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Der Lange Stall war ein Reit und Exerzierhaus in Potsdam das 1734 unter Konig Friedrich Wilhelm I in Fachwerkbauweise errichtet wurde Nach der Zerstorung des Gebaudes im Zweiten Weltkrieg hat sich heute lediglich die nach Planen Georg Christian Ungers auf Anweisung Konig Friedrich II 1781 dem sudlichen Giebel vorgeblendete Portalfassade erhalten Erhaltene Portalfassade des Langen Stalls 2007Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Abmessungen 2 Baugeschichte und Beschreibung 2 1 Stadtebauliche Einordnung 2 2 Reit und Exerzierhaus 2 3 Nordlicher Kopfbau 2 4 Sudliche Portalfassade 3 Zerstorung und partieller Wiederaufbau 4 Kunstgeschichtliche Einordnung 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLage und Abmessungen BearbeitenDas 166 50 m lange und 21 50 m breite 1 Fachwerkgebaude mit steilem Satteldach erstreckte sich in Nord Sud Richtung zwischen dem Stadtkanal und der Mammonstrasse heute Werner Seelenbinder Strasse Im Osten grenzte der Lange Stall an das Gelande des koniglichen Kutschpferdestalls am Neuen Markt wahrend sich westlich bis zum Stadtkanal die wegen des sumpfigen Bodens nicht bebaubare Freiflache der Garnisonplantage anschloss Den nordlichen Abschluss zum Stadtkanal in der heutigen Yorckstrasse bildete im Gegensatz zum Sudgiebel ein quer zur Firstrichtung des Stalls vorgebautes zweistockiges Fachwerkhaus das in die Blockrandbebauung der Strasse eingebunden war Baugeschichte und Beschreibung BearbeitenStadtebauliche Einordnung Bearbeiten nbsp Lage des Langen Stalls im Stadtgebiet Planausschnitt um 1850Das Grundstuck des Langen Stalls gehorte zum Bereich der Kurfurstlichen Freiheit die im 17 Jahrhundert westlich des Potsdamer Stadtschlosses planmassig angelegt wurde Diese unter dem Kurfursten Friedrich Wilhelm geschaffene Stadterweiterung bestand aus den beiden die Breite Strasse nordlich und sudlich parallel begleitenden Strassenzugen der Mammon und Priesterstrasse Im Westen bildete der spatere Stadtkanal die Bebauungsgrenze Am westlichen Ende der Kurfurstlichen Freiheit entstand 1720 1722 der Erstbau der Garnisonkirche wahrend zur gleichen Zeit zu beiden Seiten des Stadtkanals neue Wohnhauser gebaut wurden Die nordlich und westlich vom Stadtkanal begrenzte Flache hinter der Kirche blieb jedoch auf Grund des sumpfigen Bodens im Bereich eines ehemaligen Havelarms unbebaut Der Platz hatte die Bezeichnung Garnison Plantage und diente zum Exerzieren am Ende des 18 Jahrhunderts ist er als Grunflache gestaltet worden Ostlich des Langen Stalls schloss sich die ruckwartige Freiflache des Koniglichen Kutschpferdestalls an die im 17 Jahrhundert als Baumschule genutzt wurde Der Platz vor dem Sudgiebel zur Breiten Strasse bildete den Rahmen fur die stadtebauliche Wirkung der Garnisonkirche Der Lange Stall folgte in seiner Anlage senkrecht zur Breiten Strasse und parallel zum Kutschpferdestall am Neuen Markt dem durch die Stadtplanung des 17 Jahrhunderts vorgegebenen Achsensystem 2 nbsp Seitenansicht des Langen Stalls von Nordwesten Im Hintergrund die GarnisonkircheReit und Exerzierhaus Bearbeiten Der eigentliche Lange Stall entstand 1734 unter der Leitung Pierre de Gayettes als langgestreckter Fachwerkbau mit einer als Hangewerk ausgebildeten stutzenfreien Dachkonstruktion Der so uberspannte Raum war innen mit Brettern bekleidet und hatte aufgrund der Absteifungen der Dachbinder entlang der Traufseiten innen abgeschragte Ecken in die die regelmassig angeordneten Fenster der Langseiten stichkappenartig einschnitten Die Aussenwande waren lediglich durch schlichtes Fachwerk und die kleinteilig verglasten Fenster mit stehendem Format gepragt Die Ansicht dominierte das hohe ungegliederte Satteldach mit seiner Biberschwanzdeckung nbsp Nordfassade des Montierungshauses Umbauentwurf von 1884Nordlicher Kopfbau Bearbeiten Zeitgleich mit dem Exerzierhaus ist ebenfalls in Fachwerk der zweigeschossige nordliche Kopfbau errichtet worden Dieses Haus diente bis 1740 als griechisch orthodoxe Kirche fur die im Regiment der Langen Kerls dienenden Russen von denen Zar Peter I seit 1718 eine festgelegte Anzahl nach Preussen geschickt hatte Als Gegenleistung hatte Friedrich Wilhelm I dem Zaren das Bernsteinzimmer und die reich geschmuckte Prunkyacht seines Vaters Friedrich I geschenkt 3 Die sakrale Nutzung des nach aussen nicht als Kirche in Erscheinung tretenden Hauses endete 1740 Nach Manger war das Gebaude von 1750 an ledig und wuste Seit dem Beginn der 1760er Jahre wurde es als Spielstatte der Schuchschen und Waserschen Theatergesellschaften genutzt Da Friedrich II die Theaterauffuhrungen 1777 untersagte wurde also dieses Haus immer oder und wuster die Fenster wurden allenfalls mit alten Brettern vernagelt diese aber auch gelegentlich wieder weggestohlen so dass es ein sehr schandliches Ansehen bekam 4 Nachdem bereits 1776 das benachbarte Brockes sche Haus mit einer sehr reprasentativen Fassade neu errichtet worden war liess Friedrich II 1785 den verfallenen Fachwerkbau abbrechen und nach Planen Georg Christian Ungers ein massives dreigeschossiges Montierungshaus errichten das zu Kammern und Salen fur Montirungsstucke der hiesigen Garnison eingerichtet 4 wurde Die Fassaden umfassten sieben Fensterachsen zum Kanal und funf Achsen zur westlich gelegenen Plantage Ihre Gliederung erfolgte durch auf dem niedrigen rustizierten Sockel des Kellergeschosses stehende ionische Kolossalpilaster in den unteren beiden Geschossen Das dritte Stockwerk war in der daruber liegenden hohen Attika untergebracht wobei hier in der Verlangerung der Pilaster rustizierte Lisenen die Fassade gliederten Auf der Attika standen uber den mittleren vier Vorlagen zum Kanal vier Sandsteinfiguren wahrend die ubrigen Vorlagen zum Kanal und zur Plantage mit Vasen bekront waren Die Fenster des Erdgeschosses erhielten dreieckformige Verdachungen die der daruber befindlichen Stockwerke profilierte Rahmungen Bis auf die Figuren Vasen und Pilasterkapitelle bestand der Fassadenschmuck aus Stuckarbeiten Sudliche Portalfassade Bearbeiten Zur Zeit seiner Entstehung schloss ein schlichter Giebel den Langen Stall im Suden ab Da unter Friedrich II bereits seit 1748 die Hauser der Breiten Strasse erneuert worden waren machte der alte Fachwerkbau daselbst neben den dabey stehenden neuerbauten Hausern und der Garnisonkirche ein schlechtes Ansehen Auf Befehl des Konigs erarbeitete Georg Christian Unger daher den Entwurf zu einer Portalfassade die im Jahr 1781 dem bestehenden Exerzierhaus vorgeblendet werden sollte 5 Ein erstes Projekt mit einem ionischen Portikus auf niedrigem Sockel kam nicht zur Ausfuhrung Den verwirklichten Entwurf der funfachsigen Fassade kennzeichnen ein hohes mit Bandrustika als Sockel aufgefasstes Erdgeschoss und ein viersauliger toskanischer Portikus Die seitlichen Achsen sind durch toskanische Pilaster gegliedert Bekront wird die Portalfassade durch ein Giebeldreieck mit Reliefschmuck und eine von Figuren bekronte Attika Daruber erhebt sich auf einem gestuften oktogonalen Unterbau die etwa drei Meter hohe Figur des Mars Die Figuren links und rechts uber dem Portikus stellen Herkules und Minerva dar wahrend der ubrige Attikaschmuck aus Trophaen besteht Die Sandsteinstatuen wurden von den Brudern Johann Christoph und Michael Christoph Wohler sowie von Johann Melchior Kambly geschaffen die Stuckreliefs stammen von Constantin Philipp Georg Sartori 6 Die nach innen versetzte Ruckwand des Portikus enthalt in der Mittelachse uber dem Eingangstor eine grosse rundbogig geschlossene Fenstertur sowie Relieffelder mit Waffengehangen in den seitlichen Achsen Links und rechts des Portikus sind uber den ebenerdigen Zugangen kleinere Bogenfenster mit daruber angebrachten Reliefs angeordnet Die Brustungsfelder der Fenster schmuckt das Motiv des Laufenden Hunds Vor der Fassade stand neben dem Haupteingang jeweils eine aus zwei Sandsteinfiguren bestehende Statuengruppe Eine einzelne Figur befand sich jeweils an der linken und rechten Gebaudeecke Diese Figuren sind heute nicht mehr vorhanden Wahrend das mit einem Korbbogen geschlossene mittlere Tor den Zugang zum Exerzierhaus bildete fuhrten die seitlichen Zugange lediglich uber in der Portalfassade untergebrachte Treppenhauser zum Dachboden des Langen Stalls der zu Lagerzwecken diente Ostlich schloss sich an die Fassade die Blockrandbebauung der Mammonstrasse an Auf der Westseite wurde die Fassadengliederung mit doppelten toskanischen Pilastern zwar um die Ecke zur Freiflache der Plantage wiederholt dahinter endete das Portal allerdings abrupt vor dem alteren Baukorper des Exerzierhauses dessen Fachwerkwande sichtbar blieben Der Querschnitt des Exerzierhauses ist nach dessen Zerstorung auf der schlicht verputzten Nordseite der Portalfassade noch deutlich erkennbar nbsp Unverwirklichtes Projekt vor 1781 nbsp Verwirklichter Entwurf 1781 nbsp Portal des Langen Stalls und Garnisonkirche Radierung von 1813 nbsp Portal des Langen Stalls und Garnisonkirche Fotografie um 1930Zerstorung und partieller Wiederaufbau BearbeitenBeim Luftangriff auf Potsdam vom 14 April 1945 geriet der Lange Stall in Brand wobei der grosse Fachwerkbau vollstandig zerstort wurde und durch den Funkenflug die benachbarte von Bombentreffern verschont gebliebene Garnisonkirche ebenso komplett ausbrannte Die stehen gebliebene Fassade des Montierungshauses am Kanal ist nach 1960 abgebrochen worden 7 Das unter Denkmalschutz stehende Portal von 1781 blieb als Ruine erhalten und wurde 1979 1980 restauriert Das Grundstuck des Langen Stalls soll kunftig fur eine Wohnbebauung genutzt werden wobei uber deren Gestaltung widerspruchliche Ansichten bestehen 8 Mit Neubauten anstelle des zerstorten Montierungshauses an der Yorckstrasse sowie eines Teils des anschliessenden Stallbaukorpers und der Sanierung des Brockes schen Hauses begann die Wiederbebauung der Flachen die nach dem geplanten Abriss des den sudlichen Teil des Grundstucks einnehmenden Datenverarbeitungszentrums wieder vollstandig zur Verfugung stehen sollen 9 10 Kunstgeschichtliche Einordnung BearbeitenDie in der Zeit Friedrich Wilhelms I in Potsdam errichteten Bauten bestanden aus Zeit und Kostengrunden zunachst fast durchweg aus Fachwerkkonstruktionen Die 1720 1722 erbaute erste Garnisonkirche wurde noch in der Regierungszeit des Soldatenkonigs durch einen reprasentativen Massivbau ersetzt Diese Tendenz setzte sich unter Friedrich II fort so dass die ab 1867 durch einen Neubau an anderer Stelle obsolet gewordene Katholische Kirche auf dem Gelande der Gewehrfabrik und der Lange Stall die letzten grossen Fachwerkbauten des 18 Jahrhunderts in Potsdam waren Die Erwahnung der bemerkenswerten Dachkonstruktion des Exerzierhauses in Friedrich Nicolais Beschreibung der koniglichen Residenzstadt Potsdam 1786 11 und in David Gillys Handbuch der Landbaukunst 1798 12 zeugt von der fruhen Bewunderung fur dieses Werk Die vorgeblendete Portalfassade von 1781 fugt sich in die palladianisch beeinflusste Architektur der Zeit Friedrichs II ein Vorbildhaft wirkten neben Palladios Entwurfen auch die auf franzosische Vorbilder zuruckgehenden Berliner Bauten der Zeit um 1700 13 Besonders die Risalite des Zeughauses gaben ein Muster fur die Potsdamer Fassade ab 14 Der Architekt Georg Christian Unger hatte eine sehr ahnliche Gestaltung kurze Zeit zuvor am Berliner Kadettenhaus vorgefuhrt 15 Franco Stella 16 nannte als unmittelbares Vorbild die 1556 nach Entwurfen Andrea Palladios in Vicenza erbaute Loggia Valmarana Diese Zuschreibung wurde von Jung 17 und darauf basierend von Wendland 14 wiederholt findet sich aber nicht in der alteren Literatur 18 Dass die Loggia Valmarana als Muster fur den Potsdamer Bau diente ist deshalb unwahrscheinlich weil sie erst 1779 19 publiziert wurde und weder Friedrich II noch sein Architekt Unger Vicenza aus eigener Anschauung kannten Der erste von Unger vorgelegte Entwurf fur das Portal des Langen Stalls mit seiner ionischen Ordnung hatte kaum Ahnlichkeit mit dem kleinen Parkgebaude Palladios wahrend der Risalit der von 1776 bis 1779 errichteten Kadettenanstalt in Berlin zahlreiche Merkmale des Potsdamer Werks vorwegnahm Literatur BearbeitenKarin Carmen Jung Potsdam Am Neuen Markt Berlin 1999 ISBN 3 7861 2307 1 Heinrich Ludwig Manger Heinrich Ludewig Manger s Baugeschichte von Potsdam besonders unter der Regierung Konig Friedrichs des Zweiten Zweiter Band Berlin und Stettin 1789 Reprint Leipzig 1987 Christian Wendland Georg Christian Unger Baumeister Friedrichs des Grossen in Potsdam und Berlin Potsdam 2002 ISBN 3 929748 28 2Einzelnachweise Bearbeiten Jung 1999 S 65 Jung 1999 Friedrich Mielke Potsdamer Baukunst Berlin 1998 ISBN 3 549 05668 0 S 34 a b Manger 1789 S 482 Manger 1789 S 445 ff Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmaler Brandenburg Munchen 2000 ISBN 3 422 03054 9 S 791 Wendland 2002 S 47 Markische Allgemeine Zeitung vom 16 Januar 2014 abgerufen am 12 Juni 2014 Internetauftritt des Bautragers Memento des Originals vom 14 Juli 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot brockessches palais de abgerufen am 12 Juni 2014 Die Beletage ist noch zu haben abgerufen am 11 Februar 2016 Friedrich Nicolai Beschreibung der koniglichen Residenzstadte Berlin und Potsdam Berlin 1786 Leipzig 1993 S 54 ISBN 3 379 01465 6 Hans Joachim Giersberg Adelheid Schendel Potsdamer Veduten Potsdam Sanssouci 1982 S 37 Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmaler Brandenburg Munchen 2000 ISBN 3 422 03054 9 S 791 a b Wendland 2002 S 101 Wendland 2002 S 124 Franco Stella Palladio a Potsdam Cosi Federico II copiava i palazzi vicentini In Il Giornale die Vicenza Vicenza 20 Oktober 1997 Jung 1999 S 133 Friedrich Mielke Potsdamer Baukunst Berlin 1998 ISBN 3 549 05668 0 Lionello Puppi Andrea Palladio Das Gesamtwerk Stuttgart 2000 ISBN 3 421 03253 X S 477 f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Langer Stall Potsdam Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09155142 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg52 395781 13 054347 Koordinaten 52 23 44 8 N 13 3 15 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Langer Stall amp oldid 224723686