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Das Privilegium de non appellando von lateinisch appellare be nennen rufen auch Appellationsprivileg wurde im Mittelalter vom Kaiser vergeben und gab einem adeligen Territorialherrn das Recht Ius seinen Untertanen zu verbieten den Kaiser als gerichtlich hohere Instanz anzurufen im heutigen Sprachgebrauch Berufung einlegen Inhaltsverzeichnis 1 Privilegia de non appellando 2 Privilegium de non evocando 3 Literatur 4 FussnotenPrivilegia de non appellando BearbeitenVor allem aufgrund der Rezeption des romischen Rechts wurde im Heiligen Romischen Reich das Rechtsinstitut der Appellation gebrauchlich Das heisst wenn eine Prozesspartei in erster Instanz vor einem Gericht unterlag konnte sie an ein hoheres Gericht appellieren und eine dortige Prufung des vorinstanzlichen Urteils erreichen Der romisch deutsche Konig bzw Kaiser war im Mittelalter der oberste Gerichtsherr von dem alle Gerichtsbarkeit ausging An ihn konnte in letzter Instanz appelliert werden Der Kaiser konnte aber auch entsagen letzte gerichtliche Instanz zu sein Dies tat er nicht durch allgemeinen Ausspruch sondern er verlieh ausgesuchten Fursten Grafen oder Reichsstadten das Privilegium de non appellando Die privilegierten Fursten Grafen oder Reichsstadte hatten dann das Recht ihren Untertanen zu untersagen an den Kaiser letztinstanzlich zu appellieren In diesem Fall waren dann die Obergerichte der Fursten Grafen oder Reichsstadte die letzte Gerichtsinstanz Es gab verschiedene Arten von Privilegia de non appellando Die wichtigste Unterscheidung war die zwischen einem Privilegium limitatum und illimitatum Ein Privilegium illimitatum gab das Recht jegliche Appellation von Untertanen aus einer bestimmten Landesherrschaft an den Kaiser zu untersagen Ein Privilegium limitatum hingegen gab lediglich das Recht Appellationen von Untertanen unter bestimmten Voraussetzungen zu untersagen So konnten beispielsweise in einem Privilegium limitatum zusatzliche Formlichkeiten vorgesehen werden z B konnte Untertanen abverlangt werden vor Einlegung einer Appellation bestimmte Eide zu schworen Auch konnte die Appellation nur bei bestimmten Streitgegenstanden untersagt werden oder die Appellation wurde untersagt wenn der Rechtsstreit nicht um einen gewissen Geldwert Appellationssumme ging Es gab also einigen Gestaltungsspielraum fur den Inhalt eines solchen Privilegium limitatum Je weitgehender ein Privilegium de non appellando Appellationen von Untertanen aus den landesherrlichen Territorien untersagte desto besser konnte ein Landesherr seine eigene Gerichtsbarkeit ausbauen und seine eigene Herrschaft in seinem Territorium festigen In der Fruhen Neuzeit wurden von den Deutschen Kaisern sehr viele und zunehmend weitreichendere Privilegia de non appellando an die Reichsstande verliehen Damit forderten die Kaiser auf der einen Seite landesherrliche Macht und Partikularismus auf der anderen Seite banden die Kaiser mit der Privilegienverleihung die jeweiligen Reichsstande an das Reich Denn in der Regel musste ein Privilegium de non appellando von jedem Kaiser der den Thron bestieg neu bestatigt werden Dazu wurden Treueeide von Seiten der Reichsstande gegenuber dem Kaiser notig Auch liess sich der Kaiser die Privilegienvergabe von den Reichsstanden gut bezahlen Er schaffte sich auf diese Weise nicht unbedeutende Einnahmen Die neuere Geschichtswissenschaft sieht deshalb die Privilegienvergabe nicht nur negativ als eine Schwachung des Kaisers sondern sieht darin auch ein Herrschaftsmittel des Kaisers Mit der Verleihung eines solchen Privilegs hatte der Landesherr zunachst nur ein subjektiv wirkendes Recht erworben Dieses musste er noch zur allgemeinen Anwendung bringen Der Landesherr erliess innerhalb seines Territoriums ein Gesetz das Appellationen an den Kaiser und seine Hochstgerichte verbot Die territorialen Gerichte achteten dann auf die Einhaltung dieses Gesetzes Denn prinzipiell musste man damals eine Appellation gegen ein Urteil bei dem Gericht einlegen das das angegriffene Urteil erlassen hatte iudex a quo Dieses Gericht musste dann die Appellation an das hohere Gericht iudex ad quem zulassen Bestand ein landesherrliches Gesetz das auf Grundlage eines Privilegium de non appellando die Appellation an den Kaiser verbot dann liessen die landesherrlichen Gerichte die Appellation an den Kaiser auch nicht zu Die Goldene Bulle von 1356 hatte schon im 14 Jahrhundert allen Kurfursten das Privilegium de non appellando illimitatum zugestanden In spaterer Zeit vor allem in der Fruhen Neuzeit nach Schaffung einer standigen kaiserlichen Rechtsprechung durch das Reichskammergericht und den Reichshofrat erwirkten immer mehr Reichsstande die Appellationsprivilegien zumeist erst begrenzte Appellationsprivilegien die im Verlauf der Zeit immer weiter ausgebaut und zum Teil auch zu unbegrenzten Appellationsprivilegien wurden Bis zur Mitte des 17 Jahrhunderts hatten sich fast alle grosseren Reichsstande Privilegia illimitata gesichert Sie entzogen ihre Territorien damit weitgehend der kaiserlichen Jurisdiktion Privilegium de non evocando BearbeitenVom Privilegium de non appellando ist das Privilegium de non evocando auch Evokationsprivileg zu unterscheiden Das Privilegium de non evocando von lateinisch evocare herausrufen vor Gericht laden gab einem adeligen Territorialherrn das Recht seinen Untertanen zu verbieten den Kaiser als erste gerichtliche Instanz anzurufen Im Falle der Ausstellung eines privilegium de non evocando fur eine Stadt gewahrleistete dies dass Rechtsfalle an denen ihre Burger beteiligt waren vor dem ortlichen Stadtgericht zu verhandeln waren 1 Jedoch konnte in Ausnahmefallen auch weiterhin der Kaiser als erste Gerichtsinstanz angerufen werden Dies war vor allem bei Rechtsverweigerung der Fall also wenn die Gerichte des adeligen Landesherrn einem Untertan versagten einen Gerichtsprozess gegen einen anderen zu fuhren Genauso war der Kaiser immer Schutzherr von Witwen Waisen Armen und Studenten Diese Personengruppen hatten tradierte Sonderrechte und konnten sich ebenfalls auch bei Bestehen eines Privilegium de non evocando unmittelbar an den Kaiser als erste Instanz wenden 1356 war in der Goldenen Bulle allen Kurfursten das Privilegium de non evocando zugestanden worden Mit der bedeutsamen Reichskammergerichtsordnung von 1495 wurde allgemein festgeschrieben dass im Wesentlichen nur noch Reichsstande und keine Untertanen den Kaiser bzw das Reichskammergericht als dessen kaiserliches Gericht in erster Instanz anrufen durften Damit wurde das Ius de non evocando zum allgemeinen Prinzip erhoben Literatur BearbeitenUlrich Eisenhardt Die Rechtswirkungen der in der Goldenen Bulle genannten privilegia de non evocando et appellando In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Germanistische Abteilung 86 1969 S 75 96 Ulrich Eisenhardt Die kaiserlichen Privilegia de non appellando In Quellen und Forschungen zur Hochsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Band 7 Koln Wien 1980 Nach einer umfangreicheren Einleitung werden von Eisenhardt alle Privilegia de non appellando aufgelistet die es im Heiligen Romischen Reich Deutscher Nation gegeben hat Wichtige Appellationsprivilegien werden im genauen Wortlaut wiedergegeben Jurgen Weitzel Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht In Quellen und Forschungen zur Hochsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Band 4 Koln Wien 1976 Zeigt die politische Dimension von Appellationsprivilegien Bettina Dick Die Entwicklung des Kameralprozesses nach den Ordnungen von 1495 bis 1555 In Quellen und Forschungen zur Hochsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Band 10 Koln Wien 1981 S 69 Zum Prozessrecht am Reichskammergericht Barbara Dolemeyer Heinz Mohnhaupt Hrsg Das Privileg im europaischen Vergleich Frankfurt 1999 Heinz Mohnhaupt Untersuchungen zum Verhaltnis Privileg und Kodifikation im 18 und 19 Jahrhundert In Ius commune Band 5 1975 S 71 ff Online PDF 7 0 MB Gerichtslandschaft Altes Reich Hochste Gerichtsbarkeit und territoriale Rechtsprechung Beitrage zum bayerischen Privilegium de non appellando In A Amend A Baumann S Wendehorst S Wunderlich Hrsg Quellen und Forschungen zur Hochsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich Band 52 Koln Weimar Wien 2007 S 46 f Konkretes Beispiel zur Diskussion um seine Reichweite am Reichskammergericht S 93 101 103 105 f Georg Wilhelm von Wetzell System des ordentlichen Civilprocesses 3 Auflage Leipzig 1878 S 363 ff Fussnoten Bearbeiten Heinrich Schoppmeyer Stadte in Westfalen Geschichte vom Mittelalter bis zum Ende des Alten Reiches Schoningh Paderborn ISBN 978 3 506 76026 5 S 34 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Privilegium de non appellando amp oldid 219084652