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Die afroasiatischen Sprachen traditionell als semito hamitisch oder hamito semitisch bezeichnet bilden eine Sprachfamilie die in Nord und Ostafrika sowie in Vorderasien verbreitet ist Das Afroasiatische besteht aus sechs Zweigen dem Agyptischen Berberischen Semitischen Kuschitischen Omotischen und dem Tschadischen Diese umfassen insgesamt etwa 350 Sprachen mit etwa 350 Millionen Sprechern Etwa 40 der ursprunglich bekannten Sprachen sind heute ausgestorben Das Gebiet der afroasiatischen Sprachen ist auf der Karte in Gelb eingefarbtDas Afroasiatische ist auch eine der vier grossen Familien Phyla afrikanischer Sprachen deren Identifizierung Joseph Greenberg in seinen Arbeiten von 1949 bis 1963 etabliert hatte und die heute die Basis aller linguistischen Klassifikationen in Afrika bildet Das Gebiet der rezenten Sprachfamilie der afroasiatischen Sprachen grenzt im Suden an die Sprachfamilien der Niger Kongo und nilosaharanischen Sprachen und im Nordosten an den Sprachraum der indoeuropaischen Sprachen und der Turksprachen Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnung 2 Primarzweige Gliederung und geografische Ausbreitung 2 1 Agyptisch 2 2 Berberisch 2 3 Semitisch 2 4 Kuschitisch 2 5 Omotisch 2 6 Tschadisch 3 Forschungs und Klassifikationsgeschichte 4 Protosprache und Urheimat 5 Verschriftlichung und fruheste Belege 6 Phonologie 6 1 Konsonanten 6 2 Vokale 7 Morphologie 7 1 Nominalmorphologie 7 2 Pronomina 7 3 Verbalmorphologie 7 3 1 Konjugation 7 3 2 Aspektstamme 7 3 3 Verbalbildung 8 Syntax 9 Wortschatz 10 Literatur 11 Weblinks 12 Einzelnachweise und AnmerkungenBezeichnung BearbeitenJoseph Greenberg fuhrte die Bezeichnung Afroasiatisch auch Afro Asiatisch fur die Sprachfamilie ein Sie hat die altere Benennung Hamito Semitisch vielfach abgelost Diese scheint insofern irrefuhrend als sie eine Zweiteilung in semitische und hamitische Sprachen suggeriert und im Zusammenhang mit der Hamitentheorie als rassistisch konnotiert empfunden werden kann Als weitere Benennungen wurden Afrasisch Igor M Diakonoff Lisramisch Carleton T Hodge und Erythraisch Leo Reinisch vorgeschlagen diese Termini haben jedoch mit Ausnahme von Afrasisch kaum Anhanger gefunden Erythraisch ist in diesem Zusammenhang nicht mit der Bezeichnung einer von Christopher Ehret vorgeschlagenen hypothetischen Untergruppe des Afroasiatischen zu verwechseln Die altere fruher weit verbreitete Bezeichnung als hamito semitisch geht auf die Volkertafel der Bibel zuruck die die Sohne Hams und Sems im hier gemeinten Sprachgebiet verortet Die Begriffe sind nicht ethnisch gemeint und gruppieren die Sprachen in zwei differierende Zonen Tatsachlich sind einerseits Koptisch und Berberisch in Nordafrika einander ahnlicher als beispielsweise Koptisch und die semitischen Sprachen Hebraisch Arabisch Aramaisch andererseits weisen die semitischen Sprachen untereinander ein engeres Verwandtschaftsverhaltnis auf das sie von den nordafrikanischen Sprachen abhebt Auch wenn Hamitisch als Bezeichnung fur die offenbar auf afrikanischem Boden entstandenen afroasiatischen Sprachen heute ausser Gebrauch kommt bleibt die Bezeichnung Semitisch weiterhin ublich Primarzweige Gliederung und geografische Ausbreitung Bearbeiten Karte der afroasiatischen SprachenMan unterscheidet heute in der Regel folgende funf oder sechs Primarzweige des Afroasiatischen wobei besonders die Zugehorigkeit des Omotischen umstritten ist 1 Afroasiatisch gt ungefahr 354 Sprachen davon 43 ausgestorben 347 Mio Sprecher Nordafrika Vorderasien Agyptisch Koptisch gt 1 Sprache ausgestorben Agypten Berberisch gt ungefahr 24 Sprachen davon 5 ausgestorben 40 Mio Sprecher Nordwestafrika Semitisch gt ungefahr 62 Sprachen davon 28 ausgestorben 261 Mio Sprecher Nordafrika Vorderasien Malta Athiopien Kuschitisch gt ungefahr 47 Sprachen davon 2 ausgestorben 38 Mio Sprecher Nordostafrika Tschadisch gt ungefahr 193 Sprachen davon 7 ausgestorben 31 Mio Sprecher Sudwest Tschad Sud Niger Nord Nigeria Omotisch gt ungefahr 27 Sprachen 4 Mio Sprecher Athiopien SudanDie genaue Zahl der Sprachen ist kaum abschliessend zu bestimmen weil oft unklar ist was Dialekt einer bestimmten Sprache ist und was eigenstandige Sprache Die folgenden Beispiele illustrieren die Beziehungen der afroasiatischen Sprachen untereinander sowohl im lexikalischen wie im morphologischen Bereich wobei besonders bestimmte Verbflexionen Praformativkonjugation einander sehr ahnlich sind siehe hier die letzten drei Beispiele unten so sehr dass es kaum eine andere Erklarung fur die Ubereinstimmungen zwischen dem Semitischen Berberischen und Kuschitischen gibt als eine gemeinsame Ursprache Die Verwandtschaft dieser drei mit dem Agyptischen und dem Tschadischen ist weniger offensichtlich und wurde auch schon angezweifelt eine Verwandtschaft mit dem Omotischen ist stark umstritten Grund Bedeutung Berberisch Semitisch Agyptisch Kuschitisch Tschadisch Omotisch Zunge Kabylisch iles Arabisch lisan les Bole lisim Dime lits lecken Wasser Kabylisch aman Arabisch maʾ maw Dahalo maʔa Bole amma Mocha amiyo regnen er Kabylisch s Akkadisch su sw Somali isa Hausa shi Dizi iz n zwei Kabylisch sin Arabisch ʾiṯn ani sinewwVj du m stirbst Tuareg te mmut Arabisch ta mutu Rendille ta mut Hausa ka mutu er stirbt Tuareg ye mmut Arabisch ya mutu Rendille ya mut Hausa ya mutu wir sterben Tuareg ne mmut Arabisch na mutu Rendille na mut VergangenheitsformDie in Athiopien gesprochene Sprache Ongota Birale gehort moglicherweise auch zur afroasiatischen Familie und etabliert nach H Fleming einen unabhangigen weiteren Zweig 2 Einige Wissenschaftler halten das Kuschitische nicht fur eine genetische Einheit sondern nehmen an dass es aus zwei oder mehr direkt dem Afroasiatischen untergeordneten Primarzweigen besteht Die fruher vorgenommene Teilung in semitische und hamitische Sprachen wird heute nicht mehr vertreten dazu siehe den Artikel afrikanische Sprachen Es existieren mehrere Vorstellungen daruber in welcher Reihenfolge und wann sich die einzelnen Primarzweige vom Proto Afroasiatischen abspalteten Ein linguistisch begrundetes Szenario liefert Ehret 1995 Danach hat sich zuerst vor mindestens 10 000 Jahren der omotische Zweig vom Kern getrennt dies wird heute nahezu von allen Forschern so gesehen wahrend die weiteren Stufen durchaus umstritten sind Als nachste Zweige spalteten sich das Kuschitische und Tschadische ab die Trennung des Restes von Ehret Boreafrasisch genannt in Agyptisch Berberisch und Semitisch erfolgte zuletzt Es ist nach heutigem Kenntnisstand nicht moglich eine auch nur annahernde absolute Chronologie dieser Abspaltungen anzugeben Nach dem Modell von Ehret ergibt sich folgender dynamischer Stammbaum des Afroasiatischen Stammbaum und interne Gliederung des Afroasiatischen nach Ehret 1995 Afroasiatisch Omotisch Erythraisch Kuschitisch Nord Erythraisch Tschadisch Boreafrasisch Agyptisch Berberisch SemitischDer von Ehret hier eingefuhrte Name Erythraisch fur Afroasiatisch ohne Omotisch wurde von anderen Forschern fur die gesamte afroasiatische Sprachfamilie verwendet er konnte sich aber nicht gegen Afroasiatisch durchsetzen Agyptisch Bearbeiten Hauptartikel agyptische Sprache Das Agyptische stellt eine Ausnahme unter den afroasiatischen Primarzweigen dar da es aus nur einer einzigen Sprache besteht die eine luckenlose Uberlieferung uber fast funf Jahrtausende aufweist Seine letzte Stufe das Koptische starb in der fruhen Neuzeit als Alltagssprache aus Das Ausbreitungsgebiet des Agyptischen umfasste in historischer Zeit kaum mehr als das nordliche Drittel des Niltales im 3 Jahrtausend v Chr wurde jedoch moglicherweise auch in der agyptischen Westwuste ein dem Agyptischen nahe verwandtes Idiom gesprochen von dem sich einzelne Personennamen in agyptischer Uberlieferung finden 3 Durch seine lange Uberlieferungsdauer ist das Agyptische von besonderem sprachwissenschaftlichem Interesse jedoch fehlen ihm trotz der fruhen Uberlieferung einige grundlegende morphologische und moglicherweise auch phonologische Eigenschaften des Afroasiatischen Berberisch Bearbeiten Hauptartikel Berbersprachen Stopp Zeichen in arabischer Schrift qif oben und Berberschrift bedd unten in MarokkoDie Berbersprachen wurden vor der Expansion des Islam und der damit verbundenen Ausbreitung des Arabischen beinahe in der gesamten Sahara gesprochen Das heutige Hauptverbreitungsgebiet liegt in den Staaten Niger Mali Algerien Marokko Tunesien und im westlichen Libyen kleine Sprachinseln haben sich auch im Nordosten der Sahara in Oasen wie Augila Libyen und Siwa Agypten sowie im westlichen Mauretanien gehalten Im Gegensatz zu den anderen Zweigen des Afroasiatischen ausser dem Agyptischen sind die Berbersprachen untereinander nahe verwandt und gehoren fast vollstandig zu zwei Dialektkontinua Die bekanntesten Berbersprachen sind Kabylisch Zentralatlas Tamazight Taschelhit Tarifit sowie das Tuareg Meistens wird auch die kaum bekannte libysche Sprache in aus den letzten vorchristlichen Jahrhunderten stammenden Inschriften in Algerien Tunesien und Marokko zum Berberischen gerechnet Ebenso durfte auch das bis ins 17 Jahrhundert auf den kanarischen Inseln gesprochene Guanche eine Berbersprache gewesen sein Semitisch Bearbeiten Hauptartikel semitische Sprachen Das Semitische ist heute mit etwa 260 Millionen Sprechern die sprecherreichste afroasiatische Sprachfamilie und wird in Vorderasien am Horn von Afrika und weiten Teilen Nordafrikas sowie auf Malta gesprochen wobei der grosste Anteil der Sprecher auf das Arabische entfallt Einer Uberlegung nach wird angenommen dass die Urheimat der semitischen Sprachen auf der Arabischen Halbinsel lag und sich die Sprachfamilie erst durch die sudarabischen Expansionen nach Athiopien und spater durch die arabischen Expansionen uber Agypten und Nordafrika und zeitweise bis nach Spanien ausbreitete Andere verorten die Urheimat fur die semitische Protosprache im nordostlichen Afrika 4 Das Semitische wird allgemein in zwei Zweige aufgeteilt wobei einen das ausgestorbene Akkadische bildet das fur die Rekonstruktion des Proto Semitischen und damit auch der afroasiatischen Protosprache von besonderem Interesse ist Auf den anderen westlichen Zweig entfallen die zentralsemitischen Sprachen wie Aramaisch Hebraisch Arabisch und Altsudarabisch die athiosemitischen Sprachen wie Altathiopisch und die neusudarabischen Sprachen Kuschitisch Bearbeiten Hauptartikel kuschitische Sprachen Die kuschitischen Sprachen werden in Ostafrika in den heutigen Staaten Sudan Eritrea Athiopien Somalia Kenia Uganda und dem nordlichen Tansania gesprochen Die Einheit der kuschitischen Sprachen ist nicht unumstritten da die einzelnen Zweige sich wesentlich unterscheiden insbesondere die Zugehorigkeit des Bedscha wird diskutiert Im Allgemeinen werden die folgenden Zweige unterschieden Nordkuschitisch umfasst nur das Bedscha ca 1 2 Millionen Zentralkuschitisch Agaw Bilen Quara u a zusammen ca 585 000 Ostkuschitisch ca 35 4 Millionen Hochlandostkuschitisch Sidama Kambaata u a zusammen ca 4 5 Millionen Tieflandostkuschitisch Saho Afar ca 1 8 Millionen Oromoid Oromo Konso zusammen ca 35 Millionen Omo Tana Rendille Somali Arbore u a zusammen ca 11 2 Millionen Dullay zusammen ca 52 000 Sudkuschitisch Iraqw Dahalo u a zusammen ca 483 000 Omotisch Bearbeiten Verbreitung der omotischen Sprachen Hauptartikel omotische Sprachen Die omotischen Sprachen werden von etwa 4 Millionen Sprechern nordostlich des Turkanasees im sudlichen Athiopien gesprochen Sie wurden zunachst fur einen Zweig des Kuschitischen gehalten inzwischen ist die von Harold Fleming begrundete Abgliederung weitestgehend anerkannt Die omotischen Sprachen sind schlechter erforscht als die Vertreter der anderen Zweige dennoch kann bereits jetzt gesagt werden dass sie in ihrer Struktur stark von den anderen afroasiatischen Primarzweigen abweichen Die folgende Gliederung ist von Einzelheiten abgesehen allgemein anerkannt Sudomotisch Dime Aari u a zusammen ca 212 000 Nordomotisch ca 3 7 Millionen Dizoid Dizi u a zusammen ca 53 000 Gonga Gimojan Ta Ne Gonga Kaffa Mocha u a zusammen ca 85 000 Gimojan Yem ca 80 000 Gimira Bench u a zusammen ca 185 000 Chara ca 7 000 Ometo Wolaytta u a ca 2 7 Millionen Mao ca 11 000 Tschadisch Bearbeiten Hauptartikel tschadische Sprachen Die tschadischen Sprachen werden rund um den namensgebenden Tschadsee hauptsachlich im Tschad Niger und in Nigeria gesprochen Die bei weitem bekannteste und bedeutendste tschadische Sprache ist das Hausa das in einem grossen Gebiet um den Tschadsee als Lingua franca dient Das Tschadische wird in vier Zweige aufgeteilt Westtschadisch Hausa Bole Bade u a zusammen ca 27 Millionen Biu Mandara Kamwe Buduma u a zusammen ca 2 9 Millionen Osttschadisch Kera Nancere u a zusammen ca 500 000 Masa Masana Musey u a zusammen ca 650 000 Forschungs und Klassifikationsgeschichte BearbeitenDie Verwandtschaft der semitischen Sprachen untereinander war Juden und Muslimen im Orient und Spanien schon lange bekannt im christlichen Europa erkannte dies erstmals Guillaume Postel im Jahre 1538 Durch die wissenschaftliche Erforschung afrikanischer Sprachen in Europa die in der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts einsetzte wurde bald die Verwandtschaft weiterer Sprachen mit dem Semitischen erkannt So rechnete Hiob Ludolf 1700 die athiopischen Sprachen Altathiopisch und Amharisch erstmals zum Semitischen bald darauf fielen auch Ahnlichkeiten mit dem Koptischen und nach der Entzifferung der Hieroglyphen dem antiken Agyptisch auf 1781 fuhrte August Ludwig von Schlozer den Begriff semitische Sprachen ein in Anlehnung daran pragte Johann Ludwig Krapf 1850 die Bezeichnung hamitische Sprachen zunachst fur die nicht semitischen schwarzafrikanischen Sprachen 1877 fugte F Muller dieser Gruppe die afroasiatischen Berber und Kuschitensprachen zu wahrend das ebenfalls afroasiatische Tschadisch unberucksichtigt blieb Gleichzeitig fasste er bestimmte hamitische Sprachen und die semitischen Sprachen zum Hamito Semitischen zusammen Eine Neudefinition erfuhr der Begriff der hamitischen Sprachen durch Karl Richard Lepsius der nun die flektierenden Sprachen Afrikas mit Genussystem unter dieser Bezeichnung zusammenfasste Damit hatte Lepsius schon die wesentliche Masse der nichtsemitischen afroasiatischen Sprachen erfasst jedoch erweiterte er diese Gruppe 1888 um einige nichtafroasiatische Sprachen ebenso benutzte auch Carl Meinhof in seinem 1912 erschienenen Werk Die Sprachen der Hamiten hamitisch in einem sehr weiten Rahmen In der Folgezeit wurde der hamito semitische Sprachstamm um einige Sprachen reduziert und entsprach in den Grundzugen der heutigen Klassifikation strittig blieb jedoch die Zugehorigkeit der tschadischen Sprachen die erst in den 1950er Jahren von Joseph Greenberg endgultig etabliert wurde Gleichzeitig pragte er den Begriff afroasiatisch als Ersatz fur den eine ungerechtfertigte Aufteilung in hamitische und semitische Sprachen implizierenden Begriff hamito semitisch welcher auf die Hamitentheorie Bezug nahm Die heutige Form erhielt die Klassifikation des Afroasiatischen 1969 durch Harold Flemings Ausgliederung einiger athiopischer Sprachen aus der kuschitischen Familie die von da an als Omotisch einen eigenen Primarzweig des Afroasiatischen bildeten Protosprache und Urheimat BearbeitenDie Rekonstruktion der afroasiatischen Protosprache gestaltet sich aufgrund der kurzen Uberlieferungsgeschichte der meisten Zweige und der teilweise gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Hauptzweigen sowohl im Bereich der Grammatik als auch im lexikalischen Bereich wesentlich schwieriger als z B die Rekonstruktion des Proto Indogermanischen Diese gravierenden Unterschiede lassen sich auf die verhaltnismassig grosse Zeittiefe des Proto Afroasiatischen zuruckfuhren nach glottochronologischen Untersuchungen soll das Proto Afroasiatische um 10 000 9 000 v Chr gesprochen worden sein 5 Die Lage der Urheimat ist umstritten da jedoch die Mehrzahl der afroasiatischen Sprachen in Nordafrika beheimatet ist liegt eine Herkunft aus Nordafrika nahe Besonders die nordostliche Sahara oder das heutige nordliche Libyen werden favorisiert 6 Aufgrund lexikalischer Ubereinstimmungen des Afroasiatischen mit dem Indogermanischen den kaukasischen Sprachen und dem Sumerischen sowie der kulturellen Stellung des rekonstruierten proto afroasiatischen Vokabulars vertreten einige Wissenschaftler wie z B Alexander Militarev dagegen eine Urheimat in der Levante Verschriftlichung und fruheste Belege BearbeitenDie fruheste durch Schriftquellen belegte afroasiatische Sprache ist das Alt bzw genauer Fruhagyptische dessen alteste Zeugnisse bis zum Ende des vierten vorchristlichen Jahrtausends zuruckreichen Einige Jahrhunderte spater setzt die Uberlieferung des Semitischen zunachst des Akkadischen und im zweiten Jahrtausend v Chr westsemitischer Idiome ein Die aus den Jahrhunderten vor Christi Geburt stammenden libyschen Inschriften aus Nordafrika werden zwar allgemein zum Berberischen gerechnet sind aber bislang unverstandlich die fruhesten Belege fur das Kuschitische Tschadische und Omotische finden sich sogar erst im Mittelalter bzw der Neuzeit Nur ein kleiner Teil der zahllosen tschadischen kuschitischen und omotischen Sprachen ist heute zu Schriftsprachen geworden unter diesen befinden sich Sprachen wie das Somali das Hausa und das Oromo Die Transkription von Worten aus afroasiatischen Sprachen folgt in diesem Artikel im Wesentlichen den in der entsprechenden Fachliteratur ublichen Konventionen Aufgrund der Unterschiede zwischen Konventionen in Semitistik Agyptologie und Afrikanistik ist die Umschrift daher nicht fur alle Sprachen einheitlich Phonologie BearbeitenKonsonanten Bearbeiten Das Konsonantensystem des Proto Afroasiatischen wird ubereinstimmend mit etwa 33 34 Phonemen 7 und teilweise auch velarisierten palatalisierten und sonstigen Varianten rekonstruiert Die Lautkorrespondenzen der Hauptzweige untereinander sind jedoch in zahlreichen Fallen unsicher besonders gravierend sind die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Agyptischen die sich stark auf die inneragyptologische Diskussion auswirken Beispielsweise ist umstritten ob das Agyptische emphatische Konsonanten aufwies und ob das agyptische Phonem ʿ das spatestens seit dem 2 Jahrtausend v Chr den Lautwert ʕ besass auf proto afroasiatisches ʕ oder eine Reihe stimmhafter Plosive und Frikative zuruckgeht Dennoch sind einige allgemeine Aussagen moglich Die meisten bzw alle afroasiatischen Hauptzweige haben neben stimmhaften und stimmlosen konsonantischen Phonemen auch eine dritte Reihe deren Mitglieder in Abhangigkeit von der Sprache glottalisiert pharyngalisiert ejektiv velarisiert oder implosiv realisiert werden und traditionell als emphatisch bezeichnet werden Oft bilden stimmhafte stimmlose und emphatische Konsonanten triadische Gruppen In mehreren Hauptzweigen sind pharyngale Frikative ħ ʕ vorhanden Als klassisches Beispiel fur ein typisch afroasiatisches Konsonantensystem kann dasjenige des Altsudarabischen gelten Es weist das konservativste System innerhalb des Semitischen auf und kommt daruber hinaus den fur das Proto Afroasiatische rekonstruierten Inventaren nahe 8 Bilabial Dental Alveolar Postalveolar Palatal Velar Uvular Pharyngal Glottalnicht emph emphatisch nicht emph emphatischPlosive stl t tˀ k q ʔ sth b d g Frikative stl f 8 s sˀ ʃ x ħ h sth d dˀ z ɣ ʕ Nasale m n Laterale l Vibranten r Approximanten w j laterale Frikative stl ɬ ɬˀIm Semitischen Berberischen und Agyptischen ist das Vorkommen von Konsonanten in Wurzeln beschrankt Insbesondere durfen meist unterschiedliche Konsonanten mit dem gleichen Artikulationsort nicht in einer Wurzel vorkommen 9 Vokale Bearbeiten Protosemitisch Altagyptisch und moglicherweise das Protoberberische wiesen die drei Vokalphoneme a i und u auf die Beziehungen dieser Vokale zu denen anderer Sprachen die durchgehend mehr Vokale aufweisen sind kaum gesichert Nach Ehret 1995 besass die Protosprache die Vokale a e i o u die lang und kurz auftreten konnten die Rekonstruktion von Orel und Stolbova 1995 weicht ab Zwar sind einige afroasiatische Sprachen Tonsprachen doch ist unklar ob das Proto Afroasiatische deshalb ebenfalls eine Tonsprache war wie Ehret 1995 annimmt Morphologie BearbeitenFur das Semitische Berberische und Agyptische ist eine extensive Nutzung einer Wurzelmorphologie typisch in der die lexikalische Information fast ausschliesslich durch eine rein konsonantische Wurzel ubermittelt wird der die grammatische Information vor allem in Form von Vokalen beigefugt wird Im Tschadischen und Kuschitischen findet sich nur ein begrenzt eingesetzter Ablaut die Morphologie des Omotischen basiert dagegen fast ausschliesslich auf Suffigierung und ist teilweise agglutinierend In der wissenschaftlichen Diskussion geht man davon aus dass das Proto Afroasiatische zwar beispielsweise zur Pluralbildung und zur Bildung von Aspektstammen siehe unten ablautende Formen besass es lassen sich aber nur sehr wenige der vielen in den Sprachen vorhandenen Vokalisierungsmuster fur das Proto Afroasiatische rekonstruieren Nominalmorphologie Bearbeiten Fur das Proto Afroasiatische lasst sich ein zweiteiliges Genussystem mit den Genera Maskulinum und Femininum rekonstruieren die sich nicht vollstandig mit dem naturlichen Geschlecht Sexus decken Zu den sichersten Gemeinsamkeiten in der Nominal und auch Pronominalmorphologie gehort ein feminines Bildungselement t das in vielen Sprachen an feminine Substantive suffigiert wird Agyptisch Mittelagyptisch sa n t Schwester Berberisch Kabylisch t aqsis t Madchen Kuschitisch Bedscha hamiʃ t Kuh Semitisch akkadisch sarr at um Konigin Tschadisch Miya ta ka jene 10 Wahrend das Maskulinum in der Nominalmorphologie des Berberischen Agyptischen und Semitischen unmarkiert ist wenden viele Sprachen in anderen Primarzweigen hierzu analog zum Femininum Morpheme wie k und n an Kuschitisch Berberisch und Semitisch haben ausserdem ein Kasussystem gemeinsam von dem sich mogliche Spuren auch im Agyptischen und Omotischen finden wobei die Interpretation oder uberhaupt Existenz des agyptischen Befundes umstritten ist 11 Funktion Suffix Einzelsprachliche ReflexeSemitisch Kuschitisch 12 Berberisch 13 Agyptisch Omotisch 14 Absolutiv a a Akkusativ a a a Nominativ u u i u wa w uGenitiv i i i i iDie Reflexe des rekonstruierten Absolutivs fungieren in allen Sprachen als Objekt transitiver Verben und im Berberischen und Kuschitischen auch als Zitierform und extrahiertes Topik von letzterem Gebrauch gibt es auch mogliche Reste im Semitischen Das Subjekt wird mit Reflexen des Nominativsuffixes markiert die Protosprache wird daher meist als Akkusativsprache angesehen Da der Absolutiv der unmarkierte Kasus gewesen sein soll vermuten einige Wissenschaftler dass das Proto Afroasiatische in einer fruheren Stufe eine Ergativsprache gewesen sein konnte in welcher das Nominativsaffix u auf die Subjekte transitiver Verben begrenzt gewesen sein soll 15 Alle Zweige des Afroasiatischen kennen die Numeri Singular und Plural im Semitischen und Agyptischen kommt ein Dual hinzu fur den sich ein Suffix y rekonstruieren lasst Die Pluralbildung erfolgt allgemein mit Ausnahme des Agyptischen in dem sich ein Suffix w durchgesetzt hatte auf vielfaltige Art und Weise Aufgrund ihrer grossen Verbreitung konnen die Pluralsuffixe n w und die Pluralbildung durch Veranderung der Vokalstruktur besonders nach dem Muster CVCaC u a Gemination und Reduplikationen als proto afroasiatische Merkmale angesehen werden Mit w Agyptisch nbw w Herren zu nbw Herr Berberisch Tuareg măss aw Herren zu messi Herr măssawăte Herrinnen zu măssa Herrin Kuschitisch Afar lubak wa Lowen zu lubak Lowe Semitisch akkadisch sarru lt sarruw 16 Konige zu sarru Konig Tschadisch Hausa itaat uuwa Baume zu itaac ee Baum 17 Mit a Berberisch ijḍaḍ Vogel zu ajiḍiḍ Vogel Kuschitisch Beja bak Ziegen zu book Ziege Semitisch Arabisch kilab Hunde zu kalb Hund Tschadisch Ngizim gamsak Manner zu ge mse k Mann Uber die ganze Sprachfamilie verbreitet sind ausserdem einige Prafixe zur denominalen und deverbalen Nominalbildung beispielsweise m das zur Bildung deverbaler Substantive dient Lokal Agyptisch mĕ sḏ r Ohr zu sḏr schlafen Berberisch Tuareg emăsăww Quelle zu esew trinken Semitisch Athiopisch makwannan Gerichtshalle zu kwannana herrschen richten Tschadisch Bade makfan Eingang zu e kfu hereingehen Instrumental Agyptisch mắ3q t Leiter zu j3q hinaufsteigen Semitisch Akkadisch naspartum Brief zu saparu senden Tschadisch Bade marbe cen Schlussel zu e rbe cu offnen Agensnominalisierung Agyptisch mḏ3jw Widersacher zu ḏ3j kreuzen sich widersetzen Berberisch Tuareg amidi Freund zu idaw begleiten Semitisch Athiopisch makwannen Herrscher Richter zu kwannana herrschen richten Tschadisch Bade masuyan Fischer zu suy fischen Ein Suffix y zur Bildung von denominalen Adjektiven das oft mit der Genitivendung i in Verbindung gebracht wird ist im Agyptischen und Semitischen vorhanden Agyptisch jmn t j westlich zu jmn t Westen Semitisch Arabisch taʔriḫ iyy un historisch zu taʔriḫ un Geschichte Ahnliche Suffixe zur Bildung von Adjektiven finden sich auch im kuschitischen Bedscha 18 Pronomina Bearbeiten Die Morphologie der Personalpronomina ist innerhalb des Afroasiatischen relativ konsistent Den Kern bildete die folgende in allen Zweigen erhaltene Reihe Tabelle im Wesentlichen nach Hayward 2000 die angegebenen Pronomina sind oft in mehreren einzelsprachlichen Reihen verteilt Die Dualformen im Agyptischen und Semitischen bleiben hier unberucksichtigt Person Proto Afroasiatisch 19 Agyptisch Proto Semitisch Berberisch Tuareg 20 Proto Kuschitisch Tschadisch Hausa Omotisch DiziSingular 1 i yi j wj i yaʾ Genitiv ni Akkusativ i yV ni wa yin2 m ku ka k ka k ku ka 2 f ki k gt ṯ km gt ṯm gt ṯn ki m ki ki kin 3 m si isi sw su s su sa shi iz n3 f s j si s sii ta iz nPlural 1 ʔ ǎnn ʔ ǐnn n nV năɣ nV mu mun in2 m kuuna kn gt ṯn kumu wăn kun V kin V ku kun 2 f kina kmăt 3 m su usu sn sumu săn ʔisun V ʔisin V su sun is n3 f sina snătIn allen Primarzweigen ausser dem Omotischen treten diese Pronomina als klitische Objekts und Possessivpronomina auf Objektspronomina Agyptisch h3b f wj er schickte mich Berberisch Tuareg i nn asnăt er sagte ihnen Kuschitisch Bedscha irhan hokna ich sah euch Semitisch Arabisch taraa hu du siehst ihn Tschadisch Bole ishi ɗoppee no dass er mir folge Possessivpronomina Agyptisch pr f sein Haus Berberisch Kabylisch aḫḫam is sein Haus Kuschitisch Bedscha toː kʷaː toː k deine Schwester Semitisch Arabisch baytu kunna euer feminin Haus Tschadisch Bole morɗo ko deine m Hirse Einzelsprachlich haben formal verwandte Pronomina auch eine Reihe anderer Funktionen so haben viele Sprachen formal ahnliche Subjektspronomina Auch die Intransitive Copy Pronouns einiger tschadischer Sprachen sind formal ahnlich Daneben lasst sich wohl eine zweite Reihe rekonstruieren deren Mitglieder frei stehen konnten und die oft aus einem Element ʔan und einem auch fur die Verbalkonjugation benutzten Suffix zusammengesetzt sind Ehret 1995 rekonstruiert nur Formen fur den Singular in vielen Sprachen gibt es auch analog gebildete Pluralformen Person Proto Afroasiatisch 19 Agyptisch Proto Semitisch 19 Berberisch Tuareg 20 Proto Kuschitisch 19 Proto Tschadisch 19 Omotisch 19 Singular 1 ʔ an ʔ in jnk ʔn năkk ʔani nV in Maji 2 ʔ ant ʔ int ʔnt ʔant int Agyptisch und Semitisch haben weitere freie Pronomina die aus den gebundenen Pronomina und t zusammengesetzt sind wie agyptisch kwt gt ṯwt du mask akkadisch kati dich mask Die Demonstrativpronomina werden in vielen afroasiatischen Sprachen aus kleinen Elementen zusammengesetzt besonders genusanzeigenden Elementen n k Maskulinum t Femininum die mit weiteren kleinen Elementen kombiniert werden 21 Somali Kuschitisch kan m tan f kuwan pl dieser e e Altagyptisch pn m tn f jpn pl m jptn pl f nn neutrisch dieser e e Miya Westtschadisch naka m taka f niyka pl jener e e Verbalmorphologie Bearbeiten Konjugation Bearbeiten In der Verbalmorphologie zeigen sich zwischen den Primarzweigen ahnliche Unterschiede wie sie schon bei der Substantivdeklination erkennbar wurden Semitisch Kuschitisch und Berberisch besitzen die Prafixkonjugation die durch Ablaut mehrere Aspektstamme unterscheidet siehe unten und Kongruenz mit dem Subjekt uber Pra und Suffixe markiert Die folgende Tabelle illustriert das System der Personalaffixe der Prafixkonjugation Semitisch Akkadisch Kuschitisch Bedscha Berberisch Tamazight1 P Sg a prus ʔa dbil dawa ɣ2 P Sg m ta prus ti dbil a t dawa d2 P Sg f ta prus i ti dbil i3 P Sg m i prus ʔi dbil i dawa3 P Sg f ta prus ti dbil t dawa1 P Pl ni prus ni dbil n dawa2 P Pl m ta prus a ti dbil na t dawa m2 P Pl f t dawa nt3 P Pl m i prus u ʔi dbil na dawa n3 P Pl f i prus a dawa ntIm Agyptischen haben sich keine Spuren der Prafixkonjugation erhalten stattdessen findet sich hier schon seit den fruhesten Texten die agyptische Suffixkonjugation die keine Personalkonjugation kannte aber das pronominale Subjekt durch suffigierte Personalpronomina ausdruckte sḏm f er hort sḏm n nṯr der Gott horte Die Evolution dieser Art der Konjugation ist umstritten in Frage kommen hauptsachlich Verbalnomina und Partizipien Das Tschadische besitzt zwar eine Konjugation durch meist praverbale Morpheme doch ist diese genetisch mit der Prafixkonjugation nicht verwandt vielmehr stellen die Personaprafixe des Tschadischen modifizierte Formen der Personalpronomina dar Beispiel Hausa kaa tafi du gingst Im Omotischen erfolgt die Konjugation auf verschiedene Weise durch pronominale Elemente das Verbalsystem des Proto Omotischen ist hochstens in Ansatzen rekonstruierbar Neben der Prafixkonjugation besass das Proto Afroasiatische noch eine zweite Konjugationsmethode in der die Kongruenz mit dem Subjekt ausschliesslich durch Suffixe hergestellt wurde Diese Art der Konjugation hat sich im Semitischen Agyptischen und Berberischen erhalten sie verlieh dem Verb im Akkadischen auch Substantiven und Adjektiven offenbar eine stativische Bedeutung 22 Nach der Meinung einiger Wissenschaftler ist auch die Suffixkonjugation des Kuschitischen genetisch verwandt bei ihr kann es sich aber auch wie heute mehrheitlich angenommen wird um eine sekundare Bildung aus Verbalstamm plus prafixkonjugiertem Hilfsverb handeln Die altagyptischen und akkadischen Dualformen bleiben hier unberucksichtigt Paradigmaworter agyptisch nfr gut kabylisch meqqer gross sein akkadisch zikarum Mann Altagyptisch Semitisch Akkadisch Berberisch Kabylisch1 P Sg nfr kw zikar aku meqqr eɣ2 P Sg m nfr tj zikar ata meqqr eḍ2 P Sg f zikar ati3 P Sg m nfr j zikar meqqer3 P Sg f nfr tj zikar at meqqr et1 P Pl nfr wjn zikar anu meqqr it2 P Pl m nfr twnj zikar atunu2 P Pl f zikar atina3 P Pl m nfr wj zikar u3 P Pl f nfr tj zikar aAspektstamme Bearbeiten Aspektstamme werden in vielen afroasiatischen Sprachen vor allem solchen mit Reflexen der Prafixkonjugation durch Ablaut gebildet Meist wird davon ausgegangen dass die Protosprache bereits mindestens zwei Aspektstamme gekannt hat ein imperfektiver und ein perfektiver Stamm Wahrend der Vokal des perfektiven Stamms wohl lexikalisch festgelegt war werden dem imperfektiven Stamm Ablaut nach a und oder Gemination des vorletzten Stammkonsonantes als typische Bildungsmerkmale zugeordnet Belege fur diese Bildungsweisen finden sich in allen Hauptzweigen ausser dem Agyptischen und Omotischen wenngleich deren Deutung als Reste eines ursprachlichen Imperfektstammes im Tschadischen angezweifelt wird 23 Berberisch Tuareg e knes Aorist kannaes Intensiv 24 Kuschitisch Afar erd Perfekt ard Imperfekt Semitisch Akkadisch kbit Perfekt kabbit Imperfekt Tschadisch Ron mot mwaat Habitativ Einige Wissenschaftler halten auch einen intransitiven oder stativen Stamm mit a dessen Reflexe sich im Berberischen Semitischen und Kuschitischen finden sollen fur rekonstruierbar 25 Das Bedscha Nordkuschitisch und die Berbersprachen besitzen in der Prafixkonjugation auch negative Verbalstamme deren Bezug zum protosprachlichen System aber kaum erforscht ist Der Verbalstamm der in der Suffixkonjugation angewendet wird hat im Semitischen und Agyptischen bei dreikonsonantigen primaren Verben die Form CaCVC im Proto Berberischen dagegen meist Cv Cv C 26 Uber die Protosprache lassen sich daher keine naheren Aussagen machen Je nach der Verteilung und Quantitat der Vokale in der Prafixkonjugation lassen sich die Verben in verschiedene Klassen einteilen die sich in ahnlicher Form auch im Agyptischen finden und die teilweise auf die Protosprache zuruckgehen konnen 27 In fast allen afroasiatischen Sprachen werden auch Affixe und Infixe zur Bildung von Verbalstammen angewendet die aspektuelle temporale und modale Unterscheidungen und in einigen tschadischen und omotischen Sprachen auch Fragesatze markieren Bislang konnten allerdings keine derartigen Affixe fur das Proto Afroasiatische rekonstruiert werden Verbalbildung Bearbeiten Allen Hauptzweigen des Afroasiatischen ist ein hauptsachlich aus Affixen bestehendes System zur deverbalen Verbalbildung gemeinsam Sehr weit verbreitet ist ein Affix s das zur Bildung kausativer faktitiver und transitiver Verben dient Agyptisch s mn festsetzen zu mn bleiben Berberisch Kabylisch ss ired waschen zu irid gewaschen werden Kuschitisch Oromo dammaq s aufwecken zu dammaq aufwachen Omotisch Aari lanq s mude machen zu lanq mude sein Semitisch Ugaritisch slḥm futtern zu lḥm essen Tschadisch Hausa karanta s karanta r lehren zu karantaa lernen Weitere weit verbreitete Affixe sind t und m die Reflexivitat Reziprozitat Passivitat Intransitivitat und das Medium ausdrucken Berberisch Kabylisch m ẓer sich gegenseitig sehen zu ẓer sehen Kuschitisch Afar m ḥukum gerichtet werden zu ḥkum richten Omotisch Gamo bakˀ ett ees geschlagen werden zu bakˀkˀ ees schlagen Semitisch Akkadisch mitḫurum einander gegenuberstehen zu maḫarum gegenuberstehen Tschadisch Bade jedu nehmen zu ju gehen Reduplikation dient in vielen Sprachen zum Ausdruck verbaler Intensitat oder Pluralitat Agyptisch wnwn umhergehen zu wnj eilen Kuschitisch Oromo duddubbaddh wieder und wieder sprechen zu dubbaddh sprechen Omotisch Aari miksmiks da er bettelt zu miks betteln Tschadisch Hausa sassayaa wieder und wieder kaufen zu sayaa kaufen Syntax BearbeitenEinige Merkmale der Syntax sind innerhalb des Afroasiatischen besonders weit verbreitet Ob es sich hierbei auch um Merkmale der Protosprache handeln konnte wurde bisher nicht umfassend untersucht In den meisten Sprachen folgen Objekte dem Verb pronominale Objekte stehen dabei oft vor nominalen Objekten Sind beide Objekte pronominal folgt das direkte dem Indirekten indirekte nominale Objekte folgen jedoch direkten Diese drei Regeln sind im alteren Agyptisch vielen semitischen Sprachen dem Tschadischen und Berberischen nahezu universell gultig Akkadisch Semitisch aṭrud akku suich schickte dir ihn Ich schickte ihn dir Altagyptisch rḏj n j n k jr t Ḥr whiermit gebe ich dir Horusauge Hiermit gebe ich dir das Horusauge Bole Tschadisch Bamoi kappu morɗo ḿ bō ni ga jaɗaBamoi pflanzte Hirse fur Vater sein mit Hacke Bamoi pflanzte fur seinen Vater Hirse mit einer Hacke Wortschatz BearbeitenDer fur die Protosprache rekonstruierbare Wortschatz durfte mehrere hundert Lexeme gross sein seine Rekonstruktionen Diakonoff u a 1993 7 Ehret 1995 Orel Stolbova 1995 weichen jedoch nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Rekonstruktion der Lautkorrespondenzen stark voneinander ab Nur fur wenige Lexeme gibt es Belege in allen sechs Primarzweigen Beispiele fur mogliche Wortgleichungen gibt die folgende Tabelle Die Rekonstruktionen proto afroasiatischer Wurzeln wurden Ehret 1995 entnommen dort ă tiefer Ton a hoher Ton Die einzelsprachlichen Reflexe sind verschiedenen Veroffentlichungen entnommen Einzelne Reflexe erfordern gegensatzliche Lautentsprechungen so fordert die Gleichung jdmj roter Leinenstoff lt Proto Afroasiatisch dim dam Blut die Beziehung agyptisch d lt proto afroasiatisch d wahrend agyptisch ˁ3j gross sein als Reflex von dăr grosser werden machen die Beziehung agyptisch ˁ lt proto afroasiatisch d voraussetzt Folglich kann nur eine dieser beiden Gleichungen richtig sein sofern man keine komplexeren Regeln fur d rekonstruiert in der Forschung werden beide Lautbeziehungen vertreten Wo die Bedeutung des einzelsprachlichen Reflexes mit der rekonstruierten Wurzelbedeutung ubereinstimmt wurde diese nicht wiederholt Proto Afroasiatisch Semitisch Agyptisch 28 Tschadisch Omotisch Berberisch KuschitischArabisch Akkadisch Hausa Ngizim Bole Dime Bench Mocha Tamazight Kabylisch Oromo Somali k os Knochen qĕs ƙashii ḳus ixṣṣ iɣes sŭm sĭm Name ism sumu smj berichten suunaa sun sum isem pir fliegen farra fliehen naparruru auseinanderlaufen p3 auffliegen prj hinausgehen fira in die Luft schwirren vom Vogel farfaran afru ferfer flattern fel weggehen uberschreiten barara fuul aufsteigen dim dam Blut dam damu jdmj roter Leinenstoff jinii dedem dom damo idamn idamen dăr grosser werden machen darr im Uberfluss vorhanden sein ˁ3j gross sein dorg fett stark dheeraa gross hoch gad gud gross sein ǧadd bedeutend ḏd3 fett godoŋ viel gaad gross guddaa viel gross nim nam Person numma irgendjemand ne n jemand naamo Sohn nama nin maaw sterben mata matu mwt mutu me tu motu mmut emmet ʔar wissen raʔa sehen erkennen ji r Vt Auge jr sieh er wissen ariha wissen il Auge lis lecken lisan Zunge lisanu Zunge lĕs Zunge harshee Zunge lisim Zunge lits iles Zunge ma mi was ma mannum wer m wer was mee m nass sein maʾ Wasser mu Wasser măw Wasser Plural am Wasser amma Wasser mass waschen mask waschen amiyo regnen aman Wasser Literatur BearbeitenUberblick Igor M Diakonoff Afrasian languages Nauka Moskau 1988 Richard Hayward Afroasiatic In Bernd Heine Derek Nurse Hrsg African Languages Cambridge University Press Cambridge 2000 ISBN 0 521 66629 5 Joseph Greenberg The Languages of Africa 3 Auflage Mouton The Hague and Indiana University Center Bloomington 1963 ISBN 0 87750 115 7 Ernst Kausen Die Sprachfamilien der Welt Teil 2 Afrika Indopazifik Australien Amerika Kapitel 2 Buske Hamburg 2014 ISBN 978 3 87548 656 8 Hans Jurgen Sasse Afroasiatisch In Bernd Heine Thilo C Schadeberg Ekkehard Wolff Hrsg Die Sprachen Afrikas Buske Hamburg 1981 ISBN 3 87118 496 9 S 129 148 Lexikon und Phonologie Igor M Diakonoff u a Historical Comparative Vocabulary of Afrasian In St Petersburg Journal of African Studies Band 2 6 St Petersburg 1993 1997 Christopher Ehret Reconstructing Proto Afroasiatic Proto Afrasian Vowels Tone Consonants and Vocabulary University of California Publications in Linguistics Band 126 University of California Press Berkeley 1995 ISBN 0 520 09799 8 Vladimir E Orel Olga V Stolbova Hamito Semitic Etymological Dictionary Materials for a Reconstruction Handbuch der Orientalistik Abteilung I Band 18 Brill Leiden 1995 ISBN 90 04 10051 2 aufgrund methodischer Unzulanglichkeiten stark in der Kritik Marcel Cohen Essai comparatif sur la vocabulaire et la phonetique du chamito semitique Champion Paris 1947 von historischem Interesse Weblinks Bearbeiten Commons Kategorie zu afroasiatischen Sprachen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien die afroasiatischen Sprachen im World Atlas of Language Structures Online englisch die afroasiatischen Sprachen im Ethnologue englisch Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Sprecherzahlen gemass Ernst Kausen Die Klassifikation der afroasiatischen Sprachen Harold C Fleming Ongota A Decisive Language in African Prehistory Harrassowitz Wiesbaden 2006 ISBN 3 447 05124 8 Gerhard Fecht Die Ḥ3 tjw ˁ von Ṯḥnw eine agyptische Volkerschaft in der Westwuste In Zeitschrift der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft Band 106 Heft 1 1956 Neue Folge Band 31 Steiner Wiesbaden 1956 S 37 60 Bestritten von Rafed El Sayed Afrikanischstammiger Lehnwortschatz im alteren Agyptisch Untersuchungen zur agyptisch afrikanischen lexikalischen Interferenz im dritten und zweiten Jahrtausend v Chr Peeters Leuven 2011 ISBN 978 90 429 2572 4 Edward Lipinski Semitic Languages Outline of a Comparative Grammar 2 Auflage Leuven 2001 Orel Stolbova 1995 S 9 A Militarev Sovremennoe sravnitel no istoricheskoe afrazijskoe jazykoznanie chto ono mozhet dat istoricheskoj nauke In Lingvisticheskaja rekonstrukcija i drevnejshaja istorija Vostoka Teil 3 Moskau 1984 S 3 26 44 50 J Zarins Early Pastoral Nomadism and the Settlement of Lower Mesopotamia In Bulletin of the American Schools of Oriental Research 1990 Insbesondere Ehret 1995 und Orel Stolbova 1995 Rekonstruktion nach N Nebes P Stein Ancient South Arabian In Roger D Woodard Hrsg The Cambridge encyclopedia of the World s ancient languages Cambridge University Press Cambridge 2004 ISBN 0 521 56256 2 S 454 487 Joseph Greenberg The Patterning of Root Morphemes in Semitic In Word Band 6 1950 S 162 181 Lionel M Bender Consonant Co occurence Restrictions in Afroasiatic Verb Roots In Pelio Fronzaroli Hrsg Atti del Secondo Congresso Internazionale di Linguistica Camito Semitica Istituto di linguistica e di lingue orientali universita di firenze 1978 Russel Schuh Gender and Number in Miya In Zygmunt Frajzyngier Hrsg Cuurent Progress in Chadic Linguistics John Benjamins Amsterdam Philadelphia 1989 S 171 181 Ubersicht Hayward 2000 Vaclav Blazek Traces of a common case system in Afroasiatic In Giorgio Borbone Alessandro Mengozzi Mauro Tosco Hrsg Loquentes Linguis Linguistic and oriental studies in honour of Fabrizio A Pennacchietti Harrassowitz Wiesbaden 2006 ISBN 3 447 05484 0 S 91 102 Vergleiche Hans Jurgen Sasse Case in Cushitic Semitic and Berber In James Bynon Hrsg Current Progess in Afro Asiatic Linguistics John Benjamins Amsterdam Philadelphia 1984 ISBN 90 272 3520 1 S 111 126 Rekonstruktion nach Karl G Prasse Manuel de grammaire touaregue tăhăggart 3 Bande Kopenhagen 1972 1974 ISBN 87 500 1489 7 ISBN 87 500 1310 6 ISBN 87 505 0205 0 Hayward 2000 Diakonoff 1988 Weitere Literatur bei Helmut Satzinger Absolute state and absolutive case in Afro Asiatic In Marco Moriggi Hrsg XII Incontro Italiano di Linguistica Camito semitica Afroasiatica Rubettino 2007 S 63 univie ac at PDF Fur diese Ableitung Josef Tropper Gedanken zum Pluralmarker u im Semitischen In Journal of Semitic Studies Band 49 Nr 2 2004 S 199 213 doi 10 1093 jss 49 2 199 In der Semitistik wird diese Pluralbildung oft als Dehnung der Kasusendung gedeutet vergleiche Robert R Ratcliffe The Broken Plural Problem in Arabic and Comparative Semitic Allomorphy and Analogy in Non Concatenative Morphology John Benjamins Amsterdam Philadelphia 1998 ISBN 1 55619 884 1 nach Newman aber nicht auf das Proto Tschadische zuruckfuhrbar Paul Newman Nominal and verbal plurality in Chadic Foris Dordrecht 1990 ISBN 90 6765 499 X S 36 E Roper Tu Beḍawiɛ An Elementary Handbook for the Use of Sudan Government Officials Stephen Austin Hertford 1928 S 20 a b c d e f Ehret 1995 a b Karl G Prasse Manuel de grammaire touaregue tăhăggart Band 1 Kopenhagen 1972 ISBN 87 500 1489 7 S 164 ff Insbesondere zu pronominalen Bildungen mit n Stephen J Lieberman The Afro Asiatic Background of the Semitic N Stem Towards the Origins of the Stem Afformatives of the Semitic and Afro Asiatic Verb In Bibliotheca Orientalis Nederlands Instituut voor het nabje Oosten te Leiden Leiden 43 1986 S 577 628 ISSN 0006 1913 Einige Wissenschaftler haben sich in jungerer Zeit auch fur die getrennte Existenz eines dynamischen und eines statischen Konjugationsmusters ausgesprochen vergleiche Wolfgang Schenkel sc m t Perfekt und sc m ti Perfekt Die beiden Pseudopartizipien des Agyptischen In Heike Behlmer Hrsg Quaerentes scientiam Festgabe fur Wolfhart Westendorf zu seinem 70 Geburtstag Seminar fur Agyptologie und Koptologie Gottingen 1994 S 157 182 online Rainer Voigt Die beiden Suffixkonjugationen des Semitischen und Agyptischen In Zeitschrift fur Althebraistik Kohlhammer Stuttgart 15 16 2002 2003 S 138 165 ISSN 0932 4461 Ekkehard Wolff New Proposals Concerning the Nature and Development of the Proto Chadic Tense Aspect System In J Bynon Hrsg Current progress in Afro Asiatic linguistics Papers of the Third International Hamito Semitic Congress London 1978 Amsterdam 1984 S 225 239 Ekkehard Wolff Consonant Tone Interference and Current Theories on Verbal Aspect Systems in Chadic Languages In H Jungraithmayr W W Muller Hrsg Proceedings of the Fourth International Hamito Semitic Congress Marburg 1983 Current Issues in Linguistic Theory Band 44 Amsterdam 1987 S 475 496 Ekkehard Wolff Another look at internal a in Chadic In Eva Rothmaler Hrsg Topics in Chadic Linguistics V Chadic Linguistics Linguistique tchadique Tschadistik Band 6 Koppe Koln 2009 S 161 172 Jeffrey Heath Grammar of Tamashek Tuareg of Mali Mouton Grammar Library 35 Mouton de Gruyter Den Haag 2005 ISBN 3 11 018484 2 S 331 Maarten Kossmann and Benjamin D Suchard A reconstruction of the system of verb aspects in proto Berbero Semitic In Bulletin of SOAS Band 81 Nr 1 London 2018 S 41 56 doi 10 1017 S0041977X17001355 Rekonstruktion nach Karl G Prasse Manuel de grammaire touaregue tăhăggart 3 Bande Kopenhagen 1972 1974 ISBN 87 500 1489 7 ISBN 87 500 1310 6 ISBN 87 505 0205 0 Hans Jurgen Sasse Ostkuschitische und Semitische Verbalklassen In W Diem W Wild Hrsg Studien aus Arabistik und Semitistik Harrassowitz Wiesbaden 1980 S 153 174 Die vokalisierten Rekonstruktionen folgen dem Regelwerk von Jurgen Osing Die Nominalbildung des Agyptischen Zabern Mainz 1976 ISBN 3 8053 0031 X Dieser Artikel wurde am 31 Mai 2007 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4110088 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Afroasiatische Sprachen amp oldid 235535310