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Die Verfassung des Grossherzogtums Hessen von 1820 war eine formal durch Grossherzog Ludewig I erlassene tatsachlich aber mit den Landstanden ausgehandelte Verfassung fur das Grossherzogtum Hessen die im Dezember 1820 in Kraft trat Sie loste die durch den Grossherzog im Marz 1820 oktroyierte Verfassung ab und wurde selbst durch die Hessische Verfassung des Volksstaats Hessen von 1919 abgelost Grossherzog Ludewig I in Bronze auf dem Ludwigsmonument In seiner rechten Hand halt er eingerollt die VerfassungsurkundeGedenktafel fur die Verfassung des Grossherzogtums Hessen von 1820 am Darmstadter Marktplatz Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verfassungsbewegung 2 1 Standesherren 2 2 Jungakademiker 2 3 Beamte 2 4 Kommunale Eliten 2 5 aber nicht Rheinhessen 3 Krise 1819 3 1 Ankundigung einer Verfassung 3 2 Steuerverweigerung 3 3 Reaktion der Regierung 4 Marz Verfassung 5 Dezember Verfassung 1820 6 Inhalt 7 Verfassungsanderungen 8 Literatur 8 1 Primarliteratur 8 2 Sekundarliteratur 9 Weblinks 10 Anmerkungen 11 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Bundesakte von 1815Im Alten Reich bestand in der Landgrafschaft Hessen Darmstadt keine kodifizierte Verfassung Die traditionelle Verfassung der hessischen Stammlande kannte aber Landstande Deren Mitwirkungsmoglichkeiten im Staat waren in der Zeit des Absolutismus zunehmend eingeschrankt worden was schon Ende des 17 Jahrhunderts zu Konflikten gefuhrt hatte Anm 1 Fur altstandisch konservativ orientierte Kreise waren Landstande aber ein durchaus erstrebenswertes Ziel 1806 wurde die Landgrafschaft Hessen Darmstadt zum Grossherzogtum Hessen erhoben Der neue Grossherzog Ludewig I hob mit einem Edikt vom 1 Oktober 1806 die alten Landstande auf 1 und regierte seitdem absolutistisch In einigen napoleonischen Musterstaaten entstanden erstmals auch in Deutschland kodifizierte Verfassungen nach franzosischem Vorbild Anm 2 Ein weiteres Modell war die Charte constitutionnelle von 1814 die Verfassung Frankreichs nach der Restauration der bourbonischen Monarchie Eine einheitliche Verfassung fur das gesamte Grossherzogtum konnte aber als geeignetes Instrument gesehen werden die divergierenden alten und die in napoleonischer Zeit neu dazu gewonnenen Landesteile zu integrieren Hier waren besonders die zahlreichen standesherrlichen Gebiete ein grosses Problem da deren bisher quasi souverane Inhaber sich den Souveranitatsanspruchen des Grossherzogtums widersetzten Artikel 13 der Deutschen Bundesakte die der Wiener Kongress verabschiedet hatte enthielt die wenig konkrete Vorgabe In allen Bundesstaaten wird eine landstandische Verfassung stattfinden Inhaltlich konnte das sowohl in Richtung der alten Landstande gedeutet werden als auch in Richtung eines moderneren Parlamentarismus Formal aber war das Mindestgebot eine Verfassung und die war Anfang des 19 Jahrhunderts nur noch als kodifiziertes Gesetz denkbar Grossherzog Ludewig I lehnte eine Regulierung seiner Macht durch eine Verfassung ab Er setzte auf das Monarchische Prinzip und den aufgeklarten Absolutismus Der Grossherzog war der Ansicht dass eine landstandische Verfassung zur Auflosung und Vernichtung der Regentenrechte und allgemeiner revolutionarer Anarchie fuhre 2 744 Von ihm ist weiter die Aussage kolportiert dass Landstande also ein Parlament in einem souveranen Staate unnotig unnutz und in mancher Hinsicht gefahrlich seien 3 Allerdings scheint der beruhmt gewordene Ausspruch nicht von Ludewig I selbst zu stammen sondern findet sich in einem fur ihn erarbeiteten Gutachten des Giessener Regierungsdirektors Ludwig Adolf von Grolmann 2 701Verfassungsbewegung BearbeitenIm Gegensatz zu den anderen sudwestdeutschen Mittelstaaten in denen die Verfassungen primar als Instrumente gesehen wurden aus den divergierenden Landesteilen jeweils einen neuen Gesamtstaat zu schaffen wurde die Verfassung im Grossherzogtum Hessen von einer in sich allerdings sehr uneinheitlichen aber breiten Verfassungsbewegung gegen den hinhaltenden Widerstand von Grossherzog und Regierung durchgesetzt 2 742 Aufgrund dieses hinhaltenden Widerstandes entstanden im Grossherzogtum mehrere Gruppen die wenn auch aufgrund ganz unterschiedlicher Motivation daran interessiert waren eine landstandige Verfassung einzufuhren Standesherren Bearbeiten Zu einer ersten Gruppe schlossen sich die Mehrheit der mediatisierten Standesherren zusammen 2 742 Die Vorstellung der 13 Standesherren vom 15 Februar 1816 war ein Gesuch an den Grossherzog die alten Stande wieder einzuberufen Die Forderung wurde mit der miserablen wirtschaftlichen Lage im Lande begrundet die durch zu hohe Steuerbelastungen verursacht werde Das Papier wurde auch als Flugschrift publiziert 4 fand aber wegen der von den Standesherren vertretenen doch sehr speziellen Interessen wenig Widerhall 2 743 Ausserdem war das Verhaltnis der neuhessischen Standesherren gegenuber den bisher landstandsfahigen Adeligen und Stadten vollig ungeklart und offen so dass dort Misstrauen gegen die standesherrliche Initiative verbreitet war 2 744 Gegen die Initiative der Standesherren wurde vor allem der Einwand erhoben dass sie zu ruckwartsgewandt sei 5 Bei den spateren teils gewalttatigen Auseinandersetzungen der bauerlichen Bevolkerung mit der Zentralregierung in Darmstadt blieben sie auffallend zuruckhaltend besonders in den Grafschaften Erbach 6 7 Jungakademiker Bearbeiten Eine weitere Gruppe die an einer modernen Verfassung interessiert war bestand uberwiegend aus jungen Akademikern darunter viele Juristen die in den Befreiungskriegen gegen Napoleon und fur einen deutschen Nationalstaat gekampft hatten Viele kannten sich schon vom Darmstadter Padagogikum und hatten in Giessen und Heidelberg studiert Bezeichnet wurden sie als Darmstadter Schwarze Inspiriert waren sie von den Burschenschaftern der Universitat Giessen den Giessener Schwarzen Ziel war zunachst eine Vereinigung Deutschlands unter einer Reprasentativverfassung Im Grossherzogtum strebten sie ebenfalls eine Verfassung an Inspiration und Verbundete fanden sie auf dem Wartburgfest im Oktober 1817 7 Unter der Fuhrung des Justizrats Ferdinand Karl Heinrich Beck starteten sie eine Unterschriftsaktion mit der sie uber 1000 Unterschriften fur vertraglich vereinbarte Verfassungen in den deutschen Staaten sammelten Der Versuch die Unterschriften an den Bundestag zu ubergeben scheiterte an dessen Ablehnung 2 747Am 10 November 1817 liess die Regierung verlauten dass an einer Verfassung gearbeitet werde 2 747 Motiviert durch diese Zusage und die bevorstehende Einfuhrung von Verfassungen in Bayern und Baden verstarkte die Gruppe um die Darmstadter Schwarzen ihre Unterschriftsaktion und startete dazu einen Flugschriftkampagne um die Regierung weiter unter Druck zu halten Am 14 Februar 1819 fuhrten die Schwarzen eine Deputiertenversammlung in Zwingenberg durch Dort wurde ein standiger Ausschuss eingerichtet Das Protokoll der Versammlung wurde dem Grossherzog am 20 Februar 1819 in einer personlichen Audienz ubergeben In den Tagen danach liess der Grossherzog verkunden dass er im Mai 1820 eine Verfassung einfuhren werde 8 Dies wurde allerdings in der Offentlichkeit negativ aufgenommen weil der Grossherzog die Verfassung oktroyieren wollte 2 750 Beamte Bearbeiten Die weitere Gruppe bildeten liberal gesinnte Beamte in der Verwaltung und Regierung des Grossherzogtums die ahnlich wie in sudwestdeutschen Nachbarstaaten in einer Verfassung eine Moglichkeit sahen den Staat zu modernisieren 2 744 f So hatte schon der hessische Gesandte auf dem Wiener Kongress Johann von Turckheim die Bundesakte unterzeichnet obwohl er vom Grossherzog keine Anweisung dazu bekommen hatte der grosse Bedenken wegen der Bestimmung hinsichtlich der landstandischen Verfassung hatte 2 738 Johann von Turckheim kassierte dafur eine heftige Zurechtweisung 2 745 der Grossherzog aber ratifizierte die Bundesakte dann doch 2 738 Kommunale Eliten Bearbeiten Neben diesen Eliten setzte auch eine breite Verfassungsbewegung ein Anlass war dass der Staat am 25 Juni 1818 eine Schuldentilgungsanstalt einrichtete die die gestiegenen Schulden der Gemeinden in Oberhessen verwalten sollte Dies war verbunden mit einem Zugriff des Staates auf die Gemeindevermogen und bedeutete eine erhebliche Einschrankung der gemeindlichen Spielraume 9 Die dadurch ausgeloste Emporung im Stadtburgertum ebenso wie in den Landgemeinden fuhrte zu Protestversammlungen am 17 Juli 1818 in Giessen und am 23 August 1818 und 20 Dezember 1818 in Grunberg die als wilde Landtage bezeichnet wurden 2 748Hier formierte sich auch die aufgestaute Wut uber unverstandliche oder unverstandene Massnahmen der Reformburokratie die seit vielen Jahren uber die Kopfe der Einwohner hinweg regierte 2 742 Die Regierung sah sich genotigt das Projekt Schuldentilgungsanstalt am 26 November 1818 zuruckzunehmen Danach verlagerte sich der Schwerpunkt der Aktivitaten fur eine Verfassung von Oberhessen in die Provinz Starkenburg Am 28 Januar 1819 fand eine Versammlung in Heppenheim mit 30 am 14 Februar 1819 mit 160 Deputierten in Zwingenberg statt 2 748 Die Versammlung wahlte einen achtkopfigen Ausschuss um die Arbeit fortfuhren zu konnen Das Protokoll der Versammlung 10 und die gehaltenen Reden 11 wurden im Druck veroffentlicht 2 749 aber nicht Rheinhessen Bearbeiten Rheinhessen das mit seiner franzosischen Vergangenheit und ausgestattet mit franzosischen Errungenschaften am ehesten eine treibende Kraft in der Verfassungsfrage hatte sein konnen fiel dagegen vollig aus Bei der Besitzergreifung durch den Grossherzog garantierte dieser alle Institutionen und mit dem in Provinzialrat umbenannten Departementalrat sogar eine Volksvertretung 12 Das stellte die Rheinhessen vollig zufrieden was rechts des Rheins lief liess sie kalt Fur die Verfassungsbewegung im Grossherzogtum waren sie ein Totalausfall 2 745 fKrise 1819 BearbeitenAnkundigung einer Verfassung Bearbeiten Unter Fuhrung von Heinrich Karl Hofmann 1795 1845 entstand eine Denkschrift die von vier Mitgliedern des in Zwingenberg gewahlten Ausschusses unter Fuhrung des Michelstadter Schultheissen Georg Heinrich Bogen dem Grossherzog uberreicht werden konnte Der Grossherzog versprach Abhilfe denn mit der Versammlung in Zwingenberg drohten der Regierung die Geschehnisse zu entgleiten Eine bereits am 18 Februar formulierte Verfassungszusage wurde am 25 Marz 1819 veroffentlicht Vorgesehen war eine oktroyierte Verfassung die vor dem Mai 1820 erlassen werden und aufgrund derer ein erster Landtag zusammentreten sollte 13 Eine oktroyierte Verfassung kam fur die Verfassungsbewegung aber nicht in Frage Sie rief zu einer zweiten Versammlung in Zwingenberg am 7 Marz 1819 auf in der nun auch Oberhessen vertreten war 2 749 Resultat war eine zweite Denkschrift in verscharftem Ton formuliert Auch diese Denkschrift konnte dem Grossherzog uberreicht werden der aber schon weniger huldvoll war als bei der Ubergabe der ersten und darum bat von Versammlungen wie in Zwingenberg Abstand zu nehmen 2 750Um Entspannung bemuht erarbeitete Minister Heinrich Karl Jaup einen Vorschlag der Provinzialrate in allen drei Provinzen des Grossherzogtums Anm 3 vorsah Die Initiative war unter den Ministern aber hoch umstritten 14 die gegnerische Fraktion im Ministerium setzte auf Repression und der Grossherzog war zunachst unentschlossen und lehnte letztendlich ab Der Mord an dem Dramatiker und russischen Generalkonsul August von Kotzebue am 23 Marz 1819 in Mannheim liess die Krafte der Reaktion endgultig siegen was am 20 September 1819 in den Karlsbader Beschlussen gipfelte 6 10 Am 8 April 1819 verbot die Regierung alle weiteren Versammlungen 15 Steuerverweigerung Bearbeiten Die Beteiligten der Verfassungsbewegung versuchten das Versammlungsverbot zu ignorieren Der Ausschuss traf sich allerdings weiterhin 2 751 Erste Stimmen fur einen gewaltsamen Umsturz wurden laut Systematisch wurden im ganzen Land Bitt und Beschwerdeschriften erstellt Die aktivsten waren Heinrich Karl Hofmann Georg Ruhl Wilhelm Christian Tillmann Stahl 1793 1841 und der Michelstadter Schultheiss Georg Heinrich Bogen Letzterer organisierte innerhalb weniger Tage 4000 Unterschriften aus 100 Dorfern im Bereich des Odenwaldes 2 751Die Lage spitze sich im Herbst 1819 weiter zu nachdem die Verfassungskampagne mit einer teilweisen Steuerverweigerung verbunden wurde Die Steuerruckstande aus den betroffenen Provinzen Oberhessen und Starkenburg beliefen sich Ende Oktober 1819 auf 2 Mio Gulden 2 753 Reaktion der Regierung Bearbeiten Die hessische Regierung schickte Militar in die Unruhegebiete und versuchte die Anfuhrer der Steuerverweigerungs Bewegung zu verhaften Die ortliche Burgerwehr hinderte sie zunachst daran und die Situation drohte zu eskalieren Letztendlich gaben die Steuerverweigerer ihren Widerstand auf und liessen sich verhaften Als Strafe fur den offenen Widerstand gegen die Regierung blieben die Militareinheiten bis November in Michelstadt einquartiert Mit Beginn des Militareinsatzes versicherte die Regierung aber erneut eine Verfassung einfuhren zu wollen 2 755 Zum Jahresende 1819 und im Fruhjahr 1820 kamen die Verhafteten wieder frei Aufgrund des Widerstandes der Justiz kam es letztendlich zu keiner strafrechtlichen Verfolgung Anm 4 Die Angelegenheit war durch die dann ein Jahr spater doch endgultig erlassene Verfassung uberholt 2 754 fDie Regierung trieb das Verfassungsprojekt nun ernsthaft voran nicht zuletzt um weitestgehend dessen Inhalte selbst bestimmen zu konnen Schon 1816 war eine dreikopfige Gesetzgebungskommission damit beauftragt worden eine Verfassung und weitere Gesetze auszuarbeiten Dieser gehorten Peter Joseph Floret und der Jura Professor an der Universitat Giessen Karl Ludwig Wilhelm von Grolman an Grolmann war bereits am 4 Marz 1819 angetragen worden die Verfassung auszuarbeiten Er lehnte jedoch zunachst ab da er nicht Mitglied des Ministeriums war und damit keine Chance sah seine Vorstellungen durchzusetzen Aufgrund einer Initiative des Prinzen Emil und des preussischen Gesandten Joachim Friedrich von Otterstedt wurde er zum 31 Juli 1819 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt und mit der Vertretung des erkrankten Ministers Friedrich August von Lichtenberg betraut Er war so faktisch Regierungschef Neben der Arbeit an der Verfassung veranlasste er die Rucknahme einiger besonders verhasster Verordnungen schaffte die unbeliebte Landwehr ab 16 setzte eine Amtervisitationskommission ein 17 und begann mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen Er verantwortete allerdings auch den Militareinsatz gegen die Steuerverweigerer im Odenwald 2 755Marz Verfassung Bearbeiten nbsp Ort der Eroffnung des Landtages Residenzschloss DarmstadtUngefahr zwei Monate vor dem angekundigten Einfuhrungsdatum unterzeichnete der Grossherzog am 18 Marz 1820 das Edict uber die landstandische Verfassung des Grossherzogtums mit dem er eine wie sich gegen Jahresende herausstellte vorlaufige Verfassung verfugte 18 Das einseitige Vorgehen des Grossherzogs wurde von den Protagonisten der Verfassungsbewegung sofort als ungenugend abgelehnt 19 Auch inhaltlich war diese Marzverfassung durftig Zwar wurde ein Landtag geschaffen ihm aber kaum Kompetenzen zugestanden um die Kraft und den entscheidenden Gang der Regierung nicht zu lahmen 20 Trotz der offentlichen Kritik am Verfassungsedikt wurden Wahlen fur den ersten Landtag durchgefuhrt 2 756 f Obwohl die Aktivisten der Darmstadter Schwarzen nicht gewahlt werden durften weil sie das Wahlalter von 36 Jahren noch nicht erfullten oder ihr finanzieller Status nicht genugte wurden zahlreiche Kritiker des Marzedikts gewahlt 32 der neu gewahlten Abgeordneten schlossen sich einer Protest Adresse von Oberappellationsgerichtsrat Ernst Georg Philipp Hopfner 1780 1845 21 an und verweigerten den Verfassungseid Durch die vermittelnden Bemuhungen des Ministers Hans Christoph von Gagern mit Unterstutzung von Karl Christian Eigenbrodt kam es zu einem Kompromiss So erklarten sich letztendlich 23 der Eidverweigerer bereit den Eid doch abzulegen wenn die Regierung sich bereit erklare die Verfassung durch den Landtag nachbessern zu lassen So konnte der erste Landtag am 27 Juni 1820 im Thronsaal des Darmstadter Schlosses eroffnet werden und begann mit der Arbeit an der Verfassung 2 757 fDezember Verfassung 1820 Bearbeiten nbsp Ludwigsmonument in Darmstadt posthume Ehrung Ludewigs I als VerfassungsgeberDer Landtag tagte im Marktpalais in Darmstadt 2 758 Die Verhandlungen kamen am Anfang nicht voran Minister Grolman wollte von seiner Verfassung moglichst wenig abweichen Der Grossherzog aber hielt diesen Poker auf Dauer nicht durch und versagte Grolman die Ruckendeckung fur den harten Kurs 22 So verlas der Geheime Staatsrat im Departement der Finanzen August Konrad Hofmann am 14 Oktober 1820 eine Regierungserklarung im Landtag in der er eine Neufassung der Verfassungsurkunde vor Ende des ersten Landtages zusagte Der Landtag begann eine neue Verfassungsurkunde auszuarbeiten Jede Kammer hatte dafur einen eigenen Ausschuss die zunachst getrennt anschliessend gemeinsam tagten der Ausschuss der Zweiten Kammer unter Leitung ihres Prasidenten Karl Christian Eigenbrodt und der der Ersten Kammer unter Minister Karl du Thil 6 81 Inhaltlich bestimmend wirkte auf Regierungsseite nun der Minister Heinrich Karl Jaup 2 759Grossherzog Ludewig I erhielt von Minister Grolman die Endfassung der erarbeiteten Verfassungsurkunde und unterzeichnete sie am 17 Dezember 1820 Die unterzeichnete Urkunde wurde am 21 Dezember 1820 in einer Feier durch Grolman dem Landtag ubergeben 2 760 und am 22 Dezember 1820 verkundet 23 Formal wurde die Verfassung oktroyiert inhaltlich aber war sie ausgehandelt 6 81 so wahrten beide Seiten ihr Gesicht Die beiden deutschen Grossmachte reagierten verstimmt Sie waren weder von der grossherzoglichen Regierung im Vorfeld uber deren inhaltliches Nachgeben unterrichtet worden noch mit den Fortschritten im Parlamentarismus einverstanden den die Verfassung brachte 6 80Dafur dass der Grossherzog die Verfassung ermoglichte wurde ihm kurz vor dem 25 jahrigen Jubilaum der Verfassung 1844 posthum ein Denkmal in Darmstadt gestiftet das Ludwigsmonument 2 759Dort steht er in Bronze und halt in seiner rechten Hand eingerollt die Verfassungsurkunde Inhalt Bearbeiten nbsp Das Standehaus in Darmstadt 1888 Sitz des LandtagsDer erste Titel Von dem Grossherzogthum und dessen Regierung im Allgemeinen regelte die Rolle Hessens im deutschen Bund und die des Grossherzogs im Land Der zweite Titel handelte Von den Domanen Danach sollte 1 3 der Einkunfte der Domanen dem Staat und 2 3 der grossherzoglichen Familie zustehen Der dritte Titel Von den allgemeinen Rechten und Pflichten der Hessen umfasste eine Reihe von neuen Burgerrechten In den ehemals geistlichen Gebieten die in den vorangegangenen Jahren zum Grossherzogtum gekommen waren Anm 5 gab es anders als in den althessischen ehemals pfalzischen und wetterauischen Gebieten die das Grossherzogtum dazu gewonnen hatte einen erheblichen Anteil romisch katholischer Glaubiger Die Verfassung sicherte Anhangern aller christlichen Konfessionen gleiche Rechte zu Nichtchristen das betraf vor allem Juden waren noch nicht gleichgestellt Die Verfassung hob die Leibeigenschaft auf und fuhrte eine Wehrpflicht ein Die Ankundigung ein einheitliches Rechtssystem fur das Land zu schaffen 24 wurde in der Folge nur unvollstandig umgesetzt Anm 6 Hauptartikel Grossherzogtum Hessen Judikative und Recht Die mannlichen Burger waren grundsatzlich mit gleichen Rechten ausgestattet jedoch bestanden Vorrechte des Adels fort Hauptartikel Standesherr Grossherzogtum Hessen Hauptartikel Ritterschaftlicher Adel des Grossherzogtums Hessen Titel acht Von den Landstanden regelte Zusammensetzung Wahl und Kompetenzen der Landstande des Grossherzogtums Hessen Verfassungsanderungen BearbeitenIm Laufe der fast 100 Jahre langen Geltungszeit der Verfassung gab es Verfassungsanderungen Diese geschahen durch einfaches Gesetz Beispiele dafur sind etwa die Wahlrechtsreformen im Umfeld der Revolution 1848 oder die geanderte Zusammensetzung der Kammern der Landstande 1872 25 Literatur BearbeitenPrimarliteratur Bearbeiten Georg Ruhl Warum mussen wir Landstande haben und wozu nutzen sie Wie muss dabei eine landstandische Verfassung beschaffen seyn wenn durch sie das Wohl und Gluck des Volkes wahrhaft gedeihen soll Jedem teutschen Vaterlandsfreunde zur Verstandigung und Beherzigung Frankfurt a M 1819 Friedrich Wilhelm Schulz Frag und Antwortbuchlein uber Allerlei was im deutschen Vaterland besonders Noth thut Bayrhofer Frankfurt 1819 Sekundarliteratur Bearbeiten Siegfried Buttner Die Anfange des Parlamentarismus in Hessen Darmstadt und das du Thilsche System Historischer Verein fur Hessen Darmstadt 1969 Peter Joseph Floret Erorterungen uber landstandische Verfassung in Deutschland namentlich in Beziehung auf das Grossherzogtum Hessen Heidelberg 1820 Digitalisat Eckhart G Franz Peter Fleck Fritz Kallenberg Grossherzogtum Hessen 1800 1806 1918 In Walter Heinemeyer Helmut Berding Peter Moraw Hans Philippi Hg Handbuch der Hessischen Geschichte Band 4 2 Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich 1806 1815 1945 Die hessischen Staaten bis 1945 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen 63 Elwert Marburg 2003 ISBN 3 7708 1238 7 Adolf Muller Die Entstehung der hessischen Verfassung von 1820 Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 13 Hessischer Staatsverlag Darmstadt 1931 Gerhard Welkoborsky Die hessische Verfassung von 1820 In Historischer Verein fur Hessen Archiv fur hessische Geschichte und Altertumskunde 26 1961 S 139 150 Anm 7 Uta Ziegler Regierungsakten des Grossherzogtums Hessen 1802 1820 Band 6 der Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten 2002 ISBN 3 486 56643 1Weblinks BearbeitenWortlaut der Verfassung fur das Grossherzogtum Hessen vom 17 Dezember 1820 www verfassung hessen darmstadt de Verfassungsurkunde fur das Grossherzogtum Hessen 17 Dezember 1820 In Horst Dreier Juristische Fakultat der Universitat Wurzburg Verfassungsdokumente von der Magna Carta bis ins 20 JahrhundertAnmerkungen Bearbeiten Vgl etwa die entsprechende Initiative von Johann Henrich Benjamin Minnigerode 1789 Grossherzogtum Frankfurt Hochstes Organisations Patent der Verfassung des Grossherzogtums Frankfurt und Konigreich Westphalen Constitution des Konigreichs Westphalen Oberhessen Starkenburg und Rheinhessen wo es das schon gab Der Prasident des Hofgerichts Darmstadt Ludwig Minnigerode beharrte auf seiner richterlichen Unabhangigkeit und erklarte die seitens der Regierung vorgelegten Polizeiberichte als unzureichende Beweise um die Verhafteten strafrechtlich belangen zu konnen Ludwig Minnigerode war der Sohn von Johann Henrich Benjamin Minnigerode der sich 1789 fur die Starkung der alten hessischen Landstande eingesetzt hatte verhaftet worden war und daraufhin Suizid beging Das waren vor allem Gebiete des ehemaligen Kurfurstentums Mainz Hinsichtlich des Prozessrechts gelang das erst durch die Reichsjustizgesetze 1877 und fur das Zivilrecht erst mit dem BGB zum 1 Januar 1900 Fussnotenfreier Besinnungsaufsatz mit sachlichen FehlernEinzelnachweise Bearbeiten Erklarung des Grossherzogs vom 1 Oktober 1806 In Grossherzoglich Hessische Verordnungen Heft 1 1806 1808 Darmstadt 1811 S 39f a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af Eckhart G Franz Peter Fleck Fritz Kallenberg Grossherzogtum Hessen 1800 1806 1918 In Walter Heinemeyer Helmut Berding Peter Moraw Hans Philippi Hg Handbuch der Hessischen Geschichte Band 4 2 Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich 1806 1815 1945 Die hessischen Staaten bis 1945 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen 63 Elwert Marburg 2003 ISBN 3 7708 1238 7 Ewald Grothe Konstitutionalismus in Hessen vor 1848 Drei Wege zum Verfassungsstaat im Vormarz Eine vergleichende Betrachtung online PDF 398 kB abgerufen am 1 Mai 2020 NN Schreiben und Bitte der Standesherren im Grossherzogthum Hessen an den Grossherzog um Zusammenberufung einer Stande Versammlung 1816 Vgl Ludwig Ferdinand von Meseritz Unpartheiische Beleuchtung der Sr Konigl Hoheit dem Grossherzog von den Standesherrn im Grossherzogthum Hessen im Marz 1816 uberreichten bitte um Zusammenberufung einer Standeversammlung und ihrer Anlage die Darstellung der Lage des Landes enthaltend 1816 a b c d e Siegfried Buttner Die Anfange des Parlamentarismus in Hessen Darmstadt und das du Thilsche System Historischer Verein fur Hessen Darmstadt 1969 Aus dieser Zeit stammt auch eine Flugschrift einer der fuhrenden Kopfe der Darmstadter Schwarzen Heinrich Karl Hofmann Ein jegliches Reich so es mit ihm selbst uneins wird das wird wuste In Grossherzoglich Hessische Zeitung vom 25 Februar 1819 S 229 Buttner Die Anfange S 7f Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 748 Protocoll der am 14 Februar 1819 zu Zwingenberg gehaltenen Volksversammlung nebst Beilagen O O 1819 Hessen Darmstadtische Actenstucke die Einfuhrung einer achten landstadischen Verfassung betreffend Heft 1 Darmstadt 1819 Die Errichtung eines Provinzialraths fur die Provinz Rheinhessen betreffend vom 7 August 1818 In Archiv der Grossherzoglich Hessischen Gesetze und Verordnungen Bd 2 Vom Januar 1814 bis zum Ende des Jahrs 1819 Verlag der Grossherzoglichen Invalidenanstalt Darmstadt 1834 S 632 634 In Grossherzoglich Hessische Zeitung vom 25 Februar 1819 S 229 Zu den Details der Auseinandersetzung siehe Buttner Die Anfange S 9f Verordnung vom 1 April 1819 In Grossherzoglich Hessische Zeitung Nr 42 vom 8 April 1819 S 433f Edict die Aufhebung der Landwehr Anstalt im Grossherzogthum Hessen betreffend vom 20 November 1819 In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 25 vom 6 Dezember 1819 S 119 121 Anordnung einer standigen Commission zur Visitation sammtlicher Justiz und Regierungsamter in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen vom 6 Dezember 1819 In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 27 vom 10 Dezember 1819 S 139f Edict uber die landstandische Verfassung des Grossherzogtums vom 18 Marz 1820 In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 13 vom 24 Marz 1820 S 101ff Vgl etwa Ernst Theodor Schulz Ueber landstandische Reprasentation im Grossherzogthum Hessen Metzler Stuttgart 1820 So Grolmann in seiner Begrundung vgl Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 756 Zu seiner Person vgl Nachweis im Archivinformationssystem Hessen Hopfner Ernst Georg Philipp Hessische Biografie Stand 22 Juli 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS So Franz Fleck Kallenberg Grossherzogtum Hessen S 759 Buttner Die Anfange S 80 geht dagegen davon aus dass die Initiative von Grolman selbst kam Verfassungs Urkunde des Grossherzogtums Hessen vom 17 Dezember 1820 In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 60 vom 22 Dezember 1820 S 535 554 Art 103 Verfassung Art 2 51 Gesetz die Zusammensetzung der beiden Kammern der Stande und die Wahl der Abgeordneten betreffend vom 8 November 1872 In Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr 49 vom 12 November 1871 S 385 398 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verfassung des Grossherzogtums Hessen amp oldid 227860178