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Der Friedensbund der Kriegsteilnehmer FdK war eine uberparteiliche pazifistische und antimilitaristische Organisation ehemaliger deutscher Soldaten des Ersten Weltkriegs in der Weimarer Republik Er existierte von 1919 bis 1927 und hatte in seiner Blutezeit 1921 etwa 30 000 eingetragene Mitglieder Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Ziele 3 Nie wieder Krieg Bewegung 4 Struktur und Zerfall 5 Einzelbelege 6 LiteraturGrundung BearbeitenDer FdK wurde am 2 Oktober 1919 in Berlin von linksrepublikanischen Intellektuellen ins Leben gerufen Initiatoren waren der Journalist Karl Vetter damals Redakteur der Berliner Volks Zeitung sowie Carl von Ossietzky und Kurt Tucholsky die ebenfalls fur diese Zeitung Artikel schrieben Grundungsmitglieder waren die Wissenschaftler und Pazifisten Emil Julius Gumbel und Georg Friedrich Nicolai der Buchhandler und Pazifist Otto Lehmann Russbuldt sowie der ehemalige Offizier Willy Meyer In der Berliner Volkszeitung erschien am 19 Oktober 1919 ein Grundungsaufruf des Bundes 1 Der Weltkrieg ist vorbei Wenn er einen Sinn gehabt haben soll kann es nur der gewesen sein die Volker uber den Aberwitz bewaffneter Auseinandersetzungen zu belehren Auch solche gigantischen Lehren werden jedoch rasch vergessen Es gilt die Erinnerung an die Leiden das Blut den Schmerz das unterdruckte Menschentum wachzuhalten Vor allem mussen sich die Kriegsteilnehmer hierfur einsetzen Sie wissen was Krieg heisst Sie mussen daher mit allen Mitteln gegen den Krieg und fur den Frieden kampfen Kriegsteilnehmer aller Lander vereinigt euch Die Stimme der Millionen Kriegsteilnehmer ihre sozialen und vor allem ihre ideellen Forderungen mussen gehort werden die Kriegsteilnehmer sind die Berufensten in den Dingen des Krieges mitzureden Kriegsteilnehmer Kameraden kommt daher zu uns als Mitstreiter gegen Gewaltherrschaft und Volkerfrevel gegen Chauvinismus und Politik die fur den Nutzen einzelner kostbarstes Blut aufs Spiel gesetzt hat Krieg dem Kriege Ziele BearbeitenDer FdK wollte die Generation der deutschen Kriegsteilnehmer uber Parteigrenzen und militarische Dienstgrade hinweg zu einem pazifistischen und antimilitaristischen Engagement bewegen und auf das Ziel des Weltfriedens und der Beseitigung der Kriegsursachen verpflichten Er setzte sich daher national wie international fur die Kriegsdienstverweigerung einen Generalstreik im Falle eines drohenden Krieges die Abschaffung bzw Nichtwiedereinfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht und die allmahliche Auflosung aller stehenden Armeen ein Ferner befurwortete er die Einrichtung eines Volkerbundes als Volkerparlament und Staatenbund dem die obligatorische Schlichtung zwischenstaatlicher Konflikte ubertragen werden sollte Innenpolitisch sollte eine Friedenserziehung die Sicherung der allgemeinen Wohlfahrt der individuellen Menschenrechte und sozialen Gerechtigkeit die Parlamentarische Demokratie festigen und so einen neuen Krieg verhuten Damit wollte er auch ein Gegengewicht zu militaristischen und antidemokratischen Organisationen wie dem Stahlhelm Bund der Frontsoldaten schaffen Eine erste offentliche Kundgebung des Bundes fand am 14 Dezember 1919 im Lehrervereinshaus Berlin statt Zahlreiche Soldaten der Reichswehr vor allem solche die im Baltikum gekampft hatten versuchten die Versammlung zu storen 2 Nie wieder Krieg Bewegung BearbeitenVom FdK ging die Initiative zur Grundung der Nie wieder Krieg Bewegung der Weimarer Zeit aus Der Aktionsausschuss mit dem Leitmotto Nie wieder Krieg konstituierte sich am 1 Juli 1920 unter dem Vorsitz des FdK Er organisierte die jahrlichen Grossdemonstrationen des Antikriegstages denen sich zahlreiche andere pazifistische Organisationen anschlossen Dadurch erhielten diese Veranstaltungen grossen Zulauf Zur ersten Kundgebung dieser Art am 1 August 1920 kamen rund 15 000 Demonstranten im folgenden Jahr beteiligten sich sogar 200 000 Menschen im Berliner Lustgarten an dieser Aktion Sie wurde auch von den Gewerkschaften und der SPD unterstutzt In gesamten Deutschen Reich nahmen rund 500 000 Demonstranten an diesen Friedenskundgebungen teil Bei der Kundgebung am 1 August 1922 wurde erstmals Tucholskys Antikriegsgedicht Drei Minuten Gehor vorgetragen das mit den Zeilen endet Keine Wehrpflicht Keine Soldaten Keine Monokel Potentaten Keine Orden Keine Spaliere Keine Reserveoffiziere Ihr seid die Zukunft Euer das Land Schuttelt es ab das Knechtschaftsband Wenn ihr nur wollt seid ihr alle frei Euer Wille geschehe Seid nicht mehr dabei Wenn ihr nur wollt bei euch steht der Sieg Nie wieder Krieg Theobald Tiger Drei Minuten Gehor in Republikanische Presse 29 Juli 1922 Nr 6 Zu den Unterstutzerinnen der Bewegung gehorte Helene Stocker die in ihrer Monatsschrift Die Neue Generation von den Demonstrationen im In und Ausland berichtete und mit Artikeln die pazifistischen Ziele beforderte 3 Struktur und Zerfall BearbeitenDer FdK bildete zwischen 1919 und 1921 ein Netz zahlreicher relativ selbststandig agierender Ortsgruppen die 1921 uber etwa 30 000 nominelle Anhanger verfugten Damit war der FdK neben den traditionellen pazifistischen Organisationen vor allem Deutsche Friedensgesellschaft und Internationale Liga fur Menschenrechte die grosste Gruppe der deutschen Friedensbewegung der fruhen Weimarer Zeit Die Ortsgruppen arbeiteten oft eng mit Gewerkschaften und anderen Organisationen der Arbeiterschaft zusammen Sie suchten und pflegten Kontakte zu Kriegsteilnehmern ehemaliger Feindstaaten Nach der Spaltung der USPD 1922 deren Ziele viele FdK Mitglieder nahestanden zerstritten sich viele der Ortsgruppen untereinander so dass der FdK zerfiel Er wurde zwar im selben Jahr neu gegrundet verfugte aber fortan nur noch uber etwa 700 bis 750 Mitglieder und trat nur noch selten offentlich hervor 1927 wurden seine noch bestehenden Untergruppen darunter der rheinisch westfalische Verband der Kriegsgegner mit Sitz in Solingen in das Deutsche Friedenskartell aufgenommen 4 Einzelbelege Bearbeiten zitiert mit Originalhervorhebungen nach Kurt Tucholsky Gesamtausgabe Texte und Briefe Band 3 Reinbek 1999 Bericht im Berliner Tageblatt vom 15 Dezember 1919 Eine sturmische Versammlung von Kriegsteilnehmern Reinhold Lutgemeier Davin u Kerstin Wolff Lebenserinnerungen von Helene Stocker Koln Bohlau 2015 S 326 Artikel Friedensbund der Kriegsteilnehmer in Hermes Handlexikon Die Friedensbewegung ECON Dusseldorf 1983 S 138f Literatur BearbeitenHelmut Donat Karl Holl Hrsg Die Friedensbewegung Organisierter Pazifismus in Deutschland Osterreich und in der Schweiz Econ TB 10024 Dusseldorf 1983 ISBN 3 612 10024 6 Reinhold Lutgemeier Davin Pazifismus zwischen Kooperation und Konfrontation Das deutsche Friedenskartell in der Weimarer Republik Pahl Rugenstein Koln 1982 ISBN 3 7609 5104 X Zugleich Dissertation an der Gesamthochschule Kassel 1981 Reinhold Lutgemeier Davin Basismobilisierung gegen den Krieg Die Nie wieder Krieg Bewegung in der Weimarer Republik In Karl Holl Wolfram Wette Hrsg Pazifismus in der Weimarer Republik Beitrage zur historischen Friedensforschung Schoningh Paderborn 1981 ISBN 3 506 77457 3 S 47 76 Kurt Tucholsky Gesamtausgabe Texte und Briefe Hrsg von Antje Bonitz Dirk Grathoff Michael Hepp Gerhard Kraiker 22 Bande Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1996ff ISBN 3 498 06530 0 Band 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedensbund der Kriegsteilnehmer amp oldid 236642447