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Das Archicembalo ist ein Tasteninstrument mit 36 Tasten pro Oktave auf zwei Manualen das 1555 von dem italienischen Musiktheoretiker und Komponisten Nicola Vicentino erfunden theoretisch beschrieben und spater in zwei Exemplaren gebaut wurde Das Prinzip der Tonerzeugung entspricht dem Cembalo Inhaltsverzeichnis 1 Historie des Archicembalos 2 Die Eulersche Schreibweise erweitert fur mitteltonige Stimmung 3 Clavemusicum omnitonum 4 Neunzehnstufiges Cembalo 5 Instrumente mit 14 bis 17 Tonen pro Oktave 6 Harmonie Hammerflugel und modernere Entwicklungen 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Quellen 10 WeblinksHistorie des Archicembalos Bearbeiten nbsp Tastatur des ArchicembaloZu seinem Archicembalo wurde Vicentino von der antiken Enharmonik mit geteiltem Halbton inspiriert Er wollte die chromatischen und enharmonischen Tongeschlechter der Antike wiederbeleben und auf diesem Instrument realisieren und kombinierte diese Idee mit der Losung eines Problems der damaligen Musikpraxis Er erweiterte die in der Renaissance ubliche mitteltonige Stimmung zur Transponierfahigkeit Mitteltonig gestimmte Tasteninstrumente Cembalo Virginal Clavichord Orgel u a mit der ublichen Tastatur realisieren namlich nur einen Ausschnitt des mitteltonigen Quintenzirkels Es gibt nur die Halbtone Cis Es Fis Gis und B Diese sind die normalen und in der Renaissancemusik am haufigsten gebrauchten Halbtone Die Halbtone Des Dis Ges As und His unterscheiden sich in 1 4 Komma mitteltonig so stark von den genannten normalen Halbtonen dass keine enharmonische Verwechslung moglich ist Es sind eigene Tone Dieses Problem loste Vicentino indem er zwischen die ublichen Tasten noch Zusatztasten einfugte namlich zwischen chromatische Halbtone je eine Taste und zwischen diatonische Halbtone je zwei Tasten so dass eine komplizierte zweimanualige Tastatur mit mehrfach geteilten Obertasten mit insgesamt 36 Tasten pro Oktave entstand Das Archicembalo realisierte aber nur ein Tonsystem mit 31 Tonen pro Oktave denn Vicentino stimmte es in der damals ublichen Stimmung der Quinten namlich mit 30 mitteltonigen Quinten von geses bis aisis und erhielt als Restquinte aisis geses eine fast reine um 1 Cent zu grosse Quinte und damit einen geschlossenen Quintenzirkel in einer ungleichmassigen 31 stufigen Temperatur Die Eulersche Schreibweise erweitert fur mitteltonige Stimmung Bearbeiten nbsp mitteltonige Stimmung spielbar von Ces Dur Ges Dur usw bis H Dur Fis Dur und Cis DurIm Eulerschen Tonnetz wird mit vorangestellten Tiefkomma und Hochkomma eine Erniedrigung oder Erhohung um ein syntonisches Komma gekennzeichnet Die Veranderungen der Quinten um Viertelkommata ist typisch fur die Viertel Komma mitteltonige Stimmung Diese Veranderung wird mit vorangestellten Punkten gekennzeichnet Vier vorangestellte Punkte entsprechen also einem vorangestellten Komma reine Quinten as es b f c g d a h fis mitteltonige Quinten as es b f c g d a h fis Dabei bedeutet x Tiefkomma x und x Hochkomma x x um ein syntonisches Komma erniedrigt bzw erhoht x Tiefpunkt x bzw x Hochpunkt x x um ein Viertelkomma erniedrigt bzw erhoht Die mitteltonige Tastatur mit zwolf Tasten enthalt dann folgende Tone Tonbezeichnung es b f c g d a e h fis cis gisin Cent 310 26 1006 84 503 42 0 696 58 193 16 889 74 386 31 1082 89 579 47 76 05 772 63Beispiel zur Grossenberechnung Von c aus erreicht man fis uber 6 Quinten vermindert um 3 Oktaven und 1 Komma und zwei Viertelkommata fis 6Quinten 3Oktaven 1 5Kommata 1200 6log2 3 2 3log2 2 1 5log2 81 80 Cent 579 47 Cent nbsp die obere Tastatur des Archicembalos von Nicola VicentinoDas Archicembalo besass zwei Tastaturen Die untere Tastatur machte durch ihre geteilten Tasten die mitteltonige Stimmung fur alle Tonarten des Quintenzirkels von Des Dur bis Cis Dur spielbar Die obere Tastatur hatte das Ziel die chromatischen und enharmonischen Tongeschlechter der Antike wiederzubeleben Bei der oberen Tastatur kann man erkennen dass die weissen Tasten und die untere Reihe der geteilten Tasten sich um die kleine Diesis 41 06 Cent also etwa einen Viertelton und die obere Reihe der geteilten Tasten um ein Viertel eines syntonischen Kommas 5 38 Cent von der unteren Tastatur unterscheiden Clavemusicum omnitonum Bearbeiten nbsp Clavemusicum omnitonum Vito Trasuntino 1606 Bologna Museo Internazionale e Biblioteca della Musica no 1766Vitus de Trasuntinis Vido di Trasuntino baute 1606 in Venedig als Auftragswerk das Clavemusicum omnitonum ein Cembalo von C bis c mit 31 Tasten pro Oktave Zum Instrument gehort ein vierseitiges Stimmgerat beschriftet TRECTA CORDO das auf eine ungleiche Teilung hinweist Es soll das diatonische chromatische und enharmonische Spiel ermoglichen als Basis steht aber auf der vordersten Reihe der Obertasten die ubliche Mitteltonigkeit bereit mit den Halbtonen C Eb F G Das Clavemusicum omnitonum befindet sich heute im Museo Internazionale e Biblioteca della Musica in Bologna 1 Im Germanischen Nationalmuseum Nurnberg ist eine Kopie ausgestellt die im Zuge der Restaurierung des Originals 1985 angefertigt wurde 2 Weitere originale Instrumente sind nicht enthalten Auch Michael Praetorius erwahnte 1618 ein ahnliches Clavicymbalum perfectum Eine gleichmassige 31 stufige Temperatur beschrieben auch Lemme Rossi 1666 und Christiaan Huygens 1691 mit Logarithmen ohne Instrumente zu bauen Neunzehnstufiges Cembalo Bearbeiten nbsp Tastatur eines 19 stufigen Cembalos aus Le istituzioni harmoniche Ausgabe 1573 von Gioseffo Zarlino Hauptartikel Neunzehnstufige Stimmung Es gab auch andere Versuche enharmonische Instrumente zu konstruieren So beschrieb etwa Vicentinos Zeitgenosse Gioseffo Zarlino 1558 ein transponierfahiges 19 stufiges Instrument Michael Praetorius beschrieb in seinem Hauptwerk Syntagma musicum ein Cimbalo cromatico das uber 19 Tone pro Oktave verfugt Neben den funf geteilten Obertasten gibt es zusatzliche schmale Obertasten fur das Eis und His 3 Kompositionen fur Cembalo cromatico schrieben die neapolitanischen Komponisten Giovanni Maria Trabaci und Ascanio Mayone ausserdem Gioanpietro del Buono Adriano Banchieri 4 sowie der Englander John Bull 5 Instrumente mit 14 bis 17 Tonen pro Oktave BearbeitenWesentlich haufiger als die beschriebenen vollkommenen Instrumente waren Ende des 16 Jahrhunderts bis etwa 1650 Cembali und Virginale mit nur einigen gebrochenen Obertasten Die einfachste und praktikabelste Losung bestand darin nur die allerwichtigsten und meistverwendeten Halbtone hinzuzufugen d h die Tone As auf den Gis Tasten und Dis auf den Es Tasten Aber es gab auch Instrumente mit zusatzlichen Tasten fur die Halbtone Des auf Cis Ges auf Fis und eventuell Ais auf B 6 Solche einfacheren Losungen konnten auch manchmal bei Orgeln angewendet werden Ein spates Beispiel und ganz anderes Prinzip eines enharmonischen Instruments soll die fur Georg Friedrich Handel von Justinian Morse 1691 1752 gebaute Orgel im Foundling Hospital London gewesen sein 7 Sie verfugte uber eine Teilung der Oktave in 16 Tone nach einem 1749 veroffentlichten System des Mathematikers Robert Smith 1689 1768 mit einem Umschaltmechanismus fur separate Pfeifen der Tone cis des dis es gis as und ais b so dass wahlweise entweder B oder Kreuz Tonarten auf ein und denselben Tasten rein oder fast rein erklangen 8 Harmonie Hammerflugel und modernere Entwicklungen Bearbeiten nbsp Harmonie Hammerflugel Johann Jakob Konnicke Wien 1796 KHM Wien SAM 610 2 Der Linzer Domkapellmeister Johann Georg Roser entwickelte einen sogenannten Harmonie Hammerflugel auf dem Mozart 1784 bei einem Besuch in Linz gespielt haben soll Ein zweites Instrument wurde 1796 von Johann Jakob Konnicke in Wien gebaut es steht heute in der Musiksammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien Haydn und Beethoven sollen es ausprobiert haben Der Harmonie Hammerflugel hat sechs Reihen weisser Tasten die dritte von oben stellt eine diatonische C Dur Tonleiter in Reinterz Stimmung dar die Reihen daruber und darunter sind je einen Halbton hoher bzw tiefer Die Tastatur unterscheidet sich erheblich von einem normalen Tasteninstrument und die Handhabung ist so kompliziert und unpraktisch dass dem Harmonie Hammerflugel kein Erfolg beschieden war 9 Einen ganz anderen Zweck verfolgen enharmonische Instrumente neuerer Zeit etwa von Shōhei Tanaka 田中正平 Ende des 19 Jahrhunderts oder von Martin Vogel 1975 Sie wollen die reine Stimmung moglichst genau auf Tasteninstrumenten realisieren Die Stiftung Stichting Huygens Fokker Centrum voor microtonale muziek in Amsterdam beschreibt mikrotonale Instrumente darunter auch 31 stufige Instrumente 10 Siehe auch BearbeitenStimmung Musik Mitteltonige Stimmung Reine Stimmung Reine Stimmung bei Tasteninstrumenten Neunzehnstufige Stimmung Mikrotonale MusikLiteratur BearbeitenRudolf Hopfner Harmonie Hammerflugel in Meisterwerke der Sammlung alter Musikinstrumente Kunsthistorisches Museum Wien Skira editore Milano Wien 2004 S 118 119 Edward L Kottick Harpsichords with more than twelve notes to the Octave in A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 88 89 amp S 487 Fussnoten engl Siegbert Rampe Handels Theaterorgeln und seine Orgelkonzerte in Ars Organi 57 Jahrgang Heft 2 Juni 2009 Gesellschaft der Orgelfreunde S 90 97 abgerufen am 19 Juli 2017 PDF Rippe Volker Nicola Vicentino sein Tonsystem und seine Instrumente in Die Musikforschung 34 1981 S 393 413 Christopher Stembridge Music for the Cimbalo cromatico and other Split Keyed Instruments in Seventeenth Century Italy in Performance Practice Review 5 no 1 1992 S 5 43 Christopher Stembridge The Cimbalo cromatico and other italian Keyboard Instruments with nineteen or more divisions to the Octave in Performance Practice Review 6 no 1 1993 S 33 59 Denzil Wraight amp Christopher Stembridge Italian Split Keyed Instruments with fewer than Nineteen Divisions to the Octave in Performance Practice Review 7 no 2 1994 S 150 181 Quellen Bearbeiten http www museibologna it musica percorsi 53097 offset 0 id 56682 Objektkatalog fur Inventarnummer MI533 Germanisches Nationalmuseum Nurnberg abgerufen am 17 Februar 2023 Michael Praetorius Syntagma musicum Bd 2 De Organographia 1619 Nachdruck Barenreiter Kassel 2001 ISBN 3 7618 1527 1 S 63 66 Im Organeum in Weener befindet sich eine Rekonstruktion Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 89 Bulls chromatisches Ut Re Mi Fa Sol La in The Fitzwilliam Virginal Book revised Dover Edition 2 Bde hrsg von J A Fuller Maitland u W Barclay Squire korrigiert u hrsg von Blanche Winogron New York Dover Publications 1979 1980 Bd 1 S 183 Nr LI Edward L Kottick A History of the Harpsichord Indiana University Press Bloomington Indiana 2003 S 88 Kottick bezieht sich auf Christopher Stembridge Music for the Cimbalo cromatico and other Split Keyed Instruments in Seventeenth Century Italy In Performance Practice Review 5 no 1 1992 S 5 43 Und Denzil Wraight Christopher Stembridge Italian Split Keyed Instruments with fewer than Nineteen Divisions to the Octave In Performance Practice Review 7 no 2 1994 S 150 181 Von dem Instrument existiert heute nur noch der Prospekt in St Andrew Holborn London Siehe Siegbert Rampe Handels Theaterorgeln und seine Orgelkonzerte in Ars Organi 57 Jahrgang Heft 2 Juni 2009 Gesellschaft der Orgelfreunde S 96 amp 97 abgerufen am 19 Juli 2017 PDF Siegbert Rampe Handels Theaterorgeln und seine Orgelkonzerte in Ars Organi 57 Jahrgang Heft 2 Juni 2009 Gesellschaft der Orgelfreunde S 97 abgerufen am 19 Juli 2017 PDF Rudolf Hopfner Harmonie Hammerflugel in Meisterwerke der Sammlung alter Musikinstrumente Kunsthistorisches Museum Wien Skira editore Milano Wien 2004 S 118 119 http www huygens fokker org instrumenten instrumentenhuygensfokker htmlWeblinks Bearbeiten31 stufiges Bosanquet Keyboard 1875 31 stufiges Fokker Keyboard 31 stufiges Cembalo und 36 stufige Orgel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Archicembalo amp oldid 230987388