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Dieser Artikel befasst sich mit dem Politiker Johannes Baumann Zum Musiker siehe Johannes Baumann Musiker zu anderen Personen siehe Johann Baumann Johannes Baumann 27 November 1874 in Herisau 8 September 1953 ebenda heimatberechtigt in ebenda war ein Schweizer Politiker FDP Ab 1901 gehorte er dem Kantonsrat und von 1905 bis 1931 dem Regierungsrat des Kantons Appenzell Ausserrhoden an Wahrend seiner gesamten 26 Jahre dauernden Amtszeit als Regierungsratsmitglied stand er der Militar und Polizeidirektion vor Seinen Kanton vertrat er ab 1911 im Standerat den er 1920 21 prasidierte Als erster Appenzeller wurde er 1934 in den Bundesrat gewahlt und leitete danach bis zu seinem Rucktritt im Jahr 1940 das Justiz und Polizeidepartement In diese Zeit fallt die Umsetzung verschiedener bedeutender Gesetzesvorhaben insbesondere des einheitlichen Strafgesetzbuches Angesichts der nationalsozialistischen und faschistischen Bedrohung baute er den Staatsschutz markant aus Andererseits hatte er fragwurdige fremdenpolizeiliche Entscheidungen zu verantworten die als Reaktion auf die Fluchtlingskrise vor und kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs gefallt wurden Baumann am Tag seiner Wahl in den Bundesrat Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 1 1 Studium und Beruf 1 2 Kantons und Bundespolitik 1 3 Bundesrat 1 4 Letzte Jahre 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenStudium und Beruf Bearbeiten nbsp Johannes Baumann Landammann von Appenzell Ausserrhoden Gemalde von Ida Baumann um 1910 Er war der Sohn von Johannes Baumann Stickereifabrikanten spaterer Kassier der kantonalen Gebaudeassekuranz sowie Gross und Kantonsrat und Anna Altherr Seine Schwestern waren Ida Baumann Portratmalerin und Anna Baumann Malerin Streng protestantisch erzogen besuchte Baumann zunachst die Volksschule in Herisau und zog anschliessend nach Bern wo er das Freie Gymnasium absolvierte An der Universitat Basel begann er dem Wunsch seiner Eltern entsprechend Theologie zu studieren entschied sich dann jedoch nach einem Semester fur die Rechtswissenschaft Er trat der Studentenverbindung Zofingia bei und belegte weitere Semester an den Universitaten Bern Leipzig und Zurich Zu seinen Dozenten gehorte unter anderem Eugen Huber der Verfasser des Zivilgesetzbuches 1897 promovierte er in Bern mit einer Dissertation uber die Rechtsgeschichte der Reformierten Landeskirche von Appenzell Ausserrhoden 1 Baumann begann in einem Zurcher Anwaltsburo zu arbeiten blieb dort aber nur fur kurze Zeit Ein Jugendfreund machte ihn 1898 auf eine freie Stelle als Gerichtsschreiber aufmerksam Er bewarb sich darum und wurde von Kantonsrat in dieses Amt gewahlt 2 Ein Jahr spater folgte die Wahl zum Verhorrichter und Kantonspolizeidirektor in Trogen 1905 heiratete er Hanna Bischofberger aus Rehetobel die Tochter eines Webfabrikanten und Oberrichters aus der Ehe gingen zwei Tochter hervor In der Schweizer Armee kommandierte er wahrend des Ersten Weltkriegs als Major ein Bataillon danach folgte die Beforderung zum Obersten 3 Kantons und Bundespolitik Bearbeiten Ab 1901 sass Baumann als einer der Abgeordneten des Wahlkreises Trogen selbst im Kantonsrat 1904 05 prasidierte er diesen Ebenso wirkte er als Mitglied des Verfassungsrates bei der Revision der Kantonsverfassung mit 1905 wahlte ihn die Ausserrhoder Landsgemeinde in den Regierungsrat woraufhin er seine bisherigen Amter aufgab und seinen Wohnsitz wieder nach Herisau verlegte Bis 1931 stand er ununterbrochen der kantonalen Militar und Polizeidirektion vor Fur die Jahre 1910 1913 1916 1919 1921 1924 und 1927 1930 bestimmte ihn die Landsgemeinde jeweils zum Landammann Er initiierte neben einem Wirtschaftsgesetz eine kantonale Altersversicherung 1951 in der gesamtschweizerischen AHV aufgegangen sowie eine Versicherung fur Elementarschaden und Arbeitslosigkeit womit Appenzell Ausserrhoden in der Schweiz eine Pionierrolle einnahm 4 Baumann vertrat seinen Kanton ab 1911 als Mitglied der radikal demokratischen Fraktion im Standerat und amtierte 1920 21 als Standeratsprasident National trat er vor allem als Verfechter eines schweizweit einheitlichen Strafgesetzbuches und als Prasident der standeratlichen Finanzkommission in Erscheinung Daruber hinaus gehorte er den Verwaltungsraten der Ausserrhoder Kantonalbank der St Gallisch Appenzellischen Kraftwerke und der Nordostschweizerischen Kraftwerke sowie dem Aufsichtsrat der Rentenanstalt an Von 1932 bis 1934 war er Mitglied des Bankrates der Schweizerischen Nationalbank Er prasidierte die Appenzellische Offiziersgesellschaft und von 1919 bis 1931 die Fortschrittliche Burgerpartei Appenzell Ausserrhodens ausserdem sass er vorubergehend im Zentralverstannd der Schweizer FDP 4 Heinrich Haberlin und Jean Marie Musy traten nach der Niederlage in der Volksabstimmung uber die Verscharfung der Staatsschutzbestimmungen des Bundesrechts Lex Haberlin II zuruck wodurch es 1934 im Bundesrat zwei Vakanzen gab Baumann galt als moglicher Nachfolger Haberlins doch manche Freisinnige hielten ihn fur zu alt fur dieses Amt weshalb sie den Basler Strafrechtsprofessor Carl Ludwig unterstutzten obwohl dieser Mitglied der LPS war Die SP hingegen setzte auf Nationalratsprasident Johannes Huber aus dem Kanton St Gallen Bei der Bundesratswahl am 22 Marz 1934 fiel zunachst Huber im zweiten Wahlgang aus dem Rennen Im dritten Wahlgang setzte sich Baumann mit 141 zu 73 Stimmen gegen Ludwig durch 5 Bundesrat Bearbeiten Am 1 Mai 1934 ubernahm Baumann von Haberlin die Leitung des Justiz und Polizeidepartements EJPD Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Nazi Deutschland trat er fur den Ausbau des Staatsschutzes ein dies umso mehr nachdem im Marz 1935 Gestapo Agenten in Basel den deutschen Journalisten Berthold Jacob entfuhrt hatten und in Ascona der Spitzel Hans Wesemann verhaftet worden war Einen Monat darauf beschloss der Bundesrat den Ausbau der Bundesanwaltschaft und die Schaffung des Bundesamtes fur Polizei Zwei Wochen nach der Ermordung Wilhelm Gustloffs in Davos erliess der Bundesrat am 18 Februar 1936 auf Antrag Baumanns ein Verbot der NSDAP Auslandsorganisation in der Schweiz Der Attentater David Frankfurter wurde im Dezember desselben Jahres nach einem international stark beachteten Prozess zu lebenslanglicher Haft verurteilt und nach Kriegsende begnadigt Die deutsche und italienische Agententatigkeit nahm ein derart schwerwiegendes Ausmass an dass im Dezember 1938 weitere Massnahmen des Staatsschutzes erlassen werden mussten 5 Baumann entfaltete eine beeindruckende gesetzgeberische Aktivitat Unter seiner Fuhrung wurden das Alkoholgesetz und das Obligationenrecht revidiert ein neues Beamtengesetz und ein landwirtschaftliches Entschuldungsgesetz in Kraft gesetzt sowie ein Entwurf fur ein revidiertes Militarstrafgesetz ausgearbeitet 1938 amtierte er als Bundesprasident und konnte in seinem Prasidialjahr den grossten Erfolg seiner politischen Karriere feiern als das Volk am 3 Juli in einem fakultativen Referendum das einheitliche Strafgesetzbuch mit knapper Mehrheit annahm in Kraft getreten am 1 Januar 1942 6 Wahrend Baumann auf juristischem Gebiet und als Verteidiger demokratischer Grundrechte souveran auftrat wird seine Bilanz durch ruckblickend betrachtet fragwurdige fremdenpolizeiliche Entscheidungen getrubt Er vertraute zu sehr der Fachkompetenz seiner Chefbeamten und war gegenuber den Wunschen des Politischen Departements zu nachgiebig Baumanns Verantwortung fur die damalige strikte Schweizer Fluchtlingspolitik wird dadurch abgemildert dass der Gesamtbundesrat seinen Antragen meist zustimmte 7 Als beispielsweise nach dem Anschluss Osterreichs im Marz 1938 Tausende Fluchtlinge ins St Galler Rheintal stromten beschloss er die Wiedereinfuhrung der Visumspflicht fur Inhaber osterreichischer Passe und begrundete diese Massnahme mit der Angst vor Uberfremdung 8 ebenso die Proklamation des Bundesrates und der Fraktionen betreffend die Neutralitat der Schweiz 9 10 Am 4 Oktober desselben Jahres befurwortete er die Kennzeichnung deutscher Passe mit dem Judenstempel trotz der Bedenken von Fremdenpolizeichef Heinrich Rothmund 11 Baumanns Departement trug nach Kriegsbeginn die zentrale Verantwortung fur den Vollzug der Fluchtlingspolitik zumal nach 1935 eine Verlagerung der Kompetenzen von den Kantonen zum Bund stattfand Ebenso ist bekannt dass im EJPD starke fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen herrschten und die Polizeiabteilung ihre Krafte auf die Abwehr der Fluchtlinge konzentrierte 12 Letzte Jahre Bearbeiten Zusammen mit seinem Bundesratskollegen Rudolf Minger gab Baumann am 8 November 1940 seinen Rucktritt auf Ende Jahr bekannt Er prasidierte den Verwaltungsrat des zwischen 1942 und 1945 erbauten Kraftwerks Rupperswil Auenstein im Kanton Aargau und leitete den Verein zur Verbreitung guter Schriften Ansonsten lebte er ziemlich zuruckgezogen in Bern Zunehmend an Arthritis leidend begab er sich im September 1953 zur Erholung in seinem Geburtsort Herisau wo er im Alter von 78 Jahren einem Herzinfarkt erlag 13 Werke BearbeitenJohannes Baumann Rechtsgeschichte der reformierten Kirche von Appenzell Ausserrhoden R Reich Basel 1897 Literatur BearbeitenErich Gruner und Karl Frei Die Schweizerische Bundesversammlung 1848 1920 Band 1 Bern Francke 1966 S 509f Appenzeller Zeitung vom 16 Dezember 1997 Georg Kreis Die Ruckkehr des J Stempels zur Geschichte einer schwierigen Vergangenheitsbewaltigung Chronos Verlag Zurich 2000 S 39 44 Markus Rohner Walter Schlapfer Johannes Baumann In Urs Altermatt Hrsg Das Bundesratslexikon NZZ Libro Zurich 2019 ISBN 978 3 03810 218 2 S 344 348 Paul Alder Bundesrat Dr Johannes Baumann 1874 1953 In Appenzellische Gemeinnutzige Gesellschaft Hrsg Appenzellische Jahrbucher Band 81 1953 2019 S 28 34 e periodica ch Weblinks BearbeitenThomas Fuchs Baumann Johannes In Historisches Lexikon der Schweiz Johannes Baumann in der Archivdatenbank des Schweizerischen Bundesarchivs Publikationen von und uber Johannes Baumann 1874 1953 im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Johannes Baumann in den Historischen Pressearchiven der ZBW Johannes Baumann in der Datenbank Dodis der Diplomatischen Dokumente der Schweiz Johannes Baumann auf der Website der Bundesversammlung wbr Eingereichte Vorstosse Einzelnachweise Bearbeiten Alder Bundesrat Dr Johannes Baumann 1874 1953 S 28 Alder Bundesrat Dr Johannes Baumann 1874 1953 S 29 Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 344 a b Alder Bundesrat Dr Johannes Baumann 1874 1953 S 29 30 a b Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 345 Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 345 346 Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 346 347 Jorg Krummenacher Er will 1938 dem osterreichischen Hexensabbat des Pobels entkommen und flieht in die Schweiz Neue Zurcher Zeitung 12 Marz 2018 abgerufen am 1 Mai 2019 Bundesrat Schweiz Proklamation des Bundesrates und der Fraktionen betreffend die Neutralitat Schweizerische Nationalphonothek 21 Marz 1938 abgerufen am 26 Oktober 2019 Proklamation des Bundesrates und der Fraktionen betreffend die Neutralitat PDF In Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung Nationalrat Schweiz 21 Marz 1938 abgerufen am 26 Oktober 2019 Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 346 Der Bundesrat und das Eidgenossische Justiz und Polizeidepartement In Unabhangige Expertenkommission Schweiz Zweiter Weltkrieg Hrsg Die Schweiz der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg Pendo Verlag Zurich 2002 ISBN 3 85842 601 6 S 132 133 Online PDF 1 7 MB abgerufen am 1 Mai 2019 Rohner Schlapfer Das Bundesratslexikon S 347 VorgangerAmtNachfolgerHeinrich HaberlinMitglied im Schweizer Bundesrat 1934 1940Karl KobeltVorsteher des Eidgenossischen Justiz und Polizeidepartements EJPD Henri Druey Jonas Furrer Jakob Stampfli Josef Martin Knusel Jakob Dubs Paul Ceresole Fridolin Anderwert Emil Welti Louis Ruchonnet Adolf Deucher Eugene Ruffy Eduard Muller Ernst Brenner Robert Comtesse Josef Anton Schobinger Ludwig Forrer Arthur Hoffmann Camille Decoppet Heinrich Haberlin Johannes Baumann Eduard von Steiger Markus Feldmann Friedrich Traugott Wahlen Ludwig von Moos Kurt Furgler Rudolf Friedrich Elisabeth Kopp Arnold Koller Ruth Metzler Arnold Christoph Blocher Eveline Widmer Schlumpf Simonetta Sommaruga Karin Keller Sutter Elisabeth Baume Schneider Normdaten Person GND 1045515728 lobid OGND AKS VIAF 306001460 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Baumann JohannesKURZBESCHREIBUNG Schweizer Politiker FDP GEBURTSDATUM 27 November 1874GEBURTSORT HerisauSTERBEDATUM 8 September 1953STERBEORT Herisau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johannes Baumann amp oldid 235826582