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Wilhelm Tell ist das letzte fertiggestellte Drama von Friedrich von Schiller Er schloss das Werk 1804 ab im Paratext bezeichnete er es schlicht als Schauspiel Am 17 Marz 1804 wurde das Drama am Weimarer Hoftheater uraufgefuhrt Es nimmt den Stoff des Schweizer Nationalmythos um Wilhelm Tell und den Rutlischwur auf 1 DatenTitel Wilhelm TellGattung SchauspielOriginalsprache DeutschAutor Friedrich von SchillerErscheinungsjahr 1804Urauffuhrung 17 Marz 1804Ort der Urauffuhrung Weimarer HoftheaterPersonenHermann Gessler Reichsvogt in Schwyz und Uri Werner Freiherr von Attinghausen Bannerherr Ulrich von Rudenz sein Neffe Landleute aus Schwyz Werner Stauffacher Konrad Hunn Itel Reding Hans auf der Mauer Jorg im Hofe Ulrich der Schmied Jost von Weiler Landleute aus Uri Walter Furst Wilhelm Tell Rosselmann der Pfarrer Petermann der Sigrist Kuoni der Hirte Werni der Jager Ruodi der Fischer Landleute aus Unterwalden Arnold vom Melchthal Konrad Baumgarten Meier von Sarnen Struth von Winkelried Klaus von der Flue Burkhardt am Buhel Arnold von Sewa Pfeifer von Luzern Kunz von Gersau Jenni Fischerknabe Seppi Hirtenknabe Gertrud Stauffachers Gattin Hedwig Tells Gattin Fursts Tochter Berta von Bruneck eine reiche Erbin Bauerinnen Armgard Mechthild Elsbeth Hildegard Tells Knaben Walther Wilhelm Soldner Friesshardt Leuthold Rudolf der Harras Gesslers Stallmeister Johannes Parricida Herzog von Schwaben Stussi der Flurschutz der Stier von Uri ein Reichsbote Fronvogt Meister Steinmetz Gesellen und Handlanger offentliche Ausrufer barmherzige Bruder gesslerische und landenbergische Reiter viele Landleute Manner und Weiber aus den Waldstatten Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 1 1 1 Aufzug 1 2 2 Aufzug 1 3 3 Aufzug 1 4 4 Aufzug 1 5 5 Aufzug 2 Geschichte 2 1 Entstehung 2 2 Rezeption 3 Zur Interpretation 3 1 Tell und Gessler 3 2 Die Rolle der Frauen 3 3 Das Recht auf Widerstand 3 4 Stellungnahme zur Revolution von 1789 3 5 Hintergrundfigur Napoleon 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise 7 AnmerkungenHandlung BearbeitenSchiller verwebt drei Handlungsstrange Im Mittelpunkt steht die Sage von Wilhelm Tell mit dem Apfelschuss und der Befreiung vom Tyrannen Gessler dem Vertreter Osterreichs als einem Akt von Notwehr Der geschichtliche Hintergrund wird durch die Handlung um den eidgenossischen Bund und die Befreiung der Schwyz Schweiz von der osterreichischen Herrschaft gebildet Die dritte Handlung wird durch die Liebesgeschichte der Berta von Bruneck mit Ulrich von Rudenz bestimmt der sich mit seinem Volk versohnt und ihm die Freiheit schenkt Die letzten beiden Handlungsstrange verknupfen sich am Schluss miteinander wahrend zwischen der Tell Geschichte und dem anderen Geschehen nur eine lose Verbindung besteht 1 Aufzug Bearbeiten Szene 1 Mitten in der Schweiz am hohen Felsenufer des Vierwaldstattersees Das Eingangslied gibt implizit einen Schlussel zu Tells Charakter Der Hirte Kuoni der Jager Werni und der Fischer Ruodi erortern ein aufziehendes Unwetter als ein Fluchtling erscheint Konrad Baumgarten Habsburgische Soldner verfolgen ihn weil er Wolfenschiessen den Burgvogt von Unterwalden erschlagen hat der ihm die Frau hatte schanden wollen Wilhelm Tell tritt hinzu und alle besturmen den Fischer den Fluchtling uber den See zu rudern doch der kennt den starken Fohnsturm und weigert sich Nun wagt es Tell mit Erfolg Zur Vergeltung verheeren die eintreffenden Verfolger Hutten und Herden Szene 2 In Schwyz bewegt die Grossbauerin Gertrud Stauffacher ihren Mann nach einem langen Gesprach sich mit anderen Gleichgesinnten zu verbunden und der habsburgischen Tyrannei entgegenzutreten So beschliesst Stauffacher zu seinen Freunden zu reisen die sich ebenso unterdruckt fuhlen wie er Szene 3 In Uris Hauptort Altdorf leisten Bauern und Handwerker Frondienst Eine habsburgische Zwingburg die Zwing Uri soll zur Beendung der alten Reichsfreiheit der Innerschweizer Orte errichtet werden Stauffacher versucht Tell vergeblich zu uberreden sich ihm gegen die habsburgische Tyrannei anzuschliessen Der Hut des Vogtes Hermann Gessler wird auf die Stange gesteckt den alle wie den Landvogt ehren sollen 2 Szene 4 Der Schwyzer Werner Stauffacher der junge Unterwaldner Arnold von Melchtal gefluchteter Sohn eines willkurlich beraubten und gewaltsam geblendeten Bauern und der greise Urner Walter Furst verbunden sich zur Vorbereitung eines gemeinsamen Aufstandes ihrer Kantone 2 Aufzug Bearbeiten Szene 1 Zeigt die Uneinigkeit des eingesessenen Adels Der bejahrte Freiherr von Attinghausen aussert Verstandnis fur den Unmut im Volk sein junger Neffe Ulrich von Rudenz hingegen ergreift Partei fur die Sache Habsburgs Nein Oheim Wohltat ist s und weise Vorsicht in diesen Zeiten der Parteiung sich anzuschliessen an ein machtig Haupt Szene 2 eine Kernszene Verschworene aus Uri Schwyz und Unterwalden versammeln sich unter einem Mondregenbogen zum gemeinsamen Schwur auf dem Rutli unter ihnen Furst Stauffacher und Melchthal nicht jedoch Tell Unter der Leitung des Alt Landammanns Itel Reding bilden sie eine Landsgemeinde und begrunden die Eidgenossenschaft sozusagen die erste kontinentaleuropaische verfassunggebende Versammlung Sie beschliessen die Vertreibung der habsburgischen Besatzungsmacht und stimmen uber Einzelheiten des Planes ab 3 Aufzug Bearbeiten Szene 1 Beginnt auf Tells Hof charakteristischerweise repariert er seine Pforte selbst Die Axt im Haus erspart den Zimmermann Er bricht mit seinem alteren Sohn nach Altdorf auf vergebens versucht seine Gattin Hedwig ihn zuruckzuhalten da sie Schlimmes ahnt Szene 2 Das Ritterfraulein Berta von Bruneck gewinnt wahrend einer Hofjagd Ulrich von Rudenz fur die eidgenossische Sache Szene 3 dramatischer Hohepunkt Tell grusst nicht den vom Landvogt Hermann Gessler aufgesteckten Hut und wird von dessen Butteln verhaftet Gessler selbst tritt auf und zwingt ihn vom Kopf des eigenen Sohnes zur Rettung beider Leben und fur seine Freilassung einen Apfel zu schiessen Tell entnimmt seinem Kocher zwei Pfeile und trifft den Apfel Der Frage des Vogtes wozu der andere Pfeil bestimmt gewesen sei weicht er zunachst aus Gessler sichert ihm das Leben zu was immer er antworte Darauf sagt ihm Tell ins Gesicht der zweite Pfeil sei fur ihn gewesen hatte er seinen Sohn getroffen Gessler windet sich aus seiner Zusage hinaus und lasst ihn fesseln um ihn einzukerkern 4 Aufzug Bearbeiten Szene 1 Tell konnte seinen Haschern wahrend eines Seesturms entkommen Er lasst sich von einem Fischerknaben einen heimlichen Weg nach Kussnacht zeigen und tut dessen Vater kund man werde noch von ihm horen Szene 2 Der sterbende Attinghausen spricht im Kreis seines Gesindes und seiner Freunde aus die Sonderstellung des Blutadels sei zu Ende Der Adel steigt von seinen alten Burgen Und schwort den Stadten seinen Burgereid seine letzten Worte sind Seid einig einig einig Sein Neffe Rudenz tritt dem eidgenossischen Bund bei Szene 3 In der Hohlen Gasse bei Kussnacht lauert Tell Gessler auf Sein Monolog gibt das ihm hochsteigene Motiv zu diesem schweren Entschluss dem unnaturlichen teuflischen Treiben des Vogtes ein Ende zu setzen Tells Pfeil totet Gessler als dieser gerade eine Bittstellerin uberreiten will 5 Aufzug Bearbeiten Szene 1 Die Zwingburg in Altdorf wird geschleift gemeinsam erretten der Adelige Rudenz und der Bauernsohn Melchthal Berta aus dem Verlies Dann trifft eine Nachricht von Johannes Muller ein 3 Der habsburgische Konig Albrecht sei von seinem Neffen Johannes Parricida ermordet worden da er diesem sein Erbe hatte vorenthalten wollen Gerade dieser Konig aber hatte die verbriefte Reichsunmittelbarkeit der Schweizer missachtet um sie zu habsburgischen Lehnsleuten zu machen Szene 2 Tells Frau wirft ihm vor das Leben seines Kindes gefahrdet zu haben Der fluchtige Parricida tritt auf und bittet den Tyrannenmorder Tell um Beistand Tell weist auf den grossen Unterschied beider Taten hin Darfst du der Ehrsucht blutge Schuld vermengen mit der gerechten Notwehr eines Vaters Er bewegt ihn in Rom dem Papst die grassliche Tat zu beichten Szene 3 Das Volk stromt herbei und bejubelt Tells Tat Ihn selbst lasst Schiller der Meister der Dramenschlusse hier ganz zurucktreten er endet vielmehr damit die Frauen und die Unfreien einzubeziehen Berta von Bruneck verbindet sich mit Rudenz So reich ich diesem Jungling meine Rechte Die freie Schweizerin dem freien Mann Rudenz Antwort beschliesst das Stuck Und frei erklar ich alle meine Knechte Darstellung der Personen in der Schiller Galerie 1859 Stahlstiche nach Vorlagen von Friedrich Pecht nbsp Wilhelm Tell nbsp Hedwig nbsp Tell s Knabe nbsp Arnold vom Melchthal nbsp Bertha von Bruneck nbsp GesslerGeschichte BearbeitenEntstehung Bearbeiten nbsp Jagerliedchen fur Walther Tell womit Actus III anzufangen Eines der wenigen erhaltenen Manuskriptblatter Anm 1 nbsp Erstdruck in zeitgenossischem Einband Kolorierter Kupferstich von Melchior Kraus als Frontispiz Charlotte von Lengefeld spatere Frau des Dichters machte Schiller bereits 1789 mit der Tellsage bekannt als sie ihm brieflich uber die Lekture der Geschichten schweizerischer Eidgenossenschaft Johannes von Mullers Erscheinungsjahr 1780 berichtete Goethe bereiste zwischen 1775 und 1797 dreimal die Innerschweiz und teilte Schiller im Oktober 1797 mit dass er gerade wieder die kleinen Cantone besuche und sich intensiv mit der Sage befasse Brief vom 8 Oktober 1797 Die Gegend um den Vierwaldstattersee und die Gestalt des Wilhelm Tell faszinierte ihn Er beschaffte sich die Schweizer Chronik von Tschudi und erwog zunachst die Schweizer Befreiungssage selbst episch umzusetzen Ob Goethe den Stoff dem jungeren Schiller uberliess oder dieser sich des Stoffes bemachtigte ist nicht bekannt Von 1803 bis 1804 schrieb Schiller das Telldrama in funf Aufzugen In den ersten vier Aufzugen blieb er dabei bis in die Einzelheiten der Chronik von Tschudi treu Obwohl er niemals in der Schweiz weilte zeigte er eine bemerkenswert genaue Ortskenntnis da er sich als Historiker gut zu unterrichten gewusst hatte Schiller stellte das Schauspiel 16 Monate vor seinem Tod fertig Am 17 Marz 1804 wurde es am Weimarer Hoftheater uraufgefuhrt Regie fuhrte Schillers Freund Johann Wolfgang von Goethe der damals Intendant des Theaters war 4 Wilhelm Tell ist Schillers letztes vollendetes Buhnenwerk 5 6 7 8 Das Gelegenheitswerk Die Huldigung der Kunste Ein lyrisches Spiel entstand spater 9 es umfasst aber lediglich zehn Druckseiten und wird ublicherweise nicht als Drama mitgezahlt Das Drama Demetrius blieb unvollendet Rezeption Bearbeiten Im 19 Jahrhundert wurde der funfte Aufzug entweder stark gekurzt oder gar nicht gespielt Seit Ludwig Borne herrschte die Lesart vor dass Schiller im funften Aufzug eine problematische Auffassung der Befreiung zum Ausdruck bringe Der Titelheld hatte statt des Apfelschusses gleich auf den Landvogt schiessen und den Heldentod in Kauf nehmen sollen diese Auffassung entsprach dem Zeitgeist nach 1815 Im Dritten Reich wurde das Stuck zunachst in die NS Propaganda integriert Propagandaminister Goebbels pries es in den ersten Jahren als Fuhrerdrama und es wurde entsprechend haufig aufgefuhrt Die Hauptfiguren Tell und Werner Stauffacher wurden als ideale Fuhrerpersonlichkeiten interpretiert Tellzitate fanden sich in den meisten Lesebuchern Schillers Motiv des gerechtfertigten Tyrannenmords der Beifall des deutschen Theaterpublikums an den unpassenden Stellen sowie auch mehrere Attentate auf Hitler u a geplant von dem Schweizer Maurice Bavaud scheinen jedoch zu einer volligen Abkehr der Nazis von dem Tellmythos gefuhrt zu haben die Anderung der Einstellung war so dramatisch dass das Stuck am 3 Juni 1941 auf Anweisung Hitlers zur Auffuhrung und fur den Schulunterricht verboten wurde 1941 war auch das Jahr in dem die offizielle Schweiz das 650 jahrige Bestehen der Eidgenossenschaft feierte Damals wurde oft Bezug auf Schillers Wilhelm Tell genommen so fuhrte die Tellspielgesellschaft Altdorf am 1 August die Rutlischwurszene auf dem Rutli auf Diese Bezugnahme auf Schillers Stuck als Darstellung eines Einzelgangers der Aufstand und Unabhangigkeit seines Landes durch ein Attentat auf den Reichsvogt auslost trug vermutlich dazu bei dass es unter Hitlers Diktatur unerwunscht wurde 10 Nach dem Untergang des Dritten Reichs galt das Schauspiel wegen seines zivilisatorischen Gehalts aber auch wegen seiner kunstlerischen Form als wichtigstes Theaterstuck im gymnasialen Deutschunterricht Es wurde in den 1960er Jahren meist im 10 Schuljahr behandelt heute auch schon davor 8 Schuljahr Am 10 Oktober 1989 brachte das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin auf der Berliner Volksbuhne eine mehr oder minder offen zur Revolution aufrufende Inszenierung zur Auffuhrung Die staatlichen Ehrengaste verliessen Turen schlagend den Theatersaal Am Abend des Mauerfalles wurde das Schauspiel erneut in Schwerin aufgefuhrt diesmal ohne Unterbrechung 2004 wurde das Stuck anlasslich seines zweihundertjahrigen Jubilaums erstmals auf dem Rutli aufgefuhrt und zwar vom Deutschen Nationaltheater Weimar 2006 erregte die Inszenierung des Regisseurs Samuel Schwarz im Theater St Gallen die Aufmerksamkeit des Schweizer Feuilletons Darin wird die Instrumentalisierung des Tellmythos durch die Propaganda der Nationalsozialisten thematisiert und durch Bezug auf antiamerikanisch antiisraelische Mainstreamgedanken aktualisiert auch verglich die Regie die Gestalt des Wilhelm Tell mit dem Amoklaufer von Zug Friedrich Leibacher und dem islamischen Terroristen Mohamed Atta 11 Zur Interpretation BearbeitenSchiller stellt in dem Buhnenwerk den kollektiven und individuellen Freiheitskampf der innerschweizerischen Einheimischen gegen die brutale Willkurherrschaft der habsburgischen Vogte dar Die Urkantone Uri Schwyz und Unterwalden verbunden sich gegen die Tyrannei Alte und Junge Frauen und Manner Angehorige verschiedener Stande bzw Schichten Tell und Gessler Bearbeiten Der fromme Bergwildjager Tell ist der naturliche freiheitsliebende Tatmensch Wer gar zuviel bedenkt wird wenig leisten der der Willkur des sadistischen Vogts Gessler beherzt entgegentritt Gessler verkorpert die gefuhlsrohe Machtgier Indem er Tell zwingt einen Apfel vom Haupt des eigenen Kindes zu schiessen zeigt er seine widernaturliche Verkommenheit Tell handelt zu Anfang des Stuckes als naturlicher Mensch intuitiv und erlautert seine Handlungen eher wortkarg Seine Weisheiten kleidet er in volkstumliche Sentenzen oder Gnomen Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht Dann tritt eine Wandlung ein Im vierten Aufzug spricht er vor dem Tyrannenmord einen Monolog Durch den Gesslerschuss verliert er seine naturliche Unschuld Seine Armbrust wird er danach nicht mehr benutzen Im funften und letzten Aufzug wird er zu einer fast schon philosophischen Gestalt Die Rolle der Frauen Bearbeiten In dem Drama sind auffalligerweise je einmal Frauen aus allen drei Standen radikaler als je die Manner So ermutigt die Bauerin Gertrud die Stauffacherin ihren Gatten Werner Stauffacher Zu Schwyz sich alle Redlichen beklagen ob dieses Landvogts Geiz und Wuterei Ihr seid auch Manner wisset eure Axt zu fuhren und als er einwendet Wir Manner konnen tapfer fechtend sterben was aber werde aus den Frauen da antwortet sie Der letzte Weg bleibt auch dem Schwachsten offen Ein Sprung von dieser Brucke macht mich frei Die Adelige Berta gewinnt Rudenz fur die gemeinsame Sache Und in der hohlen Gasse stellt sich Armgard Gattin eines ohne Richterspruch eingekerkerten armen Wildheuers Kleinbauern mit ihren hungernden Kindern dem Vogt verzweifelt und beherzt in den Weg und bittet um die Freilassung ihres Mannes als Gessler sie und ihre Kinder niederzureiten droht durchbohrt ihn Tells Pfeil Alle stehen betroffen aber Armgard hebt eines ihrer Kleinen empor Seht Kinder wie ein Wuterich verscheidet Als Motivation fur den heiligen Zorn der Frauen fuhrt Schiller an herausragender Stelle in seinem Drama das zu seiner Zeit viel diskutierte Recht der ersten Nacht an Das Recht auf Widerstand Bearbeiten In der Rutliszene legt Schiller der Gestalt des Werner Stauffacher seine Auffassung des individuellen und kollektiven Widerstandsrechts gegen die Tyrannei in den Mund Nein eine Grenze hat Tyrannenmacht wenn der Gedruckte nirgends Recht kann finden wenn unertraglich wird die Last greift er hinauf getrosten Mutes in den Himmel und holt herunter seine ew gen Rechte die droben hangen unverausserlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst Der alte Urstand der Natur kehrt wieder wo Mensch dem Menschen gegenubersteht Zum letzten Mittel wenn kein andres mehr verfangen will ist ihm das Schwert gegeben Der Guter hochstes durfen wir verteid gen gegen Gewalt Der alte Urstand der Natur kehrt wieder diese Formulierung verweist auf Schillers Auffassung des Naturrechts Tell verkorpert Schillers Ideal des freien Menschen der sich seiner vernunft und sprachbegabten Menschennatur bewusst ist und sich von keinem anderen menschlichen Wesen unterjochen lasst Der Widerstand gegen die Okkupationsmacht ist gerechtfertigt weil die Innerschweizer Einheimischen mit ihrer Freiheit nichts Geringeres als ihre Menschenwurde verteidigen Stellungnahme zur Revolution von 1789 Bearbeiten Schiller setzt sich in dem Schauspiel nicht direkt mit der franzosischen Revolution auseinander obwohl dies viele Zeitgenossen von ihm erwarteten Die jakobinischen Revolutionare hatten sich u a auf den Tellmythos berufen als sie den franzosischen Konig enthaupteten ebenso wie zahlreiche Adelige und ihnen opponierende Revolutionare des Dritten Standes Es geht dem 45 jahrigen Schiller vielmehr um die Bewahrung und Entwicklung des Herrlichen der Menschheit uberhaupt wenn er sittlich entfaltete Individualitat und rechtlich geordnete Kollektivitat in einer Art Musterrevolution gegen die Willkurherrschaft zusammenfuhrt Rede des Freiherrn von Attinghausen auf dem Sterbebett IV Akt zweite Szene Schiller bezieht sich dabei auch auf die revolutionare Erklarung der Menschenrechte von 1789 Das Spannungsverhaltnis von individueller Freiheit und mitmenschlicher Solidaritat ist neben dem Recht auf Widerstand eines der Hauptthemen des Dramas das sich in den zahlreichen Notsituationen vielfaltig widerspiegelt von der Rettung Baumgartens vor seinen Verfolgern I Akt 1 Szene uber den Rutlischwur II Akt 2 Szene uber die unterlassene Demut vor dem Gesslerhut und uber den Apfelschuss auf Walther III Akt 3 Szene bis hin zur Parricida Szene V Akt 2 Szene Ebenso thematisiert Schiller aber auch in der Rutliszene die brutalen Auswuchse der Revolution und die jakobinische Schreckensherrschaft La Terreur 1793 1794 wenn er den Walter Furst proklamieren lasst Abtreiben wollen wir verhassten Zwang Die alten Rechte wie wir sie ererbt von unsern Vatern wollen wir bewahren nicht ungezugelt nach dem Neuen greifen Was sein muss das geschehe doch nicht druber Die Vogte wollen wir mit ihren Knechten verjagen und die festen Schlosser brechen doch wenn es sein mag ohne Blut Hintergrundfigur Napoleon Bearbeiten Die Ereignisse der Revolution waren nach und nach uberdeckt worden von den franzosischen Eroberungen in den Nachbarlandern Napoleon wurde immer mehr zur beherrschenden Figur der europaischen Offentlichkeit sein stetiger Zugewinn an Macht war zu einem zentralen Thema geworden Auch die Schweiz war inzwischen von franzosischen Truppen uberwaltigt Napoleon hatte mit der Hilfe von Schweizer Unterstutzern die Schweiz revolutioniert und die von ihm abhangige Helvetische Republik 1798 1803 1815 ins Leben gerufen Gegen diese von aussen angestossene Staatsbildung und den fremden Machteinfluss richtete sich Widerstand verschiedener Schweizer Gruppierungen Schiller schrieb seinen Tell in den Jahren 1803 bis 1804 und verfolgte selbstverstandlich die Entwicklung Auch das Heiliges Romisches Reich deutscher Nation war in den Jahren zuvor immer starker unter den Einfluss Napoleons geraten bereits im Jahr 1800 waren franzosische Truppen bis nach Munchen vorgedrungen und hatten bei Hohenlinden den osterreichischen Einfluss auf Bayern beendet Im Frieden von Luneville 1801 wurde die franzosische Annexion der linksrheinischen Gebiete des Reiches festgelegt seither war Napoleons Macht weiter gewachsen auch durch die Umformung des Heiligen Romischen Reiches deutscher Nation im Reichsdeputationshauptschluss 1803 bis er sich im Dezember 1804 mit eigener Hand zum franzosischen Kaiser kronen wurde Vor diesem Hintergrund ist die Konstellation zu sehen die Schiller im Tell zeigt Ein landfremder Herrscher will die Einwohner von Schwyz Uri und Unterwalden unterjochen Es geht nicht allein um den Gegensatz Oben Unten sondern dieser ist verbunden mit dem Gegensatz Fremd Einheimisch Schiller selbst schrieb zu Beginn der Abfassung im Oktober 1803 in einem Brief er arbeite an dem Wilhelm Tell womit ich den Leuten den Kopf wieder warm zu machen gedenke Sie sind auf solche Volksgegenstande ganz erpicht und jetzt besonders ist von der schweizerischen Freiheit desto mehr die Rede weil sie aus der Welt verschwunden ist 12 Schiller nennt den franzosischen Herrscher weder hier beim Namen noch verstandlicherweise im historischen Drama Wilhelm Tell Walter Muller Seidel verweist in seinem Werk Friedrich Schiller und die Politik mehrmals auf die Anreicherung der Tyrannei Thematik durch die Fremdherrschafts Thematik Schiller wird von ihm neben die preussischen Reformer wie Wilhelm von Humboldt oder Freiherr vom Stein gestellt die die geistige Eigenstandigkeit Preussens bzw Deutschlands etablierten um auf eine spatere militarische Befreiung nach aussen hinwirken zu konnen 13 In dieser Hinsicht ist der Tell vor dem Hintergrund der Zeitereignisse auch als nur wenig verkleideter Appell an die Schweizer und die Deutschen zu werten sich der fremden Tyrannei zu entledigen Literatur BearbeitenKiermeier Debre Joseph Hrsg Friedrich Schiller Wilhelm Tell Originaltext mit Anhang zu Verfasser Werk und Textgestalt incl Zeittafel und Glossar erschienen in der Bibliothek der Erstausgaben Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 2005 ISBN 978 3 423 02647 5 Nordmann Beate Friedrich Schiller Wilhelm Tell Konigs Erlauterungen und Materialien Bd 1 C Bange Verlag Hollfeld 2001 ISBN 978 3 8044 1691 8 Jansen Uwe Hrsg Friedrich Schiller Wilhelm Tell Schauspiel Reclam XL Text und Kontext Reclam Stuttgart 2013 ISBN 978 3 15 019020 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wilhelm Tell Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Wilhelm Tell Quellen und Volltexte nbsp Wikiquote Friedrich Schiller Wilhelm Tell 1804 Zitate nbsp Wikiversity Erstdruck mit kolorierten Kupferstichen von Georg Melchior Kraus Kursmaterialien Inhaltsangabe Erlauterung Entstehung und Charakterisierungen zum Schauspiel Wilhelm Tell Wilhelm Tell im Projekt Gutenberg DE Wilhelm Tell bei Zeno org Friedrich Schiller Archiv Volltext des Schauspiels Hintergrundinformationen und Bilder Wilhelm Tell als kostenloses und gemeinfreies Horbuch bei LibriVox Illustrationen von Otto Peter zum Schauspiel Wilhelm Tell Postkartenserie zu Schillers Wilhelm Tell aus dem Verlag von Theo Stroefer Nurnberg Wilhelm Tell im Munchener Bilderbogen Albrecht Koschorke Bruderbund und Bann Das Drama der politischen Inklusion in Schillers Tell PDF Datei 219 kB Sieglinde Grimm Asthetische Erziehung revisited Schillers Wilhelm Tell PDF Datei 171 kB Zu Schillers Naturbegriff Telepolis Artikel uber das EU kritische Potential des Stucks und sein Verschwinden aus den Lehrplanen Harald Maihold Ein rechter Schutze hilft sich selbst Nothilfe Freiheit und Solidaritat in Schillers Wilhelm Tell PDF Datei 777 kB Tell Denkmal und Tell Auffuhrungen in Altdorf Uri Einzelnachweise Bearbeiten Friedrich Schiller Tell Schauspiel In Ders Werke und Briefe Band 5 Dramen IV Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1996 S 385 505 Kommentar S 735 850 ISBN 3 618 61250 8 Den Hut ehren heisst das Haus Habsburg unmittelbar als Souveran anzuerkennen es handelt sich um kein kaiserliches Attribut denn als reichsunmittelbar sahen die Schweizer sich ja gerade an Schiller hat mit diesem Namen dem Schweizer Historiker Johannes von Muller dem er viele Einzelheiten verdankt ein kleines Denkmal gesetzt 200 Jahre Wilhelm Tell Start der Proben auf dem Rutli 1 2 Vorlage Toter Link www ruetli ch Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Februar 2023 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis PDF 71 9 kB Friedrich Burschell Friedrich Schiller mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt Wolfgang Muller Uwe Naumann Hrsg Rowohlts Monographien 31 Auflage Rowohlt Taschenbuch Verlag Hamburg 1997 ISBN 3 499 50014 0 S 159 Dieses Stuck ist das letzte das er vollenden konnte Reinhard Buchwald Schiller Neue bearbeitete Ausgabe 10 14 Tausend Auflage Band 2 Insel Verlag Leipzig 1956 DNB 450671178 S 440 Der Tell war das letzte Schauspiel das Schiller zu vollenden vergonnt war Otto Mann Geschichte des deutschen Dramas Kroners Taschenausgabe Band 296 2 Auflage Alfred Kroner Verlag Stuttgart 1963 DNB 453202969 S 299 sein nachstes und letztes vollendetes dramatisches Werk den Tell Martin Neubauer Friedrich Schiller Wilhelm Tell Lektureschlussel fur Schuler Universal Bibliothek Nr 15337 Philipp Reclam jun Stuttgart 2004 ISBN 3 15 015337 9 S 6 sein letztes vollendetes Drama Peter Andre Alt Schiller Leben Werk Zeit Band 2 Verlag C H Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 46225 1 S 586 Im November 1804 verfasst er das Festspiel Die Huldigung der Kunste Es ist die letzte selbstandige Arbeit die er noch beenden kann Georg Ruppelt Hitler gegen Tell Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Wilhelm Tell amp Friedrich Leibacher Theaterskandal Bericht des Schweizer Fernsehens uber die Auffuhrung von Samuel Schwarz Video 5 29 Min Brief von Friedrich Schiller an seinen Schwager Wilhelm von Wolzogen vom 27 Oktober 1803 zitiert nach Muller Seidel Walter Friedrich Schiller und die Politik Nicht das Grosse nur das Menschliche geschehe Munchen 2009 S 211 Muller Seidel Walter Friedrich Schiller und die Politik Nicht das Grosse nur das Menschliche geschehe Munchen 2009 S 243 269 277ff Anmerkungen Bearbeiten Transkription des gesamten Textes Jagerliedchen fur Walther Tell womit Actus III anzufangen Mit dem Pfeil dem Bogen durch Gebirg und Thal kommt der Schutz gezogen fruh im Morgenstrahl Wie im Reich der Lufte Konig ist der Weih durch Gebirg und Klufte herrscht der Schutze frei Ihm gehort das Weite was sein Pfeil erreicht das ist seine Beute was da fleucht und kreucht Werke Friedrich Schillers Dramatische WerkeDie Rauber Semele Die Verschworung des Fiesco zu Genua Kabale und Liebe Korners Vormittag Don Karlos Wallenstein Wallensteins Lager Die Piccolomini Wallensteins Tod Maria Stuart Die Jungfrau von Orleans Die Braut von Messina Wilhelm Tell Die Huldigung der Kunste DemetriusLyrikHektorlied Hektor und Andromache An die Freude Resignation Die Gotter Griechenlandes Das verschleierte Bild zu Sais Die Teilung der Erde Der Spaziergang Xenien Der 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