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Reichsanwalt ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zum Reichsanwalt in Norwegen siehe Riksadvokat Der Oberreichsanwalt war der oberste Beamte der Reichsanwaltschaft bei dem Reichsgericht Die Reichsanwaltschaft war eine Oberbehorde des Deutschen Reichs im Geschaftsbereich des Reichskanzleramtes ab 1918 war sie dem Geschaftsbereich des Reichsjustizministeriums zugeordnet Nach 143 Abs 1 Nr 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes GVG alter Fassung a F war die Reichsanwaltschaft die Anklagebehorde am deutschen Reichsgericht Dem Oberreichsanwalt waren mehrere Reichsanwalte nach 145 GVG a F als seine Vertreter zugeordnet Zudem gab es den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof Siegelmarke Deutsches Reich Kaiserlicher Ober ReichsanwaltBrief des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof am 16 Mai 1944 an die Staatsanwaltschaft Kiel Inhaltsverzeichnis 1 Leitung und Aufsicht 2 Ernennung 3 Aufgaben des Oberreichsanwalts 3 1 Anklage und Untersuchungsbehorde 3 2 Mitwirkung am Revisionsverfahren 3 3 Weisungsbefugnis des Oberreichsanwalts 3 4 Bezugszeitpunkt 4 Oberreichsanwalte 4 1 Oberreichsanwalte beim Reichsgericht 4 2 Oberreichsanwalte beim Volksgerichtshof 4 2 1 Reichsanwalte beim Volksgerichtshof 5 Literatur 6 EinzelnachweiseLeitung und Aufsicht BearbeitenDie Reichsanwaltschaft wurde 1877 im Zuge der Reichsjustizgesetze beim Reichsgericht eingerichtet Der Reichskanzler leitete und fuhrte die Aufsicht uber den Oberreichsanwalt und die Reichsanwalte gemass 148 Nr 1 GVG a F Die Leitung und Aufsicht oblag dem Reichskanzler in Ermangelung eines Reichsjustizministeriums bis zum Ende des Kaiserreichs Das Reichsjustizamt war eine Abteilung des Reichskanzleramts Ernennung BearbeitenNach 150 Abs 1 GVG a F wurde der Oberreichsanwalt auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser ernannt Als politischer Beamter konnte der Oberreichsanwalt nach 150 Abs 2 GVG a F jederzeit durch Kaiserliche Verfugung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden Dasselbe galt fur die Reichsanwalte Der Oberreichsanwalt und die Reichsanwalte mussten nach 149 Abs 2 GVG a F die Befahigung zum Richteramt besitzen obwohl sie keine Richter waren 149 Abs 1 GVG a F Oberreichsanwalte hatten denselben Rang und Gehalt wie der Reichsgerichtsprasident Reichsanwalte den eines Reichsgerichtsrats 1 Aufgaben des Oberreichsanwalts BearbeitenDer Oberreichsanwalt war ortlich fur das gesamte Reichsgebiet sachlich fur diejenigen Bereiche zustandig welche vor dem Reichsgericht verhandelt wurden 143 Abs 1 GVG a F Anders als heute die Bundesanwaltschaft nach 142a GVG ubte der Oberreichsanwalt nicht das Amt des Staatsanwalts fur die Strafsachen fur welche die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zustandig sind 120 Abs 1 GVG aus Der Oberreichsanwalt konnte auch nicht wie der Generalbundesanwalt im Rahmen des 120 Abs 2 GVG durch die Ubernahme der Verfolgung wegen besonderer Bedeutung die erstinstanzliche Zustandigkeit der Oberlandesgerichte begrunden und sich damit nach 142a GVG selbst die sachliche Zustandigkeit begrunden sog gekorene Staatsschutzdelikte Im Vergleich zum Generalbundesanwalt war daher die Bedeutung des Oberreichsanwalts geringer Anklage und Untersuchungsbehorde Bearbeiten Der Oberreichsanwalt ubte die Funktion einer Anklage und Untersuchungsbehorde bei Aufgaben aus bei welchen das Reichsgericht erstinstanzlich gemass 143 Abs 1 Nr 1 136 Abs 1 Nr 1 GVG a F zustandig war Die erstinstanzliche Zustandigkeit war nach 136 Nr 1 GVG a F nur in Fallen des Hochverrats und Landesverrats gegeben die gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet waren Mitwirkung am Revisionsverfahren Bearbeiten Der Oberreichsanwalt hatte die Mitwirkung an Revisionssachen vor den Strafsenaten des Reichsgerichts nach 143 Abs 1 Nr 1 136 Abs 1 Nr 2 GVG a F inne Das Reichsgericht war Revisionsgericht gegen Urteile der Strafkammern der Landgerichte in erster Instanz soweit nicht zu Zustandigkeit der Oberlandesgerichte begrundet war 136 Abs 1 Nr 2 Alt 1 GVG a F Anmerkung Die Zustandigkeit der Oberlandesgerichte war nach 123 Nr 3 GVG a F gegen erstinstanzliche Urteile der Strafkammern nur gegeben wenn die Revision ausschliesslich auf der Verletzung einer Rechtsnorm eines Landesgesetzes gestutzt wurde gegen die Urteile der Schwurgerichte gegen Urteile der Strafkammern der Landgerichte in der Berufungsinstanz in Strafsachen wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften uber die Erhebung offentlicher in die Reichskasse fliessender Abgaben und Gefalle sofern die Entscheidung des Reichsgerichts von der Staatsanwaltschaft bei der Einsendung der Akten an das Revisionsgericht beantragt wird 136 Abs 2 GVG a F Fur die Revision gegen Urteile der Strafkammern in der Berufungsinstanz waren im Ubrigen nach 123 Nr 2 GVG a F die Oberlandesgerichte und damit nach 143 Abs 1 GVG a F die Staatsanwaltschaften zustandig Weisungsbefugnis des Oberreichsanwalts Bearbeiten Der Oberreichsanwalt hatte als erster Beamter der Reichsanwaltschaft das Recht den Reichsanwalten dienstliche Weisungen zu erteilen Diese aus dem Hierarchieprinzip folgende selbstverstandliche Befugnis stellte 147 Abs 1 GVG a F klar Nach 147 Abs 2 GVG a F war der Oberreichsanwalt berechtigt allen Beamten der Staatsanwaltschaft Weisungen zu erteilen wenn das Reichsgericht erstinstanzlich zustandig war Hoch und Landesverratssachen gegen Kaiser und Reich Bezugszeitpunkt Bearbeiten Die Zustandigkeit des Oberreichsanwalts beim Reichsgericht bezieht sich in diesem Artikel bis zur Anderung im Dritten Reich auf die Rechtslage des Jahres 1877 Im Dritten Reich leitete der Oberreichsanwalt beim Reichsgericht ausser der Reichsanwaltschaft vorubergehend auch deren Zweigstelle beim Volksgerichtshof Dieser war am 24 April 1934 als Zweigstelle des Reichsgerichts zur Aburteilung von Hoch und Landesverrat gegen den NS Staat in Berlin errichtet worden Mit der am 1 April 1936 erfolgten Umwandlung des Volksgerichtshofes zum ordentlichen Gericht ging die Anklagezustandigkeit des Oberreichsanwalts beim Reichsgericht auf die Reichsanwaltschaft beim Volksgerichtshof uber Geleitet wurde dieser zunachst von einem Reichsanwalt ab 1937 von dem Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof Die Terrorjustiz beim Volksgerichtshof begann erst nach dessen Trennung vom Reichsgericht 2 nbsp Ludwig Ebermayer 1921 Oberreichsanwalt in den Prozessen gegen die Kapp Putschisten Gemalde von Anton KlamrothOberreichsanwalte BearbeitenOberreichsanwalte beim Reichsgericht Bearbeiten Nr Name Amtsantritt Ende der Amtszeit1 August Heinrich von Seckendorff 1807 1885 1879 18852 Hermann Tessendorf 1831 1895 1886 18953 Oskar Hamm 1839 1920 1896 18994 Philipp Justus von Olshausen 1844 1924 1899 19075 Arthur Zweigert 1850 1923 1907 19206 Ludwig Ebermayer 1858 1933 1921 19267 Karl August Werner 1876 1936 1926 19368 Emil Brettle 1877 1945 1937 1945Oberreichsanwalte beim Volksgerichtshof Bearbeiten Nr Name Amtsantritt Ende der Amtszeit1 Friedrich Parey 1889 1938 1937 19382 Ernst Lautz 1887 1979 1939 1945Aufgrund seiner Tatigkeit am VGH in den Jahren 1939 bis 1945 wurde der Oberreichsanwalt Ernst Lautz im Juristenprozess von 1947 wegen Kriegsverbrechen und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt Reichsanwalte beim Volksgerichtshof Bearbeiten Die Reichsanwaltschaft beim VGH war in funf Abteilungen entsprechend der Zahl der Senate des VGH unterteilt in denen siebzig hohere Beamte beschaftigt waren In jeder Abteilung gab es funf Staatsanwalte und einen Reichsanwalt 3 Der Oberreichsanwalt wurde im Prozess durch einen Reichsanwalt vertreten Reichsanwalte und Abteilungsleiter beim VGH waren Oswald Rothaug ab 1943 und von 1938 bis 1944 Paul Barnickel der 1944 noch als Reichsanwalt zum Reichsgericht wechselte Weitere Anwalte von ca 120 4 nbsp Signum von Albert Weyersberg unter der 10 seitigen Anklageschrift gegen Hans Scholl Sophie Scholl und Christoph ProbstStaatsanwalt Freiherr Hermann Karl Schenck zu Schweinsberg war 1938 beim Volksgerichtshof Vertreter der Anklage 5 Staatsanwalt Karl Bruchhaus 1903 seit 1939 war an mindestens 33 Todesurteilen beteiligt spater Staatsanwalt in Wuppertal 6 Staatsanwalt Ernst Drullmann 1904 1946 Vertreter der Anklage im Prozess gegen Max Josef Metzger Oberstaatsanwalt Wilhelm Eichler Reichsanwalt Paul Franzki 1891 unbekannt Ernst Friedrich in der DDR zu einer Gefangnisstrafe verurteilt Landgerichtsrat Erich Geissler 1898 unbekannt in der DDR 1982 zu einer Gefangnisstrafe von 15 Jahren verurteilt 7 Eduard Guntz 1904 unbekannt spater in Munchen Oberlandesgerichtsrat Wilhelm Gustorf 1898 1971 spater in Wuppertal Landgerichtsdirektor Landgerichtsrat Willmar Haber 1903 unbekannt Oberstaatsanwalt Wilhelm Huhnstock 1891 unbekannt in der DDR zu einer Gefangnisstrafe verurteilt Reichsanwalt Kurt Jaager 1904 unbekannt u a 1957 1959 1 Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig Holstein 8 Oberreichsanwalt Paul Jorns 1871 1942 Staatsanwalt Wilhelm Klitzke 1899 1950 1950 in der DDR vom Landgericht Chemnitz zum Tode verurteilt und hingerichtet 7 Gerd Lenhardt Kurt Naucke in der DDR zu einer Gefangnisstrafe verurteilt Heinrich Felix Parrisius 24 Marz 1885 1976 Reichsanwalt seit 1937 Stellvertreter des Oberreichsanwalts 9 Paul Picke 1898 unbekannt spater in Saarbrucken Senatsprasident am Oberlandesgericht Amtsgerichtsrat Otto Rathmayer 1905 Franz Schluter 1907 unbekannt spater in Munchen Senatsprasident am Bundespatentgericht Alfons Sack 1887 1944 war vorher auch Rechtsanwalt unter anderem beim Reichstagsbrandprozess Amtsgerichtsrat Edmund Stark Anklager im Prozess gegen die Widerstandsgruppe Europaische Union spater Landgerichtsdirektor in Ravensburg Reichsanwalt Albert Emil Rudolf Weyersberg 19 Juli 1887 25 November 1945 10 Literatur BearbeitenMalte Wilke Staatsanwalte als Anwalte des Staates Die Strafverfolgungspraxis von Reichsanwaltschaft und Bundesanwaltschaft vom Kaiserreich bis in die fruhe Bundesrepublik Vandenhoeck amp Ruprecht 2016 ISBN 978 3 8471 0463 6 Lore Maria Peschel Gutzeit Hrsg Das Nurnberger Juristen Urteil von 1947 Historischer Zusammenhang und aktuelle Bezuge 1 Auflage Nomos Verlag Baden Baden 1996 ISBN 3 7890 4528 4 Hansjoachim W Koch Volksgerichtshof Politische Justiz im 3 Reich Munchen Universitas 1988 ISBN 3 8004 1152 0Einzelnachweise Bearbeiten Johann von Treutlein Moerdes 1858 1916 Die Staatsanwaltschaft bei dem Reichsgerichte in Die ersten 25 Jahre des Reichsgerichts Sonderheft des Sachsischen Archivs fur Deutsches Burgerliches Recht zum 25 jahrigen Bestehen des hochsten Deutschen Gerichtshofs S 109 Emil Brettle Zusammenarbeit der Reichsanwaltschaft und des Reichsgerichts In Erwin Bumke zum 65 Geburtstage Festschrift R v Decker s Verlag G Schenk Walter de Gruyter amp Co Franz Vahlen Berlin 1939 Juristen Urteil S 173 Angaben ubernommen aus Gunther Wieland Das war der Volksgerichtshof Ermittlungen Fakten Dokumente Staatsverlag der DDR Berlin 1989 ISBN 3 329 00483 5 Dort auf den Seiten 161 bis 167 eine Namensliste von ca 120 Staatsanwalten und ca 90 Richtern die zum Teil vorher auch Staatsanwalte waren Bei Hansjoachim W Koch Volksgerichtshof werden 65 Richter 76 Anklagevertreter und 162 ehrenamtliche Richter namentlich aufgefuhrt Merkblatt des Ober Reichsanwalts beim Volksgerichtshof in der Strafsache X Straftat Hochverrat Braunbuch Kriegs und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin 3 Aufl Berlin Ost 1968 S 118 Text im Internet Memento vom 3 Marz 2011 im Internet Archive Prozessbeteiligung siehe Wanda Kallenbach Alois Geiger und Elisabeth Pungs a b Gunther Wieland Das war der Volksgerichtshof Ermittlungen Fakten Dokumente Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik Berlin 1989 ISBN 3 329 00483 5 S 129 Klaus Godau Schuttke Ich habe nur dem Recht gedient Die Renazifizierung der Schleswig Holsteinischen Justiz nach 1945 Baden Baden Nomos Verlag 1993 S 116 122 Juristen Urteil S 175 Parrisius verlor den Prozess um seine Pension Frankfurter Rundschau 28 August 1968 NSDAP 2431287 Robert M Zoske Sophie Scholl Es reut mich nichts Portrat einer Widerstandigen 1 Auflage Propylaen Berlin 2020 ISBN 978 3 549 10018 9 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oberreichsanwalt amp oldid 237639388