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Der Caro Petschek Prozess war einer der aufwandigsten Strafprozesse in der Endphase der Weimarer Republik Wider alle Vernunft eskalierte ein absurder Familienstreit zwischen den judischen Industriellen Nikodem Caro und Ignaz Petschek zu einem aufsehenerregenden Kriminalfall und schurte in weiten Teilen der Bevolkerung das Misstrauen in die Weimarer Justiz Das Verfahren dauerte vom 6 Juni 1932 bis zum 23 Dezember 1932 Foto vom Caro Petschek Prozess im Hintergrund die prominent besetzte Verteidigerbank Ganz rechts vorgebeugt Wolfgang Heine neben ihm Rudolf Dix dann der Angeklagte Nikodem Caro und nach rechts blickend Max AlsbergIn der heutigen Rechtswissenschaft gilt der Fall als Lehrbeispiel wie sich ein banaler privater Konflikt zu einem Ewigkeitsprozess auswachsen kann wenn sehr reiche Menschen getrieben von Rache und vertreten von exzellenten Anwalten es auf eine Eskalation anlegen und das Gericht nicht willens oder nicht in der Lage ist die Beweisaufnahme auf das Notwendige zu beschranken 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Streitgegenstand 3 Prozessbeginn 4 Prozessfuhrung 5 Politikum 6 Urteil 7 Reaktionen 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenNikodem Caro 1871 1935 war ein in Lodz damals Lodz geborener angesehener Erfinder promovierter Chemiker mehrfacher Ehrendoktor und Ehrensenator Professor Generaldirektor der Bayerischen Stickstoff Werke AG Aufsichtsratsmitglied in 23 weiteren Unternehmen und Ehrenburger von 17 Stadten Gemeinsam mit Adolph Frank hatte er im Jahr 1895 ein Verfahren zur industriellen Herstellung von Kalkstickstoff entwickelt und im selben Jahr ein Patent fur die Synthese von Cyaniden erhalten Wahrend des Ersten Weltkriegs war Caro an der Giftgasforschung beteiligt und erwarb mit der Produktion von Stickstoff ein grosses Vermogen Im Jahr 1920 wurde er Geheimer Regierungsrat Sachverstandiger im Ausschuss fur Handelspolitik des Reichstags und Generalkonsul fur Bulgarien Er war deutscher Staatsburger lebte seit seiner Jugend in Berlin Dahlem und besass Zweitwohnsitze unter anderem in Trostberg Piesteritz und Zurich Sein einziges Kind war die im Jahr 1896 in Berlin geborene Vera Deborah Caro 3 4 Ignaz Petschek 1857 1934 war ein in Kolin geborener Braunkohlenindustrieller Er lebte in Aussig das wie ganz Bohmen bis zum Jahr 1918 zu Osterreich Ungarn gehorte und hatte vier Sohne darunter den in Teplitz geborenen Chemiker Dr Ernst Petschek 1887 1956 Nach der Washingtoner Erklarung wurden alle Familienangehorigen tschechoslowakische Staatsburger Die Petscheks waren eine der reichsten judischen Familien Europas Sie beherrschten 50 der europaischen Kohlenerzeugung Im mitteldeutschen Revier und ostelbischen Revier lag der Anteil bei 70 Unter anderem kontrollierte die Familie massgeblich das Mitteldeutsche Braunkohlen Syndikat 5 6 7 Nikodem Caro und Ignaz Petschek lernten sich wahrend des Ersten Weltkriegs im Dezember 1916 im Zug von Berlin nach Wien kennen Caro zeigte ein Foto seiner unverheirateten 20 jahrigen Tochter Vera und Petschek ein Foto seines ebenfalls ledigen 28 jahrigen Sohnes Ernst der zu dieser Zeit bei der k u k Armee an der Front kampfte Kurz nach dem Kennenlernen der beiden Vater schickte Vera Caro dem jungen Petschek ein Liebesgabenpaket nebst langem Brief ins Feld Im Sommer 1917 lernten sich die beiden im Beisein ihrer Eltern in Karlsbad kennen Noch im selben Jahr wurde die Verlobung bekanntgegeben Als Mitgift sollen 400 000 Mark nach heutiger Kaufkraft etwa 1 100 000 EUR 8 vereinbart worden sein die im Falle einer Trennung zuruckzuzahlen waren Nikodem Caro erklarte spater vor Gericht dass er die Ehe gestiftet habe weil er eine gute Partie fur seine Tochter wollte Auch Ignaz Petschek soll in den Kolonnaden von Karlsbad gesagt haben dass die Vermahlung von Stickstoff und Braunkohle seinen finanziellen Interessen entgegenkame Diese Ausserung Petscheks gelangte nach Bekanntgabe der Verlobung in die Presse und fand sich spater bei der Berichterstattung uber den Prozess in vielen Zeitungen wieder Die Hochzeit fand am 26 November 1918 in Berlin statt 9 Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor die Tochter Anneliese 1920 2010 und der Sohn Ernst Peter Nikodem 1924 1976 10 Ende der zwanziger Jahre geriet die Ehe unter sehr unerfreulichen Begleitumstanden in die Krise wodurch auch die Freundschaft der Schwiegervater in die Bruche ging Noch im Juni 1927 hatte Nikodem Caro zu Ignaz Petscheks 70 Geburtstag die Festrede gehalten Die Scheidung erfolgte im Herbst 1928 Ein Trennungsgrund soll die permanente Forderung von Ignaz Petschek nach einer Kompagnie von Enkeln gewesen sein Nikodem Caro gab spater zu Protokoll Ignaz Petschek war nach aussen hin ein Mensch von grossem Charme und ich glaube meine Tochter war vielleicht mehr in ihn verliebt als in ihren Mann Ernst Petschek liebte seine Kinder sehr und zahlte nach der Trennung freiwillig einen Unterhalt in Hohe von monatlich 70 000 RM nach heutiger Kaufkraft etwa 280 000 Euro 11 12 13 Parallel dazu legte Nikodem Caro im September 1928 die bisher von ihm innegehabten Aufsichtsratsmandate bei den Gesellschaften des Petschek Konzerns insbesondere bei der Eintracht und den Niederlausitzer Kohlenwerken nieder 14 Streitgegenstand BearbeitenNach Angabe von Nikodem Caro setzten die Petscheks nach der Trennung mehrere Detektive auf ihn und seine Tochter an und versuchten mit Hilfe eines bestochenen Portiers die Kinder zu entfuhren Zudem soll sich ein mit Geschick ausgesuchter hubscher blonder junger Mann an seine Tochter herangemacht haben um im Auftrag der Petscheks die Sittlichkeit und Tugend der frisch geschiedenen Frau zu diskreditieren In der Folge verlegte Caro den Sitz seines Konsulats in seine Dahlemer Villa wodurch das Anwesen exterritorial wurde Die eigentliche juristische Auseinandersetzung begann als Nikodem Caro von Ernst Petschek die Mitgift zuruckforderte die seine Tochter nunmehr uber den Staatssekretar Otto Meissner fur den Fonds des Reichsprasidenten zugunsten notleidender Waldenburger Bergarbeiterfamilien spenden wollte Ernst Petschek bestritt jedoch das Geld je erhalten zu haben Als Caro darauf verwies dass er die Mitgiftsumme Ignaz Petschek gegen Quittung ubergeben habe verlangte Ignaz Petschek die Vorlage der Quittung Caro behauptete daraufhin zunachst er habe die Quittung im Jahr 1924 beim Aufraumen seines Schreibtischs zusammen mit anderen Papieren vernichtet Darauf forderte Ignaz Petschek eine Versicherung an Eides statt uber die Existenz der Quittung Diese Versicherung gab Caro jedoch nicht ab und reichte stattdessen eine Zivilklage auf Ruckzahlung der Mitgift ein Kurz vor dem Verhandlungstermin gab er an die Quittung an deren Existenz er selbst fast schon nicht mehr glaubte wiedergefunden zu haben Er weigerte sich aber das Schriftstuck den Petscheks zu ubergeben und zog stattdessen die Klage zuruck Caro sagte spater aus dass er mit der Klageerhebung Ignaz Petschek auf die Probe stellen und sehen wollte wie weit er Petschek zu gehen wagt Zwischenzeitlich hatten jedoch die Petscheks eine gerichtliche Verfugung auf Herausgabe der Quittung erwirkt Als der Gerichtsvollzieher begleitet von einem Anwalt der Petscheks bei Caro erschien rief Caro theatralisch aus Ich habe die Quittung soeben zerrissen und die Papierfetzen in die Toilette geworfen Nun ist sie auf dem Wege zu den Rieselfeldern Am folgenden Tag erklarte er dass er nicht die Originalquittung auf diese radikale Weise vernichtet habe sondern nur eine Kopie Die Originalquittung existiere noch er habe sie seinerzeit einem Freund in Lemberg dem polnischen Rechtsanwalt Lowenstein zur Aufbewahrung gegeben In Lemberg konnte das Schriftstuck aber nicht gefunden werden der polnische Anwalt war just zu dieser Zeit verstorben Statt der Originalquittung oder einer Kopie legte Caro nun eine eidesstattliche Versicherung uber den Erhalt der Quittung vor Daraufhin erstatteten die Petscheks Strafanzeige gegen Caro Die Staatsanwaltschaft lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mehrmals ab Petschek jedoch erhob Beschwerde und der Strafprozess musste durchgefuhrt werden Die Anklage lautete schliesslich auf versuchten Betrug Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen Urkundenfalschung und Urkundenvernichtung 15 12 16 Prozessbeginn BearbeitenDer Prozess fand im Kriminalgericht Moabit vom 6 Juni 1932 bis zum 23 Dezember 1932 statt Die Verhandlung war offentlich und vom ersten Tag an von vielen Pressevertretern gut besucht Vertreten wurden die Streitparteien von hochdotierten und namhaften Staranwalten Die Verteidigung von Nikodem Caro ubernahmen Max Alsberg Rudolf Dix und der ehemalige Preussische Justizminister Wolfgang Heine Als Nebenklager traten Ignaz und Ernst Petschek auf vertreten unter anderem von Martin Drucker Leo Davidsohn und Alfons Roth Die Anwalte beider Seiten lieferten sich wahrend der Verhandlungstage lebhafte Wortgefechte auf einem hohen intellektuellen Niveau gepragt von Schlagfertigkeit und Scharfsinnigkeit Vorsitzender Richter war Kurt Ohnesorge und Max Jager der Erste Staatsanwalt Hauptgegenstand des Prozesses bildete die Quittung 1 Zunachst erorterte das Gericht nochmals die Zustandigkeit Dabei erhoben die Anwalte beider Seiten die Nationalitat ihrer Mandanten beinahe zum juristischen Faktum und versuchten sich bezuglich der nationalen Gesinnung gegenseitig zu ubertrumpfen Die Nebenklage warf Nikodem Caro vor er hatte die deutsche Staatsburgerschaft erst im Laufe der Jahre erworben Die Verteidigung hielt dagegen dass Caro als Sohn des deutschen Vizekonsuls Albert Caro in Lodz geboren wurde aber sich nicht allein durch den Pass seines Vaters sondern vielmehr durch sein Bekenntnis zum Deutschtum und seine Leistungen fur das deutsche Vaterland als Deutscher auszeichne Bei der Diskussion uber seine Herkunft und Erziehung zitierte Caro einen unbekannten Religionslehrer woraufhin ein Anwalt der Gegenseite ihn forsch unterbrach und fragte Wer ist dieser Pole Caro feuerte zuruck Es ist ein besserer Deutscher als Sie 17 Der Kronzeuge gegen Caro Ignaz Petschek der bis dahin haufig nach Berlin gekommen war und in den Gerichtsberichten kurzweg als tschechischer Kohlenkonig bezeichnet wurde lehnte es ab personlich vor Gericht zu erscheinen Es fanden sich Arzte die nicht nur bestatigten dass er fur eine Reise nach Berlin zu krank sei sondern dass er aufgrund einer halbseitigen Lahmung auch nicht schworen konnte 18 Eher als rhetorische Frage merkte der Richter dazu an Herr Ignaz Petschek ist vielleicht als Tscheche zu stolz um vor einem deutschen Gericht zu erscheinen Caros Rechtsanwalt Alsberg erganzte Wenn ein Auslander vor einem deutschen Gericht Recht sucht so muss er sich schon hierher bequemen Nikodem Caro sagte aus dass Ignaz Petschek nicht kommen werde da er in Deutschland geraubert habe und dass sich dieser Mann bei seinen Aufenthalten in Deutschland niemals meldet um steuerrechtlich nicht erfasst zu werden 19 Mit dieser Aussage goss Caro eine erste Kanne Ol ins Feuer einer Auseinandersetzung die das Finanzamt Moabit als zustandige Steuerbehorde fur auslandische Unternehmen schon seit dem Jahr 1925 mit Ignaz Petschek fuhrte Sich dessen bewusst legte Ernst Petschek zusatzlich zu den arztlichen Attesten mehrere Fotografien dem Gericht vor die nachweisen sollten dass sein 75 jahriger Vater derzeit fur eine Reise nach Berlin zu krank sei Als Beweis fur die idealistische Gesinnung seines Vaters fuhrte Ernst Petschek mit steigender Erregung aus Mein Vater hat schon als 16 Jahriger Schopfungen der deutschen Literatur gesammelt Er selbst konnte ein Notizbuch seines Vaters finden das mit Zitaten von deutschen Dichtern vollgeschrieben ware Im Ubrigen sei Ignaz Petschek noch ein Osterreicher deutscher Muttersprache gewesen als er Nikodem Caro kennenlernte Letztlich wurde ein Gerichtsdiener nach Aussig geschickt dem Ignaz Petschek eine eidesstattliche Versicherung aushandigte dass er eine Quittung niemals unterschrieben habe Damit stand Eid gegen Eid Erneut signalisierte Richter Ohnesorge dass er gewillt sei die Anklage fallen zu lassen was laut Aussage von Ernst Petschek sein Vater jedoch verweigerte 20 21 Prozessfuhrung BearbeitenAusfuhrlich berichtete Caro wie er wahrend des Krieges durch seine Erfindungen die fur die Kriegsfuhrung bei der Herstellung von Munition von ungeheurer Bedeutung waren zu einem ausserordentlich grossen Vermogen gelangte Weil er den Ausgang des Krieges fruhzeitig aufgrund intimer Kenntnisse vorausgesehen habe wurden sehr grosse Barmittel in seinem Hause aufbewahrt Daher sei es ihm ohne weiteres moglich gewesen im Dezember 1918 Ignaz Petschek 400 000 Mark zu ubergeben Seinen damaligen durchschnittlichen Monatsverbrauch an Bargeld bezifferte er mit 150 000 Mark und fur das Jahr 1932 sein zu versteuerndes Jahreseinkommen mit 800 000 RM Nach dieser Aussage gab der Sozialdemokratische Pressedienst an rund 200 SPD Zeitungen die Direktive weiter dass der Geheimrat Caro einer der grossten Kriegsgewinnler sei 22 Auf die Frage des Gerichtes warum Caro ein Dokument zerrissen habe das fur ihn einen Wert von 400 000 Mark darstellte erwiderte Caro er hatte in Aufregung gehandelt zudem leide er an faustgrossen Nierensteinen gerade am besagten Tag habe eine schwere Kolik starke Schmerzen verursacht Im Ubrigen ware die ganze Sache eine Falle fur den alten Petschek gewesen um ihn zu einem Meineide zu verleiten Der sichtlich irritierte Vorsitzende antwortete Ich bemuhe mich fur Ihre Motive Verstandnis zu finden aber ich muss sagen so etwas ist mir noch nicht vorgekommen Noch mehr Unverstandnis kam bei der Frage auf wozu der polnische Rechtsanwalt die Originalquittung des tschechischen Kohlenkonigs brauchte Caro gab an dass er hierzu keine genaueren Auskunfte geben konne da er damals mit Lowenstein gelegentlich bei deutsch polnischen Wirtschaftsverhandlungen zusammentraf an denen er Caro im Interesse des Deutschen Reiches beteiligt gewesen sei Exaltiert fugte er hinzu Allerdings lag es im Interesse unseres Landes den Polen uber den Tschechen Petschek gewissermassen die Augen zu offnen Martin Drucker der Anwalt der Nebenklage versuchte im Anschluss in einem Kreuzverhor Caro zu verdeutlichen dass die Aussagen uber die abenteuerlichen Umstande des Verschwindens der Quittung keinen Sinn ergeben Daraus entwickelte sich ein hochst schlagfertiges Streitgesprach Beispiele Caro Was Sie da reden ist Leipziger Allerlei Drucker Und ihre Darstellung ist Polnische Wirtschaft dd Dann ging Drucker auf Caros faustgrosse Nierensteine ein Caro Meinetwegen konnen Sie meine Nierensteine bekommen Drucker Auch auf diesem Gebiet lehne ich Geschafte mit Ihnen ab Caro Wenn ich meine Rolle als Angeklagter ausgespielt habe werden wir uns beide so sprechen wie es unter Akademikern ublich ist dd Als nachstes rief Rudolf Dix fur Nikodem Caros Entlastung Fraulein Mathilde Schneider die Sekretarin des Lemberger Anwalts in den Zeugenstand Sie sagte aus sie habe die Quittung gesehen und sei dabei gewesen wie ihr Chef die Quittung eines Tages versehentlich zerriss Daruber hinaus behauptete Fraulein Schneider ein gutaussehender junger Mann habe in einem Lemberger Cafe versucht mit ihr eine nahere Bekanntschaft zu knupfen und wollte sie im Auftrag der Petscheks zum Stehlen der Quittung bewegen Zudem waren bei ihrer Ankunft in Berlin ihre Koffer im Hotel aufgebrochen und Dokumente durchwuhlt worden Gleichfalls berichtete Rechtsanwalt Heine im Zeugenstand er sei in Lemberg wahrend einer Recherchearbeit fur seinen Mandanten bespitzelt worden So wurde nach seinen Aussagen unter anderem eine blonde Schonheit zwecks intimer Ausforschung auf ihn angesetzt Nachdem diese von ihm 100 Zloty erhielt habe sie ihm dankbar den Namen ihres Auftraggebers Petschek gestanden 23 24 25 Max Alsberg fuhrte aus dass in dem abscheulichen Prozess den zu fuhren ich die Ehre habe das geheiligte Amt des Anklagers unter Missbrauch der Institution der Nebenklage in die Hande eines rachedurstigen Privatinteressenten Petschek gefallen sei Allerdings wurde auch seine Prozessfuhrung in mancher Hinsicht als absurd bezeichnet Beispielsweise ausserte Martin Drucker im Verlauf des Prozesses den Vorwurf die Verteidigung brauchte zur Vorbereitung ihrer Antrage langer als ein Huhn zum Eierbruten Darauf wandte sich Alsberg an das Gericht mit der Frage Wie lange brutet ein Huhn Richter Ohnesorge erwiderte kopfschuttelnd aber prompt 28 Tage Nach einer Unterbrechung erklarte Alsberg Ich habe mich erkundigt und festgestellt dass eine Ente 28 Tage braucht um ein Ei auszubruten ein Huhn aber nur 21 Tage 26 Am Rande des Prozesses gelangten Alsberg und Drucker zu der Auffassung ihre beiden Tochter Renate Alsberg und Renate Drucker konnten sich miteinander anfreunden Die Vater schickten daraufhin die beiden Teenager zusammen fur vierzehn Tage in die Sommerfrische nach Swinemunde 27 Zum Nikolaustag uberreichte Max Alsberg seinen Gegnern Martin Drucker und Alfons Roth mitten wahrend der Verhandlung je ein Geschenkpaket mit satirischen Gedichten holzernen Klapperschlangen und kleinen Ziegenbocken Auch Richter Ohnesorge erhielt ein kleines Prasent eine ein Ei ausbrutende Stoffhenne Der Nikolaustag spielte im Prozess eine bedeutende Rolle da laut Angaben von Nikodem Caro der 6 Dezember das Ausstellungsdatum der umstrittenen Mitgiftquittung war 28 29 Politikum BearbeitenDie Presse gleich welcher Couleur berichtete uber ein lebhaftes Interesse der Anwalte an der Verschleppung des Prozesses da ihnen jeder einzelne Prozesstag mehr an Honorar einbringe als den meisten Menschen monatlich wenn nicht jahrlich zur Verfugung stehe Auch liberale und konservative Kreise gingen von einem Missbrauch der Justiz aus 30 31 32 Der bei den Verhandlungen mit anwesende Jurist Carl Haensel veroffentlichte in der damals sehr beachteten Monatszeitschrift Die Tat einen umfassenden Aufsatz uber die Prozessfuhrung mit dem Titel Die Vertrauenskrise der Justiz und ihre Ursachen Dazu verfasste er ein Gedicht das zum 50 Verhandlungstag im Sitzungssaal vorgetragen wurde 32 Tatsachlich wurde erst am 67 Verhandlungstag die Beweisaufnahme geschlossen Allein uber die Frage ob eine Fotokopie verloren gehen kann wurden zwolf Sachverstandige gehort Die Kosten der Staatsanwaltschaft beliefen sich auf 5 000 RM entspricht heute etwa 25 400 EUR 33 pro Sitzungstag Das Stenogramm kostete pro Stunde 50 RM Die fuhrenden Anwalte bekamen Tageshonorare die hoher lagen als das Monatsgehalt der Richter Sehr fruh wurde die Vergutung der Petschek Anwalte bekannt die in keinem Verhaltnis zum Streitgegenstand stand Allein schon an Martin Drucker zahlte Ignaz Petschek 400 000 RM genau so viel wie die strittige Mitgift derentwegen es zu diesem Prozess kam 34 Gleichfalls spielten 400 000 Mark offensichtlich auch fur Nikodem Caro uberhaupt keine Rolle denn er hatte zwischenzeitlich in Polen eine Belohnung von 300 000 RM fur die Auffindung der verlorenen Quittung ausgesetzt Zum Vergleich Das monatliche Durchschnittseinkommen aller sozialversicherungspflichtigen Beschaftigten Arbeiter und Angestellten betrug im Jahre 1932 rund 138 RM 35 was heute etwa 700 EUR entspricht 33 Damit entwickelte sich der Streitfall allen voran in der politisch linken und rechten Presse schnell zu einem Politikum Aber selbst in seriosen Medien stiessen die Prozesskosten sowie die Dauer des Prozesses auf grosses Unverstandnis Hierbei ist zu berucksichtigen dass der Prozess auf dem Hohepunkt der Weltwirtschaftskrise stattfand und die Reichsregierung eine Politik des Sparens bis zum Aussersten betrieb 36 Zum eigentlichen Skandal eskalierte der Prozess jedoch erst nachdem sich die Kontrahenten vor Gericht gegenseitig belasteten Offengelegt wurden skandalose Geschaftspraktiken wie Unlauterer Wettbewerb Steuerhinterziehung Erpressung Untreue Bespitzelung von Anwalten Bestechung von Reichstagsabgeordneten und Journalisten Unter anderem hatte vor Beginn des Prozesses ein Abgeordneter des Preussischen Landtags im Auftrag von Ignaz Petschek versucht sich Informationen uber die Staatsangehorigkeit und mogliche Verfehlungen von Nikodem Caro beim Preussischen Innenministerium zu beschaffen Aber damit nicht genug Der Informant der Petscheks war Landtagsabgeordneter der NSDAP 37 Dazu stellte sich heraus dass der Reichsgerichtsrat Alfred Tittel als inoffizieller Prozessbeobachter auf der Gehaltsliste der Petscheks stand 38 Demgegenuber hatte der Preussische Staatssekretar Robert Weismann vor Prozessbeginn im Auftrag von Nikodem Caro verschiedene Beamte im Justizministerium zwecks moglicher Einstellung des Ermittlungsverfahrens kontaktiert Interessant war die Quelle Im Kreuzverhor gab die Sekretarin von Nikodem Caro gegenuber der Verteidigung zu sie habe fur Ignaz Petschek monatelang ihren Chef Caro bespitzelt und Dokumente sowie seine Korrespondenz nach belastbarem Material durchsucht und dafur Geld von Petschek erhalten Letztlich war jedoch die Aufdeckung der Verbindung zwischen Caro und Weismann fur die Anklage nutzlos Der vermeintliche Tatbestand bewies vielmehr dass Caro eine Eskalation vermeiden wollte Andererseits bemerkte Caro nach dem Kreuzverhor seiner Sekretarin dass er als Angeklagter zwar unfreiwillig den Prozess fuhren musse aber nun gegen diese Machenschaften Petscheks zu einem balkanischen Rachefeldzug gezwungen sei 24 Den wahren Charakter seines Gegners habe er schon im Jahr 1927 erkannt als Ignaz Petschek seinen eigenen Bruder Julius Petschek in Prag verklagte und jeder Schriftsatz von ihm ein Kubel von Unrat gewesen ware 39 Absolut politischer Sprengstoff waren Caros Aussagen uber die Stellung und Methoden von Ignaz Petschek beim Mitteldeutschen Braunkohlen Syndikat Caro zitierte den Bodenreformer Adolf Damaschke der schon im Jahr 1913 den Satz gepragt haben soll Deutschland hute dich vor Petschek Demnach sei Petschek ein skrupelloser Geschaftemacher getrieben von einer unheimlichen und hemmungslosen Geldgier Am Beispiel der Ilse Bergbau AG legte die Verteidigung dar wie Petschek durch Betrug und feindliche Ubernahmen innerhalb kurzer Zeit in verschiedenen mitteldeutschen und ostelbischen Revieren eine Monopolstellung erlangt habe Caro sagte aus dass Ignaz Petschek um seines Vorteils willens jederzeit bereit ware uber Leichen zu gehen So habe Petschek ungeachtet des ungeheuren Elends und als Antwort auf die beim Bergarbeiterstreik im Jahr 1927 erkampfte geringfugige Erhohung der Bergarbeiterlohne ungerechtfertigter Weise die Kohlenpreise erhoht und das Reichswirtschaftsministerium mit falschen Angaben betrogen Diese Aussagen bezeichneten Prozessbeobachter als glaubhaft weil sich Caro damit selbst belastete So war es Geheimrat Caro selbst der zu damaliger Zeit als Lobbyist fur Ignaz Petschek die Verhandlungen im Reichswirtschaftsministerium gefuhrt hatte 24 40 Auf Grund dieser unter Eid getroffenen Aussagen entwickelte sich in verschiedenen deutschen Landerparlamenten tagelange Debatten Unter anderem liess der Sachsische Landtag prufen ob das Kohlenwirtschaftsgesetz den Willkurlichkeiten der Petscheks Vorschub leiste und welche Sanktionen dagegen ergriffen werden konnen Das Eindringen der Petscheks in den deutschen Kohlenbergbau hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg in hohem Masse die Offentlichkeit erregt und trug im Oktober 1916 in Sachsen wesentlich zum Erlass eines Sperrgesetzes und im Juni 1918 zur Einfuhrung eines Bergregals fur Kohlen bei Dennoch gewannen die Petscheks nach Grundung der Weimarer Republik einen noch grosseren Einfluss und bestimmten vor allem im Mitteldeutschen Braunkohlen Syndikat die Preise Der Reichskohlenrat konnte bis dahin nur bedingt gegen das Kartell vorgehen da ein allgemeinverbindlicher deutsch tschechoslowakischer Wirtschaftsvertrag die Petscheks schutzte 41 42 Ob sich Nikodem Caro und Ignaz Petschek auch nur annahernd uber die parteiubergreifend politische Brisanz ihres Rechtsstreits bewusst waren oder ob sie aufgrund ihres Reichtums glaubten uber den Dingen zu stehen ist bis heute Gegenstand rechtshistorischer Spekulationen Der liberale Staatsrechtler Erich Koch Weser der sich kritisch mit dem Einfluss von Parteien in Demokratien auseinandersetzte stellte dazu zeitnah fest In dem Familienstreit Caro Petschek kommt man sogar nicht von der Vermutung los als ob der Staat durch Eroffnung des Hauptverfahrens unbewusst seine Macht der einen Partei zur Uberwindung der anderen zur Verfugung gestellt hatte 43 Zweifelsfrei war der Prozess Wasser auf die Muhlen derer die taglich in den Strassen proklamierten Die Juden sind unser Ungluck Die Juden beuten uns aus 44 Und er war Wasser auf die Muhlen derer die der Weimarer Republik vielfach kapitalistische Klassenjustiz vorwarfen fur die in diesem Fall feststand dass so oder so der Brikett Konsument fur die Prozesskosten aufkommen musse Ausgiebig nutzten politisch linke Medien die Berichterstattung uber den Prozess zur Agitation und Blossstellung schwerkapitalistischer Familien und ihrer Lebensweise wahrend das Proletariat in Armut und Deutschland in Massenarbeitslosigkeit versinke und ausgiebig verbreitete die einschlagig reaktionar rechte Presse in ihren Artikeln uber den Prozess die altbekannten antisemitischen Stereotype 45 46 Urteil BearbeitenDer Prozess brachte noch einige Uberraschungen wendete sich aber letztlich so sehr zugunsten des Angeklagten dass selbst die Staatsanwaltschaft am 21 Oktober 1932 dessen Freispruch beantragte 1 Wochen und monatelang hatte sich das Gericht mit der Aufhellung eines Tatbestandes befasst Der Erste Staatsanwalt Max Jager kam in seinem dreistundigen Pladoyer zu dem Ergebnis Die ausseren Tatsachen bedeuten in diesem Strafprozess nichts die Motive alles 47 Das Gericht folgte bezuglich der Tatsachen den Darstellungen der Verteidigung wonach eine judische Heirat bei der nicht uber eine Mitgift gesprochen wird ein Unding sei 38 48 In der Begrundung hiess es dazu Fragmente Das Gericht habe alle Verdachtsmomente erwogen sei aber zur Uberzeugung gekommen dass ein Nachweis dafur dass Caro die Mitgift nicht gegeben habe nicht erbracht wurde Wenn es keine Mitgift gegeben habe so musse die Quittung gefalscht sein Aber wenn die Quittung gefalscht sei musse Caros Forderung deswegen noch nicht unbegrundet sein Jedoch sei es bei dem Verhaltnis Caros zu seiner Tochter unwahrscheinlich dass er ihr keine Mitgift gegeben habe Ein Racheplan Caros mit erdichteten Anspruchen sei ebenfalls unglaubwurdig Dem Angeklagten hatte als Chemiker eine Falschung sinnlos erscheinen mussen Schliesslich spreche auch gegen seine Schuld dass er immer darauf gedrungen habe dass Ignaz Petschek vor einem deutschen Gericht als Zeuge aussage Das wurde er keinesfalls getan haben wenn er mit einer Falschung operiert hatte 49 Ferner konnten Caros Tochter und Ehefrau als Zeugen glaubhaft darstellen dass Ignaz Petschek in den Kolonnaden von Karlsbad grossspurig versprach die 400 000 Mark seinerseits auf 10 Millionen Mark zu erhohen und dass sich Frau Caro per Brief dafur nachweislich bedankt hatte Allerdings sei der Dank verfruht gewesen da Petschek die Mitgift niemals erhohte 50 51 Negativ fur Ignaz Petschek waren auch die eigenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und die ihr von anderen Stellen zugestellten Informationen Speziell die Tatsache dass Ignaz Petschek vor Prozessbeginn Schmahbriefe uber Caro an verschiedene Politiker Wirtschaftsfuhrer und sogar an den Reichsprasidenten versandt hatte betrachteten die Richter als gravierend niederes Motiv 52 Alsbergs Pladoyer begann am 4 November 1932 und dauerte nicht weniger als sechs Tage Darin stellte er den Prozess als einen Rekord der Abscheulichkeit und als einen Prozess der uberhaupt nicht hatte stattfinden mussen oder durfen dar Es war wie Alsberg es formulierte wegen einer Lappalie von der Familie Petschek ein skandaloser Strafprozess provoziert und mit einer nie erlebten Hartnackigkeit durchgefuhrt worden ein scheusslicher Prozess ein Prozess so hasslich so abscheulich so widerwartig wie ich ihn ahnlich noch nicht erlebt habe 53 Da nach 96 Verhandlungstagen dem Angeklagten keine strafbaren Handlungen nachgewiesen werden konnten verkundete das Gericht am 23 Dezember 1932 den Freispruch Caros Dem Nebenklager Ernst Petschek wurden die Gerichtskosten in Hohe von 150 000 Reichsmark zuzuglich die dem Angeklagten erwachsenen Kosten Anwaltskosten Reisekosten der Zeugen und Gutachter etc auferlegt Abschliessend bemerkte Richter Ohnesorge Ich kann immer noch nicht verstehen wie man aus einer einfachen Ehescheidung einen europaischen Skandal machen kann 1 54 Insgesamt wurden wahrend des Prozesses 15 Sachverstandige in den Zeugenstand gerufen darunter einige die hierfur extra aus Warschau London und sogar Ottawa anreisten Zum Zeitpunkt der Urteilsverkundung umfassten die Gerichtsakten 150 Ordner und 12 000 Seiten in Maschinenschrift verfasste Verhandlungsprotokolle 55 Ernst Petschek legte Revision ein die am 28 September 1933 vom Reichsgericht in Leipzig hochstrichterlich abgewiesen wurde Damit war das Urteil in letzter Instanz rechtswirksam 56 Reaktionen Bearbeiten nbsp Karikatur von Eduard Thony zum Caro Petschek Prozess im Simplicissimus nbsp Bericht uber den Prozess in der Post Dispatch of St LouisIn der Nachkriegsliteratur wurde der Prozess ausgehend von Alsbergs Biografen Curt Riess als symptomatisch fur die Zeit wahrend des aufkommenden Nationalsozialismus dargestellt Demnach musste die Reaktion des Publikums eine antisemitische sein Ein Prozess zwischen zwei Juden beide bedeutend beide schwer reich und beide in der Lage den Apparat der Justiz fur sich in Anspruch zu nehmen Zweifelsohne war die Berichterstattung uber das Verfahren in der NS Presse von Antisemitismus gepragt Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen dass in der Nachkriegsliteratur der Sachverhalt von wenigen Ausnahmen abgesehen aus der Ruckschau und einer einseitigen Perspektive betrachtet wurde 1 Die heutige Rechtswissenschaft wertet den Fall nicht als spezifisch fur die Verhaltnisse zu Anfang der 1930er Jahre sondern als Lehrbeispiel wie ein banaler privater Konflikt zu einem Ewigkeitsprozess auswachsen kann wenn sehr reiche Menschen getrieben von Rache und vertreten von exzellenten Anwalten es auf eine Eskalation anlegen und das Gericht nicht willens oder nicht in der Lage ist die Beweisaufnahme auf das Notwendige zu beschranken 57 1 Genau zu dieser Erkenntnis kam bereits die von Carl von Ossietzky herausgegebene Weltbuhne die von Juni bis Dezember 1932 regelmassig uber den Prozess berichtete und am 3 Januar 1933 abschliessend dazu festhielt Fur die Allgemeinheit kommt es viel weniger auf die Hauptfiguren dieses nun hoffentlich erledigten Prozesses an als auf die erschutternde Tatsache dass es brutale Geldmacht war die die Einleitung eines solchen Verfahrens ermoglichte und seine Durchfuhrung in diesem Ausmass erzwang Ware hierbei ein Unrecht geschehen ein Gesetz verletzt worden so lage ein bedauerlicher Einzelfall vor uber den man sich in der Offentlichkeit beklagen konnte aber es ist ja grade das betrubliche dass derartiges nicht unter Verletzung sondern unter peinlichster Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen moglich war Waren die Petscheks so arm wie sie in Wahrheit reich sind und Caro so schuldig wie er tatsachlich unschuldig ist nie ware es zu einem Skandalprozess dieser Art und dieses Ausmasses gekommen und wenn das Hauptverfahren eroffnet worden ware so hatte es ganz gewiss nicht in solcher Weise und so lange Zeit hindurch die Offentlichkeit beschaftigt 38 Weltweit erfuhr der Prozess grosse Aufmerksamkeit Unter anderem waren mehrere Reporter aus Osterreich Polen und der Tschechoslowakei von Anbeginn im Gerichtssaal vertreten Dass die Protagonisten Juden waren spielte in der auslandischen und in der Gesamtheit betrachtet auch in der deutschen Presse keine Rolle 58 59 Fur die deutsche Auslandswochenzeitschrift Das Echo die keine bestimmte politische Richtung hatte bot der Prozess ein beschamendes Bild menschlicher Schwache Relativ sachlich fasste die Redaktion in ihrer ersten Januarausgabe 1933 zusammen Der Prozess um familiare Dinge die keinen Aussenstehenden etwas angehen wurde aufgebauscht zu einem Kampf auf wirtschaftlichem Gebiet und kostete Summen die gar kein Verhaltnis mehr haben zu dem auf dem Papier stehenden Streitobjekt 60 Der judische Stegreifdichter Anton Kuh parodierte den Prozess in seinem Stuck Caro und Petschek von William Shakespeare Analog der verfeindeten Familien Montague Romeo und Capulet Julia stellte er den Streit zwischen Petschek Montecci und Caro Capuletti als Streit zwischen Braunkohle und Stickstoff altem und neuem Reichtum dar Kuh legte in dem Stuck das voyeuristische Interesse zeitgenossischer Skandalblatt Leser offen spottete uber das Milieu der milliardenschweren Hochfinanz und daruber dass der Fall mehr als eine Entgleisung Einzelner vielmehr ein Charakteristikum fur die Moral des Kapitalismus sei Damit trat er in ausverkauften Vorstellungen auf beispielsweise im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg im Deutschen Kunstlertheater in Berlin im Deutschen Theater in Mahrisch Ostrau und in der Prager Produktenborse 61 Auch der Simplicissimus liess seinen berlinerischen Klawuttke mehrmals meckern beispielsweise in der Ausgabe vom 13 Dezember 1932 Wat der Caro Prozess is da muss ick doch saren is det meechlich Monate und Monate verpulvarn da reiche Leute ihr Jeld um ihre schmutzije Wasche vor aller Offentlichkeit zu waschen und dafor hat det Jericht Zeit For arme Teufels aba die in een Krawall jeraten sind jibt et Schnelljustiz mit keene Berufung obwohl et da Zuchthaus reechnet Det vasteh und vasteh ick nich Aba ick vasteh ja vielet nich Und je mehr ick nachdenke und vasuche mir een Vers zu machen uff allens um so wenja vasteh ick det 62 Als Gerichtsreporter fur die Frankfurter Zeitung resumierte der Journalist Joseph Roth uber das Verfahren in einem umfangreichen Artikel schon am 16 Juli 1932 Der Prozess Caro Petschek gehort zu der echt ansehnlichen Reihe der Prozesse die das Privatleben einzelner in aufdringlicher Weise enthullen und die den Eindruck erwecken als sei es schon so weit dass sich nicht mehr die offentliche Neugier an das Private drangt sondern umgekehrt dieses die Offentlichkeit zu belastigen anfangt Dieser Prozess man konnte ihn einen Prozess wider die guten Sitten nennen ware durchaus banal und unappetitlich wenn nicht aus dem ganzen Gewirr von Torheit und Taktlosigkeit zuweilen ein dunkler aber trostlicher Strahl tragischer menschlicher Armseligkeit durchbrache Zahlreich ist das Auditorium bei diesem Prozess Die neugierigen kleinen Leute lauschen der grossen Leute Laster vielleicht in dem geheimnisvollen Bedurfnis einmal bei so beispielhafter Gelegenheit die trostliche Uberzeugung zu finden dass die Grossen noch kleiner sind als die Kleinen 63 Weblinks BearbeitenThomas Klug 6 Juni 1932 Der Caro Petschek Prozess beginnt WDR ZeitZeichen vom 6 Juni 2022 Podcast Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f LA Berlin F Rep 29 02 06 Nr 237 1 Forum Anwaltsgeschichte e V abgerufen am 20 Dezember 2019 Claudia Schoningh Kontrolliert die Justiz Die Vertrauenskrise der Weimarer Justiz im Spiegel der Gerichtsreportagen von Weltbuhne Tagebuch und Vossischer Zeitung Wilhelm Fink Verlag 2000 S 257 u Fussnote 1 Caro Nikodem Deutsche Biografie abgerufen am 17 Dezember 2019 Akten Reichskanzlei 1919 1933 Caro Nikodemus Bundesarchiv abgerufen am 17 Dezember 2019 Petschek Ignaz Deutsche Biographie abgerufen am 15 Dezember 2019 Petschek Julius 1856 1932 Industrieller und Bankier OAW abgerufen am 15 Dezember 2019 Susanne Heim Deutsches Reich 1938 August 1939 Oldenbourg Verlag 2011 S 280 Fussnote 3 Diese Zahl wurde mit der Vorlage Inflation ermittelt ist auf volle 100 000 EUR gerundet und vergleicht 1917 mit Januar 2023 Vermahlung In Prager Tagblatt 27 November 1918 S 3 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung ptb vgl Geburtsdaten u a auf MyHeritage de Diese Zahl wurde mit der Vorlage Inflation ermittelt ist auf volle 10 000 EUR gerundet und vergleicht 1928 mit Januar 2023 a b Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 710 f Sozialdemokratischer Pressedienst vom 6 September 1932 S 9 10 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 18 Dezember 2019 Geheimrat Caro legt seine Mandate in der Petschek Gruppe nieder In Prager Tagblatt 18 September 1928 S 9 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung ptb Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 299 f Sozialdemokratischer Pressedienst vom 6 September 1932 S 9 10 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 18 Dezember 2019 Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 721 f Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 303 Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 718 f Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 716 f Georg Prick Max Alsberg 1877 1933 und kein Ende Leben und Werk eines ausserst erfolgreichen Ausnahmeanwalts In Deutscher Anwaltverein Hrsg Anwaltsblatt Jahrgang 66 12 2016 S 883 Fur Deutschlands Millionare In Sozialdemokratischer Pressedienst 9 Juni 1932 S 15 Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 22 Dezember 2019 Leopold Schwarzschild Das Tage Buch Band 13 Teil 2 Tagebuchverlag 1932 S 1347 a b c Kapitalisten unter sich In Sozialistische Arbeiterzeitung 15 Juni 1932 S 3 PDF library fes de Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 22 Dezember 2019 Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 711 f Internationaler Sozialistischer Kampfbund Hrsg Caro Petschek Der Prozess zweier Wirtschaftsfuhrer In Der Funke 28 Dezember 1932 S 5 Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung library fes de abgerufen am 22 Dezember 2019 Georg Prick Max Alsberg 1877 1933 und kein Ende Leben und Werk eines ausserst erfolgreichen Ausnahmeanwalts In Deutscher Anwaltverein Hrsg Anwaltsblatt Jahrgang 66 12 2016 S 883 Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 316 Sozialdemokratischer Pressedienst vom 6 Dezember 1932 S 18 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 27 Dezember 2019 Internationaler Sozialistischer Kampfbund Hrsg Caro Petschek Der Prozess zweier Wirtschaftsfuhrer In Der Funke 28 Dezember 1932 S 5 Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung library fes de abgerufen am 22 Dezember 2019 Sozialdemokratischer Pressedienst vom 6 September 1932 S 9 10 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 18 Dezember 2019 a b Carl Haensel Frankfurter Ballade I H Sauer 1964 S 260 a b Diese Zahl wurde mit der Vorlage Inflation ermittelt ist auf volle 100 EUR gerundet und bezieht sich auf Januar 2023 Georg Prick Max Alsberg 1877 1933 und kein Ende Leben und Werk eines ausserst erfolgreichen Ausnahmeanwalts In Deutscher Anwaltverein Hrsg Anwaltsblatt Jahrgang 66 12 2016 S 883 Siehe Durchschnittsentgelt Historische Werte demnach lag das durchschnittliche Jahreseinkommen 1932 bei 1 651 RM Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 711 f Nazi Abgeordneter Petschek Propagandist In Sozialdemokratischer Pressedienst 9 Juni 1932 S 17 PDF library fes de Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 22 Dezember 2019 a b c Werner Arendt Caro Petschek Finale In Die Weltbuhne 29 Jahrgang 1933 S 6 8 Textarchiv Internet Archive Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 301 Sozialdemokratischer Pressedienst vom 10 Juni 1932 S 9 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 23 Dezember 2019 Landtag Sachsen Hrsg Verhandlungen des Sachsischen Landtages 1920 1933 Ausgaben 1 34 Dresden 1933 S 587 Walter Herrmann Das Kapital im mitteldeutschen Braunkohlenbergbau Dissertation Philosophische Fakultat der Universitat Leipzig 1930 Verlagsdruckerei Georg Weigel 1933 S 77 f Erich Koch Weser Und dennoch aufwarts Eine deutsche Nachkriegs Bilanz Ullstein 1933 S 206 Klug aber zwielichtig Schuld und Schicksal bei Max Alsberg Die Zeit vom 17 Dezember 1965 abgerufen am 22 Dezember 2019 Josef Keller Hanns Andersen Der Jude als Verbrecher Nibelungen Verlag 1937 S 30 f Internationaler Sozialistischer Kampfbund Hrsg Caro Petschek Der Prozess zweier Wirtschaftsfuhrer In Der Funke 28 Dezember 1932 S 5 PDF library fes de Bibliothek der Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 22 Dezember 2019 Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 315 Josef Keller Hanns Andersen Der Jude als Verbrecher Nibelungen Verlag 1937 S 30 f Der Wiener Tag vom 24 Dezember 1932 S 10 Geheimrat Caro nach sechs Prozessmonaten freigesprochen ANNO AustriaN Newspapers Online abgerufen am 23 Dezember 2020 Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 301 Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 717 Sozialdemokratischer Pressedienst vom 6 September 1932 S 9 Friedrich Ebert Stiftung abgerufen am 23 Dezember 2019 Georg Prick Max Alsberg 1877 1933 und kein Ende Leben und Werk eines ausserst erfolgreichen Ausnahmeanwalts In Deutscher Anwaltverein Hrsg Anwaltsblatt Jahrgang 66 12 2016 S 883 Curt Riess Der Mann in der schwarzen Robe Das Leben des Strafverteidigers Max Alsberg Verlag Wegner 1965 S 301 Reichspost vom 30 Dezember 1932 S 7 Das Ende eines Riesenprozesses ANNO AustriaN Newspapers Online abgerufen am 23 Dezember 2020 Neues Wiener Journal vom 29 September 1933 S 13 Noch ein Caro Petschek Streit ANNO AustriaN Newspapers Online abgerufen am 23 Dezember 2020 Georg Prick Max Alsberg 1877 1933 und kein Ende Leben und Werk eines ausserst erfolgreichen Ausnahmeanwalts In Deutscher Anwaltverein Hrsg Anwaltsblatt Jahrgang 66 12 2016 S 883 Miljonowa fortuna lodzianina Proces Caro contra Petschek Dziennik Bialostocki vom 15 Juni 1932 S 3 Podlaska Digital Library abgerufen am 28 Dezember 2019 Weitere Beispiele St Louis Post Dispatch St Louis Missouri 23 Dazember 1932 S 2 Albuquerque Journal Albuquerque New Mexico 24 Dezember 1932 S 4 The Gazette Montreal Quebec Canada 24 Dazember 1932 S 7 Emil Schulz Hrsg Das Echo Band 52 Urteil im Caro Petschek Prozess Auslandverlag Berlin 1933 S 39 Walter Schubler Anton Kuh Wallstein Verlag 2018 S 44 367 551 Klawuttke meckert sich eins Simplicissimus vom 13 Dezember 1932 S 444 abgerufen am 4 Dezember 2019 Klaus Westermann Hrsg Joseph Roth Das journalistische Werk 1929 1939 Dritter Band Kiepenheuer amp Witsch 1989 S 727 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Caro Petschek Prozess amp oldid 236179814