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Als Tag von Potsdam werden die Feierlichkeiten in Potsdam am 21 Marz 1933 zur Eroffnung des Reichstags bezeichnet der aus der Reichstagswahl vom 5 Marz 1933 hervorgegangen war Ihr Hohepunkt war ein Staatsakt in der Garnisonkirche Beteiligt waren der Reichsprasident Paul von Hindenburg der Reichskanzler Adolf Hitler die Mitglieder seiner Regierung und die Reichstagsabgeordneten mit Ausnahme der Abgeordneten der SPD und der KPD sowie geladene Gaste aus dem offentlichen Leben der Wirtschaft und der Reichswehr Damit ahnelte die Zusammenkunft dem Empfang der neuen Reichstagsabgeordneten beim Kaiser wie es vor 1918 der Brauch gewesen war Die eigentliche konstituierende Sitzung des Reichstags folgte am Nachmittag in der Berliner Kroll Oper die seit dem Reichstagsbrand einen knappen Monat zuvor als Ersatz fur das Reichstagsgebaude diente Reichskanzler Adolf Hitler verneigt sich vor Reichsprasident Paul von Hindenburg und gibt ihm die Hand Das Foto des Fotografen Theo Eisenhart der New York Times wurde nach 1945 zur Medienikone des Tags von Potsdam Innerhalb des einen Monats der Reichskanzlerschaft Adolf Hitlers war die von ihm angestrebte Alleinherrschaft der NSDAP keineswegs gefestigt Seine Koalitionsregierung mit der rechtskonservativen DNVP hing vor allem vom Vertrauen des Reichsprasidenten ab Daher beschlossen Hitler und das Reichskabinett am Morgen des 28 Februar 1933 die Eroffnung des Reichstages zu einem publikumswirksamen Tag von Potsdam zu gestalten der konservativ und monarchisch eingestellten Menschen wie Reichsprasident Hindenburg und der Reichswehr gefallen sollte Der Tag sollte die Verbindung von alter Grosse und der jungen Kraft des Nationalsozialismus sichtbar machen Entgegen der vielfach geausserten Ansicht das Reichsministerium fur Volksaufklarung und Propaganda unter Joseph Goebbels habe federfuhrend die Feier organisiert ist tatsachlich von der Beteiligung einer Mehrzahl von Akteuren auszugehen darunter neben Hitler und der Reichsregierung vor allem Reichsprasident Hindenburg des Weiteren die Reichswehr die Kirchen das Reichsinnenministerium und die Reichstagsverwaltung Goebbels trat erst am 13 Marz 1933 sein Amt als Minister an er konnte dann im Grunde nur noch das Rahmenprogramm gestalten und die Feier propagandistisch verbreiten und ausschlachten insbesondere im Rundfunk 1 2 Der Historiker Martin Sabrow spricht in diesem Zusammenhang von einer zahlebigen Legende die Goebbels die ganze Verantwortung fur die Potsdamer Grossveranstaltung zuschreibt 3 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Ablauf 3 Ziel der Veranstaltung 4 Folgen 4 1 Verhaltnis Hitler Hindenburg 4 2 Gesetzgebung 4 3 Geschichtsbild 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAm 5 Marz 1933 war ein neuer Reichstag gewahlt worden Vor dem Hintergrund des Reichstagsbrandes in der Nacht auf den 28 Februar 1933 fur den die Reichsregierung die Kommunisten verantwortlich machte hatte sich die Stimmzahl der NSDAP erhoht jedoch verfehlte sie die absolute Mehrheit Um an der Macht bleiben zu konnen war die NSDAP weiterhin auf die volkische DNVP angewiesen Ausserdem plante die Reichsregierung dem Reichstag das Ermachtigungsgesetz vorzulegen Dazu war allerdings zunachst wie fur alle verfassungsandernden Gesetze in der Weimarer Republik die Zustimmung der Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten des Reichstags notwendig Um diese zu erreichen sollten die Reichstagsabgeordneten vor allem der Zentrumspartei uberzeugt werden Einige Kirchenvertreter und auch Reichsprasident Hindenburg ausserten Vorbehalte gegenuber der Potsdamer Garnisonkirche da sie einen kontroversen politischen Akt mit der Wurde des Gotteshauses nicht fur vereinbar hielten Hindenburg lud daher auf den 7 Marz 1933 Hitler den Vizekanzler Franz von Papen sowie die Minister Hermann Goring Wilhelm Frick und Werner von Blomberg zu einer Besprechung ein bei der ein Vorschlag aus Fricks Innenministerium zur Aufteilung des Staatsakts angenommen und der Ablauf der Feier detailliert festgelegt wurden 4 Nach den Gottesdiensten fur die beiden Konfessionen sollte ein uberparteilicher Staatsakt in der Garnisonkirche stattfinden Die konstituierende Reichstagssitzung selbst sollte dann so die Planung zunachst direkt nebenan im Langen Stall stattfinden welcher in der Kurze der Zeit aber nicht mehr angemessen umzugestalten war Stattdessen verlegte man sich fur dieses Ereignis deshalb wieder zuruck nach Berlin in die Kroll Oper vis a vis dem ausgebrannten Reichstagsgebaude 5 Am 8 Marz machte sich Hitler in Begleitung Gorings und Fricks selbst vor Ort ein Bild Goring schlug dabei vor den Sessel Wilhelms II in der Loge des preussischen Konigshauses freizulassen was in monarchistischen Kreisen als symbolisches Bekenntnis zum Haus Hohenzollern verstanden werden sollte Als Termin wurde ausserdem nun anstelle des 1 Aprils dem Geburtstag Bismarcks der 21 Marz der Fruhlingsanfang beschlossen Auch dieser Tag hatte besonderen symbolischen Charakter war doch am 21 Marz 1871 der erste Reichstag des Kaiserreichs eroffnet worden Am 20 Marz besuchte Hitler erneut die Garnisonkirche um dort so Theodor Duesterberg im strengsten Inkognito seinen Auftritt ins Unreine zu uben Ausserdem gelang es Hitler am Abend dieses Tages in einer personlichen Unterredung wahrscheinlich bei einem Besuch in Cecilienhof den bisher nicht eingeladenen Ex Kronprinzen Wilhelm von Preussen zur Teilnahme an der Feier zu uberreden 6 7 Ablauf Bearbeiten nbsp Rede Hitlers in der Garnisonkirche nbsp Sonderausgabe Der Tag von Potsdam in der Wochenzeitung Die WocheDie sozialdemokratischen Abgeordneten blieben der Veranstaltung in Potsdam fern Die Mandate der kommunistischen Abgeordneten hatte die Reichsregierung bereits auf Grund der Reichstagsbrandverordnung fur ungultig erklart Der Rundfunk ubertrug das Geschehen in voller Lange Burger ohne Rundfunkempfangsgerat konnten der Ubertragung in offentlichen Veranstaltungen folgen Propagandaminister Goebbels wollte in der kurzen Zeit die ihm zwischen dem 13 und dem 20 Marz blieb dem Tag eine moglichst nationalsozialistische Form geben doch im Stadtbild dominierten die alten Farben Schwarz Weiss Rot statt der nationalsozialistischen Hakenkreuzflagge Durch die starke Beteiligung der Reichswehr war der Staatsakt vom Geiste traditioneller Militarfeiern getragen Das Programm sah vor dem Staatsakt in der Garnisonkirche fur den Reichsprasidenten und die evangelischen Abgeordneten einen Gottesdienst in der Nikolaikirche vor fur die katholischen einen in der Peter und Paul Kirche Um einen symbolpolitischen Kontrapunkt zu setzen aber auch um Druck auf die Katholische Kirche aufzubauen nahmen Hitler und Goebbels beide katholisch am Festgottesdienst in der St Peter und Paul Kirche nicht teil 8 Sie legten stattdessen zum Affront gegen die Kirche auf dem Luisenstadtischen Friedhof in Berlin Kranze an den Grabern von SA Mannern nieder Uber sein Fernbleiben liess Hitler eine Erklarung veroffentlichen mit der er vor allem den katholischen Bischofen eine Warnung 9 zukommen liess da diese so die Verlautbarung in der Vergangenheit mehrfach Fuhrer und Mitglieder der NSDAP als Abtrunnige der Kirche bezeichnet 10 hatten 11 Zu diesen subtilen Nadelstichen gegen den politischen Katholizismus gehorte moglicherweise auch der Umstand dass die Abgeordneten des Zentrums nicht aber die von DVP und DNVP vor der gemeinsamen Fahrt von Berlin nach Potsdam auf Waffen durchsucht werden sollten 12 Neben dem Ex Kronprinzen in der Uniform des ehemaligen Leib Husaren Regiments Nr 1 nahmen an der Veranstaltung auch die Kaiser Sohne August Wilhelm in SA Uniform sowie Oskar und Eitel Friedrich in der Uniform des Stahlhelms teil 13 In der Garnisonkirche hielt zunachst Hindenburg eine kurze Ansprache danach folgte eine langere Rede des Reichskanzlers Hitler behauptete entgegen seinen tatsachlichen Absichten die Rechte der Staatsorgane wie Reichsprasident Reichstag und Reichsrat sollten nicht angetastet werden Tatsachlich diente das bereits geplante Ermachtigungsgesetz aber dazu Reichstag und rat nicht mehr fur die Gesetzgebung zu benotigen Unmittelbar nach Hindenburgs Tod am 2 August 1934 ubernahm Reichskanzler Hitler nach der Volksabstimmung uber das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs auch die Befugnisse des Reichsprasidenten Am Ende seiner rhetorisch geschickt auf das anwesende Publikum zugeschnittenen absichtlich massvollen Rede gab Hitler der Versammlung einen Wink sich zu erheben und setzte zu einer grossartigen Eloge auf den Reichsprasidenten Hindenburg an dessen wundersames Leben er in glorifizierender Weise Revue passieren liess um es sodann als ein Symbol der unzerstorbaren Lebenskraft der deutschen Nation zu bezeichnen Ausdrucklich berief er sich auf Hindenburgs Zustimmung zu den neuen politischen Verhaltnissen die er als Segnung empfinde Die Vorsehung habe den Generalfeldmarschall zum Schirmherr n uber die Erhebung unseres Volkes gemacht Von seiner eigenen Beredsamkeit tief geruhrt so der britische Historiker John Wheeler Bennett ging Hitler dann auf Hindenburg zu und reichte ihm die Hand Nach der Beobachtung des ehemaligen Reichskanzlers Heinrich Bruning hatte Hindenburg in diesem Moment Tranen der Ruhrung in den Augen 14 Auch auf viele Anwesende oder Horer der Rundfunkubertragung machte dieser Moment des Handschlags einen tiefen emotionalen Eindruck 15 Wahrend die Orgel spielte trat Hindenburg nun an die Gruft der Kirche wo sich die Sarge von Friedrich dem Grossen und dessen Vater Friedrich Wilhelm I befanden die als die Begrunder der preussischen Grossmachtstellung im 18 Jahrhundert galten Dort legte Hindenburg zwei Kranze nieder und verharrte eine Weile lang stumm wahrend vor der Kirche Salut geschossen wurde 16 Fur Hindenburg der sich bisher als Reichsprasident in Bezug auf monarchistische Gesten strikte Enthaltsamkeit hatte auferlegen mussen war dieser Moment von grosser personlicher Bedeutung Auch konnte er durch die Potsdamer Feier sein beschadigtes Verhaltnis zu den Hohenzollern offentlich stabilisieren 17 Zum Ende des Staatsakts wandte sich Hindenburg wie schon beim Beginn zur Loge der koniglichen Familie und erhob fur alle Anwesenden sichtbar grussend den Marschallstab 18 Auf den Festakt folgte ausserhalb der Garnisonkirche ein Vorbeimarsch von Einheiten der Reichswehr der preussischen Schutzpolizei der SA der SS der Hitlerjugend des Stahlhelms und weiterer vaterlandischer Verbande vor Hindenburg Danach verabschiedeten sich hochrangige Teilnehmer der Feierlichkeiten von ihm auf der Strasse darunter auch Hitler Von dieser Begegnung gibt es Filmaufnahmen sowie ein bekanntes Foto des Fotografen Theo Eisenhart der New York Times Dieses Foto das eine tiefe Verneigung Hitlers in ziviler Kleidung in Cut und Zylinder vor Hindenburg zeigt war dem Historiker Martin Sabrow zufolge ein Schnappschuss und kein geplanter Vorgang der Propaganda Das Foto sei im Rahmen der Verabschiedung entstanden wahrend der offizielle Handedruck von Reichsprasident und Reichskanzler bereits vorher in der Kirche stattfand Hitlers Verneigung sei den Funktionaren der NSDAP zu tief und deshalb peinlich gewesen Daher sei das Foto entgegen heute weit verbreiteten Annahmen von der NS Propaganda nicht verwendet worden Es wurde bis 1945 nur vereinzelt in Zeitungen verwendet Erst nach dem Krieg sei es als Propagandabild verstanden worden und zum Beispiel bis heute in Schulbuchern ein vermeintlich ikonisches Foto der NS Propaganda 5 19 20 Dem widerspricht der Historiker Christoph Raichle der von einer kalkulierten Demutsgeste vor Hindenburg spricht welche die vorangegangene verbale Verneigung vor Hindenburg in Hitlers Rede symbolischen Ausdruck verlieh Fur die propagandistische Verwertung des Bildes durch die Nationalsozialisten spreche die Veroffentlichung des Bildes unter anderem auf dem Titelblatt der Adolf Hitler Sondernummer des parteieigenen Illustrierten Beobachters vom April 1933 sowie in anderen NS Propagandaschriften Auch gebe es ahnliche Bilder von den offiziellen Begegnungen Hitlers und Hindenburgs bei spateren Staatsakten was fur eine Ritualisierung des offentlichen Umgangs zwischen Hitler und Hindenburg seit dem Tag von Potsdam sprache 21 Am Nachmittag trat in Berlin kurz nach 17 Uhr der Reichstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen Hinter der Rednertribune hatte man eine grosse Hakenkreuzflagge angebracht gesaumt von zwei schwarz weiss roten Flaggen Hitler erschien im Braunhemd uberliess das Reden aber dem Reichstagsprasidenten Goring Dieser fuhrte die notigen Formalitaten militarisch knapp im Schnellverfahren durch was auch die kunftige Rolle des Reichstags vor Augen fuhren sollte 22 In seiner Rede diffamierte Goring die Jahre der Republik als Zeit der Not der Schande und Ehrlosigkeit und erklarte Nun ist Weimar uberwunden 23 Ab 19 Uhr nahm Hitler an einer Sonderauffuhrung von Richard Wagners Oper Die Meistersinger von Nurnberg in der Staatsoper Unter den Linden teil Der Tag von Potsdam wurde auch reichsweit in fast allen deutschen Stadten und vielen Gemeinden feierlich begangen was die Wirkung des Ereignisses noch steigerte In den Garnisonstadten wurde die Reichswehr durch Paraden und Platzkonzerte aktiv es fanden Kundgebungen und Umzuge statt teilweise gab es auch Feuerwerk oder Freiheitsfeuer auf umliegenden Anhohen In Berlin fand abends ein Fackelzug durchs Brandenburger Tor statt 22 Im Berliner Rathaus wurde das wahrend der Novemberrevolution abgehangte uberlebensgrosse Portrat Kaiser Wilhelms II demonstrativ wiederaufgehangt 24 Ziel der Veranstaltung Bearbeiten nbsp Hitler und der Ex Kronprinz Wilhelm von Preussen nach dem Festakt rechts Hermann Goring Das Foto ist in der Zeit des Nationalsozialismus nicht veroffentlicht worden tauchte aber 2014 in Zusammenhang mit den Entschadigungsforderungen der Hohenzollern auf und gilt seither als Sinnbild fur die Verbindungen der Hohenzollern mit dem Nationalsozialismus 25 Die Hoffnung der Nationalsozialisten bestand darin mit dem Tag von Potsdam einen symbolischen Fortlauf der preussisch deutschen Geschichte aufzuzeigen bei dem sich Hitler in einer Reihe mit Friedrich dem Grossen Bismarck und Hindenburg prasentierte Auf diese Weise wollte sich Hitler der bis dahin von vielen Deutschen als reiner Parteifuhrer angesehen wurde nun als uberparteilicher Staatsmann an der Seite Hindenburgs prasentieren der im Fruhjahr 1932 noch sein Gegner in der Reichsprasidentenwahl gewesen war und eine Kanzlerschaft Hitlers am 13 August 1932 offentlich sehr deutlich abgelehnt hatte Hitler legte daher wie er im Jahr 1942 in seinen Tischgesprachen ausfuhrte den grossten Wert darauf die Macht gleichsam unter dem Segen des Alten Herrn also Hindenburgs zu ubernehmen 26 Der Tag von Potsdam hatte daher auch den Charakter einer ostentativen Versohnung der nationalen Lager verkorpert durch den Handschlag der beiden Protagonisten Hindenburg und Hitler Die Stadt Potsdam war dabei von Hitler bewusst vorgeschlagen worden Sie sollte als ehemalige Residenzstadt der preussischen Konige Sinnbild eines glorifizierten Deutschlands fruherer Tage sein an welches das NS Regime nun vorgab anknupfen zu wollen In seiner Rede strich Hitler daher mehrfach die grossen Traditionen Preussen Deutschlands heraus die er achten und pflegen wolle Durch sein massvolles Auftreten wollte Hitler um Vertrauen bei jenen werben die ihn bisher als zu radikal abgelehnt hatten Sein Auftritt in Potsdam ist dabei nur Hohepunkt eines breitangelegten propagandistischen Vertrauensfeldzugs der schon mit dem 30 Januar 1933 einsetzte 27 Nach Angaben des fruhen Nationalsozialisten Kurt Ludecke soll Hitler die Garnisonkirche sogar schon im September 1932 insgeheim fur eine grosse Inszenierung unter Teilnahme Hindenburgs ausersehen haben dessen sagenhaftes Ansehen ausgebeutet werden musse 28 Folgen Bearbeiten nbsp Die Schauseiten der 2 und 5 Reichsmark Munzen von 1934 zeigten die Garnisonkirche und das Datum des Tages von Potsdam 29 Verhaltnis Hitler Hindenburg Bearbeiten Nach dem Urteil des Hindenburg Biographen Wolfram Pyta stellt der Tag von Potsdam den endgultigen Durchbruch im personlichen Verhaltnis Hindenburgs zu seinem neuen Reichskanzler dar Sei der 30 Januar 1933 noch ein politisches Experiment gewesen das Hindenburg durch politische Auflagen absicherte so habe er nun zunehmend in Hitler die optimale Besetzung fur die Leitung einer Regierung der nationalen Konzentration gesehen und sich anerkennend uber Hitler geaussert Hindenburg der sich nach politischer Entlastung und einem Ruckzug aus der Tagespolitik sehnte begann nun immer mehr in Hitler seinen geeigneten Nachfolger zu sehen 30 Die Auflage dass Hitler den Reichsprasidenten nur im Beisein von dessen besonderem Vertrauensmann Franz von Papen aufsuchen durfe fiel im April fort immer mehr verdrangte Hitler den Vizekanzler als Vertrauensmann Hindenburgs 31 Gesetzgebung Bearbeiten Am 21 Marz 1933 verkundete die Regierung mit der Verordnung des Reichsprasidenten uber die Gewahrung von Straffreiheit eine Amnestie fur Straftaten die im Kampfe fur die nationale Erhebung des Deutschen Volkes begangen worden waren Nach der Verordnung zur Abwehr heimtuckischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung 32 und der Sondergerichtsverordnung wurden sog Heimtucke Falle abgeurteilt 33 Fur das Aufstellen oder Verbreiten unwahrer oder groblich entstellter Behauptungen die geeignet waren das Ansehen der Reichsregierung oder der hinter der Reichsregierung stehenden Parteien schwer zu schadigen drohten bis zu mehrjahrige Gefangnis oder Zuchthausstrafen 34 Bestraft wurde auch das Erschleichen der Mitgliedschaft in einem Verband der hinter der Regierung der nationalen Erhebung stand sowie der Missbrauch der Uniform und von Abzeichen dieser Verbande Die Heimtuckeverordnung mundete am 20 Dezember 1934 in das Heimtuckegesetz Am 23 Marz 1933 fand sich der neue Reichstag erneut in der Kroll Oper zusammen Tagesordnungspunkte waren die Beratung und die Abstimmung uber das Ermachtigungsgesetz Die Abgeordneten der KPD sowie einige Fuhrungsmitglieder der SPD waren laut Wilhelm Frick Reichsminister des Innern durch nutzliche Arbeiten in den Konzentrationslagern am Erscheinen gehindert Die 94 anwesenden Sozialdemokraten darunter der damalige Parteivorsitzende Otto Wels stimmten gegen das Gesetz 35 Die ubrigen Abgeordneten stimmten dem Gesetz zu einschliesslich der Abgeordneten des katholischen Zentrums und der verbliebenen liberalen Parlamentarier Damit war es mit 2 3 Mehrheit angenommen Die Reden vor der Abstimmung nahmen haufig auf die zwei Tage zuvor durchgefuhrte Veranstaltung Bezug Wichtiger als der Tag von Potsdam war fur die katholische Zentrumspartei auf deren Stimmen es ankam die Hoffnung mit dem Gesetz Hitlers Machtdrang in geregelte staatliche Bahnen leiten zu konnen Geschichtsbild Bearbeiten Die NS Propaganda wollte bewusst das Bild der preussischen Geschichte wie es die borussische Schule der Geschichtsschreibung gezeichnet hatte fur den Nationalsozialismus vereinnahmen Dazu eignete sich der Tag von Potsdam vorzuglich auch gegenuber dem Ausland Historiker und Journalisten versuchten in den letzten Jahrzehnten das in der Offentlichkeit vorherrschende Bild vom preussischen Staat zu verandern Sie konnten beispielsweise darlegen dass Preussen im Wesentlichen eine rechtsstaatliche Tradition gehabt hatte die von Hitler nach seiner Machtergreifung zunichtegemacht wurde Heinrich August Winkler schreibt uber die Illusion des Tages von Potsdam 36 Als Reichsprasident Hindenburg in der Garnisonkirche allein in die Gruft zum Sarg Friedrich des Grossen hinunterstieg um stumme Zwiesprache mit dem Konig zu halten trat bei vielen Deutschen die gleiche patriotische Ruhrung ein die seit Jahren die Fridericus Filme aus Alfred Hugenbergs Ufa hervorriefen Doch das alte Preussen erlebte am 21 Marz 1933 keine Auferstehung Die neuen Machthaber nahmen nur seinen Mythos in Dienst um ihrer Herrschaft den Schein einer noch hoheren Legitimation zu verschaffen als jener die sie am 5 Marz durch die Wahler empfangen hatten Sebastian Haffner beschrieb die nationalsozialistische Vereinnahmung der preussischen Geschichte am Tag von Potsdam mit folgenden Worten Hohepunkt und Endpunkt dieses deutschnationalen Preussenschwindels war der peinliche Tag von Potsdam am 21 Marz 1933 die feierliche Eroffnung des unter dem neuernannten Reichskanzler Hitler neugewahlten Reichstages mit der das kurzlebige und fur die Deutschnationalen verhangnisvolle Bundnis zwischen Papen und Hitler besiegelt werden sollte Dieses Bundnis kostumierte sich am Tag von Potsdam als ein Bundnis preussischer Tradition mit nationalsozialistischer Revolution Die Potsdamer Garnisonkirche musste als Buhnenbild dafur herhalten der deutschnationale Stahlhelm paradierte neben der nationalsozialistischen SA die Reichswehr stellte die Statisterie und der greise Reichsprasident Hindenburg der als junger preussischer Leutnant bei Koniggratz gekampft hatte durfte in seiner Rede an das alte Preussen erinnern Preussen was immer es sonst war war ein Rechtsstaat gewesen einer der ersten in Europa Der Rechtsstaat aber war das erste was Hitler abschaffte In seiner Rassen und Nationalitatenpolitik hatte Preussen immer eine noble Toleranz und Indifferenz walten lassen Hitlers Rassen und Nationalitatenpolitik war das extreme Gegenbild der preussischen Das extreme Gegenbild preussischer Nuchternheit war auch Hitlers politischer Stil seine Demagogie und theatralische Massenberauschung 37 Siehe auch BearbeitenNacht von PotsdamLiteratur BearbeitenChristoph Kopke Werner Tress Hrsg Der Tag von Potsdam Der 21 Marz 1933 und die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur Beitrage der Tagung Preussens Abglanz und Untergang 75 Jahre nach dem Tag von Potsdam 14 Marz 2008 15 Marz 2008 im Moses Mendelssohn Zentrum fur europaisch judische Studien Potsdam De Gruyter Berlin Boston 2013 ISBN 978 3 11 030585 2 Christoph Raichle Hitler als Symbolpolitiker Kohlhammer Stuttgart 2014 ISBN 978 3 17 025193 9 Kap Der Tag von Potsdam S 80 99 Klaus Scheel 1933 der Tag von Potsdam Brandenburgisches Verl Haus Berlin 1996 ISBN 3 89488 094 5 John Zimmermann Der Tag von Potsdam In Michael Epkenhans Carmen Winkel Hrsg Die Garnisonkirche Potsdam Zwischen Mythos und Erinnerung Im Auftrag des Zentrums fur Militargeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr Rombach Freiburg im Breisgau 2013 ISBN 978 3 7930 9729 7 S 69 90 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tag von Potsdam Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Adolf Hitler Rede bei der Eroffnung des neu einberufenen Reichstags Tag von Potsdam 21 Marz 1933 Mit einer Einfuhrung von Martin Sabrow in 1000dokumente deEinzelnachweise Bearbeiten Raichle Der Tag von Potsdam 2003 S 69 99 Wernicke Thomas Der Handschlag am Tag von Potsdam In Werner Tress und Christoph Kopke Hrsg Der Tag von Potsdam Berlin und Boston 2013 S 8 46 hier S 17 21 Sabrow Chronik 2003 Raichle Der Tag von Potsdam 2003 S 79 88 a b Martin Sabrow Der Tag von Potsdam Zur Geschichte einer fortwahrenden Mythenbildung Zum Besuch am Vorabend in Cecilienhof Lothar Machtan Der Kronprinz und die Nazis Hohenzollerns blinder Fleck Duncker amp Humblot Berlin 2021 ISBN 978 3 428 18394 4 S 181 ff Siehe auch Raichle Der Tag von Potsdam 2003 S 88 92 und 106 Pyta Hindenburg 2007 S 820 Muller Klaus Jurgen Der Tag von Potsdam und das Verhaltnis der preussisch deutschen Militarelite zum Nationalsozialismus In Bernhard R Kroener Hrsg Potsdam Staat Armee Residenz Frankfurt a M und Berlin 1993 S 435 449 hier S 437 Max Domarus Hitler Reden und Proklamationen 1932 1945 Band I erster Halbband Wiesbaden 1973 S 225 Scholder Klaus Die Kirchen und das Dritte Reich Band 1 Vorgeschichte und Zeit der Illusionen Frankfurt a M u a 1977 S 317 320 Morsey Rudolf Der Untergang des politischen Katholizismus Die Zentrumspartei zwischen christlichem Selbstverstandnis und Nationaler Erhebung 1932 33 Stuttgart 1977 S 128 Stephan Malinowski Die Hohenzollern und die Nazis Geschichte einer Kollaboration Propylaen Berlin 2021 ISBN 978 3 549 10029 5 S 355 Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2014 S 87 f Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2014 S 94 99 Scheel Der Tag von Potsdam 1996 S 45 Pyta Hindenburg 2007 S 822 f Stephan Malinowski Die Hohenzollern und die Nazis Geschichte einer Kollaboration Propylaen Berlin 2021 ISBN 978 3 549 10029 5 S 347 Matthias Schulz Konnen Steine schuldig sein in Der Spiegel 22 2017 S 102 Guido Berg Die Gretchenfrage der Garnisonkirche in Potsdamer Neueste Nachrichten Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2014 S 91 94 a b Scheel Der Tag von Potsdam 1996 S 49 f Hermann Goring Der Staatsakt in Potsdam Blatter der Erinnerung an die feierliche Eroffnung des Reichstags am 21 Marz 1933 Berlin 1933 S 11 14 John C G Rohl Wilhelm II Band 3 Der Weg in den Abgrund 1900 1941 Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57779 6 S 1309 Stephan Malinowski Die Hohenzollern und die Nazis Geschichte einer Kollaboration Propylaen Berlin 2021 ISBN 978 3 549 10029 5 S 348 f Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2013 S 29 44 Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2014 S 45 75 Raichle Hitler als Symbolpolitiker 2014 S 38 Gemass der Bekanntmachung uber die Auspragung von Reichssilbermunzen im Nennbetrage von 2 und 5 Reichsmark vom 16 Marz 1934 Information des documentArchiv de Pyta Hindenburg 2007 S 824 ff Raichle Der Tag von Potsdam 2003 S 154 f Verordnung des Reichsprasidenten zur Abwehr heimtuckischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung vom 21 Marz 1933 RGBl I S 135 documentarchiv de abgerufen am 5 Juni 2019 Michael Wildt Die ersten 100 Tage der Regierung Hitlers Zeitgeschichte online 5 Juli 2017 Leonhard Janta der Fuhrer ist ein Lump Die Verfolgung sog heimtuckischer Angriffe auf Partei und Staat im Kreis Ahrweiler wahrend der NS Zeit 1990 Der Weg in die Diktatur Die Unterwerfung Der Spiegel 29 Januar 2008 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Band 2 Deutsche Geschichte vom Dritten Reich bis zur Wiedervereinigung C H Beck Munchen 2010 S 11 12 Sebastian Haffner Preussen ohne Legende Gruner Jahr Verlag Hamburg 1990 S 493 498 Normdaten Sachbegriff GND 4408073 6 lobid OGND AKS nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 28 48 min 12 8 MB Text der gesprochenen Version 6 Februar 2020 Mehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tag von Potsdam amp oldid 237528730