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Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Der Freispruch ist ein Sachurteil in dem das Gericht den Angeklagten fur nicht uberfuhrt oder die fur erwiesen angenommene Tat aus tatsachlichen oder rechtlichen Grunden fur nicht strafbar erachtet 267 Abs 5 StPO Der Freispruch ist eine durch Urteil getroffene Bestatigung der Unschuldsvermutung 1 Der Freispruch erwachst in materieller Rechtskraft und bewirkt den Strafklageverbrauch Wird ein Strafverfahren in der Hauptverhandlung aus prozessualen Grunden wegen eines Verfolgungshindernisses eingestellt ergeht die Entscheidung dagegen durch Prozessurteil Einstellungsurteil 260 Abs 3 StPO Das betrifft Falle in denen es dem Gericht untersagt ist sich uberhaupt sachlich mit dem erhobenen Vorwurf auseinanderzusetzen Befassungsverbote Ist die Sache entscheidungsreif und musste ohne Berucksichtigung eines Verfahrenshindernisses ein Freispruch erfolgen Bestrafungsverbot gilt der fur den Angeklagten gunstigere Grundsatz Freispruch vor Einstellung 2 Ein Freispruch ist fur einen Rechtsstaat kein Makel Dadurch wird vielmehr gezeigt dass der Rechtsstaat seine eigenen Kriterien ernst nimmt Christoph Safferling 3 In Deutschland enden etwa drei Prozent aller Strafverfahren mit einem Freispruch Jahrlich werden etwa 27 000 Angeklagte aus tatsachlichen Grunden oder aus Rechtsgrunden freigesprochen Inhaltsverzeichnis 1 Freispruch durch Urteil 2 Aufhebung eines Freispruchs 3 Anderweitige Verfahrensbeendigung ohne Verurteilung 4 Freispruch erster Klasse 5 Freispruch zweiter Klasse 6 Kostenfolgen 6 1 Bundesrepublik Deutschland 6 2 Republik Osterreich 6 3 Furstentum Liechtenstein 6 4 Schweizerische Eidgenossenschaft 7 EinzelnachweiseFreispruch durch Urteil BearbeitenDer Freispruch ergeht durch Urteil Wird der Angeklagte vollstandig von den gegen ihn erhobenen Schuldvorwurfen freigesprochen so tragt die Staatskasse die Kosten einschliesslich der notwendigen Auslagen des Angeklagten also insbes die gesetzlichen Verteidigerkosten Bei einem Teilfreispruch werden die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse insoweit auferlegt als der Angeklagte freigesprochen wurde Der Freispruch bezieht sich immer auf eine Tat im Sinne des 264 StPO also auf einen bestimmten in der Anklage geschilderten Lebenssachverhalt nicht auf einzelne Straftatbestande Beispiel Wird dem Angeklagten Betrug in Tateinheit mit Urkundenfalschung zur Last gelegt ist aber nur die Urkundenfalschung nachweisbar wird der Angeklagte wegen Urkundenfalschung verurteilt ohne dass ein Teilfreispruch wegen Betruges ergeht Der Freispruch vom Vorwurf einer Straftat bedeutet lediglich dass keine schuldhafte Tatbegehung festgestellt werden konnte Der Tater kann daher dennoch mit Massregeln der Besserung und Sicherung beschwert werden wenn festgestellt wird dass der Angeklagte die Tat zwar begangen hat aber schuldunfahig war Zweifel an der Schuld fuhren nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu einem Freispruch Die Urteilsformel lautet Der Angeklagte wird freigesprochen 4 Bei Teilfreispruchen folgt auf den Schuld und Strafausspruch die Wendung Im Ubrigen wird der Angeklagte freigesprochen 4 Floskeln wie wegen erwiesener Unschuld oder mangels Beweises umgangssprachlich Freispruch erster oder zweiter Klasse genannt gehoren schon seit langer Zeit nicht in die Urteilsformel In den Grunden des Urteils muss mitgeteilt werden ob der Freispruch aus tatsachlichen oder aus rechtlichen Grunden erfolgte 267 Abs 5 Satz 1 und 2 StPO Aus tatsachlichen Grunden bedeutet die Straftat konnte nicht nachgewiesen werden oder sie wurde erwiesenermassen uberhaupt nicht jedenfalls nicht von diesem Angeklagten begangen Aus rechtlichen Grunden bedeutet dass das angeklagte Verhalten gar nicht strafbar war also kein Straftatbestand erfullt wurde Wenn gegen den Angeklagten im Rahmen des Ermittlungs oder Strafverfahrens Strafverfolgungsmassnahmen wie Untersuchungshaft oder vorlaufige Entziehung der Fahrerlaubnis vollstreckt worden sind muss das Gericht im freisprechenden Urteil auch entscheiden ob dem Angeklagten hierfur eine Entschadigung zusteht Das Strafgericht entscheidet hierbei nur uber die Entschadigungspflicht als solche Die Hohe der Entschadigung setzt die Landesjustizverwaltung fest Aufhebung eines Freispruchs BearbeitenNach der deutschen Strafprozessordnung ist es nur sehr schwer moglich einen einmal ergangenen rechtskraftig gewordenen Freispruch wieder aufzuheben auch wenn sich im Nachhinein Beweise ergeben die praktisch zweifelsfrei die Schuld des Angeklagten beweisen Begrundet wird dies mit dem Grundsatz dass niemand wegen derselben Tat mehrmals bestraft oder verfolgt werden darf Ware dies nicht der Fall so die Befurworter der jetzigen Regelung wurden ansonsten alle Freispruche dem Makel blosser Vorlaufigkeit letztlich Beliebigkeit ausgesetzt Der Versuch der Anderung dieser Regel sei ein Angriff auf den Rechtsfrieden 5 Dies kann z B zur Konsequenz haben dass beispielsweise Morder die nach der Tat aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurden aber Jahre nach ihrer Tat durch DNA Profil Analysen die fruher noch nicht verfugbar waren uberfuhrt werden nicht nachtraglich verurteilt werden konnen Beispielhaft hierfur steht der Fall des Sexualmordopfers Frederike von Mohlmann deren Morder bekannt und auf freiem Fuss ist 6 Nach Ansicht von Kritikern der jetzigen Regelung wie dem Opferschutzverein Weisser Ring konne dies nicht im Interesse des allgemeinen Rechtsfriedens sein 5 Anderweitige Verfahrensbeendigung ohne Verurteilung BearbeitenAuch bedingt durch die Moglichkeit Strafverfahren fruhzeitig durch Einstellung z B 153 153a StPO zu beenden liegt die Zahl der tatsachlichen Freispruche in einem geringen Bereich Hat sich ein Tatverdacht oder Anfangsverdacht gegen einen Beschuldigten bereits im vorausgehenden Ermittlungsverfahren nicht erhartet erfolgt eine Einstellung gemass 170 Abs 2 StPO Freispruch erster Klasse BearbeitenUmgangssprachlich ist mit dem sogenannten Freispruch erster Klasse ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld des Angeklagten gemeint Wie beim nachfolgend beschriebenen Freispruch zweiter Klasse handelt es sich um keinen juristischen Begriff oder Teil der Urteilsformel Jedoch kann erwiesene Unschuld in der Urteilsbegrundung erwahnt werden Rechtlich ist bedeutungslos aus welchem der beiden Grunde freigesprochen wurde 7 Freispruch zweiter Klasse BearbeitenDer sogenannte Freispruch zweiter Klasse ist ein Begriff der insbesondere von Journalisten und teilweise von betroffenen Personen verwendet wird um damit aus ihrer Sicht verbliebene Zweifel an der Schuldfrage bzw eine unterbliebene vollstandige Rehabilitation in den Grunden eines freisprechenden Urteils zum Ausdruck zu bringen 8 Entsprechendes gilt fur Verfahrenseinstellung ohne Urteil Bekannte Beispiele fur solche Freispruche mangels Beweisen sind u a die Urteile im Kachelmann Prozess und im Wiederaufnahmeverfahren von Gustl Mollath Beim Freispruch zweiter Klasse handelt sich nicht um einen juristischen Begriff Im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Urteils ist lediglich die Urteilsformel entscheidend Die Urteilsgrunde die primar ein rechtsstaatliches Verfahren dokumentieren und die Uberprufbarkeit der Entscheidung in einer hoheren Instanz ermoglichen sollen konnen aus diesem Grunde auch regelmassig nicht isoliert einer Uberprufung z B durch eine Revision zugefuhrt werden Es besteht insofern nach herrschender Ansicht kein Anspruch auf die richtige Urteilsbegrundung wenn die Urteilsformel nicht beanstandet wird Lediglich in Ausnahmefallen hat das Bundesverfassungsgericht es in der Vergangenheit fur moglich erachtet dass auch ein freisprechendes Urteil durch die Art seiner Begrundung Grundrechte verletzen kann 9 Der Europaische Gerichtshof fur Menschenrechte urteilte 2015 demgegenuber dass ein Freispruch mit einer Begrundung nach der das Gericht uberzeugt sei dass ein Freigesprochener schuldig sei die Unschuldsvermutung nach Art 6 Absatz 2 der Europaischen Menschenrechtskonvention verletze 10 Kostenfolgen BearbeitenBundesrepublik Deutschland Bearbeiten Die Strafprozessordnung der Bundesrepublik Deutschland legt in 467 Abs 1 StPO Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch Nichteroffnung und Einstellung fest Soweit der Angeschuldigte freigesprochen die Eroffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last Der Begriff der notwendigen Auslagen wird dabei gleichermassen verstanden wie im Zivilprozess vgl 91 ZPO Republik Osterreich Bearbeiten Die Strafprozessordnung StPO der Republik Osterreich legt in 390 Abs 1 StPO fest Wird das Strafverfahren auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendigt so sind die Kosten in der Regel vom Bunde zu tragen Furstentum Liechtenstein Bearbeiten Die Strafprozessordnung StPO des Furstentums Liechtenstein legt in 306 Abs 1 StPO fest Wird das Strafverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt so sind die Kosten des Verfahrens und der Verteidigung vom Land zu tragen Schweizerische Eidgenossenschaft Bearbeiten Die Schweizerische Strafprozessordnung StPO legt im 2 Kapitel Verfahrenskosten in Art 422 Verfahrenskosten Begriff und Art 423 Verfahrenskosten Grundsatze und Art 426 Kostentragungspflicht fest 2 Kapitel VerfahrenskostenArt 422 Begriff 1 Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebuhren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall 2 Auslagen sind namentlich a Kosten fur die amtliche Verteidigung und unentgeltliche Verbeistandung b Kosten fur Ubersetzungen c Kosten fur Gutachten d Kosten fur die Mitwirkung anderer Behorden e Post Telefon und ahnliche Spesen Art 423 Grundsatze 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen der das Verfahren gefuhrt hat abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten Art 426 Kostentragungspflicht der beschuldigten Person und der Partei im selbststandigen Massnahmeverfahren 1 Die beschuldigte Person tragt die Verfahrenskosten wenn sie verurteilt wird Ausgenommen sind die Kosten fur die amtliche Verteidigung vorbehalten bleibt Artikel 135 Absatz 4 2 Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen so konnen ihr die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt werden wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchfuhrung erschwert hat Einzelnachweise Bearbeiten Freispruch Rechtslexikon net abgerufen am 2 September 2020 vgl BGH Beschluss vom 2 April 2008 5 StR 529 07 Zitiert nach Ronen Steinke Klagen uber Den Haag Richter des Weltstrafgerichts beugen sich dem Druck der USA In Suddeutsche Zeitung Nr 98 27 April 2019 S 11 Ein Freispruch ist fur einen Rechtsstaat kein Makel Im Gegenteil es ehrt einen Rechtsstaat weil dadurch gezeigt wird dass der Rechtsstaat seine eigenen Kriterien ernst nimmt Die Frage ist aber immer wie ein Freispruch zustande kommt a b Meyer Gossner Appl Die Urteile in Strafsachen Vahlen 2014 Rn 133 a b Arthur Kreuzer Wiederholter Mordprozess Angriff auf den Rechtsfrieden ZEIT online 13 September 2009 abgerufen am 13 September 2015 Frederikes Morder wird wohl nie verurteilt ndr de 20 Mai 2015 archiviert vom Original am 22 Mai 2015 abgerufen am 13 September 2015 Rechtsanwalte Neder und Obert Freispruch Abgerufen am 27 Januar 2023 ZeitOnline vom 22 August 2014 Gustl Mollath legt Revision ein BVerfGE 6 7 und Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 14 April 1970 1 BvR 33 68 Zum Fall Mollath siehe auch Legal Tribune Online vom 22 August 2014 Revision gegen einen Freispruch EGMR Cleve v Deutschland Nr 48144 09 Urteil vom 15 Januar 2015 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4155335 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freispruch amp oldid 235631137