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Spiel des Schicksals Ein Bruchstuck aus einer wahren Geschichte ist eine Erzahlung Friedrich Schillers die 1789 anonym im Januarheft des Teutschen Merkur erschien 1792 nahm er sie nahezu unverandert in die Sammlung Kleinere prosaischen Schriften auf Friedrich Schiller Gemalde von Anton Graff Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Interpretation 3 Technik und Erzahlhaltung 4 Hintergrund 5 Entstehung 6 Schillers Prosa 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenAloysius von G Sohn eines Burgerlichen steigt dank seines jugendlichen Feuers und Ehrgeizes in kurzer Zeit am Hofe des Fursten auf Hindernisse schreckten ihn nicht und kein Fehlschlag konnte seine Beharrlichkeit besiegen 1 Zwischen ihm und dem Prinzen entwickelt sich eine leidenschaftliche Freundschaft So fliegt der Aufsteiger von einer Beforderung zur anderen vergrabt sich bald auch in die Bucher und wird endlich zum Beherrscher seines Fursten Die Bescheidenheit verlasst ihn und eine gewisse Harte in seinem Wesen wird ebenso sichtbar wie eine verschwenderische Willkur und Herrschsucht denn launisch teilt er Geschenke aus oder racht sich an Untergebenen Unter den heimlichen Neidern gibt es einen der jeden seiner Schritte vorsichtig beobachtet Ein piemontesischer Graf namens Joseph Martinengo eifersuchtig und verschlagen der langsam und bedachtig eine Intrige einfadelt Der hochfahrende und selbstbewusste Aloysius wahnt sich in Sicherheit und begeht damit eben den Fehler den Richelieu beging da er Ludwig dem Dreizehnten den jungen le Grand zum Spielzeug uberliess 2 Mit verstellter Unterwurfigkeit gelingt es dem Grafen sich unvermerkt in die Gunst des Fursten einzustehlen seinen Nebenbuhler zu denunzieren und einen todlichen Streich zu versetzen Der Erzahler mutmasst Martinengo habe dem Fursten eine verdachtige Korrespondenz vorgelegt die eine angebliche Verbindung mit einem benachbarten Hof bezeuge Der Prinz ist entsetzt halt einen Freund fur einen undankbaren Verrater und lasst ihn vor der Wachparade unter den Augen von mehr als funfhundert Menschen degradieren abfuhren und in Kerkerhaft nehmen Aloysius entdeckt dass er selbst es war der diesen Ort der Verdammnis erbauen liess um einen verdienten Offizier darin verschmachten zu lassen Der mitleidigen Hilfe eines Garnisonspredigers ist es zu verdanken dass ihm zunachst leichtere Haftbedingungen gewahrt werden und er nach zehn Jahren begnadigt wird Nach einiger Zeit steigt er in fremden Diensten erneut auf einen glanzenden Gipfel kehrt aber schliesslich in seine alte Heimat zuruck und trifft den Fursten wieder Obwohl beider Herzen Scham und Furcht getrennt haben erhalt Aloysius bald seine alten Wurden zuruck Nach 19 Jahren stirbt er als Befehlshaber einer Festung in der Staatsgefangene aufbewahrt werden Wer erwartet er hatte sich verandert und ware milder geworden tauscht sich denn er behandelte die Eingekerkerten hart und launisch 3 Interpretation BearbeitenAm Schicksal des beharrlichen Aufsteigers der durch eine Intrige sturzt lange in Kerkerhaft verbringt und spater begnadigt wird beleuchtet Schiller neben der tyrannischen Herrschaft des Herzogs Karl Eugen in Wurttemberg vor allem die Psychologie und Personlichkeit der Hauptfigur deren Widerspruchlichkeit er ausfuhrlich schildert Indem der Autor seelische Analyse und politische Kritik verbindet vermeidet er eine einseitig manichaische Sichtweise nach welcher der Despot nichts weiter tut als das unschuldige Opfer zu unterdrucken 4 Technik und Erzahlhaltung BearbeitenAus der Ich Perspektive schildert der Erzahler die Ereignisse Er erklart dass er die Nachrichten bloss aus mundlichen Uberlieferungen habe sammeln konnen 5 um so auf das Mundliche als von vornherein unsichere Quelle verweisen und den Wahrheitsgehalt seines Werkes der moglichen Kritik entziehen zu konnen An einer anderen Stelle der Erzahlung bei der es um die Mittel der Intrige geht beruft sich der Verfasser auf eine Mutmassung Ob echt oder unterschoben daruber sind die Meinungen geteilt Auch dies erlaubt ihm die poetische Wahrheit gegen die historische auszuspielen und mogliche reale Verbindungen zum Hof zu verschleiern 6 Vor allem in den dramatischen Szenen seiner Erzahlung wechselt Schiller haufig in das historische Prasens Hintergrund Bearbeiten nbsp Portrat Philipp Friedrich von RiegersWie in den Erzahlungen Verbrecher aus verlorener Ehre und Eine grossmutige Handlung aus der neuesten Geschichte griff Schiller mit Spiel des Schicksals erneut einen authentischen Fall auf mit dem ihm selbst etwas verband Vorbild fur Aloysius von G war Schillers Pate Philipp Friedrich von Rieger Schiller war gleich am Tag nach seiner Geburt getauft worden weil man wegen seiner Schwachlichkeit befurchtete er wurde nicht lange uberleben Rieger den Schiller im Spatherbst 1781 personlich kennenlernte stand seit 1755 in wurttembergischen Diensten und befand sich zum Zeitpunkt seiner Patenschaft auf dem Hohepunkt seiner Macht 7 Wie Aloysius in der Erzahlung war auch Rieger zunachst ein Gunstling eines Herrschers Herzog Karl Eugen dem er sich mit seinen drastischen Zwangsrekrutierungen und dem Aufbau einer Armee von sechstausend Mann unentbehrlich gemacht hatte Dabei machte er sich durch Harte und Rucksichtslosigkeit einen Namen und stand bald im Ruf eines kaltherzigen Menschenschinders Auf Fahnenfluchtige der nicht sonderlich kampftauglichen Truppen lobte er ein Kopfgeld aus und verstand es geschickt das so ausgeloste Jagdfieber zu steuern 8 Schiller begegnete seinem Taufpaten dem Kommandanten der Festung Hohenasperg im Spatherbst 1781 personlich und nutzte die Gelegenheit Christian Friedrich Daniel Schubart wahrend seiner zehnjahrigen Kerkerhaft zu besuchen eine Begegnung die literaturgeschichtlich bedeutsam ist Dessen Erzahlung Zur Geschichte des menschlichen Herzens 1775 im Schwabischen Magazin veroffentlicht beeinflusste Schillers erstes Drama Die Rauber mit der Figurenkonstellation zweier ungleicher Sohne Wilhelm und Carl eines Edelmannes am nachhaltigsten 9 Entstehung Bearbeiten nbsp Herzog Karl Eugen von WurttembergHerzog Carl Eugen liess Schiller 1782 fur zwei Wochen arrestieren da er die Militarakademie heimlich verlassen hatte Jahre spater im Dezember 1788 erhielt Schiller in Weimar Besuch von Ludwig Schubart Sohn des vormals Inhaftierten und ehemaliger Mitschuler der Karlsschule Kurze Zeit nach dieser Visite begann Schiller mit der Niederschrift des kurzen Werkes das er zunachst anonym veroffentlichte Sein Freund Christian Gottfried Korner der neben dem begeisterungsfahigen Ludwig Ferdinand Huber bereits die Entstehung des Geistersehers gefordert hatte erkannte seinen charakteristischen Schreibstil sofort und schrieb ihm am 30 Dezember das Spiel des Schicksals ist von Dir Am Stil hatte ichs schon erkannt Der Ton der Erzahlung ist Dir meines Erachtens sehr gelungen Lebhafte Darstellung ohne Pratension ist eine Manier die ich mir schwer vorstelle 10 Fur andere Leser war dies nicht so einfach Schillers spatere Ehefrau Charlotte von Lengefeld etwa vermochte den Verfasser nicht zu erkennen Vermutlich orientierte sie sich an seinem bislang bekannten Personalstil der vor allem durch die Dramen Die Rauber Kabale und Liebe sowie Don Karlos etabliert und bekannt war 11 Schillers Prosa BearbeitenSchillers Ruhm grundet nicht auf seinen Erzahlungen sondern auf seiner Lyrik und vor allem den Buhnenwerken gilt er mit seinem Sinn fur Pathos und die grossen Gegenstande der Menschheit doch als bedeutendster Dramatiker Deutschlands So gibt es nur einen schmalen Vorrat seiner Prosa was dazu beitrug ihn als stilistisch wegweisenden Erzahler geringer zu achten ja zu ubersehen Erst in den letzten Jahrzehnten wandelte sich das Bild Da es sich bei dem Text Merkwurdiges Beispiel einer weiblichen Rache um die Ubersetzung einer Vorlage von Denis Diderot handelt und bei Haoh Kioh Tschuen um eine fragmentarische Bearbeitung eines aus dem Chinesischen ubersetzten Romans liegen lediglich vier Erzahlungen aus der Feder Schillers vor Neben dem fragmentarischen Roman Der Geisterseher und Spiel des Schicksals nur noch Eine grossmutige Handlung und Der Verbrecher aus verlorener Ehre 12 Die Forschung geht mittlerweile davon aus dass auch seine theoretischen Schriften zu diesem Bereich gezahlt werden eine Perspektive die sich etwa im Konzept der Frankfurter Ausgabe widerspiegelt in der seine Erzahlungen und historischen Schriften in einem Doppelband vereinigt sind 13 In diesem Zusammenhang wird auch gefragt wo die Grenze zwischen der literarischen und historiographischen Erzahlung zu ziehen ist In einem Brief an Caroline von Wolzogen vom 10 11 Dezember 1788 sprach Schiller davon dass die historische Wahrheit auch gefuhlt werden konne obwohl sich die Dinge so nicht wirklich ereignet hatten Man lerne auf diesem Weg den Menschen und nicht den Menschen kennen die Gattung und nicht das so leicht sich verlierende Individuum In diesem grossen Felde ist der Dichter Herr und Meister 14 Dass Pflicht und Neigung die Pole von Schillers Weltanschauung waren manifestiert sich vor allem in seiner Sturm und Drang Phase stilistisch neben der Hyperbel vor allem in der durchgehenden Antithetik die das Pathos unterstutzt und verstarkt In den fruhen Dramen wie der Lyrik entfachte er ein Feuerwerk rhetorischer Figuren die bis zum Oxymoron reichen Mit der charakteristischen funkelnden Antithese die sich auch in seiner Prosa findet konnte er an leidenschaftlichen Stellen grosse Effekte erzielen und sprach so vor allem die junge Generation an 15 Dem Ideal der Weimarer Klassik verpflichtet arbeiteten Goethe und Schiller viele ihrer Werke spater um Statt kuhne Wortbildungen und Satzstellungen nun der gemassigte Ausdruck statt Beiordnung nun Unterordnung statt erregtem Gesprachston nun eine durchstilisierte klanglich rhythmisch gelauterte Sprache 16 Literatur BearbeitenPeter Andre Alt Schiller Leben Werk Zeit Eine Biographie Band I Verlag C H Beck Munchen 2000 S 478 522 526 Matthias Luserke Jaqui Friedrich Schiller A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 179 181 Michael Hofmann Spiel des Schicksals Schiller Handbuch Leben Werk Wirkung Hrsg Matthias Luserke Jaqui Metzler Stuttgart 2005 S 315 319Weblinks BearbeitenSpiel des Schicksals im Projekt Gutenberg DEEinzelnachweise Bearbeiten Friedrich Schiller Spiel des Schicksals in Samtliche Werke Band III Gedichte Erzahlungen Ubersetzungen Deutscher Bucherbund Stuttgart S 518 Friedrich Schiller Spiel des Schicksals in Samtliche Werke Band III Gedichte Erzahlungen Ubersetzungen Deutscher Bucherbund Stuttgart S 520 Friedrich Schiller Spiel des Schicksals in Samtliche Werke Band III Gedichte Erzahlungen Ubersetzungen Deutscher Bucherbund Stuttgart S 528 Michael Hofmann Spiel des Schicksals in Schiller Handbuch Leben Werk Wirkung Hrsg Matthias Luserke Jaqui Metzler Stuttgart 2005 S 316 Friedrich Schiller Spiel des Schicksals In Samtliche Werke Band III Gedichte Erzahlungen Ubersetzungen Deutscher Bucherbund Stuttgart S 527 Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 20 05 S 181 Rudiger Safranski Schiller oder die Erfindung des Deutschen Idealismus Erstes Kapitel Carl Hanser Verlag Munchen 2004 S 17 Rudiger Safranski Schiller oder die Erfindung des Deutschen Idealismus Erstes Kapitel Carl Hanser Verlag Munchen 2004 S 17 Gert Sautermeister Die Rauber in Schiller Handbuch Leben Werk Wirkung Hrsg Matthias Luserke Jaqui Metzler Stuttgart 2005 S 3 Zit nach Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 180 Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 180 Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 171 Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 171 Zit nach Friedrich Schiller Matthias Luserke Jaqui A Francke Verlag Tubingen und Basel 2005 S 170 Einfuhrung in die Stilistik Karl Heinz Gottert Oliver Jungen Wilhelm Fink Verlag Munchen 2004 S 221 Einfuhrung in die Stilistik Karl Heinz Gottert Oliver Jungen Wilhelm Fink Verlag Munchen 2004 S 221Werke Friedrich Schillers Dramatische WerkeDie Rauber Semele Die Verschworung des Fiesco zu Genua Kabale und Liebe Korners Vormittag Don Karlos Wallenstein Wallensteins Lager Die Piccolomini Wallensteins Tod Maria Stuart Die Jungfrau von Orleans Die Braut von Messina Wilhelm Tell Die Huldigung der Kunste DemetriusLyrikHektorlied Hektor und Andromache An die Freude Resignation Die Gotter Griechenlandes Das verschleierte Bild zu Sais Die Teilung der Erde Der Spaziergang Xenien Der Handschuh Der Taucher Die Kraniche des Ibykus Der Ring des Polykrates Ritter Toggenburg Der Gang nach dem Eisenhammer Der Kampf mit dem Drachen Die Burgschaft Das Eleusische Fest Das Lied von der Glocke Nanie Der Antritt des neuen Jahrhunderts Das SiegesfestProsaDer Verbrecher aus verlorener Ehre Der Geisterseher Die Sendung Moses Eine grossmutige Handlung Spiel des SchicksalsPhilosophische literatur und theatertheoretische 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