www.wikidata.de-de.nina.az
Die Stiftskirche St Goar ist eine evangelische Gemeindekirche in der Stadt Sankt Goar in Rheinland Pfalz Die ehemalige Stiftskirche gehort zu den prominentesten Vertretern mittelalterlicher Kirchenbauten im Rhein Hunsruck Kreis Mit ihrer romanischen Krypta dem spatromanischen Chor und dem spatgotischen Langhaus gibt sie reges Zeugnis von den Bautraditionen und architektonischen Entwicklungen am Mittelrhein Stiftskirche St GoarAquarell der Stiftskirche von Theodore Fourmois 1854SudostansichtSeit 2002 ist die Stiftskirche St Goar Teil des UNESCO Welterbes Oberes Mittelrheintal des Weiteren ist sie ein geschutztes Kulturgut nach der Haager Konvention Die Kirchengemeinde bereits seit 1528 evangelisch gehort zum Kirchenkreis Koblenz der Evangelischen Kirche im Rheinland Inhaltsverzeichnis 1 Patrozinium 2 Entstehungsgeschichte und Bauverlauf 2 1 Die Zelle des Heiligen Goar und die Bauten der Abtei Prum 2 2 Die Stiftskirche zur Zeit der Grafen von Katzenelnbogen 2 3 Die Stiftskirche zur Zeit der Landgrafen von Hessen 2 4 Die Stiftskirche heute 3 Beschreibung 3 1 Grundriss und Aufbau der Kirche 3 1 1 Die romanische Krypta 3 1 2 Die spatromanische Choranlage 3 1 3 Das spatgotische Langhaus 3 2 Bauschmuck 3 3 Nennenswerte Ausstattungsobjekte 3 3 1 Fruheste Zeugnisse der Ausstattung 3 3 2 Die Grablege des Landgrafen Philipp II von Hessen Rheinfels 3 3 3 Ausstattungselemente des 19 Jahrhunderts 3 4 Orgel 3 5 Historische Glocken 4 Stilistische Einordnung und Bedeutung 4 1 Die Krypta bedeutende Vorbilder 4 2 Der Hallentypus 4 3 Die dekorativen Elemente 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksPatrozinium Bearbeiten nbsp Spatgotische Gewolbemalerei des Heiligen Goar im SeitenschiffDie Kirche ist nach dem heiligen Goar einem Priester und Eremiten aus Aquitanien benannt geb um 495 in Frankreich gest am 6 Juli 575 in St Goar Unter Konig Childebert I 511 558 kam er an den Rhein und grundete in der Nahe des heutigen Oberwesel eine Zelle In der nach ihm benannten Siedlung St Goar am Mittelrhein ist in der Katholischen Kirche St Goar und St Elisabeth eine Reliefplatte mit dem Bild des Heiligen erhalten Sie zeigt Goar als Grunder der Stadt mit einem Kirchenmodell Der Heilige steht siegreich auf dem Teufel wahrend zwei Engel ihm das Gewand tragen und zwei weitere kronend einen Baldachin uber ihn halten Der Turm der evangelischen Pfarrkirche ehem Stiftskirche von St Goar gibt ebenfalls Zeugnis vom Stadtgrunder und dessen beruhmter Gastfreundschaft v a gegenuber den Rheinschiffern In einem Bildfeld treten der Heilige Goar sowie ein um Hilfe flehender Schiffer und eine von Damonen umgebene Frau auf Im dazugehorigen Text heisst es St Goar deren die vom Schiffbruch und ehrlichen Namen Not leidenden Patron 1 Entstehungsgeschichte und Bauverlauf BearbeitenDie Zelle des Heiligen Goar und die Bauten der Abtei Prum Bearbeiten Erstmals nachgewiesen ist ein Bau an der Stelle der heutigen evangelischen Pfarrkirche von St Goar im siebten Jahrhundert Es handelte sich dabei um die vom Heiligen Goar errichtete Zelle zur Beherbergung von Geistlichen und Glaubigen Nach dem Tod des Heiligen hatten Kleriker dessen Tatigkeiten in der Marienkapelle und im Hospitium der neu gegrundeten Siedlung fortgefuhrt neue Gebaude sind aus jener Zeit jedoch nicht uberliefert Auf der Reichsversammlung zu Attigny im Jahr 765 verlieh Konig Pippin die Zelle an den Abt Assuer von Prum Diese personliche Schenkung ging unter Konig Karl dem Grossen um 782 in das Eigentum der gesamten Abtei Prum uber 2 Diese liess im Verlauf des 8 Jahrhunderts an der Stelle der ehemaligen Zelle eine dem Priestermonch St Goar geweihte Kirche sowie ein benachbartes Stiftsgebaude errichten Die Stiftskirche zur Zeit der Grafen von Katzenelnbogen Bearbeiten Um 1089 verwustete ein Brand den Bau und die Kirche wurde uber fast vier Jahrhunderte hinweg von Grund auf neu errichtet 3 Nach dem Bau der romanischen Krypta am Ende des elften Jahrhunderts wurden um 1250 der spatromanische Chor sowie seine Flankenturme errichtet Ihren Abschluss fanden die Bauarbeiten in der Neuerrichtung des gesamten Langhauses von 1444 bis 1469 durch die Grafen von Katzenelnbogen Als ehemalige Vogte der Abtei Prum hatten sie im Zuge der Territorialisierung die Stadt St Goar und den dortigen Rheinpass zu einem ihrer Herrschaftsmittelpunkte ausbauen konnen wovon die Burg Rheinfels oberhalb der Stadt noch heute eindrucksvolles Zeugnis ablegt Sie nutzten die Kirche bis Mitte des 15 Jahrhunderts als Residenzkirche und planten dort wohl auch eine Erbgrablege die aber nicht verwirklicht wurde weil das Haus Katzenelnbogen um 1479 im Mannesstamm ausstarb Die Niedergrafschaft Katzenelnbogen fiel an die Landgrafen von Hessen Die Stiftskirche zur Zeit der Landgrafen von Hessen Bearbeiten Unter den Landgrafen von Hessen als Universalerben der Grafen von Katzenelnbogen vollzog sich im 16 Jahrhundert auch der Nutzungswandel von der katholischen Stiftskirche zur evangelischen Pfarrkirche denn Landgraf Philipp I von Hessen 1504 1567 war 1524 der erste deutsche Furst der sich zur Reformation bekannte Die Homberger Synode verabschiedete bereits zwei Jahre spater 1526 die so genannte Hessische Reformationsordnung und legte Schritte zur Etablierung der neuen Glaubensauffassung fest Der Theologieprofessor Adam Krafft wurde 1527 eigens vom Landgrafen mit einem Besuch der Niedergrafschaft Katzenelnbogen beauftragt Bei seiner Ankunft am 1 November 1527 brachte er bereits den neuen Pfarrer Gerhard Eugenius Ungefug mit nach St Goar und am 1 Januar 1528 wurde die erste evangelische Predigt in der Stiftskirche abgehalten Wahrend des Schmalkaldischen Krieges und des darauf folgenden Augsburger Interims blieb der damals in St Goar amtierende Superintendent Melchior Schott trotz massiver Einschuchterungsversuche durch den damaligen Erzbischof Johann V von Isenburg beim lutherischen Bekenntnis Schotts Epitaph im Hochchor der Stiftskirche gibt daruber ausfuhrlich Auskunft Nach dem Tod Landgraf Philipps I und der hessischen Erbteilung von 1567 fielen mit der Niedergrafschaft Katzenelnbogen auch St Goar und die Burg Rheinfels an Landgraf Philipp II von Hessen Rheinfels dessen kunsthistorisch bedeutende Grablege sich in einer der nordlichen Seitenkapellen der Stiftskirche befindet Um 1576 scheiterte ein weiterer Versuch des Erzbischofs von Trier die Stiftskirche nun uber ein noch bestehendes Ruckkaufrecht der Abtei Prum aus dem Jahr 1449 zu rekatholisieren Dazu kam es jedoch nicht weil die Landgrafen von Hessen ihre als prum sche Lehensleute erforderliche Zustimmung zur Inkorporation der Abtei in das Kurerzstift Trier an die Bedingung knupften dass der Erzbischofs auf dieses Ruckkaufrecht verzichtete Zwischen 1598 und 1610 wurde auf Befehl des Landgrafen Moritz von Hessen Kassel dessen Haus nach dem kinderlosen Tod von Landgraf Philipp II in den Besitz der Niedergrafschaft gekommen war an der Stiftskirche das reformierte Bekenntnis eingefuhrt Dabei sorgten die im Zuge dieser Massnahme und unter Berufung auf das calvinistische Bilderverbot verfugte Ubermalung der Fresken und der Abbau der Orgel fur erhebliche Proteste in der St Goarer Burgerschaft 4 Die Stiftskirche heute Bearbeiten Heute ist die Stiftskirchen eine der funf Predigtstatten der Evangelischen Kirchengemeinde St Goar Das an der Ev Stiftskirche in St Goar angesiedelte Stift uberdauerte die Einfuhrung der Reformation in Hessen weil die in der hessischen Kirchenordnung gebotene Auflosung der Kloster auf geistliche Stifte nicht anwendbar war Die Sakularisation kirchlicher Guter in den 1794 von Frankreich besetzten linksrheinischen Gebieten fand ebenfalls keine Anwendung auf evangelisches Kirchengut so dass die Vermogenswerte des Stifts in erheblich reduzierter Form noch heute existieren und von einem Stiftsbeirat der als Ausschuss des St Goarer Presbyteriums bestellt wird verwaltet werden 4 Beschreibung BearbeitenGrundriss und Aufbau der Kirche Bearbeiten Die ehemalige Stiftskirche von St Goar ist geostet und weist eine dreischiffige Baustruktur auf Die romanische Krypta Bearbeiten nbsp Romanische HallenkryptaFruhestes erhaltenes Zeugnis sakraler Bebauung ist die grosse Krypta aus der zweiten Halfte des elften Jahrhunderts die Georg Dehio in seinem Handbuch der deutschen Kunstdenkmaler als schonste am Rhein zwischen Koln St Maria im Kapitol und Speyer bezeichnet hat 5 Dieser erste noch heute erhaltene Bauabschnitt erstreckt sich unter der Grundflache des Chors und der Apsis uber insgesamt vier Joche Die saulengestutzte Krypta schliesst im Osten wie die auf ihren Aussenmauern errichtete Apsis halbrund ab Aus der Unterteilung der Krypta in ein Mittel und zwei Seitenschiffe resultiert die Auspragung quadratischer Kreuzgratgewolbe im Mittelschiff und rechteckiger Gewolbe in den Seitenschiffen Die Joche des Mittelschiffes werden teils durch runde teils durch leicht spitz zulaufende Gurtbogen definiert und geben ein fruhes Zeugnis vom zaghaften Einzug gotischer Baukultur am Mittelrhein Die Saulen bestehen aus Marmor Granit und Sandstein und stehen auf hohen attischen Basen Der Gewolbeansatz ruht auf gedrungenen Wurfelkapitellen Die unterschiedlichen Materialien gepaart mit den einfachen Formen der Romanik erzeugen in der Krypta eine schlichte und heitere Asthetik Der ursprungliche Zugang zur Krypta befand sich an der Westseite im Mittelschiff ist heute jedoch nicht mehr begehbar Man erreicht sie stattdessen uber einen Eingang an der Sudwestseite der Kirche Vermutlich stammen auch die Grundmauern der Chorflankenturme sowie der Triumphbogen und die Seitenwande der Apsis aus diesem fruhesten Bauabschnitt Die spatromanische Choranlage Bearbeiten Die endgultige Errichtung der Apsis im 5 10 Abschluss auf den ostlichen Begrenzungsmauern der Krypta sowie der Bau des Chores und der Flankenturme erfolgten jedoch erst um 1250 Die polygonale Struktur der Apsis wird am Aussenbau durch Ecklisenen betont die Wandfelder werden durch Lanzettfenster durchbrochen und sind durch Blendwerk in Spitzbogenoptik belegt Das mittlere der Fenster weist ein Masswerk auf wobei der Zeitpunkt seiner Entstehung unsicher ist Das aus Birnstabrippen bestehende Gewolbe der Apsis entspringt im Inneren aus Diensten welche durch Wirtel Schaftringe gebundelt sind Der sudliche Chorflankenturm reicht lediglich bis zum Kranzgesims des Chores und weist bis heute den Originalzustand der Ostanlage nach Am Standort der heutigen Taufkapelle im Untergeschoss finden sich Tonnen und Kreuzrippengewolbe Im Obergeschoss verweisen gekuppelte Spitzbogenfenster auf die spatromanische Erbauungszeit Der nordliche Chorflankenturm gibt dagegen Zeugnis von sporadischen Veranderungen in der Barockzeit wie beispielsweise der Dachreiter mit Zwiebelhaube uber dem Satteldach belegt Uber die Gestalt des Langhauses vor dem Brand im elften Jahrhundert ist nichts bekannt Sein heutiges Aussehen erhielt das Kirchenschiff der ehemaligen Stiftskirche von etwa 1444 bis 1469 als der Bau zur Residenzkirche der Niedergrafschaft Katzenelnbogen erhoben und Gelder fur den seit Ende des elften Jahrhunderts anvisierten Wiederaufbau des Langhauses zur Verfugung standen Das spatgotische Langhaus Bearbeiten Das weitgehend unverandert erhaltene spatgotische Kircheninnere ist 19 Meter breit bis zum Chor 24 Meter lang und 16 Meter hoch Die Seitenschiffe nehmen in ihrer Tiefe jeweils etwa die Halfte der Grundflache des Langhauses ein und erstrecken sich im Aufriss uber dieselbe Hohe Hallenkirche Die in den Seitenschiffen eingezogenen Emporen weisen den Bau als Emporenhalle aus Der Hauptzugang zum Kirchenraum fuhrt im Westen durch einen mit Zinnen bekronten und fast vollstandig in das erste Joch des Langhauses eingestellten Westturm der gleich einem Riegel zwischen das erste Joch des nordlichen und sudlichen Querhauses geschoben ist Auf Hohe des zweiten und dritten Joches wurden an beide Seitenschiffe nach Norden und Suden je zwei Kapellen angebaut Das Kircheninnere wird von einem aufwendigen in Mittel und Seitenschiffen leicht variierenden Netzgewolbe auf Achteckpfeilern uberwolbt das in aufwendig gestalteten figurlichen und ornamentalen Schlusssteinen endet Die Rippen der Arkaden welche die Seitenschiffe vom Langhaus scheiden gehen teilweise in das filigrane Netzgewolbe uber Als Vorbild fur die uber die Emporen gezogenen Achteckpfeiler werden die baulichen Veranderungen an der Heidelberger Heiliggeistkirche um 1440 vermutet Die Emporen unterteilen die Seitenschiffe in zwei gleich hohe Geschosse An die vier Hauptjoche schliesst sich im Osten in der Flucht des Langhauses der nahezu quadratische oben bereits beschriebene Chor an Wahrend die Emporen im Westen um den Turm herumgefuhrt sind bleiben die in der Fassadenflucht der Seitenschiffe liegenden Chorflankenturme im Inneren der Kirche baulich separiert Bauschmuck Bearbeiten Bei der Besprechung des rein dekorativen Bauschmuckes sind vor allem die nach der Fertigstellung des Baus um 1469 begonnenen und 20 Jahre andauernden Ausmalungen des Langhauses zu nennen Die um 1900 wiederentdeckten und in den 1960er Jahren restaurierten figurlichen Bildwerke zeugen in Korrespondenz mit der farblichen Fassung des Kirchenausseren von einer sparsamen aber kraftvollen und lebendigen Farbigkeit Samtliche unterstutzenden Bauglieder wie die Arkadenbogen die Dienste oder die Rippen des Netzgewolbes wurden rot bemalt und weiss gefugt Die wichtige Stellung der Schlusssteine wurde dabei durch Strahlen in blauer und roter Farbe zusatzlich betont Neben der Darstellung des Jungsten Gerichts an der Ostwand die heute leider verloren ist waren die Gewolbekappen der Seitenschiffe die Kapellen und die Wandfelder unter den Emporen mit Einzelfiguren von Heiligen und religiosen Personengruppen geschmuckt In den Zwickelfeldern der Mittelschiffsbogen sind die zwolf Apostel paarweise einander zugewandt mit den ihnen traditionell zugeordneten Credozeilen dargestellt Apostelcredo 6 In der Taufkapelle im Erdgeschoss des sudlichen Chorflankenturms hat sich ein Wandbild aus dem 14 Jahrhundert erhalten das den heiligen Johannes zeigt Nennenswerte Ausstattungsobjekte Bearbeiten Fruheste Zeugnisse der Ausstattung Bearbeiten Im sudlichen Seitenschiff befinden sich zwei Grabsteine aus der mittelrheinischen Fruhgotik Der eine ist mit dem Bildnis eines Vorstehers der Abtei Prum versehen und stammt aus der Zeit um 1320 Der zweite Grabstein wurde fur die 1329 verstorbene Adelheid von Katzenelnbogen Waldeck angefertigt Bei der spatgotischen Kanzel um 1460 handelt es sich vermutlich um eine Steinmetzarbeit aus der Werkstatt des in Koblenz ansassigen Hermann Sander Sie wird vom Heiligen Goar und den vier Evangelisten getragen Die Stutzfiguren sowie die Christusfigur sind in Kielbogennischen eingebettet Ein weiteres originales Ausstattungsobjekt aus der Mitte des 15 Jahrhunderts sind die Glasscheiben in dem nach Osten gelegenen der nordlichen Kapellenanbauten welche Bemalungen mit Heiligenmotiven aufweisen Die Grablege des Landgrafen Philipp II von Hessen Rheinfels Bearbeiten Die wohl bekanntesten und aufwendigsten Objekte die im Zuge der Ernennung der Stiftskirche zur Residenzkirche hier aufgestellt wurden stellen die Marmorgrabmaler aus dem Fruhbarock in der nordlichen zum Eingang im Westen hin gelegenen Seitenkapelle dar Das fruhere ist Landgraf Philipp II d J von Hessen Rheinfels gewidmet und wurde in dessen Todesjahr durch Wilhelm Vernukken aus Kalkar errichtet Als dritter legitimer Sohn Philipps I des Grossmutigen 1541 in Marburg geboren war er seit dem Tod seines Vaters 1567 nach der in dessen Testament verfugten Erbteilung souveraner Herr der Niederen Grafschaft Katzenelnbogen wo er sich u a die Rheinfels uber St Goar zu r Residenz ausbaute 7 Das Grabmal des Landgrafen Philipps II zeigt als fruher entstandenes Kunstwerk noch einen additiven Aufbau Uber einem hohen reich mit Bandelwerk belegten Sockel erhebt sich ein fast vollplastisch von der Wand geloster Sarkophag dessen flachen Bandschmuck Heinzelmann in seinem Aufsatz mit norddeutsche n Einflusse n in Verbindung gebracht hat 8 Auf dem Sarkophag ist durch Voluten mit dem Unterbau verbunden ein triumphbogenartiges Gehause mit Rocaillen aufgesetzt Dieses rahmt die leicht vortretende vollplastisch gearbeitete Figur des Landgrafen und schliesst in einem machtigen Kranzgesims ab Das zweite Grabmal ist historisch eng mit der Entstehung des ersten verknupft zeigt es doch die Gemahlin des Landgrafen Anna Elisabeth wurde als Pfalzgrafin von Simmern geboren war bis 1599 mit dem Landgrafen Philipp II und anschliessend mit dem Pfalzgraf Johann August von Veldenz verheiratet Die Aufstellung des Monuments zusammen mit demjenigen ihres ersten Gemahls macht eine Datierung vor 1599 plausibel Eine urkundliche gesicherte Zuschreibung des zweiten Grabmals an den Meister der Kolner Rathausvorhalle ist nicht moglich seine Urheberschaft wird jedoch allgemein als wahrscheinlich angesehen zumal es dem ersten in der Qualitat der Ausfuhrung keineswegs nachsteht Bei deutlich filigranerer Ausfuhrung der Ornamentik wirkt die Architektur des Denkmals organisierter und gestraffter 9 Zwei schlichte Saulen mit Akanthuskapitellen tragen ein ausladendes reich mit Rocaillen belegtes Gesims uber dem sich die Adikula mit der Statue der Landgrafin Anna Elisabeth erhebt Entsprechend barocker Architekturtraktate zeichnet sich diese bedeutendere Ebene durch einen aufwendigeren Bauschmuck aus Die Saulen sind nicht nur uberhoht sondern weisen zusatzlich verzierte Schafte auf und werden durch gedoppelte Pilaster begleitet Der Grabmalsaufbau schliesst in einem Bogenfeld mit Wappenkartusche Die Figur der Landgrafin welche ihrem in Schrittstellung gearbeiteten Gemahl fast statuarisch und mit gefalteten Handen auf gleicher Hohe gegenubersteht unterstreicht Hohenzug und feine Eleganz des Monuments Heinzelmann hat im Fall des zweiten Grabmals eine Verwandtschaft mit den grossen suddeutschen Denkmalerreihen vom Ende des 16 Jahrhunderts zu Wertheim Pforzheim und Tubingen attestiert 8 Auch die Stuckaturen der nordwestlichen Seitenkapelle werden heute Wilhelm Vernukken zugeschrieben der sie nach dem Thema der christlichen Tugenden aufbaute Als Vergleichsbeispiele konnen seine Arbeiten in der Kapelle von Schloss Wilhelmsburg bei Schmalkalden gelten 10 nbsp Grabmal von Philipp II nbsp Grabmal von Anna ElisabethAusstattungselemente des 19 Jahrhunderts Bearbeiten Den Abschluss der Kapelle zum nordlichen Seitenschiff bildet ein schmiedeeisernes historistisches Gitter das um 1900 von Gottfried Strobel aus Mainz in Renaissanceformen gefertigt wurde und wahrscheinlich ein barockes bei Einbau der Denkmaler entferntes Eisentor ersetzte Die Orgel aus dem Hause Stumm wurde zu Beginn des 19 Jahrhunderts eingebaut Das Gestuhl der Kirche entstammt der Epoche des Historismus und wurde in neugotischem Stil dem spatmittelalterlichen Inneren des Kirchenraums angepasst Orgel Bearbeiten nbsp Die OrgelDie Orgel der Stiftskirche wurde 1818 1820 von den Orgelbauern Franz Heinrich und Carl Stumm Sulzbach Hunsruck erbaut Ursprunglich verfugte sie uber 23 Register auf zwei Manualen und Pedal Das Instrument war zunachst im Chorraum aufgestellt und wurde erst 1842 auf die Westempore umgesetzt Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Orgel mehrfach restauriert und auch erweitert Das Instrument hat heute 26 Register auf zwei Manualen und Pedal 11 Sechs Register der Stumm Orgel sind ganz und zwei noch teilweise erhalten 12 I Hauptwerk C f3Principal 0 8 Bordun 0 8 Viola da Gamba 0 0 8 Octav 0 4 Flote 0 4 Quint 0 2 2 3 Octave 0 2 Terz 0 1 3 5 Mixtur IV 0 1 1 3 Basson 16 Trompete 0 8 Tremulant II Unterpositiv C f3Gedackt 8 Quintade 8 Principal 4 Rohrflot 4 Octav 2 Quint 1 1 3 Sifflote 1 Zimbel III 0 1 2 Krummhorn 8 Tremulant Pedal C d1Subbass 16 Octavbass 0 8 Gedacktbass 0 8 Choralbass 0 4 Rauschpfeife IV 0 0 2 Posaune 16 Koppeln II I I P II PSeit dem Jahr 2019 steht in der Kirche zusatzlich eine Truhenorgel des Orgelbauers Johannes Kircher aus Heidelberg Diese hat neben vier ublichen Registern mit Teilung in Bass und Diskant zusatzlich die zwei Effektregister Zimbelstern und Nachtigall welche fur eine Truhenorgel ungewohnlich sind Das Instrument ist ausserdem transponierbar von 415 Hz uber 440 Hz bis 465 Hz 13 Historische Glocken Bearbeiten Vom ursprunglich vierstimmigen mittelalterlichen Gelaute haben sich bis heute drei Glocken erhalten Die alteste und zugleich kleinste Glocke stammt vermutlich aus der ersten Halfte des 13 Jhdts und weist die typische Zuckerhutform auf Die beiden grossen Glocken sind auf das Jahr 1506 datiert und wurden vom Trierer Glockengiesser Wilhelm von Rode gegossen Stilistische Einordnung und Bedeutung BearbeitenDie Krypta bedeutende Vorbilder Bearbeiten Auf die Bedeutung der Krypta aus der Mitte des elften Jahrhunderts wurde bereits zu Beginn des vierten Kapitels verwiesen Dehios Vergleich der Stiftskirche mit so bedeutenden Bauten wie St Maria im Kapitol in Koln 1040 oder dem Speyerer Dom ist insofern bemerkenswert als sich die Form der gross angelegten kreuzgratgewolbten Hallenkrypta im Falle St Goars innerhalb eines einzigen Jahrzehnts von Hochburgen der spatromanischen Baukultur in die Provinz durchsetzte 14 Der Hallentypus Bearbeiten Die ehemalige Stiftskirche in St Goar vereint den Typus der Hallenkirche mit dem Bau von Emporen und lasst sich somit in den Bautraditionen am Mittelrhein verorten Der Grundtypus der Emporenhalle gepaart mit besonders aufwendigen Einzelformen Dehio hat hier v a die schwalbenschwanzformige n Rippenendungen im sudlichen Seitenschiff hervorgehoben weisen die evangelische Pfarrkirche von St Goar als Hohepunkt und Vorbild der spatgotischen Architektur zwischen Ahrweiler und Heidelberg aus 15 Zu den Kirchenbauten die sich moglicherweise an der ehemaligen Stiftskirche orientierten zahlt beispielsweise die Pfarrkirche in Kiedrich im Rheingau Der Chorschluss der Stiftskirche zu Munstermaifeld weist mit seiner 5 10 Struktur den Birnstabrippen des Gewolbes und den gewirtelten Diensten eine frappierende Ahnlichkeit zur Apsis der ehemaligen Stiftskirche St Goar auf Welcher der beiden Kirchenbauten fur die Ausgestaltung des jeweils anderen Pate gestanden haben mag ist weitgehend unklar Der Beginn am Bau der Choranlage des Stifts Munstermaifeld ist nach dem Erwerb eines Steinbruchs 1225 zu datieren und gehort laut Overdick in die erste Phase der bis ins 14 Jahrhundert andauernden Bauarbeiten 16 Die deutlich aufwendigere Bemalung der Rippen und Dienste konnte als Anhaltspunkt einer Nachfolge des St Goarer Stiftes angesehen werden Die Hallenform war als Kirchentypus in Deutschland im 14 Jahrhundert bereits etabliert Aus regionalen Auspragungen in Altbayern und Westfalen wurde diese Bauform bald in weiten Teilen Deutschlands eingesetzt Nach den ersten Kirchen dieses Typs in Hessen wie z B der Elisabethkirche in Marburg 1235 1285 folgten Auspragungen der Hallenkirche am Mittelrhein 17 Der Typus der Emporenhalle muss zudem in unmittelbarem Zusammenhang mit den pfalzischen katzenelnbogener Auftraggebern gesehen werden Als Vorbild diente wahrscheinlich die Heiliggeistkirche eine pfalzische Residenzkirche in Heidelberg 3 Die dekorativen Elemente Bearbeiten Auch in der dekorativen Gestaltung setzte die ehemalige Stiftskirche Akzente fur die rheinische Kunst So handelt es sich nach Georg Dehio bei der Ausmalung des Langhauses aus der Mitte des 15 Jahrhunderts beispielsweise um das umfangreichste aus dem spaten Mittelalter am Rhein erhaltene Denkmal dieser Kunstgattung 15 An plastischem Bauschmuck uberzeugen vor allem die Blattwerkornamente der spatgotischen Kapitelle Schlusssteine und Konsolen nbsp Netzgewolbe im Seitenschiff mit Kirchenpatron Goar im Schlussstein nbsp Netzgewolbe des Mittelschiffes nbsp Gewolbe im sudlichen Seitenschiff mit Marien und Heiligendarstellungen nbsp Prophetenkonsole nbsp Strahlenkranzma donna und Prophetenkonsole nbsp Steinkanzel um 1460 nbsp Fresko mit dem Martyrium der Heiligen Agatha von CataniaLiteratur BearbeitenGeorg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Band Rheinland Pfalz Saarland 2 bearb und erw Auflage Deutscher Kunstverlag Berlin und Munchen 1984 Josef Heinzelmann Die Landgrafen Grablege in der Stiftskirche St Goar In Jahrbuch fur westdeutsche Landesgeschichte Bd 29 2003 S 25 61 Michael Imhof Stiftskirche St Goar in St Goar am Rhein Hrsg Wolfgang Krammes Michael Imhof Petersberg 2003 Jurgen Kaiser Florian Monheim Romanik im Rheinland Greven Koln 2008 Karl Kunstle Ikonographie der Heiligen Herder Freiburg i Br 1926 Norbert Nussbaum Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik Entwicklung und Bauformen DuMont Koln 1985 Michael Overdick Das Architektursystem der rheinischen Spatromanik Werner Worms 2005 Ritter Alexander Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein 1527 1685 Hessische Historische Kommission Darmstadt und Marburg 2007 Einzelnachweise Bearbeiten Karl Kunstle Ikonographie der Heiligen Herder Freiburg i Br 1926 S 283 Pfarrers Krammes Private Website zur ehemaligen Stiftskirche St Goar a b Stiftskirche St Goar auf Welterbe Oberes Mittelrheintal Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www welterbe mittelrheintal de a b Alexander Ritter Konfession und Politik am hessischen Mittelrhein 1527 1685 Darmstadt Marburg 2007 ISBN 978 3 88443 307 2 S 42 224 Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Band Rheinland Pfalz Saarland 2 bearb und erw Auflage Deutscher Kunstverlag Berlin und Munchen 1984 S 913 inschriften net Josef Heinzelmann Die Landgrafen Grablege in der Stiftskirche St Goar In Jahrbuch fur westdeutsche Landesgeschichte Bd 29 2003 S 25 61 S 26 a b Josef Heinzelmann Die Landgrafen Grablege in der Stiftskirche St Goar In Jahrbuch fur westdeutsche Landesgeschichte Bd 29 2003 S 25 61 S 35 Josef Heinzelmann Die Landgrafen Grablege in der Stiftskirche St Goar In Jahrbuch fur westdeutsche Landesgeschichte Bd 29 2003 S 25 61 S 40 Josef Heinzelmann Die Landgrafen Grablege in der Stiftskirche St Goar In Jahrbuch fur westdeutsche Landesgeschichte Bd 29 2003 S 25 61 S 35 36 Nahere Informationen zur Stumm Orgel abgerufen am 1 April 2019 Franz Bosken Hermann Fischer Matthias Thommes Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Beitrage zur Mittelrheinischen Musikgeschichte Band 40 Band 4 Regierungsbezirke Koblenz und Trier Kreise Altenkirchen und Neuwied Schott Mainz 2005 ISBN 978 3 7957 1342 3 S 939 940 Truhenorgel fur Stiftskirche St Goar Michael Overdick Das Architektursystem der rheinischen Spatromanik Werner Worms 2005 S 18 a b Georg Dehio Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Band Rheinland Pfalz Saarland 2 bearb und erw Auflage Deutscher Kunstverlag Berlin und Munchen 1984 S 914 Michael Overdick Das Architektursystem der rheinischen Spatromanik Werner Worms 2005 S 159 Norbert Nussbaum Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik DuMont Koln 1985 ISBN 3 7701 1415 9 S 86 87 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Stiftskirche St Goar Sammlung von Bildern Treffermenge im Bildindex der Kunst und Architektur Private Webseite des Pfarrers Krammes zur ehemaligen Stiftskirche St Goar Die Stiftskirche zu St Goar regionalgeschichte net Kirchengeschichte auf Mittelrhein info Wissenschaftliche Aufarbeitung der Inschriften auf Deutsche Inschriften Online Stiftskirche im Weltkulturerbe Mittelrheintal Geschichte der Stiftskirche auf der Homepage der evangelischen Gemeinde St Goar Glocken der Stiftskirche St Goar auf YouTube 20 Juli 2014 abgerufen am 2 Januar 2021 50 150528 7 714889 Koordinaten 50 9 1 9 N 7 42 53 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stiftskirche St Goar amp oldid 233513202