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Der Ponton Prozess war ein Strafprozess in welchem Reichsanwalt Paul Jorns als Vertreter der Anklage den Journalisten Berthold Jacob und Fritz Kuster publizistischen Landesverrat vorwarf und Alexander Niedner am Reichsgericht das Urteil sprach Im Marz 1928 wurden die beiden Angeklagten zu je neun Monaten Festungshaft verurteilt weil sie das System der Zeitfreiwilligen aufgedeckt hatten mit welchen das Kabinett Luther I das Uberschreiten der Beschrankung der Reichswehr im Friedensvertrag von Versailles auf 100 000 Mann einschliesslich 4 000 Offizieren durch die Schwarze Reichswehr zu verschleiern suchte Diese Soldaten wurden kurzfristig zu militarischen Ubungen herangezogen und tauchten in keiner Statistik auf Das Reichsgericht forderte in seinem Urteil gegen Jacob und Kuster dass der Gedanke abzulehnen sei dass die Aufdeckung und Bekanntgabe gesetzwidriger Zustande dem Reichswohle niemals abtraglich nur forderlich sein konne weil das Wohl des Staates in seiner Rechtsordnung festgelegt sei und sich in deren Durchfuhrung verwirkliche RGSt 62 65 67 Daruber hinaus verlangte das Reichsgericht Dem eigenen Staat hat jeder Staatsburger die Treue zu halten Das Wohl des eigenen Staates wahrzunehmen ist fur ihn hochstes Gebot Von 1924 bis 1927 wurden mehr als 1000 Personen wegen Landesverrats Beleidigung der Reichswehr und ahnlichen Delikten verurteilt Inhaltsverzeichnis 1 Anlass Kentern einer Pontonfahre auf der Weser 2 Drei Artikel von Berthold Jacob in Das Andere Deutschland 2 1 Erster Artikel 2 2 Zweiter Artikel 2 3 Dritter Artikel 3 Kommentar in der Weltbuhne von Kurt Tucholsky 4 Auszug aus dem Artikel Der Ponton Prozess von Carl von Ossietzky 5 EinzelnachweiseAnlass Kentern einer Pontonfahre auf der Weser BearbeitenIm Rahmen eines Manovers kenterte am 31 Marz 1925 in der Nahe der Fahre von Porta Westfalica Veltheim eine Pontonkonstruktion Die Weser fuhrte Hochwasser mit hoher Stromungsgeschwindigkeit Auf einer von Mindener Pionieren aus offenen Pontons gezimmerten Fahre sollten 160 mit Tornister und Gewehren ausgerustete Soldaten ubergesetzt werden Bei der funften Uberfahrt trat Wasser in die Pontons die Fahre sank 80 Soldaten und ein mitfahrender Zivilist fanden den Tod 1 Hauptartikel Veltheimer FahrungluckDrei Artikel von Berthold Jacob in Das Andere Deutschland BearbeitenErster Artikel Bearbeiten Am 11 April 1925 erschien in Das Andere Deutschland der Artikel Das Zeitfreiwilligengrab in der Weser von Berthold Jacob Das Zeitfreiwilligengrab in der Weser Herr Gessler antworten Sie Als an dem Abend da die Blatter erste genauere Kunde von der furchtbaren Katastrophe von Veltheim brachten in den Kammerlichtspielen am Potsdamer Platz Berlin die Klange des Liedes vom guten Kameraden die Vorfuhrung des Films Reveille abschlossen da wehte uber diesen Klangen ein tiefer und trauriger Sinn Schwer zu entscheiden ob die Gedanken aller Besucher jenes Kinotheaters bei den starren und kalten Korpern der 81 jungen Soldaten weilten zahlreiche der Anwesenden hatten vorher die in Parade auf der Leinwand defilierenden Husaren mit jener gedankenlosen Lebhaftigkeit beklatscht die ihre dummen Absichten und Wunsche deutlich genug zutage treten liess aber man sah auch viele Frauen die weinten Mutter die in diesem Augenblick vielleicht den ersten Blick hinter die glanzvoll klirrende Fassade taten Das tragische Schicksal der 81 jungen Menschen die in den eisigen Strudeln der Weser ihren fruhen Tod fanden verliert um nichts an Tragik und wird der stillen Teilnahme nicht weniger wurdig wenn das Gerucht das durch alle Gassen raunt Wahrheit ware Wenn die Wahrscheinlichkeit fur die heute schon eine Reihe von Symptomen spricht Tatsache ware die Wahrscheinlichkeit namlich dass wir es in einem Teil der so jah Verungluckten mit Angehorigen jener Schwarzen Reichswehr zu tun hatten die in der Diskussion der offentlichen Meinung in den letzten beiden Jahren eine so beherrschende Rolle gespielt hat Wir wissen dass die nach dem 17 Marz zu Ubungsmarschen aus Detmold und aus dem Sennelager abgeruckten Kompagnien 14 16 des Reichswehr Regiments 18 eine stattliche Anzahl von kurzfristig eingestellten Soldaten zahlten Wir wissen ferner dass dieses sogenannte Ausbildungsbataillon unter der Fuhrung des Hauptmanns Gabcke und des Oberleutnants Frenking stand wir glauben ferner zu wissen dass der Kursus der bei Veltheim eine so jahe Unterbrechung fand bereits im Januar dieses Jahres begonnen hatte Die Dienstzeit der jungen Soldaten ware in wenigen Tagen beendet gewesen Es mag seltsam und manchem vielleicht unbegreiflich erscheinen wenn wir in der gleichen dusteren Stunde die die Trauerfeiern fur die armen Opfer der entfesselten Elemente sieht zu einer Stunde da die toten Korper in ihrer Mehrzahl aus dem Wellengrab noch nicht einmal wieder aufgetaucht sind die Scharfe unserer Angriffe gegen den obersten Chef jener Toten den Minister der Reichswehr richtten Und doch fuhlen wir gerade in dieser Stunde die Pflicht zum Appell Unsere Motive konnen nicht bezweifelt werden Wir haben zum Ausdruck zu bringen dass endlich Schluss gemacht werden muss mit jenem System der Vertragsverletzung als dessen mittelbare Opfer uns die Toten von Veltheim erscheine Das dunkle Geschick das diese Soldaten traf die im 18 Infanterie Regiment dienten ist ein warnendes Menetekel Und nun soll Ihnen Herr Gessler nicht langer vorenthalten werden was wir Ihnen zu sagen haben Es geht nicht Sie allein an Wir alle werden einmal unter der Last der Entscheidungen mit zu tragen haben die Sie heute noch allein zu verantworten haben Wir haben ein ungeschriebenes und deshalb umso starkeres Recht zur Einrede mehr zum Protest Und wenn Sie uns dieses Recht bisher nicht haben zugestehen wollen und wenn Sie durch Ihren allzu willigen jeweiligen Kollegen von der Justiz bis zum heutigen Tage alle unsere Versuche von diesem Recht Gebrauch zu machen mit Landesverratsverfahren haben beantworten lassen so ist doch heute diese Stunde vorbei Wir fragen Sie nicht mehr um Ihre Erlaubnis Menschenleben stehen auf dem Spiel und wir werden reden damit uns die Offentlichkeit Deutschlands hort Ihr General von Seeckt hat das Reichsheer zum Tummelplatz aller schwarz weiss roten Geister gemacht Sie wissen so gut wie wir dass der Revanchegeist im Heere gepflegt und gehegt wird und nicht genug damit Sie sollten wissen dass Herr von Seeckt alle Vorbereitungen innerhalb der Reichswehr hat treffen lassen die ermoglichen sollen in einem ihm angezeigt erscheinenden Moment die deutsche Reichswehr in die acht mobilen Armeen des ersten Mobilmachungstages von 1914 zu verwandeln Sie wissen zweifellos besser als wir zu welchen Zwecken die Ihnen zur Verfugung gestellten Fonds verwandt wurden und Sie mussten vor allen Dingen wissen dass Ihre Untergebenen Tag fur Tag gegen die deutschen Reichsgesetze verstossen die Ihnen verbieten Freiwillige auf kurze Frist einzustellen Wir wissen dass sich der General durch seinen Befehl vom 14 Oktober 1924 leidlich gedeckt fuhlt Aber Koln ist nicht befreit worden und kein kleineres Ungluck fur unser Reich Gestern sind 81 deutsche Kinder als erste Opfer des Revanchegedankens gefallen Die Mutter und Schwestern und Liebsten der Toten weinen Vielleicht weiss ihr Jammer nicht wen er anklagen soll aber Fluche und Tranen finden den Weg zu den Schuldigen Gewiss Ihre uberschlauen Strategen denken gar nicht daran siegreich Frankreich schlagen zu wollen Polen genugt ihnen Ihre Berechnungen mogen stimmen wir glauben dass sie falsch sind Aber uns ist selbst Polens Niederbruch ist selbst die Wiedergewinnung der drei geraubten Provinzen nicht das Blut von Hekatomben unserer Bruder wert Die Tore der deutschen Zukunft die Ihre militarischen Freunde am 1 August 1914 ins Schloss warfen konnen und durfen nicht wieder mit Gewalt aufgebrochen werden Dazu braucht es vieler stiller und friedlicher Arbeit Wir haben Sie dessen angeklagt dass Sie diese Arbeit storen Jetzt ist es an Ihnen zu sprechen Wenn Sie schweigen Herr Gessler dann wird die deutsche Welt wissen was Sie von Ihren zukunftigen Dementis noch ferner zu halten hat Heute ist die Zeit der Landesverratsprozesse vorbei Sie werden uns nicht mehr den Mund verstopfen Denn die Stimmen jener Toten wurden auch dann noch gehort werden Berthold Jacob Das Zeitfreiwilligengrab in der Weser Herr Gessler antworten Sie in Das Andere Deutschland 11 April 1925 Zweiter Artikel Bearbeiten Der zweite Artikel zum selben Thema erschien am 31 Mai 1925 Und nochmals Herr Gessler Wenn wir den nachstehenden Beitrag unseres Mitarbeiters in diesem Augenblick veroffentlichen so tun wir das mit vollem Bewusstsein und guten Grunden In Deutschland ist der Reichsprasident der Oberste Kriegsherr der Truppe Was bei einem Manne wie Ebert so unbedenklich war wie es bei Marx sein wird ist bei einem Hindenburg ein Moment ungeheuerster Beunruhigung Uns ist die Reichswehr schon unter demokratischen Fuhrern gerade schwarzlich genug geworden Mit Hindenburg als Reichsprasident und Chef dieser Reichswehr wurde die Republik in einen Zustand des standigen moralischen und tatsachlichen Belagerungszustandes uberfuhrt werden Denkt daran bei der Wahl Anm d Red Wir haben hier am 11 April schwere Vorwurfe gegen Herrn Gessler erhoben und diese Vorwurfe sind von einer Anzahl deutscher Blatter aufgenommen und erweitert worden Der Reichswehrminister hat keine Antwort auf unsere Anfrage gefunden nicht einmal die die in diesem Lande noch billiger ist als Brombeeren die Einleitung des Landesverratsverfahrens Dennoch hat Herr Gessler Gelegenheit genommen sich zu aussern Der Berliner Berichterstatter des L Intransigeant hatte behauptet dass unter den Soldaten die kurzlich bei dem Weserubergang ihren Tod gefunden hatten sich zahlreiche Zeitfreiwillige befunden hatten Herr Gessler hat das zum Anlass genommen den nationalen Lesern der D A Z durch eine zustandige Stelle mitteilen zu lassen dass die Behauptung des Intransigeant frei erfunden sei Die zustandige Stelle ist vermutlich der Oberst Gempp der Unterchef der Heeresstatistischen Abteilung T 3 im Ministerium Die D A Z hat jene Meldung mit der Uberschrift Eine Luge versehen Wir werden gleich sehen dass auch diese Luge kurze Beine hat Der Jungdeutsche das Organ des Jungdeutschen Ordens hat am 6 9 und am 10 April Nachrufe auf insgesamt 9 Ordensbruder veroffentlicht die unter der Reichswehr in der Weser ihr Leben gelassen haben Die eine vom 9 April hat folgenden Wortlaut Noch zwei Ordensbruder in der Verlustliste Die Bruderschaft Weferlingen Prov Sa des Jungdeutschen Ordens schreibt uns unterm 4 Ostermond 1925 Es hat sich gestern als Tatsache herausgestellt dass auch zwei Bruder unserer Bruderschaft bei dem Reichswehrungluck auf der Weser ums Leben gekommen sind Es handelt sich um Schutzen im Inf Reg Nr 18 Karl Martens und Heinrich Dill beide aus Walbeck Ein dritter Bruder Heinrich Mischke aus Walbeck ist gerettet worden Wir beklagen den Tod beider Bruder ausserordentlich sie waren in ihrem Ort mit die eifrigsten Vertreter unserer Ziele und wir verloren viel als sie im Anfang Dezember 1924 ins Heer eintraten Die Bruderschaft hat zum Zeichen der Trauer bei allen Brudern Setzen der Flagge auf halbmast angeordnet Treudeutsch allewege gez Wehrle Grossmeister Wir wollen also nun Herrn Gessler seine Arbeit erleichtern Zunachst handelt es sich um die Klarung des Ausdrucks Zeitfreiwillige Wir glauben zu wissen dass das Reichswehrministerium diesen Begriff nicht anerkennt und es hat hierbei sogar formal recht denn Zeitfreiwillige hiessen jene Leute die sich Anfang 1919 als gediente Soldaten Freikorps und den sonstigen Regierungstruppen auf jederzeitigen Abruf zur Verfugung stellten Auf die sogenannten schwarzen Soldaten trifft der Begriff des Zeitfreiwilligen nicht voll zu umso weniger weil sich diese Soldaten ja neuerdings auf 12 Jahre verpflichten wobei ihnen allerdings zu verstehen gegeben wird dass sie nach 3 oder 4 Monaten nach vorheriger arztlicher Feststellung ihrer Gebresten wieder entlassen werden konnen Aber wir wollen wie gesagt Herrn Gessler sein schweres Amt der Untersuchung all dieser Dinge erleichtern Darum sei es uns verstattet die folgenden Fragen zu stellen Ist es richtig dass am 15 Januar bezw schon im Dezember bei den Kompagnien 14 15 und 16 des Ausbildungsbataillons im Reichswehr Infanterie Regiment Nr 18 zu Detmold bezw im Sennelager ca 200 Mitglieder des Jungdeutschen Ordens und anderer vaterlandischer Verbande Landbundjugend eingestellt worden sind Ist es richtig dass eine Anzahl der bei dem Veltheimer Ungluck ums Leben gekommenen jungen Leute zu jenen zweihundert gehorten Ist es richtig dass der Kursus in dem diese jungen Leute ausgebildet wurden von dem Hauptmann Gabcke beim Stabe des A Btls geleitet wurde und dass als Ausbildungsoffizier u a der Oberleutnant Frenking kurzlich erst ausser der Reihe befordert tatig war Ist es richtig dass bei dem letzten Kursus des vorigen Jahres der im Oktober endigte zur Ausbildung der Mannschaften u a ein Leutnant d Res des alten Heeres namens Winkelhausen aus Bielefeld herangezogen wurde der vor dem Kriege der Reserve des 8 Lothringischen Infanterie Regiment 158 angehorte und jetzt der 4 Komp des Reichswehr L R 18 zugeteilt wurde die die Traditions Kompagnie des oben erwahnten I R 158 ist sodass also der Leutnant Winkelhausen in seinem alten Regiment gedient hatte Ist es richtig dass dieser Leutnant d Res Winkelhausen im Verlauf des Kurses zum Oberleutnant d Res befordert worden ist Ist es richtig dass die Ausbildung der jungen Mannschaften derart vor sich ging dass diese Leute zuerst 4 oder 6 Wochen auf dem Kasernenhof gebimst wurden dass sie sodann zum Scharfschiessen fur 3 bis 4 Wochen ins Sennelager kamen und dass am Schluss der gesamten Ausbildung ein Ausmarsch oder eine Ubung in grosserem gemischtem Verband stand Ist es ferner richtig dass die am 15 Januar eingestellten Mannschaften am 8 April entlassen worden waren wenn das Ungluck den Verlauf des Ausbildungskurses nicht so jah unterbrochen hatte Diese Fragen wird das Reichswehrministerium beantworten mussen Herr von Seeckt ist allerdings durch seinen Befehl vom 14 Oktober voll gedeckt Es handelt sich fur uns darum den Verantwortlichen kennenzulernen den wir fassen konnen Uns ist die 6 Division in Munster bekannt An ihrer Spitze stand einmal ein Mann der in seinem Befehlsbereich so viele schwarze Soldaten hatte wie keiner der anderen Militarbefehlshaber Herr von Lossberg residiert heute als Oberkommandierender in den Marken in der Hardenbergstrasse zu Berlin Sein Nachfolger ist der Generalleutnant Freiherr von Ledebur der als Oberst wahrend des Kapp Putsches in Hamburg die famose Ausserung tat er sei bereit jeden Eid den er zwischen 7 und 8 Uhr geschworen habe zwischen 8 und 9 Uhr zu brechen Wir wissen nicht dass Herr von Ledebur den Eid auf die Verfassung ausdrucklich ausgenommen hatte und wir sind darum immerhin wohl berechtigt aus jener Ausserung unsere bestimmten und besonderen Konsequenzen zu ziehen Berthold Jacob Und nochmals Herr Gessler in Das Andere Deutschland 31 Mai 1925 Dritter Artikel Bearbeiten Der dritte Artikel zum selben Thema erschien am 25 Juli 1925 Weitermachen Als wir Anfangs April dieses Jahres die Katastrophe der Reichswehr bei Veltheim an der Weser zum Ausgangspunkt der ersten einheitlichen und tatsachlich planvollen Campagne gegen Gessler und seine Schwarze Reichwehr machten da schien es als ob wir fur eine aussichtslose Sache kampften Schien es als ob die Reinigung der Atmosphare vom Pesthauch der illegalen schwer bewaffneten Verbande ein Werk schier undurchfuhrbar fur Menschenhand sei Wir haben in diesem Kampfe nicht allein gestanden Wir handelten als Exponenten eines Kreises politisch interessierter Menschen die die Beseitigung jener ungemein vaterlandschadigenden Vorgange anstrebten unbekummert um die Folgen lies Landesverratsverfahren die eine von gewissen Macht und Interessengruppen missbrauchte Justiz zu ihrer Mundtotmachung einleitete Wir haben niemals nach derlei Unbequemlichkeiten gefragt Herr Gessler und seine Kommandeure konnen uns nicht schrecken Und wir haben mit dieser Unbekummertheit um etwaigen Folgen gewisse Anfangserfolge erzielt Kurz nach der vollendeten Publikation unserer Reichswehrartikel verordnete der Herr Oberreichsanwalt die Einstellung samtlicher noch schwebender Verfahren wegen Landesverrats Spater ist uns zur Kenntnis gekommen dass im Reichswehrministerium Beratungen daruber stattgefunden haben das war Anfang Mai ob man nicht gegen uns ein erneutes Verfahren eroffnen sollte Man ist dann an den preussischen Innenminister mit der Aufforderung herangetreten seinerseits ein Verfahren zu eroffnen Auch von dieser Seite wurde das abgelehnt Wie unsere Leser sich erinnern werden hat dann der Kommandeur im Wehrkreis 6 General von Ledebur uns eine pressgesetzliche Berichtigung zu dem Artikel Das Zeitfreiwilligengrab in der Weser geschickt die die tatsachlichen Vorgange entstellte und die wir in der Folge widerlegt haben Jetzt nach 12 Wochen hat endlich die Staatsanwaltschaft die Sprache gefunden die ihr am leichtesten werden muss sie hat gegen uns Anklage wegen Landesverrats erhoben Uns kann es sehr gleichgultig sein wenn die Herren Kronjuristen und mit ihnen naturlich Herr Gessler sich blamieren wollen Und wir werden Herrn Gessler auch blamieren wenn es uberhaupt zur Verhandlung kommt Das bezweifeln wir namlich Im ubrigen werden wir auch in Zukunft mit dem was wir wissen nicht hinter dem Berge halten Herr Gessler dem wir einmal unsere Unterstutzung angeboten haben fur den Fall dass er wirklich ernsthaft mit all diesen Schweinereien aufraumen wollte darf hinfort nicht mehr auf diese angebotene Unterstutzung rechnen Er soll den Kampf den er uns angesagt hat haben und wir werden diesen Kampf unbeirrt um seinen Landesverrat uberall da fuhren wo er gefuhrt werden muss Also vor allen Dingen im Andern Deutschland Wir wissen z B dass das System der Ausbildungen bei der Reichswehr sich erneut geandert hat Man verpflichtet heute keine Leute mehr auf zwolf Jahre sondern man gibt Neueingestellten fur drei Monate die Namen und die Papiere von wirklichen Soldaten der Reichswehr die dann auf die gleiche Zeit beurlaubt werden So hat man stets reine Wasche Festgestellt wurde dies Vorgehen u a beim I R 13 in Villingen Wir werden nicht schweigen Herr Gessler und vielleicht ist es Ihnen ein Trost zu horen dass selbst fur uns schroffe Antimilitaristen wenigstens ein altes Kommando Geltung behalten hat Das Kommando Weitermachen Berthold Jacob Weitermachen in Das Andere Deutschland 27 Juli 1925Kommentar in der Weltbuhne von Kurt Tucholsky BearbeitenZur Atmosphare wahrend des Prozesses ein Text von Kurt Tucholsky 2 der den Prozess beobachtet hat Das kleine Intermezzo in einer sonst anstandig und untadlig gefuhrten Verhandlung verdient hervorgehoben zu werden weil es fur den Geist des Reichsgerichts typisch ist Der ehemalige Kriegsgerichtsrat weiss von dem Bruder nichts ausser ein wenig Klatsch Zunachst gibt es nichts zu wissen der Mann lebt hier in Paris bearbeitet den alten historischen Fall Naundorff er lebt im ubrigen als Privatmann dessen Gesinnung uberhaupt nicht zur Diskussion steht Herr Jorns interessiert sich fur ihn Ihm genugt die Tatsache dass ein Deutscher beim welschen Erbfeind lebt um ihn zu verdachtigen Seine Fragen die nicht zur Sache gehorten waren Verdachtigungen und sind selbstverstandlich als solche aufzufassen Wusste der Reichsanwalt Naheres und Belastendes uber die Tatigkeit dieses Bruders so musste er ja von Amts wegen dagegen einschreiten und man kann sicher sein dass er es getan hatte Er weiss aber nichts Diese Ignoranz genugt um einen Deutschen der weder als Angeklagter noch als Zeuge mit der Sache zu tun hat zu beschimpfen Der Angeklagte allein ist dem Kriegsgerichtsrat zu wenig Beute alles was zu seiner Familie gehort ist verdachtig Dass eine Beleidigung durch den Reichsanwalt vorliegt steht ausser Zweifel in seinen Kreisen werden solche Beziehungen zum franzosischen Generalstab als Spionage als Landesverrat also als Verbrechen angesehen Der Vorsitzende hat Berthold Jacob damit zu beruhigen versucht dass er bemerkte Der Herr Reichsanwalt hat nur gefragt Auszug aus dem Artikel Der Ponton Prozess von Carl von Ossietzky BearbeitenDas Reichsgericht in Leipzig bezog mit diesem Urteil Positionen die spater auch zur Verurteilung von Carl von Ossietzky im Weltbuhne Prozess als publizistisch Verantwortlichem fuhrten Dieser schreibt in seinem Artikel Der Ponton Prozess Man hat Jacob und Kuster zum Vorwurf gemacht sie hatten der Regierung illegale Handlungen nachgesagt und seien schon aus diesem Grunde strafbar Als der Reichsanwalt einem der Angeklagten vorhielt auf ein Waffenlager bei Hamburg seien die Franzosen erst durch Zeitungen aufmerksam geworden erwiderte dieser Das sind doch Stahlhelmwaffen gewesen Worauf Herr Jorns in kostlicher Unbefangenheit bemerkte Das ist doch ganz gleich ob Stahlhelmwaffen oder nicht Hier liegt der Sinn der Anklage offen nicht die gute Reputation des Reiches war zu schutzen sondern die Waffe einerlei ob Reichswehr oder Stahlhelmwaffe Waffe ist Waffe also sakrosankt 3 Einzelnachweise Bearbeiten Der Spiegel Iller Katastrophe Der Tod von Kempten 12 Juni 1957 mit Schilderung des Fahrunglucks 1925 Die grossen Familien Carl von Ossietzky Der Ponton Prozess Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ponton Prozess amp oldid 214634497