 1 displaystyle tilde c x 1 nbsp fur alle x 0 l displaystyle x in 0 l nbsp Man sagt c displaystyle tilde c nbsp ist nach der Bogenlange parametrisiert Sei a b R displaystyle a b subset mathbb R nbsp ein Intervall und c a b R n displaystyle c colon a b to mathbb R n nbsp eine nach der Bogenlange parametrisierte Kurve Die Krummung von c displaystyle c nbsp an der Stelle s displaystyle s nbsp ist definiert als k s c s displaystyle kappa s c s nbsp Fur ebene Kurven kann man die Krummung noch mit einem Vorzeichen versehen Ist J displaystyle J nbsp die Drehung um 90 dann ist k s displaystyle kappa s nbsp festgelegt durch c s k s J c s displaystyle c s kappa s cdot Jc s nbsp Positive Krummung entspricht Linkskurven negative Rechtskurven Geschlossene Kurven BearbeitenEine ebene Kurve c 0 1 R 2 displaystyle c colon 0 1 to mathbb R 2 nbsp heisst geschlossen wenn c 0 c 1 displaystyle c 0 c 1 nbsp und einfach geschlossen wenn zusatzlich c displaystyle c nbsp auf 0 1 displaystyle 0 1 nbsp injektiv ist Der Jordansche Kurvensatz besagt dass eine einfach geschlossene Kurve die Ebene in einen beschrankten und einen unbeschrankten Teil zerlegt Ist c displaystyle c nbsp eine geschlossene Kurve mit c t 0 0 displaystyle c t neq 0 0 nbsp fur alle t 0 1 displaystyle t in 0 1 nbsp kann man der Kurve eine Umlaufzahl zuordnen die angibt wie oft die Kurve um den Nullpunkt herumlauft Glatten geschlossenen Kurven kann man eine weitere Zahl zuordnen die Tangentenumlaufzahl die fur eine nach der Bogenlage parametrisierte Kurve c 0 l R 2 displaystyle c colon 0 l to mathbb R 2 nbsp durch 1 2 p 0 l k t d t displaystyle frac 1 2 pi int 0 l kappa t dt nbsp gegeben ist Der Umlaufsatz von Heinz Hopf besagt dass eine einfache geschlossene Kurve Tangentenumlaufzahl 1 displaystyle 1 nbsp oder 1 displaystyle 1 nbsp hat Sei allgemein X displaystyle X nbsp ein topologischer Raum Statt von geschlossenen Wegen c 0 1 X displaystyle c colon 0 1 to X nbsp mit c 0 c 1 displaystyle c 0 c 1 nbsp spricht man auch von Schleifen mit Basispunkt c 0 displaystyle c 0 nbsp Weil der Quotientenraum 0 1 0 1 displaystyle 0 1 0 1 nbsp homoomorph zum Einheitskreis S 1 displaystyle S 1 nbsp ist identifiziert man Schleifen mit stetigen Abbildungen S 1 X displaystyle S 1 to X nbsp Zwei Schleifen c 1 c 2 displaystyle c 1 c 2 nbsp mit Basispunkt x displaystyle x nbsp heissen homotop wenn man sie unter Beibehaltung des Basispunkts stetig ineinander deformieren kann d h wenn es eine stetige Abbildung H 0 1 2 X displaystyle H colon 0 1 2 to X nbsp mit H s 0 c 1 s displaystyle H s 0 c 1 s nbsp H s 1 c 2 s displaystyle H s 1 c 2 s nbsp fur alle s displaystyle s nbsp und H 0 t H 1 t x displaystyle H 0 t H 1 t x nbsp fur alle t displaystyle t nbsp gilt Die Aquivalenzklassen homotoper Schleifen bilden eine Gruppe die Fundamentalgruppe von X displaystyle X nbsp Ist X R 2 0 displaystyle X mathbb R 2 0 nbsp dann ist die Fundamentalgruppe uber die Windungszahl isomorph zu Z displaystyle mathbb Z nbsp Raumkurven BearbeitenSei a b R displaystyle a b subset mathbb R nbsp ein Intervall und c a b R 3 displaystyle c colon a b to mathbb R 3 nbsp eine nach der Bogenlange parametrisierte Kurve Die folgenden Bezeichnungen sind Standard t s c s n s t s t s b s t s n s displaystyle begin aligned t s amp c s n s amp frac t s t s b s amp t s times n s end aligned nbsp definiert wann immer t s 0 displaystyle t s neq 0 nbsp t s displaystyle t s nbsp ist der Tangentialvektor n s displaystyle n s nbsp der Normalenvektor und b s displaystyle b s nbsp der Binormalenvektor das Tripel t n b displaystyle t n b nbsp heisst begleitendes Dreibein Die Krummung ist k s t s c s displaystyle kappa s t s c s nbsp die Windung t s displaystyle tau s nbsp definiert durch b s t s n s displaystyle b s tau s n s nbsp Es gelten die frenetschen Formeln t k n n k t t b b t n displaystyle begin matrix t amp amp amp kappa n n amp amp kappa t amp amp tau b b amp amp amp tau n end matrix nbsp Der Hauptsatz der lokalen Kurventheorie besagt dass man eine Kurve aus Krummung und Windung rekonstruieren kann Sind glatte Funktionen k t 0 l R displaystyle kappa tau colon 0 l to mathbb R nbsp mit k s gt 0 displaystyle kappa s gt 0 nbsp fur alle s 0 l displaystyle s in 0 l nbsp der Wert 0 ist fur k displaystyle kappa nbsp also nicht erlaubt so gibt es bis auf Bewegungen genau eine entsprechende Kurve Die von je zwei der drei Vektoren t displaystyle t nbsp n displaystyle n nbsp oder b displaystyle b nbsp aufgespannten Ebenen durch den Kurvenpunkt tragen besondere Namen 7 Die Oskulations ebene oder Schmiegebene wird von t displaystyle t nbsp und n displaystyle n nbsp aufgespannt Die Normalebene wird von n displaystyle n nbsp und b displaystyle b nbsp aufgespannt Die rektifizierende Ebene oder Streckebene wird von t displaystyle t nbsp und b displaystyle b nbsp aufgespannt Kurven als eigenstandige Objekte BearbeitenKurven ohne umgebenden Raum sind in der Differentialgeometrie relativ uninteressant weil jede eindimensionale Mannigfaltigkeit diffeomorph zur reellen Geraden R displaystyle mathbb R nbsp oder zur Einheitskreislinie S 1 displaystyle S 1 nbsp ist Auch Eigenschaften wie die Krummung einer Kurve sind intrinsisch nicht feststellbar In der algebraischen Geometrie und damit zusammenhangend in der komplexen Analysis versteht man unter Kurven in der Regel eindimensionale komplexe Mannigfaltigkeiten oft auch als Riemannsche Flachen bezeichnet Diese Kurven sind eigenstandige Studienobjekte das prominenteste Beispiel sind die elliptischen Kurven Siehe Kurve algebraische Geometrie Historisches BearbeitenDas erste Buch der Elemente Stoixeῖa von Euklid begann mit der Definition Ein Punkt shmeῖon signum ist was keine Teile hat Eine Kurve grammh Linie ist eine Lange ohne Breite 8 Diese Definition lasst sich heute nicht mehr aufrechterhalten denn es gibt zum Beispiel Peano Kurven d h stetige surjektive Abbildungen f R R 2 displaystyle f colon mathbb R to mathbb R 2 nbsp die die gesamte Ebene ausfullen 9 Andererseits folgt aus dem Lemma von Sard dass jede differenzierbare Kurve den Flacheninhalt null also tatsachlich wie von Euklid gefordert keine Breite hat Literatur BearbeitenEthan D Bloch A First Course in Geometric Topology and Differential Geometry Birkhauser Boston 1997 Wilhelm Klingenberg A Course in Differential Geometry Springer New York 1978 Anmerkungen Bearbeiten Fur Wege als parametrisierte Kurven ist das die Bildmenge bei gerichteten Kurven wird die Orientierung vergessen fur Kurven im allgemeinen Sinn liefert die Spur die Kurve selbst da es nichts zu vergessen gibt Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kurven Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Kurve Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Douglas Harper curve In Online Herkunftsworterbuch Etymonline Douglas Harper abgerufen am 9 Juni 2023 Dr Hannelore Dittmar Ilgen Gerade Kurve eine Erklarung von der Physikexpertin In Website HELPSTER de gutefrage net GmbH abgerufen am 9 Juni 2023 Prof Dr Guido Walz Kurve In Lexikon der Mathematik Band 3 Inp bis Mon Umfassendes Nachschlagewerk mit ca 17 000 Stichworteintragen Prof Dr Guido Walz abgerufen am 9 Juni 2023 a b c d e Sebastian Goette Elementare Differentialgeometrie Vorlesungsskript Albert Ludwigs Universitat Freiburg 2009 H Neunzert W G Eschmann A Blickensdorfer Ehlers K Schelkes Analysis 2 Mit einer Einfuhrung in die Vektor und Matrizenrechnung Ein Lehr und Arbeitsbuch 2 Auflage Springer 2013 ISBN 978 3 642 97840 1 23 5 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche H Worle H J Rumpf J Erven Taschenbuch der Mathematik 12 Auflage Walter de Gruyter 1994 ISBN 978 3 486 78544 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche W Kuhnel Differentialgeometrie Vieweg Verlag 1999 ISBN 978 3 8348 0411 2 Absatz 2 9 Ulrich Felgner Kapitel 4 Die Euklid sche Axiomatik In Philosophie der Mathematik in der Antike und in der Neuzeit Ulrich Felgner S 45 61 abgerufen am 9 Juni 2023 H Herrlich M Husek G Preuss Hausdorffs Studien uber Kurven Bogen und Peano Kontinua In Felix Hausdorff Gesammelte Werke Band III Mengenlehre 1927 1935 Deskripte Mengenlehre und Topologie Band 3 Mengenlehre 1927 1935 deskriptive Mengenlehre und Topologie Ulrich Felgner Felix Hausdorff Horst Herrlich Mirek Husek Vladimir Kanovei Peter Koepke Gerhard Preuss Walter Purkert Erhard Scholz S 798 839 abgerufen am 9 Juni 2023 Normdaten Sachbegriff GND 4033824 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kurve Mathematik amp oldid 235196237