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Die Astrophysik befasst sich mit den physikalischen Grundlagen der Erforschung von Himmelserscheinungen und ist ein Teilgebiet der Astronomie Als Erweiterung der klassischen Astronomie vor allem aus Astrometrie und Himmelsmechanik bestehend macht sie heute grosse Bereiche der astronomischen Forschung aus Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Ursprung 1 2 Weitere Entwicklung 2 Klassische Teilgebiete 3 Theoretische Astrophysik 4 Beobachtende Astrophysik 5 Laborastrophysik 6 Verhaltnis zu anderen Teilgebieten der Physik 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUrsprung Bearbeiten Viele Historiker datieren den Beginn der Verschmelzung von Astronomie und Physik auf den Anfang des 17 Jahrhunderts genauer auf die Entdeckung der Keplerschen Gesetze Einer der Ersten der offensichtlich der Uberzeugung war dass Johannes Kepler der erste Astrophysiker gewesen sei war sein langjahriger Lehrmeister und Freund Michael Mastlin In einem Brief an Kepler schrieb er Ich denke man sollte physikalische Ursachen ausser Betracht lassen und sollte versuchen astronomische Fragen nur nach dem astronomischen Verfahren mit Hilfe von astronomischen nicht physikalischen Ursachen und Hypothesen zu erklaren Das heisst die Berechnungen verlangen eine astronomische Basis im Bereich der Geometrie und Arithmetik Sowohl Kepler als auch Galileo Galilei haben sich intensiv mit den Arbeiten von William Gilbert einem Arzt und Physiker im England des 17 Jahrhunderts befasst Gilbert unterschied als Erster eindeutig zwischen Magnetismus und statischer Elektrizitat er untersuchte die elektrische Aufladung an vielen Substanzen und war uberzeugt dass die Erde insgesamt als ein einziger Magnet mit zwei Polen angesehen werden muss Nach seiner Vorstellung war der Magnetismus die Seele der Erde woraus er eine ganze magnetische Philosophie entwickelte Von vielen Wissenschaftlern der damaligen Zeit wurden die Entdeckungen von Kepler Galileo und Gilbert allerdings nicht ernst genommen Dies fuhrte zu einer Vernachlassigung ihrer Arbeiten und letztlich dazu dass noch zwei weitere Jahrhunderte vergehen sollten bis die alchemistischen Ansichten verlassen wurden Die tatsachliche Geburtsstunde der Astrophysik wird heute von vielen Naturwissenschaftlern mit der Bestatigung des kopernikanischen Weltbilds durch Friedrich Wilhelm Bessel und Thomas James Henderson sowie Friedrich Georg Wilhelm Struve im Jahr 1838 mittels der ersten Messungen zu trigonometrischen Sternparallaxen angegeben Die Sternphotometrie also die Messung der scheinbaren Helligkeit der Sterne und die beinahe parallel dazu entwickelte Spektrumanalyse durch Joseph von Fraunhofer Gustav Robert Kirchhoff und Robert Wilhelm Bunsen bildeten ebenfalls einen Teil der Basis jener Wissenschaft die heute als Astrophysik bekannt ist Bereits 1814 entdeckte Fraunhofer dunkle Linien im Spektrum der Sonne die Fraunhoferlinien ohne allerdings ihren Ursprung erklaren zu konnen Die eigentliche Astrophysik d h die Erforschung der Sterne mit physikalischen Methoden begann als 1859 G Kirchhoff und G Bunsen in Heidelberg die Spektrumanalyse sowie die Deutung der Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum entdeckten A Unsold B Baschek Der neue Kosmos Einfuhrung in die Astronomie und Astrophysik 7 Auflage 1 Schon 1860 formulierte G Kirchhoff die Grundlagen der Strahlungstheorie insbesondere den Kirchhoffschen Satz welcher im thermodynamischen Gleichgewicht die Beziehungen zwischen Emission und Absorption der Strahlung festlegt Dieser Satz zusammen mit dem Doppler schen Prinzip D l l n c displaystyle left frac Delta lambda lambda frac nu c right nbsp bildete vierzig Jahre lang das ganze gedankliche Gerust der Astrophysik A Unsold B Baschek Der neue Kosmos Einfuhrung in die Astronomie und Astrophysik 7 Auflage 1 Weitere Entwicklung Bearbeiten Die Feststellungen von Kirchhoff und Bunsen fuhrten schlussendlich zu einer sofortigen Anwendung der neu gewonnenen Technologien durch Astronomen in der Mitte des 19 Jahrhunderts Bereits 1863 wurden durch Angelo Secchi Studien basierend auf den Erkenntnissen von Kirchhoff und Bunsen veroffentlicht Auch zwei heute sehr bekannte Astronomen nahmen sich deren Studien an und veroffentlichten in diesem Zeitraum bahnbrechende Arbeiten zur Thematik der Astrophysik Lewis Morris Rutherfurd aus New York und William Huggins aus London Bei einer Sonnenfinsternis in Indien am 18 August 1868 entdeckte Pierre Janssen in der Korona der Sonne mit Hilfe der chemischen Beobachtung durch Spektralanalyse ein damals noch nicht bekanntes Element Helium Viele bekannte Wissenschaftler setzten sich im Laufe der nachsten Jahre mit wesentlicher physikalischer Grundlagenforschung auseinander und leisteten somit interdisziplinare Grundlagenforschung fur die heute existierende Astrophysik In seinem Buch Uber die Erhaltung der Kraft 1847 formulierte Hermann von Helmholtz den Energieerhaltungssatz detaillierter als Julius Robert von Mayer es 1842 getan hatte und trug so wesentlich zur Anerkennung dieses zunachst sehr umstrittenen Prinzips bei Damit erbrachte Helmholtz die Grundsatze fur die Gravitationsenergie Antoine Henri Becquerel der Entdecker der Radioaktivitat legte 1896 den Grundstein fur die Messung des Zerfalls von Isotopen George Howard Darwin Sohn von Charles Darwin untersuchte ab 1882 den Effekt der Gezeiten auf das Sonnensystem mit mathematischen Methoden und wurde zu einem anerkannten Experten auf diesem Gebiet John Joly schlug 1899 eine Methode vor das Alter der Erde aus dem Natriumgehalt der Ozeane zu bestimmen aus der Idee heraus dass dessen Konzentration durch Erosion an Land stetig zunehmen wurde 2 Er schatzte das Alter der Erde danach auf 80 bis 100 Millionen Jahre 1903 schlug er eine bessere Methode vor die Abschatzung des Erdzeitalters aus dem radioaktiven Zerfall von Radium in einem Nature Artikel 1907 mass Bertram Boltwood das Alter von Gesteinen durch den radioaktiven Zerfall von Uran zu Blei Uran Blei Datierung Klassische Teilgebiete BearbeitenPhysikalische Kosmologie Kosmogonie Entstehungsgeschichte des Universums Entstehung und Evolution von Sternen Sonnenphysik Astroteilchenphysik Kosmochemie chemische Evolution der Elemente und Nukleosynthese Gravitationsdynamik Entstehung und Entwicklung von Galaxien Schwarze Locher Neutronensterne Entstehung und Evolution von Planetensystemen Exoplaneten Planemos Braune Zwerge Theoretische Astrophysik BearbeitenDie Theoretische Astrophysik versucht anhand von Modellen Himmelserscheinungen vorauszusagen oder nachzubilden Viele astrophysikalische Prozesse lassen sich durch partielle Differentialgleichungen beschreiben fur die nur in Ausnahmesituationen eine exakte analytische Losung gefunden werden kann Eine weit verbreitete Methode in der Astrophysik sind daher numerische Berechnungen Numerik und Simulationen die mit einem ublichen PC 2008 Tage bis Wochen dauern wurden In der Praxis wird daher oft auf Supercomputer oder Cluster zuruckgegriffen Die so gewonnenen Resultate vergleicht man mit Beobachtungen und uberpruft ob sie ubereinstimmen Beobachtende Astrophysik Bearbeiten nbsp M 57 planetarischer NebelDie wichtigste Methode ist dabei die Spektralanalyse der elektromagnetischen Strahlung wobei sich der Beobachtungsbereich von langwelligen Radiowellen Radioastronomie bis zu kurzwelligen und damit hochenergetischen Gammastrahlen uber etwa 20 Zehnerpotenzen erstreckt Von der Erde aus konnen ausser sichtbarem Licht die Frequenzbereiche von Radiowellen und einige Teile des Infrarotbereichs beobachtet werden Der grosste Teil des infraroten Lichts ultraviolettes Licht sowie Rontgenstrahlung und Gammastrahlung konnen nur von Satelliten aus beobachtet werden da die Erdatmosphare als Filter wirkt Klassifiziert man Sterne nach Spektralklassen und Leuchtkraftklassen konnen sie in ein Hertzsprung Russell Diagramm HRD eingetragen werden Die Lage im HRD legt fast alle physikalischen Eigenschaften des Sterns fest Zur Entfernungsbestimmung kann man das Farben Helligkeits Diagramm FHD benutzen Neben einzelnen Sternen werden vor allem Galaxien und Galaxienhaufen beobachtet Hierfur werden erdgebundene Teleskope oft auch zu Clustern zusammengeschaltet wie z B HEGRA sowie Weltraumteleskope wie etwa das Hubble Weltraumteleskop benutzt Haufig werden auch Satelliten mit Detektoren und Teleskopen gestartet Daneben interessieren sich Astrophysiker auch fur den kosmischen Strahlungshintergrund Siehe auch Beobachtende AstronomieLaborastrophysik BearbeitenLange Zeit kannte die Astrophysik so gut wie keine Laborexperimente Die Entwicklung neuer leistungsfahiger Teleskope ab der Jahrtausendwende fuhrte aber letztlich zum Entstehen des Teilgebiets der Laborastrophysik Diese erzeugt und untersucht bislang unbekannte Molekule Auf Grundlage der im Labor gewonnenen Spektrogramme und mithilfe grosser Radioteleskope lassen sich diese Molekule dann in interstellaren Gaswolken nachweisen Dadurch wiederum lasst sich auf chemische Prozesse ruckschliessen die dort etwa bei Sternengeburten stattfinden Laborastrophysikalische Forschergruppen gibt es weltweit nur rund 20 in Deutschland an der Universitat Kassel 3 der Friedrich Schiller Universitat Jena und der Universitat zu Koln Des Weiteren gibt es Labore die sich mit der Entstehung von Planeten befassen wie die Universitat Braunschweig und die Universitat Duisburg Essen Neben Simulationen an Computern zur Kollision und Wachstum von Staubpartikeln werden hier auch einige Laborexperimente durchgefuhrt die unter anderem dann auch in Schwerelosigkeit fortgefuhrt werden Verhaltnis zu anderen Teilgebieten der Physik BearbeitenDie Astrophysik ist prinzipiell auf Beobachtungen und Messungen angewiesen denn konstruierte Experimente sind wegen der Grosse der Forschungsobjekte und der Nichtreproduzierbarkeit einmaliger kosmologischer Ereignisse Urknall ausgeschlossen Viele dieser Messungen haben aufgrund ihrer Kleinheit z B Objektgrossen oder Winkelabstande einen grossen relativen Fehler Daraus indirekt bestimmte Grossen z B Sternmassen alter oder entfernungen sind dementsprechend mit hohen Ungenauigkeiten verbunden Bei anderen Messungen wie z B Spektroskopie der Sternatmospharen oder Radar Messungen zum Mond oder im Vorbeiflug an Objekten oder durch statistische Methoden viele unabhangige Messungen lassen sich jedoch auch hohe Genauigkeiten erreichen Trotz dieser grundsatzlichen Verschiedenheit zu allen anderen physikalischen Teildisziplinen nutzen Astrophysiker Methoden und Gesetzmassigkeiten aus anderen Gebieten der Physik insbesondere aus der Kern und Teilchenphysik etwa Detektoren zur Messung bestimmter Teilchen bei bestimmten Energien oder beginnen die Nukleare Astrophysik zu entwickeln In der Theoretischen Astrophysik hingegen ist die Anlehnung an die Plasmaphysik besonders eng da sich viele astronomische Erscheinungen wie etwa Sternenatmospharen oder Materiewolken in guter Naherung als Plasmen beschreiben lassen Siehe auch BearbeitenGeschichte der Astronomie Geschichte der Astronomie und Astrophysik in der Antarktis AstrochemieLiteratur BearbeitenArnold Hanslmeier Einfuhrung in Astronomie und Astrophysik Spektrum Akad Verlag Berlin 2007 ISBN 978 3 8274 1846 3 Albrecht Unsold Bodo Baschek Der neue Kosmos Einfuhrung in die Astronomie und Astrophysik Springer Berlin 2005 ISBN 3 540 42177 7 Karl Heinz Spatschek Astrophysik eine Einfuhrung in Theorie und Grundlagen Teubner Stuttgart 2003 ISBN 3 519 00452 6 Bradley W Carroll Dale A Ostlie An introduction to modern astrophysics Pearson Addison Wesley San Francisco 2007 ISBN 978 0 8053 0402 2 Hale Bradt Astrophysics processes the physics of astronomical processes Cambridge Univ Press Cambridge 2008 ISBN 978 0 521 84656 1 Donald H Perkins Particle astrophysics Oxford Univ Press Oxford 2008 ISBN 978 0 19 954545 2 Mario Livio Astrophysics of life Cambridge Univ Press Cambridge 2005 ISBN 0 521 82490 7 Christiaan Sterken John B Hearnshaw 100 years of observational astronomy and astrophysics a collection of papers on the history of observational astrophysics Univ of Brussel Brussel 1999 ISBN 90 805538 3 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Astrophysik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Astrophysik Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Lexikon der Astrophysik von Andreas Muller Das Weltall auf Welt der Physik Einzelnachweise Bearbeiten a b Albrecht Unsold Bodo Baschek Der neue Kosmos Einfuhrung in die Astronomie und Astrophysik 7 Auflage Springer 2002 ISBN 3 540 42177 7 S 166 ff An estimate of the geological age of the earth Scientific Transactions Royal Dublin Society Startseite Abgerufen am 9 Juni 2023 Normdaten Sachbegriff GND 4003326 0 lobid OGND AKS LCCN sh85009032 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Astrophysik amp oldid 234461737