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Berthold Jacob Salomon 12 Dezember 1898 in Berlin 26 Februar 1944 ebenda war ein deutscher Journalist und Pazifist Seine Pseudonyme waren Marcel Rollin und Berthold Jay Als Jude und entschiedener Kritiker der illegalen Aufrustung in der Weimarer Republik musste er 1933 direkt nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausser Landes fliehen Er wurde von den Nationalsozialisten zweimal im neutralen Ausland entfuhrt und nach Deutschland verschleppt Das erste Mal 1 bestand die Schweiz nach offentlichen Protesten auf seiner Ausschaffung das zweite Mal wurde er heimlich aus Lissabon nach Berlin verschleppt wo er 1944 an den Folgen einer mehrjahrigen Gestapo Haft starb Der Schriftsteller Hans Roger Madol war sein jungerer Bruder Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenJacob der aus einer burgerlichen Familie stammte absolvierte ab 1914 eine kaufmannische Lehre 1917 meldete er sich freiwillig an die Front das Kriegserlebnis machte ihn zu einem radikalen Pazifisten Wie der Journalist und Pazifist Carl von Ossietzky war Jacob nach Ende des Ersten Weltkrieges Mitarbeiter der Berliner Volks Zeitung fur die er uber militarpolitische Themen berichtete Daneben veroffentlichte er in pazifistischen Publikationen wie Das Andere Deutschland und die Warte fur Menschenrechte Von 1923 bis 1928 schrieb er zahlreiche Artikel fur die Wochenzeitschrift Die Weltbuhne darunter auch unter dem Pseudonym Ein alter Soldat Aktiv war er uberdies im Friedensbund der Kriegsteilnehmer in der Deutschen Liga fur Menschenrechte und der Deutschen Friedensgesellschaft Jacobs journalistischer Ehrgeiz lag vor allem darin die Bestrebungen der deutschen Reichswehr zur heimlichen Aufrustung und zur Umgehung des Vertrags von Versailles aufzudecken Wie akribisch er dabei vorging schilderte der Schriftsteller Walter Kiaulehn ruckblickend Er war ein wahrer Sherlock Holmes der Journalistik und arbeitete standig an Tabellen und Karten deren Vervollkommnung ihm alle Geheimnisse seiner Feinde entschleierte Mit dem Zirkel rechnete er die Schlupfwinkel des fememorderischen Verschworertums aus und markierte mit Fahnchen auf seinen Karten die Standorte der Schwarzen Reichswehr Die Ranglisten der deutschen Armee waren seine Kopfkissenlekture und die Familienanzeigen aus den Garnisonsstadten waren seine schonsten Informationsquellen Ursula Madrasch Groschopp Die Weltbuhne Portrat einer Zeitschrift 2 Eine dieser Recherchen fuhrte dazu dass Jacob in einem Artikel im Anderen Deutschland das System der sogenannten Zeitfreiwilligen aufdecken konnte Diese Soldaten wurden kurzfristig zu militarischen Ubungen herangezogen und tauchten in keiner Statistik auf Wegen des Artikels wurden Jacob und der Herausgeber des Anderen Deutschland Fritz Kuster im Marz 1928 vom Reichsgericht im Ponton Prozess wegen Landesverrats zu je neun Monaten Festungshaft verurteilt Nach Ansicht von Juristen bezog das Reichsgericht mit diesem Urteil juristische Positionen die spater auch zu der Verurteilung Carl von Ossietzkys im Weltbuhne Prozess fuhrten Nachdem er 1928 Mitglied der SPD geworden war schloss er sich 1931 der unter anderen von pazifistischen SPD Abgeordneten gegrundeten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands an Bereits 1932 emigrierte Jacob nach Strassburg in Frankreich und entging damit einer moglichen Verhaftung durch die Nationalsozialisten nach deren Machtubernahme im Januar 1933 Aus dem Exil gab er bis 1939 die Korrespondenz Unabhangiger Zeitungs Dienst Service de Presse Independant heraus deren Schwerpunkt die Berichterstattung uber die Aufrustung Deutschlands war Sein Name stand neben zahlreichen prominenten Autoren und Politikern auf der ersten Ausburgerungsliste des Deutschen Reiches vom 25 August 1933 3 Zusammen mit Kurt Grossmann initiierte Jacob 1934 die Nobelpreiskampagne fur Carl von Ossietzky die im November 1936 schliesslich zum Erfolg fuhrte Auch vom Ausland aus versuchte er die militarischen Plane der Nationalsozialisten aufzudecken In franzosischen Zeitungen veroffentlichte er 1935 Details uber deren Aufrustungsplane Den Nationalsozialisten war Jacob ein Dorn im Auge 1935 liessen sie den ihnen verhassten Jacob mit Hilfe des in der Emigration tatigen Hans Wesemann und mehrerer Agenten der Gestapo in die Schweiz nach Basel in die Nahe der deutschen Grenze locken Von dort entfuhrten die Agenten den durch KO Tropfen wehrlos gemachten Jacob am 9 Marz 1935 ins direkt benachbarte deutsche Weil am Rhein Von dort wurde Jacob direkt in ein Gestapo Gefangnis in Berlin gebracht Womit die Gestapo nicht gerechnet hatte Die Schweiz protestierte sofort heftig und in der Offentlichkeit gegen die Verletzung ihrer Hoheitsrechte und verlangte eine Wiedergutmachung Gleichzeitig wurde der Lockspitzel ein deutscher Emigrant in Gestapo Diensten namens Hans Wesemann in Ascona verhaftet Er offenbarte nach einigen Verhoren viele Einzelheiten der Entfuhrung Da die Schweizer Polizei nahezu alle Details kannte sie hatte vor allem auch die Beteiligung hoher Gestapo Offiziere ermittelt drohte Deutschland ein betrachtlicher Ansehensverlust Um den aussenpolitischen Schaden zu begrenzen ubergab die deutsche Regierung am 17 September 1935 Jacob wieder den Schweizer Behorden Der Hauptgrund der Freilassung aber war dass Jacob in den Monaten der Haft und unter Folterungen durch die Gestapo das Geheimnis seiner Allwissenheit uber die deutsche geheime Aufrustung und andere militarische Angelegenheiten preisgegeben hatte Jacob konnte glaubhaft machen dass er keinerlei geheime Beziehungen und kein Agentennetz hatte Er hatte durch Auswertung vieler Zeitungen Provinzblatter Inserate diese Erkenntnisse legal gewonnen 4 Die Schweiz wies Jacob nach Frankreich aus wo er sich in den kommenden Jahren neben seiner journalistischen Arbeit unter anderem am Vorlaufigen Ausschuss zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront beteiligte Er hatte bereits soviel Material gesammelt dass er das Buch Das neue deutsche Heer und seine Fuhrer schreiben konnte in dem er sehr detailliert die Wehrkreiskommandos Armeekorps und die Generale fur den kommenden Krieg auflistete 5 Wesemann wurde im Mai 1936 in Basel zu drei Jahren Gefangnis verurteilt Nach Kriegsbeginn 1939 von den Franzosen zunachst im Lager Le Vernet in Sudfrankreich interniert emigrierte Jacob nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen im Juni 1940 zunachst uber Marseille nach Spanien anschliessend nach Portugal Kurz bevor er im Jahre 1941 das rettende Schiff betreten konnte das ihn in die USA hatte bringen sollen wurde er von Agenten des NS Sicherheitsdienstes entfuhrt und ein weiteres Mal nach Deutschland verschleppt Rettungsversuche waren erschwert worden weil er als Doppelagent von anderen Fluchtlingen nach seiner Freilassung von der Gestapo verdachtigt wurde 6 In den folgenden Jahren war er im Gestapo Gefangnis am Berliner Alexanderplatz inhaftiert wo sich sein Gesundheitszustand zunehmend verschlechterte Kurz vor seinem Tod wurde er mit Lungentuberkulose und Fleckfieber in das Judische Krankenhaus Berlin eingeliefert wo er am 26 Februar 1944 starb Sein Vater der Antiquar David Salomon war schon am 18 Februar 1943 im KZ Auschwitz ermordet worden Werke BearbeitenWeissbuch uber die Schwarze Reichswehr mit Emil Julius Gumbel Hrsg von der Deutschen Liga fur Menschenrechte Verlag der Neuen Gesellschaft Berlin 1925 Deutschlands geheime Rustungen Hrsg im Auftrag der Deutschen Liga fur Menschenrechte von Emil Julius Gumbel u a Verlag der Neuen Gesellschaft Berlin 1925 Verrater verfallen der Feme Opfer Morder Richter 1919 1929 mit Emil Julius Gumbel Ernst Falck Malik Berlin 1929 Rezension von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1930 auf Textlog de Historische Texte und Worterbucher Die Hindenburg Legende Verlag La Republique Strassburg etwa 1934 Wer Aus dem Arsenal der Reichstagsbrandstifter Strassburg 1934 Memoiren des Stabschefs Rohm Anonym erschienen Strassburg 1934 Das neue deutsche Heer und seine Fuhrer Mit einer Rangliste des deutschen Heeres und Dienstaltersliste nach dem Stande von Mitte August 1936 Editions du Carrefour Paris 1936 Als Hrsg Warum schweigt die Welt mit Beitragen von Carl von Ossietzky Georg Bernhard Wolf Franck Jack Iwo Alfred Kantorowicz Rudolf Leonhard Paul Westheim Editions du Phenix Paris 1936 Weltburger Ossietzky Ein Abriss seines Werkes mit einer Biographie Ossietzkys Vorwort von Wickham Steed Editions du Carrefour Paris 1937 Literatur BearbeitenFrank Arnau Menschenraub Kurt Desch Munchen 1968 Die Entfuhrung Jacobs zwischen S 49 und S 77 Jost Nikolaus Willi Der Fall Jacob Wesemann 1935 1936 Ein Beitrag zur Geschichte der Schweiz in der Zwischenkriegszeit Basel 1972 ISBN 978 3 261 00682 0 Dissertation Universitat Basel 1972 343 Seiten Charmian Brinson The Gestapo and the German Political Exiles in Britain during the 1930s The Case of Hans Wesemann and Others In German Life and Letters Jg 51 Band 1 Blackwell Publishers Oxford 1998 James J Barnes Patience P Barnes Nazi Refugee Turned Gestapo Spy The Life of Hans Wesemann 1895 1971 Greenwood Publishing Group Westport Connecticut 2001 ISBN 0 275 97124 4 Jacob Berthold In Lexikon deutsch judischer Autoren Band 12 Hirs Jaco Hrsg vom Archiv Bibliographia Judaica Saur Munchen 2008 ISBN 978 3 598 22692 2 S 304 308 Peter Bollag Vor 75 Jahren Basel und der Fall Jacob Online in Basler Stadtbuch 2011 S 199 201 Charmian Brinson Marian Malet Hrsg Warum schweigt die Welt Die Entfuhrung von Berthold Jacob Eine Dokumentation Reihe Exil Dokumente Peter Lang Verlag Bern Frankfurt am Main u a 2014 ISBN 978 3 0343 1573 9 Andrea Riedle Hg Ein Polizeigewahrsam besonderer Art Das Hausgefangnis des Geheimen Staatspolizeiamts in Berlin 1933 bis 1945 Stiftung Topographie des Terrors Berlin 2023 ISBN 978 3 941772 54 0 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Berthold Jacob im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Kurzbiografie der Gedenkstatte Deutscher Widerstand Zeitungsartikel uber Berthold Jacob in den Historischen Pressearchiven der ZBW Ulrich Tromm Verschleppt In Badische Zeitung 8 Marz 2014 Brigitte Baetz Berthold Jacob Journalist Militarexperte und Pazifist Deutschlandfunk 15 September 2020 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Le Monde illustre vom 30 Marz 1935 S 278 Ursula Madrasch Groschopp Die Weltbuhne Portrat einer Zeitschrift Berlin 1983 S 198 Michael Hepp Hrsg Die Ausburgerung deutscher Staatsangehoriger 1933 45 nach den im Reichsanzeiger veroffentlichten Listen Band 1 Listen in chronologischer Reihenfolge De Gruyter Saur Munchen 1985 ISBN 978 3 11 095062 5 S 3 Nachdruck von 2010 Karl Retzlaw Spartakus Verlag Neue Kritik Frankfurt 1971 S 395 ISBN 3 8015 0096 9 Karl Retzlaw Spartakus Verlag Neue Kritik Frankfurt 1971 S 396 ISBN 3 8015 0096 9 Karl Retzlaw Spartakus Verlag Neue Kritik Frankfurt 1971 S 396 ISBN 3 8015 0096 9Normdaten Person GND 118639870 lobid OGND AKS LCCN nr2005003153 VIAF 8180838 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Jacob BertholdALTERNATIVNAMEN Jacob Salomon Berthold vollstandiger Name Rollin Marcel Jay BertholdKURZBESCHREIBUNG deutscher Journalist und PazifistGEBURTSDATUM 12 Dezember 1898GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 26 Februar 1944STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Berthold Jacob amp oldid 233839762