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Die Tetraktys griechisch tetraktys tetraktys Vierheit oder Vierergruppe ist ein Begriff aus der Zahlenlehre der antiken Pythagoreer Er spielte in der pythagoreischen Kosmologie und Musiktheorie eine zentrale Rolle da man in der Tetraktys den Schlussel zum Verstandnis der Weltharmonie sah Inhaltsverzeichnis 1 Antike Bedeutung 2 Mittelalter 3 Neuzeitliche Rezeption 4 Zusammenhang zu pythagoraischen Tripeln 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenAntike Bedeutung BearbeitenAls Tetraktys bezeichneten die Pythagoreer die Gesamtheit der Zahlen 1 2 3 und 4 deren Summe 10 ergibt Da die Zehn griechisch dekas dekas Zehnzahl Zehnergruppe die Summe der ersten vier Zahlen ist nahm man an dass die Vierheit die Zehn erzeugt Der Zehn kam schon durch den Umstand dass sie bei Griechen und Barbaren Nichtgriechen gleichermassen als Grundzahl des Dezimalsystems diente eine herausgehobene Rolle zu 1 Von den Pythagoreern wurde die Zehn uberdies wie Aristoteles berichtet wegen ihres Zusammenhangs mit der Tetraktys als etwas Vollkommenes betrachtet das das ganze Wesen der Zahlen umfasst 2 Daher wurde die Zehn auch heilige Zahl genannt 3 Die pythagoreische Kosmologie ging von der Annahme aus dass der Kosmos nach mathematischen Regeln harmonisch geordnet ist In dieser Weltdeutung war die Tetraktys ein Schlusselbegriff da sie die universelle Harmonie ausdruckte Daher nahmen manche Pythagoreer an dass es zehn bewegte Himmelskorper geben musse obwohl nur neun sichtbar waren eine Spekulation die ihnen Aristoteles verubelte 4 Die Entdeckung der Weltharmonie wurde Pythagoras von Samos dem Begrunder der pythagoreischen Tradition zugeschrieben Daher gab es bei den Pythagoreern eine Eidesformel die lautete Nein bei dem der unserer Seele die Tetraktys ubergeben hat welche die Quelle und Wurzel der ewig stromenden Natur enthalt Mit demjenigen der die Tetraktys ubergab war Pythagoras gemeint In den Goldenen Versen carmen aureum einem in der Antike und dann erneut in der Renaissance popularen Gedicht das die pythagoreischen Lehren zusammenfasste steht eine etwas abweichende Fassung der Formel Verse 47 und 48 Ja bei dem der unserer Seele die Tetraktys ubergeben hat Quelle der ewig stromenden Natur nbsp Tetraktys als gleichseitiges Dreieck geometrische Reprasentation der vierten Dreieckszahl Die Tetraktys wurde mit Zahlsteinen psephoi ausgedruckt indem die vier Zahlen in Form eines gleichseitigen Dreiecks ubereinander angeordnet wurden Auch hierin lag eine Symbolik da das gleichseitige Dreieck als eine vollkommene Figur galt In der Musik stellten die Pythagoreer fest dass die harmonischen Grundkonsonanzen Quarte Quinte und Oktave denen die Zahlenverhaltnisse 4 3 8 6 3 2 9 6 und 2 1 12 6 zugeordnet wurden mit den vier Zahlen der Tetraktys ausgedruckt werden konnen ebenso wie auch zwei weitere Intervalle die aus Oktave und Quinte bestehende Duodezime 3 1 und die Doppeloktave 4 1 Nur diese funf Intervalle wurden als symphon anerkannt 5 Die Undezime 8 3 die nicht in den Rahmen der Tetraktys passt wurde also aufgrund einer theoretischen Uberlegung von den konsonanten Intervallen ausgeschlossen obwohl sie als konsonant oder zumindest nicht als dissonant wahrgenommen wird Die Theorie der Tetraktys hatte Vorrang gegenuber der sinnlichen Wahrnehmung Diese Vorgehensweise wurde von dem empirisch denkenden Musiktheoretiker Ptolemaios kritisiert Neben der Gruppe der Zahlen eins bis vier gab es bei den Pythagoreern noch andere bedeutsame Vierergruppen von Zahlen die ebenfalls Tetraktys genannt wurden In der Musiktheorie war wie auch in der Legende von Pythagoras in der Schmiede uberliefert ist die Gruppe 6 8 9 12 besonders wichtig da diese Zahlen den unveranderlichen Saiten der Lyra Hypate Mese Paramese Nete zugeordnet waren Der Musiktheoretiker Nikomachos von Gerasa bezeichnet diese Gruppe daher als erste Tetraktys wobei erste rangmassig zu verstehen ist Er gibt an dass die Sechs dem tiefsten Ton der Hypate entspricht die Zwolf dem hochsten der Nete 6 Auch in der Geometrie fand sich mit den vier Elementen Punkt Linie Lange Flache Breite und Korperlichkeit Tiefe eine Vierheit die fur die Pythagoreer auf die Tetraktys deutete Der Punkt wurde der Eins die Lange der Zwei die Flache der Drei und die Korperlichkeit der Vier zugeordnet 7 Der judische Gelehrte Philon von Alexandria verwendete das Tetraktys Konzept bei der Kommentierung des Buches Genesis Er bezog es auf die Erschaffung der Gestirne am vierten Schopfungstag Mittelalter BearbeitenDie auf dem Tetraktys Konzept fussende pythagoreische Konsonanzlehre pragte die mittelalterliche Musiktheorie weitgehend Die abweichende Auffassung des Ptolemaios war ebenfalls bekannt da der spatantike Gelehrte Boethius sie im funften Buch seiner Schrift De institutione musica dargelegt hatte Die Frage der Einbeziehung der Undezime in die Gruppe der Konsonanzen wurde kontrovers erortert wobei die pythagoreische Auffassung wonach dieses Intervall nicht konsonant ist uberwog 8 Neuzeitliche Rezeption Bearbeiten nbsp Ein Genius zeigt dem Pythagoras auf einer Schiefertafel die beiden Formen der Tetraktys Nikolaus von Kues vertrat in seiner Schrift De coniecturis 1440 die Auffassung dass in den Zahlen 1 2 3 und 4 und ihren Kombinationen alle Harmonie bestehe er berief sich aber nicht ausdrucklich auf die pythagoreische Tradition 9 Der Humanist Johannes Reuchlin verglich in seinem 1494 erschienenen Werk De verbo mirifico Uber das Wunder wirkende Wort das Tetragramm das den Gottesnamen JHWH darstellt mit der Tetraktys Raffael gab sie auf seinem Fresko Die Schule von Athen auf einer Tafel wieder Auch Johannes Kepler hat sich in seinem 1619 erschienenen Werk Harmonice mundi Weltharmonik mit der Tetraktys befasst Zusammenhang zu pythagoraischen Tripeln BearbeitenVom entarteten primitiven Tripel 1 0 1 ausgehend bildet eine Tetraktys von vier Operatoren jeweils die zur Berechnung aller weiteren primitiven pythagoraischen Tripel x y z bekannte Wurzel 3 4 5 Literatur BearbeitenArmand Delatte Etudes sur la litterature pythagoricienne Paris 1915 S 249 268 Kapitel La tetractys pythagoricienne Charles H Kahn Pythagoras and the Pythagoreans Indianapolis 2001 ISBN 0 87220 576 2 S 31 36 84f Paul Kucharski Etude sur la doctrine pythagoricienne de la tetrade Paris 1952 Bartel Leendert van der Waerden Die Pythagoreer Zurich 1979 ISBN 3 7608 3650 X S 103 109 Paul von Naredi Rainer Palladio und die Tetraktys Zu den Proportionen seiner venezianischen Kirchenfassaden In INSITU 2023 1 S 67 76 Theo Reiser Das Geheimnis der pythagoreischen Tetraktys Lambert Schneider Heidelberg 1967 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Tetraktys Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Tetraktys Interpretation von Holger UllmannAnmerkungen Bearbeiten Walter Burkert Weisheit und Wissenschaft Nurnberg 1962 S 64 Aristoteles Metaphysik 986a8 10 Bartel Leendert van der Waerden Die Pythagoreer Zurich 1979 S 457f Aristoteles Metaphysik 986a10 15 Leonid Zhmud Wissenschaft Philosophie und Religion im fruhen Pythagoreismus Berlin 1997 S 184f Eine der Hauptquellen ist Sextus Empiricus Adversus Mathematicos 4 2 9 Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn 1976 S 22 24 26 28 41 71 84f 110 185 191 Sextus Empiricus Adversus Mathematicos 4 4 6 Barbara Munxelhaus Pythagoras musicus Bonn 1976 S 88 94 De coniecturis II 2 83 siehe dazu Werner Schulze Harmonik und Theologie bei Nikolaus Cusanus Wien 1983 S 70f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tetraktys amp oldid 232775267