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Elisabeth Adelaide Pungs 20 Mai 1896 in Bremen 28 August 1945 in Berlin geborene Elisabeth Taaks genannt auch Li oder Liselotte 1 spater verheiratete Elisabeth Scherbius war eine deutsche Widerstandskampferin in der Zeit des Nationalsozialismus Inhaltsverzeichnis 1 Kindheit und Jugend 2 Ehe mit Arthur Scherbius 3 Ehe mit Friedrich Pungs politische Aktivitat 4 Gesprachskreis 5 Klebezettel und Flugblatter Das freie Wort 6 Verhaftung Vernehmungen und erste Untersuchungshaft 7 Abtrennung ihres Verfahrens Zeugin im Prozess gegen die Rutligruppe 8 Verzogerung des Verfahrens gegen sie bis Kriegsende 8 1 1942 Eine fur den 14 11 anberaumte Hauptverhandlung fand nicht statt 8 2 1943 Mehrere Gutachten und ein fingierter Blutsturz 8 3 1944 Die Suche nach Elisabeth Pungs und weitere Verzogerungen 9 Kriegsende und Nachkriegszeit 10 Werke in denen Elisabeth Pungs erwahnt wird 11 Literatur 12 Weblinks 13 EinzelnachweiseKindheit und Jugend BearbeitenElisabeth Taaks wuchs in einer burgerlichen Familie in Bremen auf Ihr Vater Georg Taaks war Zivilingenieur Teilhaber einer Wasserbau Firma Sie hatte funf Geschwister drei Bruder und zwei Schwestern eine ihrer Schwestern starb im Alter von 11 Jahren Sie besuchte in Bremen die Hohere Tochterschule Roselius eine Frauenschule dann ein Schweizer Pensionat von dem sie zu Beginn des Ersten Weltkriegs nach Bremen zuruckkehrte 2 Das Verhaltnis zu ihren konservativen Eltern war nicht ohne Spannungen 3 Sie arbeitete im Ersten Weltkrieg zunachst in einem Sauglingsheim dann 1915 und 1916 als Rotkreuz Helferin im als Lazarett genutzten St Joseph Stift Sie konnte wegen einer Erkrankung dort nicht mehr tatig sein und besuchte die Kunstgewerbeschule in Bremen 2 Ehe mit Arthur Scherbius Bearbeiten nbsp Ihr erster Ehemann Arthur Scherbius Foto 1913 starb 1929 durch einen UnfallBei einem Aufenthalt in Partenkirchen lernte sie im Fruhsommer 1917 den Doktor Ingenieur Arthur Scherbius Bild kennen der kaum ein Jahr spater am 23 Februar 1918 seine wohl beruhmteste Erfindung zum Patent anmeldete die Rotor Chiffriermaschine Enigma Jahrzehnte spater im Zweiten Weltkrieg 1939 1945 wurde sie in modifizierter Form von der deutschen Wehrmacht zur Verschlusselung ihres geheimen Nachrichtenverkehrs eingesetzt Elisabeth Taaks und Arthur Scherbius verlobten sich im Juni 1917 in seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main und heirateten nur wenige Monate darauf am 10 November 1917 in Elisabeths Heimatstadt Bremen Trauzeugen waren ihr Vater und dessen Bruder Otto Christian Taaks Sie zog zu ihrem Ehemann nach Berlin Am 30 Oktober 1919 bei der Hochzeit eines Verwandten von Scherbius traf sie die Schwester der Braut Frieda Greve mit der sie von da an befreundet war und die politisch grossen Einfluss auf sie hatte Elisabeths Erkrankung Tuberkulose machte ab 1921 lange Aufenthalte in Krankenhausern und Sanatorien notwendig 1924 zog das Ehepaar in sein neuerbautes Haus in Berlin Wannsee Sie blieben weiterhin in Kontakt mit seiner Mutter in Frankfurt und mit ihren Eltern und Geschwistern Es gab gegenseitige Besuche Auch mit ihrem konservativen alteren Bruder Claus trafen sie sich mehrfach verbrachten 1923 und 1928 auch gemeinsame Urlaube mit ihm 4 In Berlin waren unter ihren Freunden und Bekannten Elektrotechniker wie Scherbius selbst aber auch an Musik bildender Kunst Politik und Literatur interessierte Personen unter ihnen der Verleger Ingenieur und Erfinder Friedrich Joseph Pungs 5 Im Jahr 1925 als die Firmen an denen Scherbius beteiligt war erhebliche wirtschaftliche Probleme hatten vereinbarten Arthur und Elisabeth Gutertrennung Sie erhielt das gesamte Eigentum mit Ausnahme dieser Beteiligungen d h das Haus und zwei Konten Am 15 Januar 1929 nahmen sie ein Kind aus einem Heim bei sich auf und beantragten die Adoption Am 13 Mai 1929 starb Arthur Scherbius durch einen Unfall die Chiffriermaschinen AG an der er beteiligt war war verschuldet Der Verlustvortrag aus dem Jahr 1925 war noch nicht ausgeglichen und die Enigma bis dahin nur in geringen Stuckzahlen produziert worden Elisabeth Scherbius musste das Haus in Wannsee verlassen sie zog in eine kleinere Wohnung 6 Das Kind adoptierte sie 1930 unter dem Namen Scherbius Ehe mit Friedrich Pungs politische Aktivitat Bearbeiten nbsp Strassenpropaganda wie dieser RHD Wagen 1928 war nur ein kleiner Teil der Roten Hilfe die im Wesentlichen aus der Rechtsberatung durch engagierte Anwalte bestand die auch justizkritische Publikationen veroffentlichten 7 1931 heiratete sie Friedrich Joseph Pungs ihr Sohn wurde von jenem adoptiert Ihre finanzielle Lage wurde besser 1932 verkaufte sie das von Scherbius geerbte Haus an Gertrude Henius die Frau des judischen Verlegers Frank Henius und liess in Kleinmachnow ein kleines Haus im Bauhaus Stil bauen Architekt Paul Rudolf Henning Dort gab es 1933 eine Durchsuchung die jedoch ohne Folgen blieb 8 Wahrend des Hausbaus kam sie mit ihrem Sohn bei Freunden und Bekannten unter eine Zeitlang auch in Partenkirchen bei David Stern Gwiasda der dort zusammen mit seiner Frau Karolina ein Schulerheim betrieb ihr Mann wohnte in Berlin wahrenddessen bei dem mit ihm befreundeten Werner Ackermann Das Haus wurde 1936 verkauft und die Familie zog in die Wiesbadener Strasse 45 in Wilmersdorf Elisabeth Pungs kaufte 1936 ein Mietshaus in Berlin 9 Ab 1938 war ihr Sohn im Jungvolk der HJ an dessen Ubungen und Fahrten er durchaus begeistert teilnahm Bereits in ihrer Jugend war Elisabeth Pungs links eingestellt sie war in den 20er Jahren Mitglied der Deutschen Liga fur Menschenrechte 10 und engagierte sich in Kampagnen fur die Abschaffung des Schwangerschaftsparagraphen 218 Ab 1931 war sie Mitglied der Roten Hilfe Deutschlands RHD 2 einer politischen Hilfsorganisation die der KPD nahestand Diese wurde wie auch die Deutsche Liga fur Menschenrechte nach der Machtergreifung 1933 verboten Gesprachskreis BearbeitenZu den Bekannten und Freunden des Ehepaars Pungs gehorten Personen die in der KPD waren oder mit ihr sympathisierten In Kleinmachnow wie auch ab 1936 in der Wiesbadener Strasse traf sich bei ihr ein kleiner Kreis in dem uber Politik diskutiert wurde auch uber Literatur und Kunst marxistische Werke wurden gelesen und besprochen Nach aussen hin erschien er als ein Kreis Intellektueller und Kunstler 8 Friedrich Pungs war Parteimitglied wie sie und kannte die Teilnehmer 11 war aber auf ihren Wunsch bei den politischen Sitzungen nicht anwesend Ihre wie auch seine Verwandten wussten von dem Gesprachskreis 1935 lernte sie Alfred Schmidt Sas kennen zunachst war jener Klavierlehrer fur ihren Sohn dann nahm er auch an den Gesprachen teil 12 1937 38 emigrierten sechs judische Teilnehmer Arnold und Friedel Motulsky Herr und Frau Loewy Herr Millet und dessen Freundin Fraulein Neldener 2 Der auch in anderen oppositionellen Zirkeln und in der KPD aktive Apotheker und Pharma Vertreter Arnold Motulsky empfahl ihr den mit seinen Sohnen befreundeten jungen Hanno Gunther mit dem sie von da an politische Gesprache fuhrte 8 In den Vernehmungen durch die Gestapo 1941 wurden nur die Teilnehmer des Gesprachskreises genannt die emigriert waren und diejenigen die der Gestapo bereits bekannt waren Albert Rettich Kunstlername Albert Arid Schauspieler und Regisseur und dessen Frau Kristine Hornecke und deren Mutter Alfred Schmidt Sas ab 1935 gelegentlich Als Elisabeth Pungs Sohn von dem Autor Volker Hoffmann interviewt wurde nannte er noch Erich Ohser e o plauen 13 Als Friedrich Pungs Freund Werner Ackermann 1940 von Belgien in Sudfrankreich interniert wurde wohnten dessen Frau Ota und Tochter Sonja Ackermann bei Pungs als Werner Ackermann in das besetzte Belgien zuruckgekommen war und dort in der Abwehr tatig wurde zog seine Frau zu ihm Sonja die wahrend des Kriegs weiterhin bei Pungs wohnte nannte 2013 befragt Peter Keler als Teilnehmer des Gesprachskreises Klebezettel und Flugblatter Das freie Wort BearbeitenIm Spatherbst 1939 nach dem Uberfall auf Polen verfasste Elisabeth Pungs zusammen mit Hanno Gunther ein erstes Flugblatt das als offener Brief eines unzufriedenen alten Parteigenossen formuliert war sie verbreiteten es als Durchschlage in ca 100 Exemplaren Daneben stellten sie bis Ende 1939 Klebezettel her mit Parolen wie Jeder Sieg bringt neuen Krieg die sie in sieben oder acht Aktionen an gut sichtbare Stellen z B auf Plakate klebten Der Text des Flugblatts und die Parolen werden in der Anklageschrift und in dem Urteil gegen die Rutligruppe zitiert Nachdem im Fruhjahr 1940 Albert Arid wegen des Besitzes anderer Flugblatter verhaftet worden war brachte Elisabeth Pungs ein von Alfred Schmidt Sas beschafftes Umdruckgerat unbenutzt an jenen zuruck Bis Sommer 1940 wurden keine Flugblatter mehr verfasst dann besorgte Hanno Gunther ein anderes Umdruckgerat Sechs Flugblatter mit dem Titel Das freie Wort wurden geschrieben gedruckt und verbreitet in einer Auflage von jeweils 200 300 Stuck Die Flugblatter dieser Reihe riefen zum Sturz der Nazi Plutokratie auf zum Frieden zum Kampf gegen den Krieg Im Gegensatz zu der vorherrschenden Begeisterung uber die Erfolge die Siege uber Polen dann uber Frankreich sah sie dass diese Siege weitere Kriege nach sich ziehen und das Volk das Material fur diese Siege zugrunde richten werden Gerade die Zustimmung einer Mehrheit der Deutschen zum Krieg veranlasste sie zum Protest Das erste Flugblatt dieser Reihe schrieben Elisabeth Pungs und Hanno Gunther im Juli 1940 Auf die Frage Will Hitler den Frieden gab es die Antwort dass jeder Sieg weitere Kriege nach sich ziehen werde Das zweite Flugblatt rechnete den Lesern vor dass die von der Regierung beschlossenen sozialen Leistungen in Wirklichkeit Einschrankungen waren Der Sozialismus der Hitlerplutokraten sei nur das Mantelchen um das Volk nur noch schamloser auszuplundern Dieses Flugblatt endet mit den Parolen der Klebezettel es stellte so auch fur die Gestapo die Verbindung zwischen den Aktionen her Das dritte Flugblatt nennt erneut als Gegner die Herren von Kohle und Eisen und fordert Frieden Freiheit und eine Volksvertretung Es wurde auf Vorschlag von Hanno Gunther erstmals unterzeichnet mit Die deutsche Friedensfront Bereits da gab es Einwande von Elisabeth Pungs der die Beitrage Gunthers nicht entschieden genug waren In den Vernehmungen nannte sie sie zu verschwommen Gunther sagte aus sie seien ihr nicht kommunistisch genug gewesen Das vierte Flugblatt vom November 1940 verfassten Hanno Gunther und dessen Freund Wolfgang Pander Sie hatten sich aus offentlichen Quellen Daten uber die Royal Air Force beschafft die damals schon Berlin bombardierte Gunther und Pander widerlegten in dem Flugblatt die von der NS Propaganda behauptete Uberlegenheit der Luftwaffe und der Luftabwehr zeigten dass es die von Goring behaupteten Siege uber die RAF nicht gab Das funfte Flugblatt vom Dezember 1940 schrieben ebenfalls Hanno Gunther und Wolfgang Pander es enthielt auf Wunsch Panders eine Weihnachtslegende in der Joseph Goebbels als Lugner und Betruger dargestellt wird dessen leere Versprechungen die Menschen am Ende des Flugblatts durchschauen Das sechste und letzte im Januar 1941 erschienene Flugblatt verfasste Elisabeth Pungs allein Es nimmt den Standpunkt eines deutschen Arbeiters ein ruft u a dazu auf langsamer zu arbeiten und berichtet von Arbeitern einer Grossbaustelle in Teltow die sich geschlossen geweigert hatten taglich eine Stunde langer zu arbeiten Hanno Gunther sammelte ab Dezember 1940 nachdem die Flugblattaktionen eingestellt worden waren eine Gruppe von jungen Leuten um sich v a ehemalige Schuler der Rutli Schule mit denen er marxistische Werke las und uber aktuelle Politik und uber Sendungen der BBC diskutierte Elisabeth Pungs war an dieser Gruppe nicht beteiligt 14 Verhaftung Vernehmungen und erste Untersuchungshaft BearbeitenElisabeth Pungs wurde am 1 August 1941 von der Gestapo zum ersten Mal vernommen am 11 August wurde ihre Wohnung durchsucht ihre Schreibmaschine sechs Bucher und drei Broschuren davon nur zwei Bucher und die Broschuren auf der Linie der KPD wurden beschlagnahmt sie kam in Polizeihaft Auch Hanno Gunther die Gruppe um ihn sowie Alfred Schmidt Sas wurden Ende Juli Anfang August verhaftet Sie alle wurden von der Gestapo als Rutligruppe zusammengefasst obwohl sie nicht gemeinsam sondern in unterschiedlicher Weise und zu verschiedenen Zeiten Widerstand geleistet hatten Sie wurden von Kriminalsekretar Otto Kablitz Abt IV A 1 des Reichssicherheitshauptamts vernommen die Elisabeth Pungs vorgeworfenen Sachverhalte vor allem das Verfassen und Verteilen von Flugblattern konnte sie nicht leugnen Von Anfang an verfolgte die Gestapo das Ziel eine organisatorische Verbindung zur KPD nachzuweisen was jedoch Unterstellung blieb 15 Ihr Sohn wurde von ihr in einem Landerziehungsheim untergebracht In ihre Wohnung hatte sie schon seit 1940 die Frau und die Tochter von Werner Ackermann einem Jugendfreund und fruherem Verlags Partner ihres Mannes aufgenommen Ihre Familie setzte sich fur sie ein Ihr Bruder Claus Mitglied der NSDAP fuhr am 4 bis 7 August 1941 aus Hamburg nach Berlin bis Kriegsende kamen er und zwei Vertraute der Familie eine Rechtsanwaltin und eine 1939 entlassene Lehrerin noch mehrmals dorthin Uber den Inhalt ihrer Gesprache mit ihrem Rechtsanwalt RA und anderen ist nichts bekannt Ihr Rechtsanwalt Walter Menzel beantragte am 26 September 1941 beim Volksgerichtshof VGH ihre Vertretung die nach gerichtsinternen Auseinandersetzungen daruber am 4 Dezember genehmigt wurde 2 Weitere Vernehmungen durch die Gestapo folgten Anfang Oktober wurde sie vom Gerichtsgefangnis Charlottenburg in die Krankenstation des Gefangnisses Alt Moabit verlegt am 21 Oktober 1941 wurde sie auf Drangen ihres Rechtsanwalts wegen offener Tuberkulose vom Gefangnisarzt fur haftunfahig erklart und in das Heim Hospital in Buch entlassen 2 etwa sechs Wochen spater kam sie in das Elisabeth Sanatorium in Stahnsdorf Ihr Mann Friedrich Pungs war seit 1940 in Lille und in Ostende fur die Firma Zimmer amp Co tatig deren Produkte im besetzten Nordfrankreich und in Belgien fur den Bau von Flugfeldern und Stellungen des Atlantikwalls verwendet wurden Dabei wurde bei der Tarnung dieser Objekte durch Verputz und Farben eine von ihm erfundene Spritzpistole eingesetzt Kurze Zeit vor dem Prozess gegen Elisabeth Pungs wurde er zur Wehrmacht eingezogen seine Tatigkeit in Lille setzte er als Offizier der Reserve unverandert fort Er schickte ihr Lebensmittel Abtrennung ihres Verfahrens Zeugin im Prozess gegen die Rutligruppe BearbeitenAm 8 Mai 1942 verkaufte Elisabeth Pungs ihr Mietshaus an ihren Rechtsanwalt vermutlich um mit dem Erlos ihre Kosten fur die Verteidigung fur Arzte und Sanatorium fur den Aufenthalt ihres Sohnes im Landerziehungsheim und manches andere zu bezahlen Am 26 Mai 1942 wurde die Rutli Gruppe von Oberreichsanwalt Ernst Lautz angeklagt Elisabeth Pungs wegen Vorbereitung zum Hochverrat Herstellung und Verbreitung von Schriften und Feindbegunstigung Der vorangegangene Gesprachskreis diente lediglich als Beleg fur ihre Gesinnung 16 Ein erneuter Haftbefehl gegen sie vom 15 Juni 1942 wurde zunachst ausgesetzt ein Gutachten des behandelnden Arztes Walther Kroner attestierte ihr Haftunfahigkeit RA Menzel stellte am 23 Juli einen Antrag auf Verfahrensabtrennung dem stattgegeben wurde zugleich sollte sie Zeugin in dem Prozess sein 2 Welche Verhandlungen im Hintergrund dazu gefuhrt hatten blieb unbekannt Moglicherweise gab es Kontakte mit einem Freund ihrer Familie Hans Gramm der seit 1935 personlicher Referent von Franz Schlegelberger war dem kommissarischen Justizminister der Jahre 1941 und 1942 17 Fur ein Verfahren gegen sie legte der Oberreichsanwalt vertreten durch Staatsanwalt StA Karl Bruchhaus eine Akte an und beantragte erneut die Verhandlung gegen sie am 9 Oktober 1942 Der Haftbefehl gegen sie wurde am 29 September vollstreckt sie wurde in die Krankenstation des Gefangnisses in Moabit eingeliefert 2 Sie wusste dabei noch nicht ob sie am 9 Oktober Zeugin oder Angeklagte sein wurde Wahrend dieser zweiten Haft in Moabit schrieb sie ein Gefangnistagebuch In dem Prozess gegen die Rutli Gruppe wurden am 9 Oktober 1942 vom 2 Senat des Volksgerichtshofs alle Angeklagten bis auf eine an der Gruppe um Hanno Gunther kaum beteiligte junge Frau zum Tode verurteilt Elisabeth Pungs hatte wahrend sie als Zeugin befragt wurde Fieber und konnte sich kaum konzentrieren Es ging um die Beschaffung der Umdruckgerate und deren Aufbewahrung durch Schmidt Sas Ihre Aussage dass jener ihrer Meinung nach hatte vermuten mussen dass die Gerate fur illegale Zwecke verwendet werden sollten wurde vom Gericht als weitere Bestatigung eines ohnedies schon feststehenden Urteils uber ihn gewertet 18 Verzogerung des Verfahrens gegen sie bis Kriegsende Bearbeiten1942 Eine fur den 14 11 anberaumte Hauptverhandlung fand nicht statt Bearbeiten Kurze Zeit nach der Verhandlung wurde vom VGH der 14 November 1942 als Termin der Hauptverhandlung gegen Elisabeth Pungs bestimmt Davon erfuhren alle Beteiligten ausser ihr schon sehr fruh sie dagegen erst am 12 November Am 5 November 1942 hatte RA Menzel einen ausfuhrlichen Schriftsatz zu ihrer Verteidigung eingereicht in dem er sich auf folgende Argumente berief Die Flugblatter stellten da vor dem Russenkrieg verteilt keine Feindbegunstigung dar hatten ausserdem keinen staatspolitischen Einfluss gehabt Ihre Personlichkeit sei durch den Einsatz im Ersten Weltkrieg und durch ihre Erkrankung geformt und habe sie zu der Tat getrieben Sie habe einen Lebensweg gehabt der sie zwar nicht pazifistisch gemacht doch bewirkt habe dass die bei jedem Menschen vorhandene Friedensliebe bei ihr ins Ungesunde abbiegt Die Tuberkulose habe ihren Seelenzustand auch unmittelbar durch eine toxische Wirkung beeinflusst Menzel beruft sich dabei auf Dr Melzer Chefarzt des Lungensanatoriums Furstabt Gerbert Haus in St Blasien im Schwarzwald den er zur Vorbereitung der Verteidigungsschrift aufgesucht hatte Schliesslich beantragte Menzel Gutachten weiterer Sachverstandiger Am 12 November 1942 wurde Elisabeth Pungs in das Elisabeth Sanatorium in Stahnsdorf entlassen StA Bruchhaus schrieb am selben Tag an den Gefangnisarzt mit der Bitte um ein Gutachten und um baldige Mitteilung ob die Hauptverhandlung gegen Frau Pungs durchgefuhrt werden kann Ein fur den 14 November 1942 geplanter Prozess gegen sie fand nicht statt Ob allein die Verteidigungsschrift und von Menzel bestellte Gutachten dies bewirkt hatten daruber ist nichts bekannt Friedrich Pungs war in Lille uber ihre Verteidigung informiert Gelegentlich schickte er ihr aus Nordfrankreich und Belgien Lebensmittel Am 5 Dezember 1942 hatte Elisabeths Bruder Claus einen Termin bei Hans Gramm sie vereinbarten dass jener RA Menzel benachrichtigen werde sobald vom Gericht eine neue Verhaftung beschlossen werde 17 Inwieweit jedoch Hans Gramm noch etwas fur sie tun konnte nachdem bereits im August 1942 Thierack zum Justizminister und Rothenberger zum Staatssekretar ernannt worden waren und Schlegelberger das Ministerium verlassen hatte ist unklar Gramm verliess Ende Februar 1943 das Ministerium und wurde zur Wehrmacht eingezogen Das Verfahren gegen Elisabeth Pungs wurde von StA Bruchhaus vorangetrieben von RA Menzel und anderen ab Ende 1942 verzogert Eine von StA Bruchhaus am 29 November 1942 bei Victor Muller Hess beantragte Prufung ihrer Haft Vernehmungs und Verhandlungsfahigkeit wurde auch auf Betreiben Menzels immer wieder hinausgeschoben 1943 Mehrere Gutachten und ein fingierter Blutsturz Bearbeiten StA Bruchhaus setzte durch dass Elisabeth Pungs sich schon am 25 Januar bei Bremer im Elisabeth Krankenhaus zur Untersuchung melden solle Dieser Termin wurde auf den 29 Januar verschoben mit dem Hinweis sie musse fur die Untersuchung acht Tage im Krankenhaus bleiben Am 30 Januar gab Bremer ein ausfuhrliches Gutachten uber ihren Gesundheitszustand ab dessen Ergebnis lautete Es ist bei diesem Bild nicht zu erwarten dass Frau P jemals langere Zeit bazillenauswurffrei sein wird Man kann sie daher nicht als haftfahig ansehen aber fur einige Vormittagsstunden halte ich sie durchaus fur verhandlungs und vernehmungsfahig 2 Am 3 Marz schloss sich Muller Hess diesem fur sie gefahrlichen Urteil an Erst am 7 Marz untersuchte Muller Hess sie auf mehrere Nachfragen des Gerichts hin RA Menzel setzte sich mit Muller Hess in Verbindung und kundigte dem VGH nach weiteren Verzogerungen am 15 Juli an dass jener sie noch einmal untersuchen werde ausserdem dass Dr Melzer St Blasien sie vorher am 23 Juli untersuchen konne Die Staatsanwaltschaft war wie RA Menzel erfuhr entschlossen zu einer Verhaftung kurz vor einem erst in letzter Minute zu nennenden Termin um eine sofortige Verurteilung zu erreichen Menzel warnte Elisabeth Pungs ihren jungsten Bruder Hermann und ihren Mann Friedrich Pungs Sie berieten uber mogliche Wege zu ihrer Rettung Wegen ihrer Krankheit schien ein Leben im Untergrund nicht moglich zu sein ein Versteck in Frankreich oder Belgien war zu der Zeit noch nicht moglich Der ihnen als zuverlassig bekannte Arzt Dr Georg Groscurth konsultierte Ferdinand Sauerbruch wegen einer moglichen Operation schlug dann jedoch eine andere Losung vor Am 3 August 1943 traf sich ihr Bruder Hermann mit ihr im kleinen Tiergarten vor dem Robert Koch Krankenhaus und gab ihr eine Flasche mit prapariertem Blut das er von Groscurth erhalten hatte Sie ubergoss sich in einer Telefonzelle mit dem Blut und ihr Bruder lieferte sie als unbekannter Soldat in die Klinik ein zu Dr Groscurth der niemanden von ihrer Aufnahme benachrichtigte 19 Dieser Blutsturz geschah am 3 August 1943 RA Menzel teilte ihn Dr Muller Hess mit der in seinem Gutachten vom 11 August den angeblichen Blutsturz erwahnte ihn aber dann doch als Indiz dafur anfuhrte dass die Tuberkulose weiterhin offen sei und Elisabeth Pungs deshalb weder verhandlungs noch vernehmungsfahig 2 Am 6 Oktober beschloss der 2 Senat des VGH dass das Verfahren gegen Elisabeth Pungs vorlaufig eingestellt werde Damit war fur die Verteidigung etwa ein halbes Jahr gewonnen Sie schrieb ab dieser Zeit ein Sanatoriums Tagebuch Elisabeth Pungs jungster Bruder war in Berlin als Dechiffrierer von Agentenfunk im OKH In 7 VI dem Referat Vauck durch diese Tatigkeit trug er wenn auch nicht entscheidend und an untergeordneter Stelle dazu bei dass Georg Groscurth Mitgrunder der Widerstandsgruppe Europaische Union kurz darauf verhaftet und hingerichtet wurde Ihr Mann Friedrich Pungs half in Belgien verfolgten und geflohenen Menschen und organisierte zusammen mit Werner Ackermann und ihrem Bruder im Herbst 1943 die Fahrt seines Neffen Jacques de Duve getarnt als deutscher Spion nach England 20 1944 Die Suche nach Elisabeth Pungs und weitere Verzogerungen Bearbeiten Ihr Sohn musste am 2 Januar 1944 zur Musterung als Flakhelfer da er aber schon als Kind Tbc hatte wurde er zuruckgestellt StA Bruchhaus fragte Anfang 1944 an wo Elisabeth Pungs sei RA Menzel der standig in Verbindung mit ihr war stellte sich unwissend und antwortete am 10 Marz 1944 er musse Friedrich Pungs fragen der weiterhin in Lille stationiert war und erbat eine Frist von 14 Tagen dafur Erst am 17 Mai traf die Auskunft aus Lille ein sie sei im Elisabeth Sanatorium in Stahnsdorf Menzel informierte zunachst Elisabeth Pungs dann am 28 Juli leitete er die Auskunft an den Oberreichsanwalt weiter und erst am 12 September beantragt StA Bruchhaus ein erneutes Gutachten 2 Den tatsachlichen Gesundheitszustand beschrieb ihr jungster Bruder Ihr tatsachlicher Gesundheitszustand war wenn nicht gerade gut so doch auch nicht besonders schlecht und gab zu besonderen Befurchtungen kaum Anlass Er verschlechterte sich allerdings seit ihr Mann ihr keine Lebensmittel aus Frankreich oder Belgien mehr schicken konnte 19 Die letzte Nachricht von ihrem Mann hatte sie im September 1944 erhalten dass jener sich Ende August nach Belgien abgesetzt hatte und ab 4 September in Antwerpen lebte erfuhr sie nicht Nach der Auflosung des Landerziehungsheims wohnte ihr Sohn ab September 1944 bei ihr im Sanatorium und musste in einer einige km entfernten Werkstatt arbeiten 21 Kriegsende und Nachkriegszeit BearbeitenAm 24 April 1945 wurde Stahnsdorf von der Roten Armee eingenommen das Sanatorium blieb erhalten Am 26 April wurde ihr Sohn an einer Strassensperre von Soldaten der Roten Armee festgenommen er kam in ein Lager bei Trebbin konnte aber am 3 Mai zu ihr zuruckkommen Am 14 Mai verliessen beide das Sanatorium und gingen in die Stadt zuruck wo sie am 15 Mai ankamen Sie meldete sich bei dem KPD Vorsitzenden des Stadtteils und bot an am Wiederaufbau mitzuarbeiten soweit dies ihre Krafte zuliessen doch die Genossen warfen ihr vor sie sei durch ihre Zeugenaussage am Tod von Schmidt Sas mitschuldig Ausserdem sei sie von ihren reichen Verwandten die Nazis waren ausgekauft worden Schon dass sie uberlebt hatte machte sie verdachtig 22 Am 28 August 1945 starb sie an Tuberkulose Am 26 September wurde ihre Urne von ihrem Sohn und ihrem Bruder auf dem Sudwestkirchhof Stahnsdorf bestattet Werke in denen Elisabeth Pungs erwahnt wird BearbeitenRoman Hans Fallada Jeder stirbt fur sich allein Dort erscheint sie als Fraulein Anna Schonlein eine klagliche hilflose Gestalt Fallada kannte Alfred Schmidt Sas Vorbild fur die Figur des Dr Reichardt und dessen Verlobte Marga Dietrich er horte damit auch die Version Elisabeth Pungs sei mitschuldig am Tod von Schmidt Sas Memoiren Daniel de Duve Une enfance au bord du Rhin 1930 1945 Ed Racine Bruxelles 2010 ISBN 978 2 87386 648 8 Kindheits und Jugenderinnerungen des Autors Christian de Duve Sept vies en une Memoires d un Prix Nobel Ed Odile Jacob sciences Paris 2013 Nur das erste Kapitel Premiere partie Les annees d enfance 1917 1934 Un heritage culturel s google books Charles Albert de Behault Tu rendras un grand service a l Angleterre 1943 1945 L odyssee de Jacques de Duve Editions Mols 2020 ISBN 978 2 87402 254 8 Literatur BearbeitenFriedrich L Bauer Historische Notizen zur Informatik Springer Heidelberg 2009 S 46 ff S 47 Verlobungs Foto Juni 1917 Volker Hoffmann Hanno Gunther ein Hitlergegner Geschichte eines unvollendeten Kampfes Berlin 1992 ISBN 3 89468 050 4 Volker Hoffmann Der Dienstalteste von Plotzensee Das zerrissene Leben des Musikerziehers Alfred Schmidt Sas 1895 1943 Kritische Biographie mit einem Geleitwort von Gisela May und einem Nachwort von Johannes Tuchel Biographien europaischer Antifaschisten Bd 2 1998 ISBN 3 89626 089 8 Weblinks BearbeitenPortratfoto Abgerufen am 13 Februar 2019 Scan der Flugblatter Das freie Wort Gedenkstatte deutscher Widerstand Abgerufen am 16 November 2014 Gestapo Fotos der Rutli Gruppe Gedenkstatte deutscher Widerstand Abgerufen am 16 November 2014 Anklageschrift und Urteil im Prozess gegen Hanno Gunther und Andere Abgerufen am 16 November 2014 Kurzbiografie der Gedenkstatte Deutscher WiderstandEinzelnachweise Bearbeiten Friedrich L Bauer Historische Notizen zur Informatik Springer Berlin u a 2009 ISBN 3 540 85789 3 doi 10 1007 978 3 540 85790 7 S 46 ff S 47 Verlobungs Foto Juni 1917 a b c d e f g h i j k Im Bundesarchiv vorhandene Akten des Prozesses des Volksgerichtshofs gegen die Rutli Gruppe und Sonderband Pungs des Oberreichsanwalts Brief ihres alteren Bruders Claus an dessen Braut vom 3 November 1923 Briefe ihres Bruders Claus von 1923 und 1928 Brief ihrer Schwiegermutter Hedwig Scherbius an sie vom 18 Januar 1931 Brief vom 8 September 1929 an eine Jugendfreundin Carola Tischler Die Gerichtssale mussen zu Tribunalen gegen die Klassenrichter gemacht werden Die Rechtsberatungspraxis der Roten Hilfe Deutschlands In Sabine Hering Kurt Schilde Hrsg Die Rote Hilfe Die Geschichte der internationalen kommunistischen Wohlfahrtsorganisation und ihrer sozialen Aktivitaten in Deutschland Leske Budrich Opladen 2003 ISBN 3 8100 3634 X a b c Volker Hoffmann Hanno Gunther Ein Hitler Gegner 1921 1942 Geschichte eines unvollendeten Kampfes Berlin 1992 ISBN 3 89468 050 4 S 45 48 Zentrales Grundbucharchiv Berlin Brief ihres Bruders Hermann an ihren Bruder Claus vom 23 Januar 1948 Brief von Friedrich Pungs an ihren Bruder Claus vom 24 Januar 1948 Volker Hoffmann Der Dienstalteste von Plotzensee Das zerrissene Leben des Musikerziehers Alfred Schmidt Sas 1895 1943 Berlin 1998 ISBN 3 89626 089 8 S 121 ff Volker Hoffmann Hanno Gunther ein Hitler Gegner 1921 1942 Geschichte eines unvollendeten Kampfes Berlin 1992 S 212 Volker Hoffmann Hanno Gunther ein Hitler Gegner 1921 1942 Geschichte eines unvollendeten Kampfes Berlin 1992 S 62 88 Meldung des RSHA vom 18 August 1941 uber die Verhaftung von Elisabeth Pungs Erich Jazosch und Alfred Schmidt Sas Bundesarchiv Anklageschrift a b Entnazifizierungsakten ihres Bruders Claus Urteil des Volksgerichtshofs uber die Rutligruppe a b Brief ihres Bruders Hermann an ihre Verwandten vom 17 November 1945 Charles Albert de Behault Tu rendras un grand service a l Angleterre 1943 1945 l odyssee de Jacques de Duve Ed Mols 2020 p 41ff franzosisch Sanatoriumstagebuch Volker Hoffmann Der Dienstalteste von Plotzensee Das zerrissene Leben des Musikerziehers Alfred Schmidt Sas 1895 1943 Berlin 1998 ISBN 3 89626 089 8 S 237 beruhend auf einem Interview mit ihrem Sohn 1987 PersonendatenNAME Pungs ElisabethALTERNATIVNAMEN Pungs Elisabeth Adelaide vollstandiger Name Taaks Elisabeth Geburtsname Scherbius ElisabethKURZBESCHREIBUNG deutsche Widerstandskampferin im Dritten ReichGEBURTSDATUM 20 Mai 1896GEBURTSORT BremenSTERBEDATUM 28 August 1945STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elisabeth Pungs amp oldid 238322651