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Ein Tonsystem umfasst den in einer Musikkultur verwendeten Tonvorrat und die Ordnungsprinzipien die den Tonbeziehungen zugrunde liegen und die Funktionen einzelner Tone bzw Tonstufen bestimmen Tonsysteme sind somit ein zentraler Gegenstand der Musiktheorie bzw Musikwissenschaft und stellen ein Mittel dar verschiedene Musikkulturen miteinander zu vergleichen Viele Kulturen besonders bei indigenen Volkern haben aber selbst oft keine eigentliche Musiktheorie Ein Tonsystem kann hier durch den die jeweilige Musikkultur untersuchenden Musikforscher bzw Musikethnologen durch empirische Beobachtungen der praktizierten Musik und eventuell verwendeter Musikinstrumente abgeleitet werden 1 Eine den meisten Tonsystemen gemeinsame Eigenschaft ist z B die Ahnlichkeits bzw Identitatsempfindung von Tonen im Abstand einer Oktave Bei diesem Intervall stehen zwei Tone im Frequenzverhaltnis 2 1 zueinander Sie werden als unmittelbar verwandt empfunden und konnen als tonig beziehungsweise aquivalent aufgefasst werden Inhaltsverzeichnis 1 Das neuzeitliche Tonsystem der westlichen Musik 1 1 Herleitung und Geschichte 1 2 Mathematische Beschreibung 2 Historische europaische Tonsysteme 3 Alternative Tonsysteme in modernen Kompositionen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Anmerkungen 7 Einzelnachweise 8 WeblinksDas neuzeitliche Tonsystem der westlichen Musik BearbeitenTrotz vielfaltiger neuer Alternativexperimente ist das bis heute in der westlichen Musik der Neuzeit dominierende Tonsystem das diatonisch chromatisch enharmonische Tonsystem 2 3 wie es sich in der allgemein ublichen Notenschrift darstellt Obwohl dessen Tonvorrat prinzipiell beliebig erweiterbar ist wird es durch die Notenschrift scheinbar auf 35 Stufen beschrankt indem zu jedem der sieben diatonischen Stammtone vier Varianten durch einfache und doppelte Erhohung bzw Erniedrigung hinzutreten Damit ergibt sich folgender Tonvorrat der den Anforderungen der musikalischen Praxis in der Regel mehr als genugt und nur selten voll ausgeschopft wird nbsp doppelt erhoht cisis disis eisis fisis gisis aisis hisiseinfach erhoht cis dis eis fis gis ais hisStammton c d e f g a heinfach erniedrigt ces des es fes ges as bdoppelt erniedrigt ceses deses eses feses geses asas hesesZur theoretischen Begrundung dieses Tonsystems konnen verschiedene Konstruktionsprinzipien die gleichzeitig Stimmungssysteme sind herangezogen werden Die beiden wichtigsten sind Das pythagoreische Prinzip der Quintenschichtung nach dem sich die diatonische Stammtonreihe aus der Quintenfolge f c g d a e h ergibt Da wegen des Fehlens eines einheitlichen Stimmtons beim Zusammenspiel transponiert werden musste fugte man Halbtonschritte durch Anfugen weiterer Quinten nach oben und unten ein Hierauf basiert die Pythagoreische Stimmung Das Prinzip der reinen Stimmung die mit dem Aufkommen der Mehrstimmigkeit in Westeuropa in der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts Bedeutung erlangte Hier wird gefordert dass bei Dur und Molldreiklangen neben den Quinten mit dem Frequenzverhaltnis 3 2 auch die grosse und kleine Terz mit den Frequenzverhaltnissen 5 4 und 6 5 rein erklingen Dabei tritt jedoch das Problem auf dass bei Modulationen sich Tone nicht nur sichtbar mit Vorzeichenwechsel andert sondern andere auch geringfugig um ein syntonisches Komma Insbesondere bei Tasteninstrumenten ist die praktische Umsetzung des Tonsystems mit Problemen bezuglich der reinen Intonation verbunden Das Archicembalo etwa das mit seinen 36 Tasten pro Oktave als gute Abbildung des Tonsystems der reinen Stimmung verstanden werden kann erwies sich wegen seiner unhandlichen Komplexitat als wenig praxistauglich Deshalb war man bestrebt die Anzahl der Tasten auf das unbedingt Erforderliche zu reduzieren Ermoglicht wurde diese Reduktion durch den Umstand dass viele Tone z B das a von C Dur und das um ein Komma hoheres a von G Dur sehr nahe beieinander liegen Solche eng benachbarten Tone lassen sich durch bewusste moglichst kleine Verstimmungen Temperierung genannt auf eine Taste zusammenlegen Unter den vielen Stimmungssystemen die zur Losung des Problems ersonnen wurden setzte sich schliesslich die heute allgemein ubliche zwolfstufig gleichtemperierte Stimmung durch Seitdem wird das diatonisch chromatisch enharmonische Tonsystem akustisch durch eine Skala mit zwolf Stufen pro Oktave chromatische Tonleiter reprasentiert die bei gleichstufiger Stimmung durch Halbtonintervalle fester Grosse getrennt sind Die zwolf Tone sind prinzipiell gleichrangig jeder Ton kann im die westliche Musik dominierenden Dur Moll System zum Grundton einer Tonart werden Die Tonarten des Dur Moll Systems sind dabei in ihrer Struktur aber immer gleich d h als Dur oder Moll erkennbar Die westliche Musik unterscheidet mit Dur und Moll zwei Tongeschlechter Die Bezeichnungen C Dur Fis Dur a Moll b Moll usw geben an auf welchem Ton aus dem Tonsystem sich die Dur oder Mollstruktur aufbaut und welche diatonischen Tone zu der jeweiligen Tonleiter gehoren Wenn man die grundsatzliche Tonfolgestruktur beibehalt kann eine Melodie prinzipiell auf jedem beliebigen Grundton gesungen bzw gespielt werden Melodien bzw ganze Musikstucke sind somit transponierbar Den einzelnen Tonarten werden aber mitunter uber die Tonartencharakteristik unterschiedliche Bedeutungen beigemessen doch sind diese Zuordnungen subjektiv und historisch variabel und insgesamt umstritten Die zwolftonige Skala stellt eine Materialtonleiter dar wahrend C Dur oder a Moll usw Gebrauchstonleitern sind Eine Ausnahme bilden in der westlichen Musik die Atonalitat und die freie Tonalitat hier decken sich Material und Gebrauchsleiter Durch Vorzeichen gekennzeichnete Tone sind Ableitungen bzw Alterationen der ursprunglich diatonischen Tonstufen und werden in der Notenschrift als entweder erhohte Kreuz oder erniedrigte Be Varianten notiert Darauf deuten auch die Benennungen die Abwandlungen der Tonbezeichnungen durch angehangte Buchstaben oder Buchstabenkombinationen sind Beispiel as wird als erniedrigtes a a geschrieben gis als erhohtes g g Beide Tone sind aber in der gleichstufigen Stimmung physikalisch identisch Weil nun die musikschriftliche Grammatik des Dur Moll Systems bzw der Funktionsharmonik nach und Tonarten unterscheidet mussen zur Wahrung der Folgerichtigkeit im Notenbild Tonbezeichnungen verwendet werden die zur jeweiligen Tonart passen Beispiel In Cis Dur notiert man z B als zweite Stufe ein dis in Des Dur hingegen ein es Das gilt fur diatonische also tonleitereigene als auch tonartfremde Tone die z B im Falle von Modulationen eingefuhrt werden Die Moglichkeit der verschiedenen Notation nennt man enharmonische Verwechslung Echte enharmonische Verwechslungen treten in Notenbildern auf in denen sich der Wechsel von einer Tonart in eine Tonart bzw umgekehrt aufgrund besserer Lesbarkeit oder Sing Spielbarkeit fur die Musiker anbietet In der Reinen und auch mitteltonigen Stimmung hingegen sind z B as und gis auch tatsachlich physikalisch verschiedene Tone Diese werden auch als Spalttone bezeichnet da sie den Ganztonschritt zwischen g und a eben in zwei verschiedene Halbtondistanzen teilen Der Unterschied zwischen as und gis gilt dann als eigentliche Enharmonik weil eine Verwechslung wie unter Zugrundelegung der gleichstufigen Stimmung ausgeschlossen ist Diese Enharmonik spielt z B bei A cappella Choren Streichquartetten oder guten Orchestern eine ausschlaggebende Rolle insbesondere wenn beabsichtigt wird dem Klang der Musik zwischen Mittelalter und Klassik moglichst nahe zu kommen Herleitung und Geschichte Bearbeiten Nach der Oktave pragen das westliche Tonsystem zuvorderst die Quinte und die Quarte Auf Pythagoras von Samos bzw die Pythagoraer geht die philosophisch begrundete Uberzeugung zuruck dass die einfachsten ganzzahligen Teilungsverhaltnisse die harmonischsten Proportionen wiedergeben Das gelte etwa fur die Geometrie die Architektur als auch fur physikalische Schwingungszustande wie z B Tone Die Frequenzverhaltnisse der Oktave Frequenzverhaltnis 1 2 der Quinte und Quarte Frequenzverhaltnisse 2 3 und 3 4 betragen in genau dieser Reihenfolge 1 2 3 4 Diese Zahlenfolge gewissermassen die Weltformel der Pythagoraer genannt Tetraktys gebe dabei treffend die Abstufungen menschlichen Konsonanzempfindens zweier oder mehrerer Tone wieder Physikalische und mathematische Grundprinzipien treffen die menschliche Sinnesperzeption In Anlehnung an die pythagoreische Lehre leitet sich der erste Ton eines Tonsystems also aus der Oktave ab Die Ableitung der weiteren Tone des Systems geschieht durch Quintenschichtung Dem liegt zugrunde dass die Quinte die erste Konsonanz ist die eine Tonleiter d h distinkte diatonische Tonstufen ableiten lasst Tone im Abstand einer Quinte sind im ersten Grade im Abstand zweier Quinten im zweiten Grade usw verwandt wie dies mittels Quintenzirkel ersichtlich wird Die Quinte sowie ihr Komplementarintervall die Quarte konstituieren als rein und haben als feste Grossen 702 Cent bzw 498 Cent Beispiel fur die Konstruktion einer diatonischen Leiter auf c c d e f g a h Quintenschichtung c g d a e h Aus der ersten auf c folgenden Quinte gewinnen wir den Ton g 1200 Cent x log2 3 2 702 Cent Die zweite Quinte fuhrt zum d 1404 Cent 1200 Cent 204 Cent So fahrt man mit den ubrigen Tonen fort wobei immer zu beachten ist wie haufig durch die Quintenschichtung der Oktavbereich gewechselt wird Der entsprechende Ton wird dann namlich in den richtigen Oktavbereich zuruck oktaviert die Oktaven also wieder abgezogen Eine Quinte tiefer von c ist F und eine Oktave uber F das f Nebenstehende Abbildung zeigt wie mittels Quintenschichtung der Ton e also die dritte Stufe Terz in einer Leiter auf c gewonnen wird nbsp Gewinnung des Tones e in einer Leiter auf c mittels Quintenschichtung Es werden 4 Quinten 4 702 Cent 2808 Cent und zwei Oktaven 2 1200 Cent 2400 Cent durchschritten Die Differenz fuhrt zur grossen Terz mit 408 Cent Diese ursprungliche Konstruktion des abendlandischen Tonsystems nimmt jedoch zunachst nur Rucksicht auf die pythagoreische Stimmung die auch als Quintenstimmung bezeichnet wird Das im nebenstehenden Beispiel bestimmte Intervall ist die pythagoreische grosse Terz 64 81 408 Cent die um das syntonische Komma 22 Cent grosser ist als die reine grosse Terz 4 5 386 Cent Die Quintenschichtung gilt gewissermassen als die erste Theorie zu Erklarung des westlichen Tonsystems da sich in Einklang mit dem pythagoreischen Ideal mit ihr der Tonvorrat der Pentatonik und Heptatonik am besten herleiten lasst Pentatonische und heptatonische Tonleitern gelten in der Entwicklung in dieser Reihenfolge als die Urtonleitern des westlichen Tonsystems Bereits das Tonsystem der griechischen Antike vollzog eine Entwicklung von einem funfstufigen pentatonischen zu einem siebenstufigen heptatonischen System Die Pentatonik herrscht z B noch bis in unsere Zeit in gut erhaltenen Volksmusiktraditionen Grundsatzlich gelten diese Tonleitern als diatonische Skalen Sie geben einzig die Tonstufen wieder die sich aus der Schichtung von vier bzw sechs Quinten ergeben Beispiel f c g d a 4 Quinten ergibt die halbtonlose pentatonische Skalac d f g af c g d a e h 6 Quinten ergibt die heptatonische Skalac d e f g a h c mit zwei Halbtonschritten Die Musik des Mittelalters verwendete grundsatzlich ein heptatonisches System kannte darin aber bereits Hierarchisierungen so dass einzelne Tonstufen nur eine geringere Bedeutung erfuhren Das gregorianische System mit den Kirchentonarten bzw Modi ordnete den grundsatzlichen Tonvorrat in Skalen mit verschiedener Struktur und folglich verschiedenen Charakters A 1 Mit der Mehrstimmigkeit besonders aber seit dem Spatmittelalter und der Fruhen Neuzeit fugte die Musikpraxis die Moglichkeit alterierter Tonstufen ein Damit hielten in der Notenschrift die Vorzeichen und Einzug Alterierte Tonstufen anderten aber zunachst noch nicht das Tonsystem Sie hatten ausschliesslich klanglichen Charakter und fungierten so nur als Zwischentone bzw Leittone in Schlussformeln bzw Kadenzen oder bei Wechsel des Hexachordes siehe hierzu Musica ficta Im Zuge der hochkomplexen Mehrstimmigkeit seit dem 15 Jahrhundert besonders aber mit der rasant zunehmenden Entwicklung von Tasteninstrumenten in der Zeit des Barock und der Etablierung des Dur Moll Systems wurde jedoch die Stimmung ein ernstes Problem Das Tonsystem hatte sich infolge der musikalischen und kompositorischen Praxis erweitert Unter dem Aspekt der auftretenden Stimmungsprobleme liess sich dieses auch nicht mehr allein uber die pythagoraische Quintenschichtung erklaren Weitere Erklarungsmodelle fur das westliche Tonsystem sind so z B die Zerlegung der Oktave in grosse und kleine Terzen Gerade an der Festlegung der Terzen entzundet sich aber das Problem der Stimmung Die Quinte teilt sich in grosse und kleine Terz 4 5 und 5 6 Die grosse Terz besteht demnach aber aus einem grossen und einem kleinen Ganzton 8 9 und 9 10 deren Differenz 21 51 Cent das sogenannte syntonische Komma betragt Wie oben gezeigt bestimmt aber die Quintenprogression den grossen Ganzton 8 9 204 Cent als den authentischen Nun besteht wiederum eine Oktave aus sechs Ganztonen sechs grosse Ganztone uberschreiten aber den Oktavrahmen um 23 46 Cent das sogenannte pythagoraische Komma Ferner kann das abendlandische Tonsystem auch durch die Obertonreihe erklart werden die alle zwolf Tone und ihre Verhaltnisse zueinander angibt Aber auch hier ergeben sich Schwierigkeiten mit der Stimmung Im Laufe der Zeit wurden so verschiedene Stimmungssysteme erprobt und entwickelt wobei eines der Hauptprobleme das der Terz darstellte Die lange Zeit vorherrschenden mitteltonigen Stimmungen mit vielen reinen Terzen nahern die reine Stimmung hervorragend an allerdings nur in der 1 4 Komma mitteltonigen Stimmung in den Tonarten B F C G D und A Dur sowie g d a e h und fis moll Um die Tonarten des gesamten Quintenzirkels spielbar zu machen wurden die mitteltonigen Stimmungen uber die wohltemperierten Stimmungen schliesslich zur gleichstufigen Stimmung so erweitert dass die Tonarten des gesamten Quintenzirkels spielbar wurden Dieses wurde aber nur ermoglicht indem man die reinen Terzen wieder den pythagoreischen Terzen annaherte scharfte Bei der gleichstufigen Stimmung werden die zwolf Quinten in den Oktavraum mit zwolf Tonen angepasst so dass alle zwolf Halbtone das gleiche Distanzmass von 100 Cent zueinander haben So hat man die ursprunglich reine Quinte von 702 Cent die der Quintenschichtung zugrunde lag zugunsten der Gleichstufigkeit mit der Quinte von 700 Cent etwas verkleinert Diese Rationalisierung des abendlandischen Tonsystems die den Anforderungen der Komponisten und vor allem den Instrumentalisten folgte geht auf die Versuche Andreas Werckmeisters zwischen 1681 und 1691 zuruck Johann Sebastian Bachs Werk Das wohltemperierte Klavier demonstriert wie nun alle und Tonarten auf einem Klavier damals noch jede mit einer eigenen Tonartencharakteristik spielbar wurden Mathematische Beschreibung Bearbeiten Hauptartikel Tonstruktur mathematische Beschreibung Die Materialtonleitern von Tonsystemen konnen durch eine Tonstruktur beschrieben werden Tonstrukturen bauen dabei auf Tonen und Intervallen auf Diese Tonstrukturen konnen mit mathematischen Formeln praziser und kurzer beschrieben werden Der Intervallraum wird je nach System unterschiedlich aufgeteilt wobei mathematisch kaum mehr zwischen System und Stimmung unterschieden wird Materialtonleitern und Gebrauchstonleitern nahern sich dabei an wobei die rein mathematisch theoretische Beschreibung meist von der realen Stimmung am Instrument wie zum Beispiel der Stimmung einer akustischen Orgel mehr oder weniger abweicht Historische europaische Tonsysteme BearbeitenHistorische Tonsysteme lassen sich nicht immer mit der Anzahl der Stufen in einer Oktav und dem Ordnungsprinzip der Tonbeziehungen beschreiben denn Tonnamen die in jeder Oktave gleich sind wurden erst von Guido von Arezzo um ca 1025 eingefuhrt Fur die Zeit davor muss der Rahmen fur die Beschreibung unter Umstanden weiter gefasst werden und erstreckt sich meist uber mehr als eine Oktave Dies wird z B am antiken griechischen Systema Teleion deutlich das zwei Oktaven umspannt Dass die Musiktheorie im antiken Griechenland bereits sehr weit gediehen war A 2 zeigen u a erhaltene Schriften von Aristoxenos die ca 320 vor Christus verfasst wurden Zuvor wird bereits in Platos Spatwerk Timaios das griechische Tonsystem inklusive des pythagoreischen Halbtons Limma zum ersten Mal mathematisch beschrieben Fur die Musik des Mittelalters wurde eine unterschiedliche Tonordnung erstellt namlich das gregorianische System mit Hexachorden und den Kirchentonarten die darauf aufbauen Die mittelalterliche christlich liturgische Musik mit dem Gregorianischen Choral wurde die wesentliche Grundlage fur die weiteren Entwicklungen der europaischen Kunstmusik Alternative Tonsysteme in modernen Kompositionen BearbeitenSeit dem Anfang des 20 Jahrhunderts setzt sich eine Vielzahl von Komponisten mit der Frage nach einem Tonsystem fur eigene Werke auseinander So suchten Komponisten das standardisierte System aus zwolf Tonen zu verlassen und den Halbtonschritt in kleinere Intervalle zu teilen Hier spricht man von Mikrotonalitat Ferruccio Busoni z B liess sich ein Dritteltonharmonium bauen es sind aber keine mikrotonalen Werke von ihm uberliefert Wesentliche kompositorische Positionen seit etwa Busoni sind Charles Ives Danbury Connecticut 1874 New York City 1954 war einer der innovativsten Komponisten seiner Zeit Er wurde zu Lebzeiten sehr selten aufgefuhrt Seine Beschaftigung mit neuartigen Stimmungssystemen war ein Teil seiner weitgespannten kompositorischen Experimente Er setzte Vierteltone ein in der Symphony No 4 1910 16 und in den Three Quarter Tone Piano Pieces 1923 24 Die Universe Symphony 1911 16 unvollendet Arbeit daran bis 1954 verwendet ein extremes pythagoreisches System aus reinen Quinten in Kombination mit zusatzlichen Vierteltonen Julian Carrillo Ahualulco Mexiko 1875 Mexiko Stadt 1965 war Komponist Dirigent und Violinist Studien u a in Leipzig mit weitgespannten Beziehungen auch zu Musikern wie Leopold Stokowski in den USA Seit den 20er Jahren verfocht er neue Stimmungssysteme und liess spezielle Klaviere in Mexiko bauen die ganz systematisch im 1 3 1 4 etc bis 1 16 Tonsystem stehen bei annahernd beibehaltener Tastenanzahl Er veroffentlichte diverse Schriften zu seiner Theorie des Sonido 13 z B 1934 La revolucion musical del Sonido 13 In Mexiko wurde er wie ein Nationalheld gefeiert Alois Haba Wisowitz Mahren 1893 Prag 1973 war ein Franz Schreker Schuler und schrieb in diversen temperierten Systemen namentlich im Viertel und Sechsteltonsystem Er veroffentlichte Schriften wie Mein Weg zur Viertel und Sechsteltonmusik 1986 oder Neue Harmonielehre des diatonischen chromatischen Viertel Drittel Sechstel und Zwolftel Tonsystems 1927 Ivan Wyschnegradsky St Petersburg 1893 Paris 1979 schrieb vor allem im Vierteltonsystem fur zwei Klaviere auch innerhalb von Orchesterwerken eingesetzt aber auch fur Streichquartett Ebenso gibt es Werke im 1 6 oder 1 12 Tonsystem Beispiel Deux pieces opus 44 1958 Poeme pour piano a micro intervalles de Julian Carrillo en 1 6 de ton Etude pour piano a microintervalles de Julian Carrillo en 1 12 de ton Auffallig ist ein Werk im 31 Tonsystem fur die Orgel von Adriaan Fokker Etude Ultrachromatique 1959 1932 publizierte er Manuel d harmonie a quarts de ton Harry Partch Oakland Kalifornien 1901 San Diego 1974 baute sein eigenes Stimmungssystem aus 43 Tonen pro Oktave in reiner Stimmung Just Intonation Er konstruierte parallel dazu Instrumente wie die ubergrosse Kithara ein Saiteninstrument in zwei Versionen oder das Chromelodeon auf der Basis eines Harmoniums auch zweifach ausgefuhrt Mit diesen und vielen weiteren Instrumenten besonders auch Percussionsinstrumenten fuhrte er an US amerikanischen Universitaten opernartige Oratorien auf bei denen die Instrumente wie Hauptpersonen agieren z B in Delusion of the Fury Sein Stimmungssystem vermeidet jede Temperierung von Intervallen und ist aufgrund reiner Terzen Quinten kleinen Septimen bis hin zum 11 Naturton hochgradig individuell Er veroffentlichte 1949 das Buch Genesis of a Music Giacinto Scelsi La Spezia Italien 1905 Rom 1988 liess seine Klavierimprovisationen von angestellten Komponisten mikrotonal fur verschiedene Besetzungen notieren Sein Vorgehen vermeidet jede Systematisierung und lebt von der steten Beugung der Tonhohen hin zu Mikroclustern In diesen Clustern spielen Schwebungen eine wesentliche Rolle Stilistisch trifft er sich oft mit Carrillo kam aber eher uber seine Hinwendung zu fernostlichem Denken zu einer Auflosung der konkreten Tonhohe Lou Harrison Portland Oregon 1917 Lafayette Indiana 2003 war ein Schuler des US amerikanischen Innovators Henry Cowell und von Arnold Schonberg Er war beeinflusst von indonesischer Gamelanmusik Harry Partchs Buch Genesis of a Music gab ihm den Anstoss selbst Just Intonation zu entdecken Der Grossteil seiner Werke ist in Just Intonation geschrieben Er setzte sich fur Charles Ives und Harry Partch ein mit denen er befreundet war Ben Johnston geboren in Macon Georgia 1926 war ein Mitarbeiter und Forderer von Harry Partch Einige von Partchs selbstgebauten Instrumenten wurden an der Universitat in Urbana Illinois entwickelt an der Johnston 1951 83 unterrichtete Dort fanden auch wichtige Auffuhrungen von Partchs Werken statt Johnston entwickelte ein Notationssystem fur Just Intonation das er fur herkommliche Instrumente einsetzt Er wurde vor allem durch seine Streichquartette bekannt die teils vom Kronos Quartett eingespielt worden sind Im String Quartet No 9 erweitert er Partchs 11 limit bis zum 31 Partialton James Tenney Silver City New Mexico 1934 Valencia California 2006 war gleichermassen ein Komponist wie Theoretiker unter anderem ein Mitarbeiter von Harry Partch Er war verbunden mit wichtigen musikalischen Innovatoren in den USA wie Edgar Varese oder John Cage Sein Interesse galt reiner Stimmung aber auch komplexer Metrik wie jener von Conlon Nancarrow Zu seinen Buchern zahlen META HODOS A Phenomenology of 20th Century Musical Materials and an Approach to the Study of Form 1961 and META Meta Hodos 1975 beide 1988 gemeinsam publiziert sowie A History of Consonance and Dissonance 1988 Gerard Grisey Belfort 1946 Paris 1998 war einer der wichtigsten Mitglieder der Gruppe L Itineraire in Paris zu der u a Hugues Dufourt Tristan Murail und Michael Levinas gehorten 1973 gegrundet aus dem Kreis ehemaliger Schuler Olivier Messiaens In Deutschland wird die Gruppe gern als Spektralisten bezeichnet Ursprunglich steht bei ihnen das Partialtonspektrum im Zentrum Nach und nach werden aber weitere Prinzipien der harmonischen Konstruktion herangezogen wie FM Frequenzmodulation oder die Verzerrung von Spektren Dehnung oder Stauchung Die spaten Werke von Grisey gehen mit diesem Material sehr frei um Vortex temporum oderQuatre Chants Von 1986 bis zu seinem Tod war er Kompositionsprofessor am Conservatoire national superieur de musique de Paris Siehe auch BearbeitenTonsysteme im subsaharischen Afrika Tonsysteme arabischer Musik Tonsysteme indischer Musik Dastgah Tonsysteme chinesischer Musik Stimmung Musik pythagoreische Stimmung reine Stimmung mitteltonige Stimmung wohltemperierte Stimmung gleichstufige Stimmung Neunzehnstufiges Tonsystem Mikrotonale MusikLiteratur BearbeitenWillibald Gurlitt Hans Heinrich Eggebrecht Hrsg Riemann Musik Lexikon Sachteil B Schott s Sohne Mainz 1967 S 970 f Marc Honegger Gunther Massenkeil Hrsg Das grosse Lexikon der Musik Band 8 Stich Zylis Gara Aktualisierte Sonderausgabe Herder Freiburg im Breisgau u a 1987 ISBN 3 451 20948 9 S 148 f Ernst Karmann Die Mathematik des Wohlklangs Eine kurze Einfuhrung in den Aufbau unseres Tonsystems In Funkschau 1975 Heft 1 S 39 42 Otto Abraham Studien Ber Das Tonsystem Und Die Musik Der Japaner 2012 ISBN 978 1 277 92972 0 Otto Bachr Das Tonsystem Unserer Musik 2008 ISBN 978 0 559 03146 5 Anmerkungen Bearbeiten Das gregorianische Tonsystem findet man nur im gregorianisehen Gesange vollkommen rein Nach den ihm eigenthumlichen Merkmalen eignet es sich nur fur einstimmige Satze daher konnte es im mehrstimmigen Satze nicht mehr zur Anwendung kommen Man ging wohl bei der Bildung mehrstimmiger Satze von demselben als von dem vorhandenen aus musste aber gezwungen durch die Gesetze der Harmonie verschiedene Aenderungen vornehmen Die Grundsatze welche fur den einstimmigen Satz Geltung hatten taugten nicht mehr fur zwei und mehr Stimmen und mussten andern Grundsatzen nach welchen die Stimmen verbunden wurden weichen Es bildete sich fur den mehrstimmigen Satz ein neues Tonsystem das naturlich nicht gleich vollkommen ausgebildet vorlag sondern sich nach und nach entwickelte bis es in unserm modernen seine Vollendung erhielt Osterreichischer Cacilien Verein Zeitschrift fur katholische Kirchenmusik Organ d Osterreichischen Cacilien Vereines Volume 4 1871 S 11 Online in der Google Buchsuche Ware es bewahrt was der Pater Martini I0 doch wol nur von Europaern behauptet dass nehmlich jeder nicht unterwiesene Mensch der nur so viel Stimme hat dass er eine melische Reihe hervorzubringen vermag sie sobald er sie aus sich selbst bildet und nicht nachahmt stets auf die reine Quarte grundet so ware danach das Tonsystem der Griechen unmittelbar aus Anleitung unseres Stimmorgans selber entnommen Jene drei Intervalle der Quarte Quinte und Octave Diatessaron Diapente Diapason waren als die Grundbedingungen des Tonsystems uberhaupt streng gefordert und unabanderlich Verschiedenheit in den Quarten oder Quinten wurde gar nicht angenommen Sie hiessen daher die festen Intervalle Diejenigen hingegen in welche ferner die Quarte zerlegt wurde liessen Verschiedenheiten der Verhaltnisse zu woraus dann die verschiedenen Tongeschlechter entstanden Sie wurden darum die wandelbaren Intervalle genannt und weil nur aus dem Verhaltniss der Quarte zu dem nachst vor ihm befindlichen Tone das Geschlecht am vernehmlichsten erkannt werden konnte so hatte dieser den Namen des Charaktertons erhalten Wenn man das Intervall welches von der Quarte zur Quinte gegeben war und einen Ton betragt von der Quarte ruckwarts zweimal wiederholte so blieb bis zum Grundton noch das Intervall eines kleinen Halbtones ubrig denn was diesem zum ganzen Tone fehlte war etwas grosser Dies war die ursprunglichste Eintheilung der Quarte und gab das alteste Geschlecht welches darum weil es in seiner Octave drei ganze Tone hinter einander bot Diatonon genannt wurde Ruckte man den Charakterton so weit zuruck dass nun von den beiden Intervallen bis zum Grundtone jedes einen Halbton bildete so erhielt man das zweite Geschlecht welches den Kamen Chroma erhielt Liess man endlich den ursprunglichen Charakterton des Diatonon ganz aus so dass vom Halbton zur Quarte nur ein Intervall war und theilte dagegen das Intervall Ton jenem zum Grundton in zwei jedes zu einem Viertelten so entstand das jungste Geschlecht welches die Griechen Enharmonie auch wol schlechthin Harmonie nannten TI Bei diesen Verschiedenheiten der Tonleiter blieben jedoch die Griechen nicht stehen Der Halbton der in der ersten Theilung gefunden worden gab wieder einen anderen grosseren diesem gemass nahm man auch eine Verschiedenheit unter den Vierteltonen an und selbst unter den ganzen gewann man sie indem man durch Ruckung des Charaktertones den Ditonos ungleich theilte Dies veranlasste in den Geschlechtern selbst wieder Abweichungen die man Chroen nannte Il Hans Christian Genelli Das Theater zu Athen hinsichtlich auf Architectur Scenerie und Darstellungskunst uberhaupt erlautert 1818 S 110 Online in der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten Liberty Manik Das arabische Tonsystem im Mittelalter Mit Tab 1969 Online in der Google Buchsuche Willibald Gurlitt Hans Heinrich Eggebrecht Hrsg Riemann Musik Lexikon Sachteil B Schott s Sohne Mainz 1967 S 970 Marc Honegger Gunther Massenkeil Hrsg Das grosse Lexikon der Musik Band 8 Stich Zylis Gara Aktualisierte Sonderausgabe Herder Freiburg im Breisgau u a 1987 ISBN 3 451 20948 9 S 148 f Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Tonsystem Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Online Tutorial zum abendlandischen Tonsystem musikanalyse net Tonsysteme im VergleichStimmungen des abendlandischen zwolfstufigen Tonsystems Gleichstufige Stimmung Kirnberger Stimmung Mitteltonige Stimmung Pythagoreische Stimmung Reine Stimmung Silbermann Sorge Temperatur Vallotti Stimmung Werckmeister Stimmung Wohltemperierte Stimmung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tonsystem amp oldid 232808467