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Cyanide sind Salze und andere Verbindungen der Blausaure Cyanwasserstoff HCN In der organischen Chemie ist Cyanid eine veraltete aber durchaus noch gebrauchliche Bezeichnung fur Nitrile in der Betrachtungsweise als Ester der Blausaure mit der allgemeinen Formel R C N Der Name Cyanid leitet sich von altgriechisch kyaneos kyaneos deutsch dunkelblau ab und ruhrt von der Gewinnung aus Eisenhexacyanidoferrat Berliner Blau her einem Pigment mit tiefblauer Farbe 1 Inhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften 1 1 Einfache Verbindungen 1 2 Komplexverbindungen Cyanoverbindungen 1 2 1 Verwendung von Komplexverbindungen in der Lebensmittelindustrie 2 Naturliches Vorkommen 3 Giftwirkung 4 Nachweis 5 Praktische Verwendung 5 1 Bergbau 5 2 Metallbearbeitung 6 Entsorgung 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEigenschaften BearbeitenDie salzartigen Cyanide enthalten das Cyanid Anion C N die organischen Cyanide die funktionelle Gruppe C N Wasserlosliche Cyanide werden an feuchter Luft teilweise hydrolysiert und riechen dadurch nach Blausaure Einfache Verbindungen Bearbeiten Alle Cyanide der Alkali und Erdalkalimetalle sind hochgiftig und in Wasser leicht loslich wie zum Beispiel Kaliumcyanid Zyankali und Natriumcyanid Die Giftigkeit dieser Salze liegt an der Freisetzung der Blausaure bei der Reaktion mit der Salzsaure des Magens K C N H C l H C N K C l displaystyle mathrm KCN HCl longrightarrow HCN KCl nbsp Kaliumcyanid spielt eine Rolle in der Galvanik Natriumcyanid wird zur Gold und Silbergewinnung genutzt Komplexverbindungen Cyanoverbindungen Bearbeiten nbsp Die Struktur des Hexacyanidoferrat II AnionsDas Cyanidanion ist sehr reaktiv und bildet mit Metallen abgesehen von Alkali und Erdalkalimetallen wie insbesondere mit Eisen sehr stabile Komplexverbindungen Das Cyanidion hat dabei einzahnigen Charakter Meist bildet sich ein anionischer Komplex in dem Cyanidogruppen um das Metall als Zentralatom angeordnet sind wie beim Fe CN 6 4 2 Mit Kationen bilden sich Salze wie K4 Fe CN 6 Kaliumhexacyanidoferrat II das gelbe Blutlaugensalz In vielen derartigen Komplexverbindungen sind die Cyanid Molekule so stabil gebunden dass sie sich nicht losen nicht mehr chemisch reagieren und die Komplexe fur Organismen vollig ungiftig sind Blausaure lasst sich aus den Komplexen aber zum Teil durch Zugabe heisser verdunnter Schwefelsaure freisetzen Cyanidkomplexe sind daher mit gewisser Vorsicht zu handhaben Konzentrierte Schwefelsaure setzt aus den Komplexen keine Blausaure frei da diese unter den Reaktionsbedingungen sofort zu Kohlenstoffmonoxid umgesetzt wird Analytisch lasst sich in wassrigen Losungen der Komplexe ebenfalls kein Cyanid nachweisen Verwendung von Komplexverbindungen in der Lebensmittelindustrie Bearbeiten In der Lebensmittelindustrie werden die Cyanido Komplexe Natriumferrocyanid E 535 Natriumhexacyanidoferrat II Kaliumferrocyanid E 536 Kaliumhexacyanidoferrat II und Calciumferrocyanid E 538 Calciumhexacyanidoferrat II als Lebensmittelzusatzstoff verwendet Diese Salze sind in geringen Mengen als kunstliche Rieselhilfe Trennmittel und Stabilisator fur Kochsalz und Kochsalzersatz zugelassen Kaliumferrocyanid findet zudem in der Blauschonung von Wein Anwendung um Metallspuren zu beseitigen 3 Naturliches Vorkommen BearbeitenCyanide kommen gebunden in nicht toxischen cyanogenen Glycosiden in den Kernen vieler Fruchte vor so etwa in Rosengewachsen Prunus Arten wie Pflaume Prunus domestica Schlehdorn Prunus spinosa Aprikose Prunus armeniaca Mandel Prunus dulcis Pfirsich Prunus persica Sauerkirsche Prunus cerasus in Hulsenfruchtlern Leguminosen Wolfsmilchgewachsen wie Maniok Manihot esculenta Sussgrasern wie Sorghumhirsen Leingewachsen etwa Flachs Linum usitatissimum Aronstabgewachsen Korbblutlern und Passionsblumengewachse aber auch in Farnen wie dem Goldtupfelfarn Phlebodium aureum 4 Giftwirkung Bearbeiten Hauptartikel Cyanidvergiftung Cyanide wie Blausaure HCN und deren Alkalisalze z B KCN oder NaCN sind hochtoxisch 5 Vergiftungen mit diesen Substanzen konnen im industriellen und gewerblichen Bereich als Unfalle aber auch im Privatbereich in Folge absichtlicher Giftbeibringung bei Mord und Selbstmord vorkommen Das Gift kann entweder als gasformige Blausaure uber die Lunge aufgenommen werden z B durch Einatmen von cyanidhaltigem Brandrauch in flussiger Form z B Zerbeissen einer Blausaure Kapsel im Mund aber auch oral als Alkalisalz z B Verschlucken von Kaliumcyanid Der Mechanismus der Cyanid Vergiftung beruht auf der Hemmung des Enzyms Cytochrom c Oxidase in der Atmungskette 1 Das Fe III Zentralatom wird mit hoher Affinitat reversibel gebunden 5 Dadurch wird die Sauerstoffverwertung in der Zelle verhindert Gegengifte sind 4 Dimethylaminophenol Hydrochlorid 4 DMAP Natriumthiosulfat Hydroxycobalamin Vitamin B12b im Cyanokit 6 sowie Amylnitrit Die Bindung des Cyanids an Fe II Ionen ist vergleichsweise gering Die Inaktivierung des Hamoglobins durch Bindung des Fe II Ions spielt daher bei Vergiftungen eine untergeordnete Rolle Eine hellrote Farbung der Haut ist ein typisches Anzeichen einer Vergiftung mit Cyaniden Das venose Blut ist noch mit Sauerstoff angereichert da der Sauerstoff von den Zellen nicht verwertet werden konnte 5 Die meisten Zellen besitzen das Enzym Rhodanase das Schwefel an das Cyanid Ion CN bindet es entsteht Rhodanid SCN 5 Diese Entgiftung im Korper lauft mit einer Rate von 0 1 mg pro kg Korpergewicht und Stunde ab Daher ist eine langere Aufnahme von kleineren Mengen an Cyanid ungefahrlich Vergiftungserscheinungen entstehen durch die Stossaufnahme Nachweis BearbeitenDer qualitativ chemische Nachweis von Cyaniden kann mit Fe3 Ionen in salzsaurer Losung nach Umsetzung mit Ammoniumpolysulfid erfolgen Dabei entsteht das tiefrot gefarbte Eisen III thiocyanat Fe SCN 3 7 Allerdings sollte beachtet werden dass dieser Nachweis in Anwesenheit von Fe II wegen der Bildung von Berliner Blau einem Komplex des Fe II mit dem Hexacyanidoferrat III als Liganden nicht funktioniert Ebenso kann aber der Nachweis mit einer Mischung aus Eisen II und Eisen III salz durchgefuhrt werden wobei sich Berliner Blau bildet 7 Praktische Verwendung BearbeitenBergbau Bearbeiten Cyanidlosungen werden in der Praxis zum Herauslosen von Edelmetallen aus Gesteinen verwendet Gold Silbergewinnung Zuerst erfolgte dies in den 1890er Jahren in Sudafrika mit dem von John Stewart MacArthur 1887 entwickelten MacArthur Forrest Verfahren Aufgrund der hohen Giftigkeit von Cyanid ist dies mit grossen potentiellen Schaden fur die Umgebung verbunden Umweltschaden konnen durch die Ableitung der Schlamme oder durch unsichere Ablagerung entstehen Im rumanischen Baia Mare kam es im Jahr 2000 zu grossen Umweltschaden durch einen Dammbruch bei einer Goldaufbereitung im turkischen Kutahya brachen 2011 zwei von drei Dammen einer Silberaufbereitung 8 Das Europaische Parlament stimmte im Mai 2010 fur ein Verbot der Nutzung von Cyanid im Bergbau 9 Umweltorganisationen kritisieren dass Cyanid ausserhalb der EU noch weiterhin im Bergbau eingesetzt wird so z B im Hochland der Dominikanischen Republik und Costa Rica 10 11 aber auch in den grossen Bergbaunationen Australien Kanada und Sudafrika Nach einem Report von 2011 gab es weltweit im Bergbau in den 25 Jahren davor mindestens 30 grossere Unfalle mit Cyanid haufig ausgelost durch Dammbruche 12 Das Cyanid wird meist nur in geringer Konzentration eingesetzt typisch 100 bis 500 ppm beim Goldbergbau Alternativen zur Verwendung von Cyanid wurden zum Beispiel in Australien Thiosulfat Prozess der CSIRO und 2017 vom Nobelpreistrager Fraser Stoddart entwickelt unter Verwendung von Wasserstoffperoxid und Maisstarke 13 Metallbearbeitung Bearbeiten Beim Harten von Metall kommen je nach Verfahrensweise cyanidhaltige Hartesalze zum Einsatz Verbrauchte cyanidhaltige Hartereisalze enthalten dann auch Legierungsbestandteile der zu hartenden Werkstucke und sind regelmassig gefahrlicher Abfall Abfallschlussel 110301 gemass AVV 14 Ist keine Abfallverwertung moglich kommt wegen der hohen Giftigkeit und Wassergefahrlichkeit eine Beseitigung nur in Untertagedeponien in Betracht Entsorgung BearbeitenUm Cyanide zu entsorgen verwendet man ein geeignetes Oxidationsmittel wie Natriumhypochlorit NaOCl oder Wasserstoffperoxid H2O2 Das Cyanid wird dabei in unschadlichen Stickstoff und Kohlenstoffdioxid uberfuhrt 1 C N H 2 O O C l C N C l 2 O H displaystyle mathrm CN H 2 O OCl longrightarrow CNCl 2 OH nbsp C N C l 2 O H O C N C l H 2 O displaystyle mathrm CNCl 2 OH longrightarrow OCN Cl H 2 O nbsp 2 O C N 3 O C l H 2 O 2 C O 2 N 2 3 C l 2 O H displaystyle mathrm 2 OCN 3 OCl H 2 O longrightarrow 2 CO 2 N 2 3 Cl 2 OH nbsp Cyanide durfen bei der Entsorgung keinesfalls mit Sauren in Kontakt kommen da sonst Blausaure entsteht Die Umwandlung zur Entsorgung muss daher im basischen Milieu stattfinden Auch Hypochlorit Anionen durfen nicht mit Saure in Kontakt kommen da sonst Chlorgas freigesetzt wird Selbst die Autoprotolyse des Wassers 2 H 2 O H 3 O O H displaystyle mathrm 2 H 2 O rightleftharpoons H 3 O OH nbsp reicht bereits aus um die Protonen fur die Entstehung der giftigen Blausaure zu spenden daher ist die o g alkalische Entsorgung unbedingt einzuhalten Weblinks Bearbeiten nbsp Wikibooks Praktikum Anorganische Chemie Cyanid Lern und Lehrmaterialien nbsp Wiktionary Zyanid Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten a b c Eintrag zu Cyanide In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 25 Marz 2013 A F Holleman E Wiberg N Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie 101 Auflage Walter de Gruyter Berlin 1995 ISBN 3 11 012641 9 Peter Kuhnert Lexikon Lebensmittelzusatzstoffe Zusatzstoffe Enzyme technische Hilfsstoffe Nahrungserganzungsstoffe Behr s Verlag 2014 ISBN 978 3 95468 000 9 S 105 Eintrag zu cyanogene Glycoside In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 27 April 2012 a b c d Franz Xaver Reichl Taschenatlas der Toxikologie Substanzen Wirkungen Umwelt Georg Thieme Verlag 2002 ISBN 978 3 13 108972 4 S 134 Ernst Mutschler Hrsg Mutschler Arzneimittelwirkungen 9 vollst neu bearb und erw Auflage Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2008 ISBN 978 3 8047 1952 1 a b Jander Blasius Lehrbuch der analytischen und praparativen anorganischen Chemie 8 Auflage S Hirzel Verlag Stuttgart 1969 Nick Magel Dammbruch in Kutahya Umweltkatastrophe in der Turkei Zyanid Lauge aus Silbermine ausgelaufen In TerraStormBochum 9 Mai 2011 abgerufen am 10 August 2012 Die Presse com Umwelt Zyanid Goldabbau zu Ende 6 Mai 2010 Deutschlandfunk Es ist alles Chemie was glanzt 29 Dezember 2009 regenwald org Giftiger Goldbergbau in der Karibik 23 November 2012 Heidi Vella Should cyanide still be used in modern day mining Mining Technology 7 Marz 2016 Jon Yeomans Nobel Prize winner Sir Fraser Stoddart hopes to turn gold mines green The Telegraph 15 Marz 2017 dazu und zur Entsorgung Abfallsteckbrief 1103 Schlamme und Feststoffe aus Harteprozessen Informationsportal Abfallbewertung IPA d LANUV u a Abfallbehorden Normdaten Sachbegriff GND 4148424 1 lobid OGND AKS LCCN sh85035028 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cyanide amp oldid 236448040