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Das Oberappellationsgericht abgekurzt OAG war gemass der Deutschen Bundesakte von 1815 des Deutschen Bunds hochstes Rechtsprechungsorgan und letzte Berufungsinstanz eines Mitgliedstaates bzw einer Gruppe von Mitgliedsstaaten Ehemaliges Gebaude des Oberappellationsgerichts fur die mecklenburgischen Grossherzogtumer in Rostock Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Kurfurstliche Rechtsunabhangigkeit 1 2 Appellationsprivilegien anderer Reichsstande 2 Deutscher Bund 3 Umwandlung in Oberlandesgerichte 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenKurfurstliche Rechtsunabhangigkeit Bearbeiten Im Heiligen Romischen Reich besassen die Kurfursten seit dem Erlass der Goldenen Bulle von 1356 das Privilegium de non appellando ihre Herrschaftsgebiete unterstanden nicht mehr der Jurisdiktion der Reichsgerichte und sie mussten daher ein eigenes oberstes Gericht fur ihre jeweiligen Territorien einrichten Gegen Entscheidungen dieser Gerichte konnte keine Berufung bei Reichsgerichten eingelegt werden Dies betraf auch die in spateren Jahren neu geschaffenen Kurfurstentumer So bestand fur das Kurfurstentum Bayern nachdem Kaiser Ferdinand II ihm im Jahre 1620 das Privilegium de non appellando verliehen hatte ab 1625 das so genannte Revisorium das im Jahre 1809 durch das Oberappellationsgericht Munchen fur das Konigreich Bayern abgelost wurde Ebenso entstand im Jahre 1711 das Oberappellationsgericht Celle nachdem die Welfen im Jahre 1692 die Kurwurde fur ihr Kurfurstentum Braunschweig Luneburg erhalten hatten Im Herzogtum Wurttemberg wurde im Jahre 1805 das bestehende Oberhofgericht als standiges Oberappellationstribunal eingerichtet nachdem das Land mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 zum Kurfurstentum erhoben worden war Fur die Herzogtumer Julich und Berg wurde 1769 das Julich Bergisches Oberappellationsgericht errichtet In Hessen Kassel dessen Landgraf ebenfalls 1803 Kurfurst geworden war wurde das bereits 1730 eingerichtete Oberappellationsgericht in Kassel ab 1803 finale Instanz In der ebenfalls 1803 zum Kurfurstentum erhobenen Markgrafschaft Baden erhielt das Oberhofgericht Mannheim diese Funktion die vorher das Oberappellationsgericht Mannheim hatte Appellationsprivilegien anderer Reichsstande Bearbeiten Nach der Schaffung einer standigen kaiserlichen Rechtsprechung mit dem Reichskammergericht und dem Reichshofrat erwirkten auch andere Reichsstande Appellationsprivilegien zumeist erst begrenzt im Verlauf der Zeit jedoch immer weiter ausgebaut Bis zur Mitte des 17 Jahrhunderts hatten sich fast alle grosseren Reichsstande unbegrenzte Privilegia illimitata gesichert und ihre Territorien damit weitgehend der kaiserlichen Jurisdiktion entzogen Dort fungierten dann ebenfalls Oberappellationsgerichte Ein Beispiel waren die im Jahre 1653 gegrundeten Oberappellationsgericht fur die schwedischen Lehen im Heiligen Romischen Reich deutscher Nation sowie das Ravensbergische Appellationsgericht zu Colln 1703 kam ein Oberappellationsgericht zu Colln fur alle reichsangehorigen Lehen der Brandenburger Hohenzollern hinzu mit Ausnahme von Kurmark und Neumark 1 das dem Ravensbergischen Appellationsgericht 1713 als vierte Instanz noch ubergeordnet wurde 2 Beide letztere Gerichte wurden 1748 1750 mit dem kurmarkischen Kammergericht vereinigt 3 Fur die preussischen Gebiete ausserhalb des Reiches bestand ab 1703 das Oberappellationsgericht Konigsberg 4 Deutscher Bund BearbeitenMit dem Ende des alten Reichs endete auch die Zustandigkeit der bisherigen obersten Reichsgerichte Somit wurde es notwendig dass die im Deutschen Bund verbliebenen Staaten eine entsprechende dritte und letzte Instanz als Ersatz fur die ehemaligen Reichsgerichte erhielten Artikel 12 der Bundesakte von 1815 verpflichtete die Bundesstaaten deshalb Oberappellationsgerichte als dritte und letzte Instanz in Zivil und Strafsachen einzurichten Fur jeden Bundesstaat sollte es wenigstens ein solches Gericht geben und Bundesstaaten mit weniger als 300 000 Einwohnern sollten mit ihnen verwandten Hausern oder anderen Bundesstaaten gemeinsam ein derartiges Gericht bilden In vielen Bundesstaaten namentlich denen mit einer Verfassung bildete das Oberappellationsgericht zugleich auch den Staatsgerichtshof der Klagen der Landstande gegen hohere Staatsdiener Minister usw zu untersuchen und entscheiden hatte Gericht Sitz Staat en Grundung AnmerkungenOberste Justizstelle Wien Wien Diejenigen Teile von Osterreich die Teil des Deutschen Bundes waren 1749 ab 1848 Oberster Gerichtshof Osterreich Preussisches Obertribunal Berlin Diejenigen Teile von Preussen die Teil des Deutschen Bundes waren 1853 Bis 1 Januar 1853 waren dies das Geheime Obertribunal seit 1782 und der Rheinische Revisions und Kassationshof seit 1819 Von 1867 bis 1874 ausserdem das Oberappellationsgericht Berlin fur Schleswig Holstein Hannover Hessen Nassau Lauenburg Waldeck Pyrmont Oberappellationsgericht Munchen Munchen Konigreich Bayern 1809 Nachfolger des 1625 eingerichteten Revisoriums ausserdem der Kassationshof fur die Rheinpfalz in MunchenKonigliches Oberappellationsgericht Dresden Konigreich Sachsen 1835Oberhofgericht Mannheim Mannheim Grossherzogtum Baden 1803Oberappellationsgericht Kassel Kassel Kurhessen 1746Oberappellations und Kassationsgericht Darmstadt Darmstadt Grossherzogtum Hessen Hessen Homburg 1747 1832 bis 1824 25 auch fur die beiden HohenzollernOberappellationsgericht Wiesbaden Wiesbaden Herzogtum Nassau 1818 Nachfolger des 1804 gegrundeten Oberappellationsgerichts Hadamar das 1810 nach Diez verlegt wurdeOberster Gerichtshof Luxemburg Luxemburg Grossherzogtum Luxemburg 1830 vorher Hoher Gerichtshof LuttichOberappellationsgericht Celle Celle Konigreich Hannover ab 1857 auch fur Lippe Detmold 1711Obertribunal Stuttgart Stuttgart Wurttemberg 1805 1817 Nachfolger des Wurttembergischen Hofgerichts ab Juni 1824 auch fur Hohenzollern Sigmaringen bzw Oktober 1825 fur Hohenzollern Hechingen bis 1851 zustandig fur beide HohenzollernOberappellationsgericht Wolfenbuttel Wolfenbuttel Braunschweig bis 1851 56 auch fur Waldeck bis 1857 fur Lippe Detmold und fur Schaumburg Lippe 3 Januar 1817 bis 1855 dann Obergericht WolfenbuttelOberappellationsgericht Jena Jena Ernestinischen Herzogtumer und Reuss 7 Januar 1817Oberappellationsgericht Zerbst Zerbst Anhaltische und Schwarzburgsche Staaten 1 Oktober 1817 bis 1849 dann Oberappellationsgericht JenaOberappellationsgericht Parchim Parchim Beide Mecklenburgischen Staaten 1 Oktober 1818 bis 1840 dann Oberappellationsgericht RostockAppellationsgericht Innsbruck Innsbruck Furstentum Liechtenstein 1817Oberappellationsgericht fur das Land Oldenburg Oldenburg Grossherzogtum Oldenburg 1814Oberappellationsgericht der vier Freien Stadte Lubeck Bremen Hamburg Frankfurt am Main und Lubeck 13 November 1820Schleswig Holstein Lauenburgisches Oberappellationsgericht Kiel Herzogtumer Schleswig Holstein und Lauenburg 1 Oktober 1834 1850 bis 1867 fur Holstein und Lauenburg 5 Umwandlung in Oberlandesgerichte BearbeitenNach dem Erlass der Reichsjustizgesetze von 1877 erfolgte mit Inkrafttreten 1879 die Umwandlung der bestehenden Oberappellationsgerichte in Oberlandesgerichte mit dem Reichsgericht als einheitlicher Letztinstanz Literatur BearbeitenPeter Jessen Der Einfluss von Reichshofrat und Reichskammergericht auf die Entstehung und Entwicklung des Oberappellationsgerichts Celle unter besonderer Berucksichtigung des Kampfes um das kurhannoversche Privilegium De Non Appellando Illimitatum Aalen 1986 Untersuchungen zur deutschen Staats und Rechtsgeschichte NF 27 Katalin Polgar Das Oberappellationsgericht der vier freien Stadte Deutschlands 1820 1879 und seine Richterpersonlichkeiten Peter Lang Frankfurt 2006 ISBN 3 631 55602 0 Oberappellationsgericht In Heinrich August Pierer Julius Lobe Hrsg Universal Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit 4 Auflage Band 12 Altenburg 1861 S 174 zeno org Einzelnachweise Bearbeiten Diese so genannten Kurlande hatten ja nie dem Reichskammergericht unterstanden so dass als Appellationsinstanz das traditionelle kurbrandenburgische Kammergericht diente Ab 1720 wurden Ravensbergisches Appellationsgericht und Oberappellationsgericht zu Colln in Personalunion besetzt Vgl Ursula Schnorbus A 203 IV Oberappellationsgericht zu Berlin In Findbuch der Abteilung Westfalen im Landesarchiv NRW Munster 1993 Ursula Schnorbus A 203 IV Oberappellationsgericht zu Berlin In Findbuch der Abteilung Westfalen im Landesarchiv NRW Munster 1993 Hans Martin Sieg Staatsdienst Staatsdenken und Dienstgesinnung in Brandenburg Preussen im 18 Jahrhundert 1713 1806 Studien zum Verstandnis des Absolutismus de Gruyter Berlin u a 2003 Veroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Bd 103 teilw zugl Diss Freie Univ Berlin 2002 ISBN 3 11 017719 6 S 111 Michael Kotulla Deutsches Verfassungsrecht 1806 1918 Eine Dokumentensammlung nebst Einfuhrungen 1 Band Gesamtdeutschland Anhaltische Staaten und Baden 2005 ISBN 978 3 540 29289 0 S 121 122 books google de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oberappellationsgericht amp oldid 235688449