www.wikidata.de-de.nina.az
Die Cherusker ceˈʁʊskɐ oder keˈʁʊskɐ lateinisch Cherusci altgriechisch Xhroῦskoi Cherouskoi oder Xairoyskoi Chairouskoi waren ein Stammesverband im antiken Germanien der im Gebiet beidseitig des oberen Flussgebietes der Weser im heutigen Ostwestfalen Lippe und in Niedersachsen bis zur Elbe lebte Uber seine Geschichte sind nur wenige Informationen uberliefert Inhaltsverzeichnis 1 Name 2 Siedlungsgebiet 3 Geschichte 4 Anmerkungen 5 Quellen 6 LiteraturName BearbeitenSpatestens im 16 Jahrhundert wurde daruber spekuliert bis hin zu gewagten Mutmassungen Cherusker sei mit Harzer von Harz zu ubersetzen 1 Dies glaubte bereits Martin Luther der in seinen Tischgesprachen von Arminius meinte er sei ein Hartzer oder Hartzlender nomine Hermannus gewesen 2 In der Forschung des 19 und 20 Jahrhunderts gab es mehrere Theorien zur Herkunft des Wortes Jacob Grimm sah eine Verbindung zum gotischen Wort hairus bzw dem altenglischen heoru fur Schwert 3 Auch das altnordische horskr fur die Klugen bildet eine mogliche Verbindung Andere wie Rudolf Much Edward Schroder und Otto Hofler leiteten das Wort eher totemistisch vom gemeingermanischen herut Hirsch ab und begrundeten dies mit der grossen Rolle die der Hirsch in der germanischen Symbolik spielte Diese Einschatzung gilt heute als die wahrscheinlichste und die Volksbezeichnung als germanisch 4 Demzufolge fuhrt der ehemalige Landkreis Alfeld Leine einen Hirschen im Wappen Hans Kuhn wies alternativ darauf hin dass das Suffix sk nicht germanisch sei beziehungsweise als solches unublich Er sieht ein Kompositum vorliegen das weder rein romisch noch germanisch und daher an indoeuropaisches Sprachgut aus dem Nordwestblock anzubinden sei 5 Siedlungsgebiet Bearbeiten nbsp Karte der germanischen Stamme um 50 n Chr Erstmalige Erwahnung fand das Volk der Cherusker in der Schrift De bello Gallico des romischen Feldherrn Gaius Iulius Caesar Er berichtete dass die Cherusker und Sueben durch den grossen Wald bacenis silva voneinander getrennt seien 6 Es liegen nur wenige andere Hinweise auf ihr geographisches Siedlungsgebiet vor Strabon erwahnte sie nur als eines der kleineren germanischen Volker 7 wahrend Plinius der Altere sie neben den Sueben Chatten und Hermunduren zu den Herminonen zahlte 8 Tacitus betrachtete sie als Nachbarn der Chatten und Chauken 9 Die genauesten Angaben hinterliess Claudius Ptolemaus der schrieb dass die Cherusker sudlich der an der Elbe lebenden Kalukonen wohnten und sich ihr Gebiet bis zum Harz erstreckte 10 Man geht deshalb davon aus dass sich das Siedlungsgebiet der Cherusker zwischen Weser Elbe und Harz befand Allerdings weisen andere Berichte darauf hin dass sich dieses Gebiet auch westlich der Weser erstreckte 11 Im Norden trennte der Angrivarierwall die Cherusker von den Angrivariern 12 Geschichte BearbeitenIn den Jahren zwischen 12 v Chr und 16 n Chr fuhrten die Romer unter Drusus Tiberius Varus und Germanicus Kriege gegen die Cherusker Augusteische Germanenkriege Im Jahr 11 v Chr drang Drusus im Rahmen der Drusus Feldzuge 12 8 v Chr bis zu den Cheruskern vor was diese jedoch nicht davon abhielt im Verbund mit andern Stammen das romische Heer auf dem Ruckmarsch bei Arbalo zu stellen und beinahe vernichtend zu schlagen Im Jahr 9 v Chr fand ein erneuter Feldzug des Drusus statt Moglicherweise wurden die Cherusker dabei bis zur Elbe verfolgt ein Elbeubergang des Stammes fand jedoch nicht statt 13 Der todliche Unfall des Drusus im Jahr 9 v Chr trug sich vermutlich auf cheruskischem Gebiet zu 13 Im Folgejahr erreichte Tiberius die Unterwerfung der Cherusker vermutlich auf diplomatischem Wege cheruskische Gesandtschaft nach Gallien zu Augustus 13 Zwischen 7 v Chr und 1 n Chr galten die Cherusker als Freunde Roms Allerdings scheinen um die Zeitenwende Spannungen aufgetreten zu sein die sich 1 n Chr in einem allgemeinen Aufstand germanischer Stamme dem immensum bellum 1 5 n Chr entluden 4 n Chr konnte Tiberius die Cherusker wieder in das romische Herrschaftssystem integrieren In der Folge galten die Cherusker als Bundesgenossen socii foederati Zunehmende Eingriffe in die internen Angelegenheiten der Cherusker wohl auch Verstosse der Romer gegen vertragliche Abmachungen verstarkten den antiromischen Widerstand 14 Den Hohepunkt dieser Auseinandersetzungen bildete die Varusschlacht 9 n Chr in deren Verlauf drei romische Legionen aufgerieben wurden In diesen Kampfen standen die Cherusker unter ihrem Anfuhrer Arminius an der Spitze eines Stammebundes aus Brukterern und Marsern vielleicht auch Chatten und Angrivariern Die Teilnahme weiterer Stamme wie der Usipeter Chattuarier Tubanten Mattiaker oder Landern 15 zumindest an den Kampfen im Anschluss an die Schlacht ist moglich aber nicht erwiesen In den Jahren darauf folgte der am Ende erfolgreiche Widerstand der Arminius Koalition gegen die Versuche des Tiberius und insbesondere des Germanicus ab 13 n Chr die Stamme erneut zu unterwerfen Nach schweren Kampfen und hohen romischen Verlusten in den Germanicus Feldzugen 14 bis 16 n Chr untersagte Tiberius die weitere Kriegfuhrung in Germanien Fur Tacitus war der Cheruskerfurst Arminius ohne Zweifel der Befreier Germaniens 16 Im Jahre 17 n Chr besiegte das um Semnonen und Langobarden erweiterte Bundnis auch das Heer des markomannischen Konigs Marbod 17 Den inneren Fehden nach dem Tod des Arminius 21 n Chr fiel fast die gesamte Furstenschicht der Cherusker zum Opfer so dass sie im Jahr 47 n Chr in Rom darum baten Italicus den letzten aus dem Geschlecht des Arminius zum Konig ernennen zu durfen Doch auch dessen Erfolg bei der Befriedung des Stammes war begrenzt 18 Einer seiner Nachfolger Konig Chariomerus wurde um das Jahr 88 n Chr von den Chatten vertrieben und rief Kaiser Domitian vergeblich um Hilfe an 19 Tacitus berichtet dass die Chatten die Cherusker unterwarfen Danach sind sie nicht mehr zu greifen Spater vertritt der Name als Reminiszenz an einen einst bedrohlichen Barbarenstamm zeitgenossische Namen in der Poesie 20 Die altere Forschung hielt das fur Belege eines Fortbestehens der Ethnie 21 Erst im 4 Jahrhundert sollte ihr Stamm demnach im Volk der Sachsen aufgegangen sein 22 Eine weitere Existenz der Cherusker wird auch an Merkmalen der Mundart und an Ortsnamen festgemacht Doch gilt dies als nicht uberzeugend Der Ortsname Harxbuttel zum Beispiel leitet sich nicht von dem Namen Cherusker ab sondern uber die bezeugte Form Herikesgibutle vom Personennamen Herike 23 Es wird davon ausgegangen dass sich die uberlebenden Cherusker anderen Ethnien in deren politische Gemeinwesen sie sich integrieren mussten assimiliert haben 24 Anmerkungen Bearbeiten Wilhelm Raabe Karl Hoppe Jost Schillemeit Eberhard Rohse Hrsg Samtliche Werke Das Odfeld Der Lar Bd 17 Gottingen 1966 2 Auflage 1981 S 405 Rainer Kipper Der Germanenmythos im Deutschen Kaiserreich Formen und Funktionen Gottingen 2002 S 43 Jacob Grimm Geschichte der Deutschen Sprache Bd 2 2 Auflage Leipzig 1853 S 426 So auch bei Friedrich Schmitthenner Kurzes Deutsches Worterbuch fur Etymologie Synonymik und Orthographie Darmstadt 1834 S 244 Gunter Neumann Cherusker 1 Namenkundliches in Reallexikon der germanischen Altertumskunde 4 1981 S 430f Rudolf Much Die Germania des Tacitus 3 Auflage Winter Heidelberg 1967 S 411f Hans Kuhn Arminius In RGA 1 1973 S 420 21 Ders In Westfalische Forschungen 12 1959 S 36 Caesar De bello Gallico 6 10 Strabon 7 291 Plinius Naturalis historia 4 100 Tacitus Germania 36 Ptolemaus 2 11 10 So etwa Velleius Paterculus 2 105 und Cassius Dio 54 33 Tacitus Annales 2 19 a b c Kehne 2008 S 18 Kehne 2008 S 21 Dazu Ralf G Jahn Der Romisch Germanische Krieg 9 16 n Chr Dissertation Bonn 2001 S 117 f Tacitus Annales 2 88 2 Tacitus Annales 2 44 46 Tacitus Annales 11 16 17 Cassius Dio epitome 67 5 Reinhard Wenskus Cherusker in Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 4 1981 S 431 435 Reinhard Wolters Die Schlacht im Teutoburger Wald Arminius Varus und das romische Germanien 1 durchgesehene aktualisierte und erweiterte Auflage Munchen 2017 ISBN 978 3 406 69995 5 S 174 f 3 Beispiele bei Max Ihm s v Cheruski in RE III 2 1899 Sp 2272 Oberst Streccius s v Cherusker in Bernhard von Poten Hrsg Handworterbuch der gesamten Militarwissenschaften Band 2 Bielefeld und Leipzig 1877 S 235 Reinhard Wenskus Cherusker Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 4 1981 434 Reinhard Wenskus Cherusker in Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd 4 1981 hier S 434 Reinhard Wolters Die Schlacht im Teutoburger Wald Arminius Varus und das romische Germanien 1 durchgesehene aktualisierte und erweiterte Auflage Munchen 2017 S 174 f Quellen BearbeitenGaius Iulius Caesar De bello Gallico 6 10 Plinius Naturalis historia 4 100 Claudius Ptolemaus Geographike Hyphegesis 2 10 Strabon Geographie 7 291 Tacitus Annales 2 19 44 46 Tacitus Germania 36 Literatur BearbeitenMax Ihm Cherusci In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band III 2 Stuttgart 1899 Sp 2270 2272 Peter Kehne Zur Lokalisierung Organisation und Geschichte des Cheruskerstammes In Michael Zelle Hrsg Terra incognita Die nordlichen Mittelgebirge im Spannungsfeld romischer und germanischer Politik um Christi Geburt Akten des Kolloquiums im Lippischen Landesmuseum Detmold vom 17 bis 19 Juni 2004 Philipp von Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 3632 2 S 9 29 Gunter Neumann Reinhard Wenskus Rafael von Uslar Cherusker In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 4 Walter de Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 006513 4 S 430 435 Wolfgang Will Romische Klientel Randstaaten am Rhein In Bonner Jahrbucher Band 187 1987 S 1 61 hier S 44 55 Digitalisat Normdaten Sachbegriff GND 4090358 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cherusker amp oldid 232700069