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Die Uran Blei Datierung ist eine absolute Datierungsmethode bei der die radioaktiven Zerfallsreihen von Uran ausgenutzt werden um Proben zu datieren Mit dieser Methode werden z B irdisches Gestein oder auch Meteoriten datiert Das heute angenommene Alter der Erde von 4 55 Milliarden Jahren wurde zuerst von Fritz Houtermans 1 und Clair Cameron Patterson 2 3 mit der Uran Blei Datierung bestimmt und die Verfahren der Uran Blei Datierung von Patterson mit George R Tilton in den 1950er Jahren entwickelt Das Alter des Sonnensystems wurde mittels dieser Datierungsmethode angewandt auf die vermutlich altesten in unserem Sonnensystem entstandenen Mineralien den Calcium Aluminium reichen Einschlussen in Meteoriten auf 4 567 Milliarden Jahre bestimmt 4 Fur die altesten auf der Erde entstandenen Minerale Zirkone die in Gesteinen in Australien gefunden wurden ermittelte man ein Alter von bis zu 4 404 Milliarden Jahren 5 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Konkordia Diagramm 3 Korrektur des nichtradiogenen primordialen Blei Anteils 4 Entwicklung der Uran Blei Datierung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenEs gibt zwei Zerfallsreihen die jeweils bei Uran Isotopen beginnen und uber mehrere Zwischenschritte bei Blei Isotopen enden Uran Radium Reihe Uran 238U Blei 206Pb Halbwertszeit 4 5 Milliarden Jahre Uran Actinium Reihe Uran 235U Blei 207Pb Halbwertszeit 704 Millionen Jahre Die verschiedenen instabilen Zerfallsprodukte in diesen Reihen sind viel kurzlebiger als das jeweilige Uran Isotop am Anfang der Reihe Fur die Altersbestimmung spielen daher nur die Halbwertszeiten der Uran Isotope eine wesentliche Rolle Unter der Annahme dass der Bleigehalt rein radiogen ist gilt nach dem Zerfallsgesetz 206 P b 238 U 1 e l 238 t l 238 1 551 25 10 10 1 J a h r displaystyle 206 mathrm Pb 238 mathrm U cdot 1 e lambda 238 t quad lambda 238 1 55125 cdot 10 10 frac 1 mathrm Jahr nbsp 207 P b 235 U 1 e l 235 t l 235 9 848 5 10 10 1 J a h r displaystyle 207 mathrm Pb 235 mathrm U cdot 1 e lambda 235 t quad lambda 235 9 8485 cdot 10 10 frac 1 mathrm Jahr nbsp Damit lasst sich aus der Messung der Blei Isotopenverhaltnisse und des Pb U Verhaltnisses das Alter auf drei verschiedene Weisen berechnen Die ersten zwei Methoden ergeben sich direkt aus der Umformung des jeweiligen Zerfallsgesetzes t 1 l 238 ln 1 206 P b 238 U displaystyle t frac 1 lambda 238 cdot ln left 1 frac 206 mathrm Pb 238 mathrm U right nbsp t 1 l 235 ln 1 207 P b 235 U displaystyle t frac 1 lambda 235 cdot ln left 1 frac 207 mathrm Pb 235 mathrm U right nbsp Aus beiden Zerfallsgesetzen zusammen lasst sich auch einfach die dritte Gleichung fur das Alter ableiten in der keine Verhaltnisse von Isotopen verschiedener Elemente sondern nur noch Verhaltnisse von Isotopen jeweils eines Elementes vorkommen 207 P b 206 P b 235 U 238 U e l 235 t 1 e l 238 t 1 displaystyle frac 207 mathrm Pb 206 mathrm Pb frac 235 mathrm U 238 mathrm U cdot frac e lambda 235 t 1 e lambda 238 t 1 nbsp Aus dieser Gleichung lasst sich durch iterative numerische oder grafische Verfahren das Alter t displaystyle t nbsp bestimmen Prinzipiell muss dafur nur das Verhaltnis der Blei Isotope 207Pb 206Pb gemessen werden wenn man davon ausgeht dass das heutige naturliche Uran Isotopenverhaltnis auf der Erde homogen ist Dies nahm man lange an der Wert sollte bei 235U 238U 1 137 88 liegen 6 Neue Messungen beziffern ihn jedoch auf 235U 238U 1 137 818 0 045 2s er kann zudem je nach Fundort leicht verschieden sein 7 Da Isotopenverhaltnisse eines Elementes viel genauer bestimmt werden konnen als das Verhaltnis von verschiedenen Elementen ist diese Methode sehr genau Voraussetzung dieser Methode ist dass das heutige Uran Isotopenverhaltnis in der Probe bekannt ist Insbesondere die Anwendung zur Meteoriten Datierung setzt eine Homogenitat der Uran Isotope im solaren Urnebel voraus solange man das terrestrische Uran Isotopenverhaltnis zur Berechnung des Alters benutzt Allerdings kann das benotigte Uran Isotopenverhaltnis im Prinzip auch in jeder individuellen Probe mitbestimmt werden so dass diese Annahme nicht zwingend notig ist bzw sogar direkt uberpruft werden kann Eine aussagekraftige Methode um zu uberprufen ob die jeweiligen notwendigen Voraussetzungen bei einer konkreten Probe gegeben sind ist die Anwendung des Konkordia Diagrammes Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist dass die Zerfallskonstanten von Uran mit einer Genauigkeit im Promillebereich bekannt sind wahrend die Zerfallskonstanten anderer zur Datierung verwendeter radioaktiver Elemente in der Regel nur mit einer Genauigkeit im Prozentbereich bekannt sind Konkordia Diagramm BearbeitenDas Konkordia Diagramm stellt eine Moglichkeit dar die Zuverlassigkeit der gemessenen U Pb Alter nachzuprufen Tragt man das gemessene 206Pb 238U Verhaltnis und das 207Pb 235U Verhaltnis einer gemessenen Probe in das Konkordia Diagramm ein so sollte der Datenpunkt im Idealfall auf der Konkordia genannten Kurve liegen Das ist etwa bei Kristallen der Fall die nur eine einstufige Geschichte hinter sich haben also nach ihrer Kristallisation keine Storung im Uran Blei Isotopensystem mehr erfahren haben Liegen die gemessenen Isotopenverhaltnisse auf der Konkordia ist also eine einstufige Geschichte anzunehmen und das Alter kann als sehr zuverlassig angesehen werden Eine Storung des U Pb Isotopensystems durch ein spateres als das zu datierende Ereignis kann z B eine Metamorphose des Gesteins oder auch Bleiverlust infolge von Diffusion sein Ist die Probe gestort worden so liegt der Datenpunkt daneben d h er ist diskordant Auch nichtradiogene Bleianteile d h Blei aus anderen Quellen als dem Zerfall von Uran z B primordiales Blei konnen eine Abweichung von der Konkordia verursachen falls sie bei den Blei Isotopenmessungen nicht hinreichend korrigiert wurden Tatsachlich haben viele Gesteine eine komplexe Geschichte hinter sich weswegen sich eine grosse Anzahl der in der Praxis gemessenen Uran Blei Verhaltnisse als diskordant erweist nbsp Konkordia Diagramm Selbst bei diskordanten Uran Blei Messungen kann aber haufig die Geschichte eines Gesteins rekonstruiert werden Das ist der Fall wenn Kristalle eines Gesteins etwa nach der ursprunglichen Kristallisation durch ein weiteres singulares Ereignis z B eine Metamorphose gestort worden sind also insgesamt eine zweistufige Geschichte aufweisen Dann liegen die Datenpunkte solcher Kristalle im Konkordia Diagramm auf einer Geraden welche die Konkordia zu den Zeitpunkten des ersten Ereignisses Kristallisation und des zweiten Ereignisses Metamorphose schneidet Eine solche Gerade wird Diskordia genannt Misst man also mehrere Kristalle aus einem Gestein welche alle dieselbe zweistufige Geschichte hinter sich haben kann die Diskordia an die Datenpunkte angepasst werden und damit die Schnittpunkte mit der Konkordia und deren zugehorige Zeitpunkte bestimmt werden Ein mogliches Problem kann hier sein dass wenn das Uran Blei Isotopensystem durch kontinuierlichen Bleiverlust gestort wurde die Datenpunkte ebenfalls in einem weiten Bereich angenahert auf einer Geraden liegen konnen und erst bei kleinen 207Pb 235U Verhaltnissen zum Ursprung des Diagramms hin abbiegen Die Gefahr ist hier dass eine an solche Daten angepasste Gerade falschlich als Diskordia interpretiert werden kann Korrektur des nichtradiogenen primordialen Blei Anteils BearbeitenNeben einem diskordanten Datenpunkt im Konkordia Diagramm welcher durch nichtradiogenes auch primordial genanntes Blei verursacht werden kann ist auch das Bleiisotop 204Pb ein wichtiger Indikator fur das Vorhandensein von nichtradiogenem Blei in einer Probe Es gibt namlich keine naturliche Zerfallsreihe in das Isotop 204Pb und also auch kein radiogenes 204Pb sondern dieses Bleiisotop ist vollstandig primordial und die Haufigkeit deswegen ein direktes Mass fur den Anteil des nichtradiogenen Bleis in der Probe Bei Proben oder Mineralseparationen in denen nichtradiogenes Blei einen nicht zu vernachlassigenden Anteil darstellt muss dieses vor der Altersberechnung korrigiert werden Dies geschieht meist indem mit der gemessenen 204Pb Haufigkeit und den bekannten Isotopen Verhaltnissen des primordialen Bleis die primordialen 206Pb und 207Pb Haufigkeiten bestimmt werden und von den entsprechenden gemessenen Haufigkeiten dieser Isotope subtrahiert werden Als Resultat erhalt man die radiogenen 206Pb und 207Pb Haufigkeiten mit denen dann die Alter berechnet werden konnen Wichtig bei dieser Korrektur ist die Kenntnis der Isotopen Verhaltnisse des primordialen Bleis Diese wurden beispielsweise durch Tatsumoto et al bestimmt und 1973 publiziert 8 und spater durch Gopel et al 1985 bestatigt Die Untersuchungen von Gopel et al unterstutzen auch stark die Annahme dass das primordiale Blei in der Protoplanetaren Scheibe homogen war 9 Entwicklung der Uran Blei Datierung BearbeitenEine Datierung aufgrund radioaktiven Zerfalls von Uran schlug zuerst 1905 Ernest Rutherford vor Nachdem Bertram B Boltwood 1907 Blei als das Endprodukt des Uranzerfalls nachgewiesen hatte wurden 1911 von Arthur Holmes Alter von bis zu 1 64 Milliarden Jahren fur einige Gesteine angegeben Diese Alter waren aber zu hoch da sie nicht auf Isotopen Verhaltnissen basierten sondern auf den chemischen Verhaltnissen von Uran und Blei Isotope waren damals noch unbekannt Isotopenverhaltnisse von Blei wurden erst 1927 durch Francis William Aston gemessen Im Jahre 1930 bestimmte Otto Hahn das Alter der Erde mit der Uran Blei Methode auf 1 5 bis 3 Milliarden Jahre wobei er allerdings immer noch chemische Verhaltnisse anstatt Isotopen Verhaltnisse zur Berechnung benutzte und die Annahme machte dass kein primordiales Blei in den von ihm betrachteten Gesteinen vorhanden sei 10 Ab 1937 unternahm Alfred Nier Messungen von Bleiisotopenverhaltnissen mit Massenspektrometern Dabei versuchte er auch die Isotopenverhaltnisse von primordialem Blei zu bestimmen Die Entwicklung der Atombombe besonders im Rahmen des Manhattan Projekts fuhrte auch zur Entwicklung von verbesserten Techniken zur Bestimmung von Isotopenverhaltnissen und zu besserem Verstandnis des Uranzerfalls was die Entwicklung der Uran Blei Datierungstechnik stark beschleunigte 1953 publizierte Clair Cameron Patterson basierend auf Bleiisotopen Messungen in einem Meteoriten das bis heute akzeptierte Alter der Erde von 4 55 Milliarden Jahren Siehe auch BearbeitenUran Thorium Datierung 210Pb Datierung Altersbestimmung Geochronologie Radiometrische DatierungLiteratur BearbeitenJ M Mattinson 2013 Revolution and evolution 100 years of U Pb geochronology Elements Magazin 9 S 53 57 B Heuel Fabianek 2017 Naturliche Radioisotope die Atomuhr fur die Bestimmung des absoluten Alters von Gesteinen und archaologischen Funden StrahlenschutzPraxis 1 2017 S 31 42 Einzelnachweise Bearbeiten Determination of the Age of the Earth from the Isotopic Composition of Meteoritic Lead In Nuovo Cimento 10 1953 S 1623 1633 doi 10 1007 BF02781658 Patterson C Tilton G and Inghram M 1955 Age of the Earth Science 121 69 75 doi 10 1126 science 121 3134 69 Patterson C 1956 Age of meteorites and the Earth Geochimica et Cosmochimica Acta 10 230 237 Amelin Y Krot A N Hutcheon E D and Ulyanov A A 2002 Lead isotopic ages of chondrules and calcium aluminum rich inclusions Science 297 1678 1683 doi 10 1126 science 1073950 S A Wilde J W Valley W H Peck C M Graham 2001 Evidence from detrital zircons for the existence of continental crust and oceans on the Earth 4 4 Gyr ago Nature 409 175 178 PDF Datei 197 kB Steiger and Jager Submission on geochronology Convention on the use of decay constants in geo and cosmochronology Earth and Planetary Science Letters 36 1977 359 362 Hiess et al 238U 235U Systematics in Terrestrial Uranium Bearing Minerals Science 335 2012 1610 1614 doi 10 1126 science 1215507 Tatsumoto et al Science 180 1973 1278 1283 Gopel et al U Pb systematics in iron meteorites Uniformity of primordial lead Geochimica et Cosmochimica Acta 49 1985 1681 1695 Otto Hahn Das Alter der Erde Die Naturwissenschaften 18 1930 Heft 47 49 S 1013 1019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Uran Blei Datierung amp oldid 223369301