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Die Artikel Burgergesellschaft und Zivilgesellschaft uberschneiden sich thematisch Informationen die du hier suchst konnen sich also auch im anderen Artikel befinden Gerne kannst du dich an der betreffenden Redundanzdiskussion beteiligen oder direkt dabei helfen die Artikel zusammenzufuhren oder besser voneinander abzugrenzen Anleitung Unter Burgergesellschaft oder Zivilgesellschaft wird in den westlichen Demokratien eine Gesellschaftsform verstanden welche durch die aktive Partizipation ihrer Mitglieder am offentlichen Leben gestaltet und weiterentwickelt wird Getragen wird die Burgergesellschaft durch das Engagement ihrer Akteure der Burger Historisch hat sich die Burgergesellschaft mit Uberwindung des Absolutismus als eines politischen Systems ohne gesellschaftliche Mitwirkungsrechte entwickelt Zentrale Forderung des Verfassungsliberalismus und der Idee der Menschenrechte war die vor staatlicher Einmischung geschutzte individuelle Handlungsfreiheit in einer vom Staat unabhangigen Gesellschaft 1 Sozialwissenschaftliche Konzepte des ausgehenden 20 Jahrhunderts fordern die permanente Mitsprache einer kritischen Offentlichkeit bei politischen Entscheidungen deliberative oder partizipatorische Demokratie Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 1 1 Begriffsgeschichte 1 2 Rezeption in der politischen Theorie 1 3 Abgrenzung zur Zivilgesellschaft 2 Bedeutung im 21 Jahrhundert 3 Auspragung 3 1 Akteure 3 2 Handlungsfelder 3 3 Handlungsformen 4 Rolle des Staates 5 Kritik 6 Bedeutung ausserhalb Westeuropas 6 1 Osteuropa 6 2 Dritte Welt 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseBegriff BearbeitenBegriffsgeschichte Bearbeiten Der Begriff der Burgergesellschaft oder Zivilgesellschaft hangt in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion eng zusammen mit dem Begriff der burgerlichen Gesellschaft Er knupft an den Begriff der politike akoionia Polis aus der politischen Philosophie des Aristoteles an spater ubersetzt ins Lateinische als societas civilis 2 sowie societe civile frz und civil society engl Die Wiederentdeckung der civil society in den englischsprachigen Sozialwissenschaften ab Ende der 1980er Jahre ging im Deutschen mit der Erfindung des Wortes Zivilgesellschaft einerseits und der Umdeutung des Begriffs Burgergesellschaft andererseits einher Davor wurde der Begriff nur sehr selten und i d R gleichbedeutend mit Verein gebraucht 1987 verwendete Michael Reiman den Begriff Burgergesellschaft um das u a von Michail Sergejewitsch Gorbatschow im Russischen gebrauchte grazhdanskoye obshchestvo grazhdanskoe obshestvo ins Deutsche zu ubersetzen Ab 1992 verwendete Ralf Dahrendorf Burgergesellschaft um das englische civil society in seinen eigenen Schriften zu ubersetzen 3 Pragend fur das heutige Begriffsverstandnis ist vor allem die Vorstellung der englischen civil society die seit der Aufklarung einen fortschreitenden Prozess der Zivilisierung durch Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung durch Bildung und Kultur sowie die Uberwindung althergebrachter Beschrankungen durch Status und Geburt umfasst sowie die Uberzeugung von der zivilisierenden Wirkung der freiwilligen Zusammenschlusse in Vereinigungen 4 Rezeption in der politischen Theorie Bearbeiten In seinem 1768 veroffentlichten Versuch uber die Geschichte der burgerlichen Gesellschaft 5 erortert Adam Ferguson das Verhaltnis von individueller Tugendhaftigkeit innerhalb und der Gesamtentwicklung der betroffenen Gesellschaft Ferguson kommt zu dem Schluss dass Tugendhaftigkeit Voraussetzungen hat die durch die Ergebnisse der Tugendhaftigkeit nicht automatisch in ihrem Bestand gesichert sind oder sogar gefahrdet werden konnen Im Deutschen taucht in Anlehnung an Ferguson zunachst die Ubersetzung als burgerliche Gesellschaft bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts von 1821 auf 6 Hegel beschreibt mit dem Begriff der burgerlichen Gesellschaft in seinem System der Dialektik die Wechselwirkung zwischen der Privatsphare einerseits welche fur Hegel durch die Familie verkorpert wird und der Gesamtgesellschaft andererseits welche durch den Staat verkorpert wird Hegel beschreibt wie Ferguson keine originar politische sondern eine sittliche Kategorie Im kommunistischen Manifest von 1848 beschreiben Friedrich Engels und Karl Marx die Burgerliche Gesellschaft nicht als sittliche sondern als okonomische Kategorie Fur Engels und Marx ist die burgerliche Gesellschaft durch Produktionsbedingungen gekennzeichnet welche durch eine strikte Trennung von Kapital und Arbeit bestimmt werden Die burgerliche Gesellschaft gilt bei Engels und Marx zwar als Fortschritt gegenuber dem Feudalismus gleichzeitig aber auch nur als zu uberwindendes historisches Ubergangsstadium zum Sozialismus und schliesslich zum Kommunismus In der Gettysburg Address von 1863 beschrieb der damalige Prasident der Vereinigten Staaten Abraham Lincoln die ideale amerikanische Demokratie als government of the people by the people for the people Willy Brandt wollte nach seiner Wahl zum deutschen Bundeskanzler im Jahr 1969 mehr Demokratie wagen 7 im Sinne einer Demokratisierung der Demokratie Abgrenzung zur Zivilgesellschaft Bearbeiten Soweit der Begriff der Burgergesellschaft nicht als Synonym zur Zivilgesellschaft gilt wird auf die Entstehung und unterschiedliche Funktion des Begriffs Zivilgesellschaft verwiesen Eine klare definitorische Unterscheidung existiert jedoch nicht In Westeuropa vermittelt sich die Zivilgesellschaft uber ein Kollektivbewusstsein das der Gesellschaft den Zusammenhalt ermoglicht und Verunsicherungen die mit dem Prozess eines ideologischen Okonomismus dem Abbau des Sozialstaats und der Globalisierung einhergehen 8 durch Selbstorganisation Freiwilligkeit Eigenverantwortung Vertrauen und solidarische Unterstutzung 9 aber auch Traditionsbewusstsein und Nationalgefuhl abfedern kann 10 Kreise die eine nichtstaatliche Ordnung bereits etabliert haben oder nach dem Konzept des schlanken Staates befurworten bevorzugen den Begriff der Burgergesellschaft Dies betrifft sowohl den Bereich der Kirchen als auch liberale und konservative Parteien 11 Mit der Verwendung des Begriffs der Burgergesellschaft wird der historische Bezug zur burgerlichen Gesellschaft des 19 Jahrhunderts zum Ausdruck gebracht und die Entwicklung zu einer sich selbst steuernden Gesellschaft in die der Staat nicht oder jedenfalls nur bei erkennbaren Defiziten der Selbstorganisation eingreifen soll Teilweise wird der Zivilgesellschaft eine bloss subsidiare Funktion zugewiesen Nach diesem Verstandnis ubernimmt die Zivilgesellschaft Aufgaben welche durch staatliche Institutionen nicht oder nicht hinreichend erfullt werden Die Burgergesellschaft hingegen erhebt den Anspruch selbst einen eigenen Ordnungsrahmen darzustellen Nach diesem Verstandnis beinhaltet der Begriff der Burgergesellschaft den Begriff der Zivilgesellschaft geht aber uber diesen hinaus Ziel der Burgergesellschaft ist somit nicht nur das Nutzen von staatlichen Freiraumen und die Erfullung gemeinnutziger Aufgaben sondern daruber hinaus auch die Gestaltung des politischen Ordnungsrahmens Wo soziale Bewegungen gegen kapitalistisches Marktkalkul und autoritare Herrschaftsanspruche betont werden sollen wie in der osteuropaischen Dissidentenbewegung oder Bestrebungen gegen die Militardiktaturen in Lateinamerika Afrika und Asien wird heute meist der Begriff der Zivilgesellschaft verwendet Viele Nichtregierungsorganisationen bevorzugen den Begriff der Zivilgesellschaft und fordern damit einhergehend entweder eine staatliche Ubernahme der von ihnen bisher erfullten Aufgaben oder zumindest eine aktive staatliche Unterstutzung fur ihre zivilgesellschaftliche Aufgabenerfullung 12 Mitunter wird der Begriff der Burgergesellschaft auch als Zusammenfassung ehrenamtlichen Engagements verwendet Bedeutung im 21 Jahrhundert BearbeitenDie Globalisierung die Auswirkungen der digitalen Revolution auf den Arbeitsmarkt 13 und die Wissensgesellschaft werden als wesentliche Aspekte einer gesellschaftlichen Entwicklung verstanden die dem einzelnen eine zunehmende Individualisierung sowohl ermoglicht als auch abverlangt Die Burgergesellschaft beschreibt danach das Verhaltnis von Staat Wirtschaft Gesellschaft und dem einzelnen Burger unter diesen sich wandelnden Bedingungen 14 Mit einer Betonung nationalstaatlicher Aussen und Sicherheitspolitik in der Berliner Republik geht eine zunehmende Angleichung der Lebensgewohnheiten in Stadten und landlichen Regionen funktionale Verstadterung einher Bundesweit ist die Motivation in der Bevolkerung gestiegen auf regionaler und lokaler Ebene politische Entscheidungen mitzubestimmen Folge ist eine neue Subsidiaritatsordnung in der die Burger zunehmend fur sich selbst sorgen 15 Das schliesst auch das Verhalten auf dem Arbeitsmarkt ein der mit der Agenda 2010 das Leitbild des Unternehmers in eigener Sache Ich AG hervorgebracht hat Der computergestutzte Zugang zu umfassenden Informationen im Internet und deren Organisation etwa in Open Source Projekten stellt die Legitimation der auf Herrschaftswissen basierenden reprasentativen Demokratie in Frage Auspragung BearbeitenAkteure Bearbeiten Die Burgergesellschaft ist heterogen strukturiert und besteht aus einer Vielzahl auf freiwilliger Basis gegrundeter auch konkurrierender Organisationen im Einzelfall auch einzelnen Burgern die ihre unterschiedlichen Interessen artikulieren und autonom organisieren Sie ist im Zwischenbereich von Privatsphare und Staat angesiedelt Die Akteure der Zivilgesellschaft sind damit zwar in die Politik involviert ohne jedoch nach staatlichen Amtern zu streben Entsprechend sind Gruppen die ausschliesslich private Ziele verfolgen wie Familien oder Unternehmer ebenso wenig Teil der Burgergesellschaft wie politische Parteien Parlamente oder staatliche Verwaltungen Die Burgergesellschaft stellt ein pluralistisches Sammelbecken hochst unterschiedlicher Akteure wie den neuen sozialen Bewegungen einschliesslich der Kirchen 16 dar die jedoch einen bestimmten methodischen Minimalkonsens teilen insbesondere die Gewaltlosigkeit 17 Ralf Dahrendorf beschrieb die Burgergesellschaft als das schopferische Chaos der vielen vor dem Zugriff des Zentral Staates geschutzten Organisationen und Institutionen 18 Die Bedeutung der Burgergesellschaft liege in der Steigerung der Lebenschancen der Menschen indem sie die Lucke zwischen staatlichen Organisationen und den Individuen schliesse und dem Zusammenleben der Menschen Sinn gebe Wahrend der Markt die Angebotsseite steuere und der Rechtsstaat die Zugangschancen garantiere sei es Aufgabe der Burgergesellschaft die Menschen in die Lage zu versetzen zwischen den sich ihnen bietenden Optionen eine Auswahl zu treffen Multi Optionsgesellschaft 19 Die Burgergesellschaft ist somit eine politische Ordnung in welcher Demokratie ausgehend von der Eigeninitiative der Burger wahrgenommen wird Dieser Ansatz soll demokratische Beteiligung gerade auch uber die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen hinaus ermoglichen In der Burgergesellschaft stehen Gruppierungen im Vordergrund die sich nicht auf aktuelle caritative und wohltatige Aufgaben beschranken sondern daruber hinaus den Anspruch erheben auf die gesellschaftliche Entwicklung gestalterisch Einfluss zu nehmen Wesentliche Bedingung fur die Burgergesellschaft ist das Primat der Politik um eine Wechselwirkung zwischen Burgern und Staat zu gewahrleisten 20 Ein Beispiel ist die gesetzliche Verankerung neuer Partizipationsformen wie die der Volksentscheide in den Bundeslandern und Gemeinden Handlungsfelder Bearbeiten Rund 90 der dem Begriff Zivilgesellschaft zugeordneten Tatigkeiten entfallen auf die Bereiche Gesundheits Veterinar und Sozialwesen Erziehung und Unterricht Kultur Sport und Unterhaltung sowie Interessenvertretungen kirchliche und sonstige Vereinigungen 21 Zu den historisch bedeutsamsten Handlungsfeldern gehoren die Umweltbewegung die Arbeiter und Frauenbewegung sowie die Bewegung gegen die militarische und die zivile Nutzung der Kernenergie Kampf dem Atomtod Anti Atomkraft Bewegung 22 Handlungsformen Bearbeiten Die Burgergesellschaft bedient sich der Instrumente der direkten Demokratie und der Burgerbeteiligung Organisationsformen sind z B Burgerinitiativen Nachbarschaftsinitiativen oder sog Zukunftswerkstatten Ausdrucksformen sind Demonstrationen Petitionen Burgerbegehren und Verbandsklagen die formelle Beteiligung in der Bauleitplanung und an Planfeststellungsverfahren aber auch Arbeitskampfe Tauschkreise Selbsthilfegruppen oder das Vereins und Stiftungswesen bis hin zum Whistleblowing Insofern ist die Burgergesellschaft auch Ausdruck eines gewachsenen politischen Selbstbewusstseins und Antwort auf ein wahrgenommenes Demokratiedefizit in der Postdemokratie Die Meinungsbildung gegenuber Parteien und Parlamenten vollzieht sich zunehmend in sozialen Netzwerken insbesondere im Internet Rolle des Staates BearbeitenUnter den Stichworten motivierender Staat moderierender Staat und aktivierender Staat enabling state 23 wird dem Staat die Rolle eines Ausgleichs zwischen seiner eigenen hierarchischen Steuerung marktlichem Wettbewerb und gesellschaftlicher Selbstverantwortung zugedacht 24 Da privatwirtschaftliche Marktmechanismen allein die dadurch hervorgerufenen Probleme wie Massenerwerbslosigkeit Armut und soziale Ungleichheit vernachlassigen soll der Staat einerseits gewisse soziale Standards gewahrleisten andererseits aber auch fur die Erschliessung neuer Markte sorgen Mit dem Verhaltnis von staatlicher Regulierung okonomischem Wettbewerb und gesellschaftlicher Teilhabe sowie dessen Auswirkungen beschaftigt sich die Governance Diskussion 25 In ihrem Bericht aus dem Jahr 2002 hat die Enquete Kommission des Deutschen Bundestages rechtspolitische Handlungsempfehlungen zur Zukunft des burgerschaftlichen Engagements entwickelt die staatliche Institutionen Verwaltungsreform und die Wirtschaft Corporate Citizenship mit einbeziehen 26 Theoretisch wird die Mehrebenendemokratie in der Europaischen Union die aus der europaischen Administration und den Mitgliedsstaaten besteht zu einem Staatsmodell fur die Burgergesellschaft weiterentwickelt 27 Der uberkommene Nationalstaat auf mittlerer Ebene soll den Vollzug der auf der obersten Ebene durch einen europaischen Verfassungsstaat getroffenen Entscheidungen gewahrleisten indem er die kleine Lebens und Verantwortungspolitik auf der untersten Ebene in der Burgergesellschaft vernetzt und moderiert 28 Wesentliche Kennzeichen dieser Ordnung sind Foderalismus Subsidiaritat und der Wettbewerb um Losungen Der Staat wird dabei als neutral gedacht der gesellschaftliche Zusammenhalt werde durch das Bewusstsein einer umfassenden wechselseitigen Abhangigkeit und gemeinsamer Herausforderungen die nur kooperativ bewaltigt werden konnten self reliance gewahrt Nach der marxistischen Theorie Antonio Gramscis stehen sich Staat societa politica und Burgergesellschaft societa civile nicht als zwei verschiedene Grossen gegenuber sondern greifen ineinander Der Staat bediene sich der Burgergesellschaft zum eigenen Machterhalt indem er in den Institutionen der Burgergesellschaft wie Schulen Universitaten Kirchen Vereinen Gewerkschaften und Massenmedien Zustimmung Konsens zum staatlichen Zwangsapparat organisiere Durch Hegemonie und Konsens bilde sich eine wirkliche und dauerhafte Einheit von Basis und Uberbau entstehe ein integraler Staat 29 30 Der burgerliche Rechtsstaat hat indessen gerade die historische Funktion Gleichheit und Autonomie als Voraussetzung einer wirksamen Zivilgesellschaft zu gewahrleisten 31 und steht mit der Burgergesellschaft in einer lebendigen Wechselwirkung 32 Kritik BearbeitenTheoretisch wird die Konzeption der Burgergesellschaft in der es nur schlichte Burger gibt angezweifelt Der Begriff Burgergesellschaft verschleiere die realen gesellschaftlichen Interessengegensatze und konstatiere einen fiktiven Volonte generale In der Gestalt des Burgers scheine der Gegensatz von Bourgeois und Citoyen der die politischen Prozesse in der liberalen Demokratie entscheidend gepragt und massgebend ihre Krisenhaftigkeit bestimmt habe aufgehoben 33 Tatsachlich verberge sich hinter der staatlichen Forderung nach ehrenamtlichem Engagement und Zivilcourage ein Paternalismus alter Pragung der sich als unpolitisch ausgebe und im Konzept der Burgergesellschaft sowohl das Bestreben nach politischer Partizipation und Demokratisierung unterschlage als auch durch subtile Steuerungsmechanismen Nudging eine tatsachlich nicht gegebene Freiwilligkeit vortausche 34 Ebenso werde die Steuerungsmacht der kapitalistischen Okonomie ausgeblendet wenn man das Konzept der Burgergesellschaft auf eine rein soziale Dimension reduziere Die Burgergesellschaft bleibe ohne Betrachtung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unvollstandig 35 36 zumal etwa die Bewegung gegen Sozialabbau in Deutschland eine unmittelbare Reaktion auf die wirtschaftspolitische Agenda 2010 darstellt Politik und Wirtschaft raumten der globalen Wettbewerbsfahigkeit oberste Prioritat ein und zerstorten damit die moralische Legitimitat der sozialen Ordnung 37 Aufgaben die der Staat im Interesse der Haushaltskonsolidierung nicht mehr wahrnehmen wolle wurden an die Burgergesellschaft als Reparaturbetrieb delegiert 38 Gerade dort wo soziales Engagement am dringendsten notig ware sei es jedoch am wenigsten vorzufinden Wahrend in bevorzugten Wohngebieten regelmassig auch das gesellschaftliche Leben und die Vereinstatigkeit sehr stark ausgepragt sind findet in benachteiligten Wohngebieten sowohl die karitativ gemeinnutzige Aufgabenerfullung als auch die Einbindung der Bevolkerung in gesamtgesellschaftliche Zusammenhange nur unzureichend statt Die Worte des amerikanischen Prasidenten John F Kennedy aus seiner Amtsantrittsrede im Jahr 1961 Frage nicht was Dein Land fur Dich tun kann frage lieber was Du fur Dein Land tun kannst werden als Absage an das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip verstanden 39 40 Schliesslich wird in einer zu grossen Einflussnahme von einzelnen Gruppen auf die politische Ordnung in Gestalt des Lobbyismus und Exklusionsmechanismen wie des historisch bedingt ungleichen Zugangs zu diesen Gruppen insbesondere nur fur Manner 41 42 eine Gefahrdung demokratischer Grundprinzipien erkannt wonach die Gleichheit aller Burger gerade durch das allgemeine Wahlrecht sichergestellt wird Eine glaubwurdige Dezentralisierung politischer Entscheidungen und Anpassung an regionale bzw lokale Traditionen und Ressourcen werden gegenuber einer schwerfalligen Bundespolitik und im Hinblick auf ein burgernahes Europa dagegen als politischer Steuerungsgewinn betrachtet 43 Bedeutung ausserhalb Westeuropas BearbeitenOsteuropa Bearbeiten Die Entwicklung und Verbreitung des Begriffes der Zivilgesellschaft ist in Mittel und Osteuropa stark mit dem Zerfall des Kommunismus verbunden Es waren zunachst die Burgerrechtsbewegungen in Polen der Tschechoslowakei Ungarn und Bulgarien die die Moglichkeiten zur Schaffung und Ausweitung der gesellschaftlichen Sphare in ausserstaatlichen Organisationen und Vereinigungen im Kampf gegen die starre Parteiburokratie sowie die Zielvorstellung einer gesellschaftlichen Transformation Perestroika mit dem Begriff der zivilen Gesellschaft bezeichneten 10 44 Dritte Welt Bearbeiten Die Transitionsprozesse beispielsweise in der arabischen Welt Arabischer Fruhling zielen zwar auf die Entwicklung demokratischer Strukturen wie Mehr Parteien Systeme Burgerrechte und Rechtsstaatlichkeit ab folgen jedoch angesichts kultureller religioser sozialer und wirtschaftlicher Besonderheiten Rentierstaaten eigenen Regeln und konnen nicht mit der Auspragung einer Zivilgesellschaft nach westlichem Verstandnis gleichgesetzt werden 45 46 47 Literatur BearbeitenBert van den Brink Willem van Reijen Hrsg Burgergesellschaft Recht und Demokratie Suhrkamp Frankfurt am Main 1995 Daniel Dettling Das Kapital der Burgergesellschaft Impulse fur den 3 Sektor von morgen Norderstedt 2002 Francis Fukuyama The Great Disruption Human Nature and the Reconstitution of Social Order The Free Press New York 1999 Andreas Khol Durchbruch zur Burgergesellschaft Ein Manifest Molden Verlag Wien 1999 ISBN 978 3 85485 022 9 Robert D Putnam Bowling Alone The Collapse and Revival of American Community Simon amp Schuster New York 2000 Bernd Wagner Furstenhof und Burgergesellschaft Zur Entstehung Entwicklung und Legitimation von Kulturpolitik Edition Umbruch Band 24 Kulturpolitische Gesellschaft Bonn e V Klartext Essen 2009 ISBN 978 3 8375 0224 4 Friedrich Furstenberg Die Burgergesellschaft im Strukturwandel Problemfelder und Entwicklungschancen LIT Munster 2011 Erdmann Gormsen Andreas Thimm Hrsg Zivilgesellschaft und Staat in der Dritten Welt Veroffentlichungen des Interdisziplinaren Arbeitskreises Dritte Welt Bd 6 1992 ISBN 3 927581 04 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Burgergesellschaft Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Burgergesellschaft Stiftungen In Bundeszentrale fur Politische Bildung Hrsg Aus Politik und Zeitgeschichte B 14 Bonn 29 Marz 2004 bpb de Holger Backhaus Maul Stefan Nahrlich Rudolf Speth Denkschrift Burgergesellschaft PDF 288 kB 2 uberarbeitete Auflage Berlin 2012 Von der Burgerlichkeit zur Zivilitat Doppeljahrbuch 2011 2013 der Patriotischen Gesellschaft von 1765 S 1 54 civil society network Wissenschaftliches Forum der Universitat Munster mit annotierter Bibliographie zum Dritten Sektor in Deutschland Wegweiser Burgergesellschaft Nachschlagewerk der Stiftung Mitarbeit Zivilgesellschaftliche Organisation In EUR Lex Glossar Annette Angermann Birgit Sittermann Burgerschaftliches Engagement in Europa Uberblickspapier zur Europaischen Union Arbeitspapier Nr 2 der Beobachtungsstelle fur gesellschaftspolitische Entwicklungen in Europa Juli 2010 Staat und zivile Gesellschaft Beitrage zur Entwicklungspolitik in Afrika Asien und Lateinamerika Beitrage zur historischen Sozialkunde Beiheft 8 Wien 1996 Saskia Richter Zivilgesellschaft Uberlegungen zu einem interdisziplinaren Konzept Version 1 0 in Docupedia Zeitgeschichte 8 Marz 2016Einzelnachweise Bearbeiten Burgergesellschaft Zivilgesellschaft Lexikon des Landesnetzwerks Burgerschaftliches Engagement Bayern LBE abgerufen am 26 Juli 2016 Eva Kreisky Begriff Zivilgesellschaft Memento vom 2 August 2016 im Internet Archive 2005 Daniel Kremers Shunsuke Izuta Bedeutungswandel der Zivilgesellschaft oder das Elend der Ideengeschichte Eine kommentierte Ubersetzung von Hirata Kiyoakis Aufsatz zum Begriff shimin shakai bei Antonio Gramsci Teil 1 In Asiatische Studien Etudes Asiatiques Band 71 Nr 2 De Gruyter Boston Berlin 2017 S 717 doi 10 1515 asia 2017 0044 degruyter com Dieter Gosewinkel Zivilgesellschaft Europaische Geschichte Online 3 Dezember 2010 Digitalisat in der Google Buchsuche Pawel Stefan Zaleski Tocqueville on Civilian Society A Romantic Vision of the Dichotomic Structure of Social Reality In Archiv fur Begriffsgeschichte 50 Jahrgang Felix Meiner Verlag 2008 Willy Brandts Regierungserklarung 28 Oktober 1969 Schlusseldokumente zur deutschen Geschichte im 20 Jahrhundert abgerufen am 26 Juli 2016 Jurgen Habermas Die postnationale Konstellation und die Zukunft der Demokratie 5 Juni 1998 Friedrich Ebert Stiftung Das FES Themenportal Burgergesellschaft Abgerufen am 27 Juli 2016 a b Mark Arenhovel Zivilgesellschaft Burgergesellschaft Kapitel A Von der burgerlichen Gesellschaft zur Zivilgesellschaft Wochenschau 2000 S 55 64 Huber zum 85 Geburtstag von Frau Hamm Brucher Nicht mehr online verfugbar ekd de 10 Mai 2006 archiviert vom Original am 16 Mai 2012 abgerufen am 15 August 2019 Ansgar Klein Der Diskurs der Zivilgesellschaft Politische Kontexte und demokratietheoretische Bezuge der neueren Begriffsverwendung Opladen 2001 Gerd Mutz Von der industriellen Arbeitsgesellschaft zur Neuen Arbeitsgesellschaft in Rolf G Heinze Thomas Olk Hrsg Burgerengagement in Deutschland Bestandsaufnahme und Perspektiven VS Verlag fur Sozialwissenschaften 2001 S 141 165 Christopher Gohl Burgergesellschaft als politische Zielperspektive bpb 26 Mai 2002 Daniel Dettling Christopher Gohl Demokratie ohne Burger oder Burgerdemokratie Zur Neuerfindung der Politik in der Berliner Republik in Alfred Herrhausen Gesellschaft Hrsg Generationengerechtigkeit Leitbild fur das 21 Jahrhundert Frankfurt M 2000 Manuel Borutta Religion und Zivilgesellschaft Zur Theorie und Geschichte ihrer Beziehung Wissenschaftszentrum Berlin Veroffentlichungsreihe der Forschungsgruppe Zivilgesellschaft Citizenship und politische Mobilisierung in Europa Discussion Paper Nr SP IV 2005 404 Hans Joachim Lauth Wolfgang Merkel Zivilgesellschaft und Transformation Ein Diskussionsbeitrag in revisionistischer Absicht in Forschungsjournal Soziale Bewegungen Zivilgesellschaften im Transformationsprozess Heft 1 Marz 1997 Opladen Wiesbaden Ralf Dahrendorf Gesellschaft und Demokratie in Deutschland 1965 2005 Memento vom 31 Mai 2013 im Internet Archive Vortrag abgerufen am 27 Juli 2016 Peter Gross Die Multioptionsgesellschaft edition suhrkamp 1994 Warnfried Dettling Burgergesellschaft Moglichkeiten Voraussetzungen und Grenzen in Aus Politik und Zeitgeschichte Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament B 38 v Sigrid Fritsch Manfred Klose Rainer Opfermann et al Zivilgesellschaft in Zahlen Abschlussbericht Modul 1 Memento vom 6 April 2015 im Internet Archive April 2011 S 57 58 Annette Zimmer Die verschiedenen Dimensionen der Zivilgesellschaft bpb 31 Mai 2012 Neil Gilbert The Enabling State From public to private responsibility for social protection Pathways and pitfalls OECD Working Paper 1 September 2005 englisch Jorg Bogumil Verwaltungsmodernisierung und aktivierender Staat Memento vom 1 August 2016 im Internet Archive S 17 ff 4 Aktivierender Staat und Burgergesellschaft 2001 Helmut Willke Entzauberung des Staates Uberlegungen zu einer sozietalen Steuerungstheorie Athenaum Verlag 1983 Burgerschaftliches Engagement auf dem Weg in eine zukunftsfahige Burgergesellschaft Bericht der Enquete Kommission Zukunft des Burgerschaftlichen Engagements BT Drucksache 14 8900 vom 3 Juni 2002 Udo Di Fabio Mehrebenendemokratie in Europa Auf dem Weg in die komplementare Ordnung Memento des Originals vom 2 August 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www whi berlin eu Vortrag an der Humboldt Universitat zu Berlin 15 November 2001 Helmut Willke Supervision des Staates Frankfurt M 1997 Robert Bosch Die wundersame Renaissance des Antonio Gramsci krisis 31 Dezember 1993 Gruppe Perspektiven Herrschaft durch Konsens Macht und Politik bei Antonio Gramsci 2007 Manfred Hettling Burgerlichkeit und Zivilgesellschaft Die Aktualitat einer Tradition in Sven Reichardt Ralph Jessen Ansgar Klein Hrsg Zivilgesellschaft als Geschichte Studien zum 19 und 20 Jahrhundert Wiesbaden 2004 S 45 63 Burgerschaftliches Engagement auf dem Weg in eine zukunftsfahige Burgergesellschaft Bericht der Enquete Kommission Zukunft des Burgerschaftlichen Engagements BT Drucksache 14 8900 vom 3 Juni 2002 S 282 Joachim Hirsch Von der Zivil zur Burgergesellschaft Etappen eines anscheinend unaufhaltsamen Abstiegs in links Nr 5 6 1996 S 54 Jan Dams Anja Ettel Martin Greive Holger Zschapitz Merkel will die Deutschen durch Nudging erziehen Die Welt 12 Marz 2015 Jurgen Habermas Faktizitat und Geltung Beitrage zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats Frankfurt M 1992 Wolf Dieter Narr Wieviel Entwirklichung kann sozialwissenschaftliche Theorie ertragen Am Exempel Zivilgesellschaft Einige sachlich notwendige polemische Notate in Das Argument 206 Juli Oktober 1994 S 587 597 Amitai Etzioni Die Verantwortungsgesellschaft Individualismus und Moral in der heutigen Demokratie Frankfurt M 1997 Ulrich von Alemann Hrsg Burgergesellschaft und Gemeinwohl Analyse Diskussion Praxis Opladen 1999 Alan Posener Frag lieber was das Land fur dich tun kann Die Welt 19 Marz 2013 Michael Wolffsohn Der Staat lasst seine Burger im Stich Die Welt 21 Mai 2016 Stefan Ludwig Hoffmann Die Politik der Geselligkeit Freimaurerlogen in der deutschen Burgergesellschaft 1840 1918 Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 141 Gottingen 2000 Digitalisat Jurgen Budde Manner und soziale Arbeit Memento vom 3 August 2016 im Internet Archive Tagungsbeitrag April 2009 Heinz Kleger Stadtregion und Transnation Herausforderungen politischer Theorie heute in Michael Th Greven Rainer Schmalz B uns Hrsg Politische Theorie heute Ansatze und Perspektiven Baden Baden 1999 Winfried Thaa Die Wiedergeburt des Politischen Zivilgesellschaft und Legitimitatskonflikt in den Revolutionen von 1989 Opladen 1996 Hannah Wettig Zivilgesellschaft und arabische Revolution HG FH 2012 S 35 38 Martin Beck Der Arabische Fruhling als Herausforderung fur die Politikwissenschaft Politische Vierteljahresschrift 2013 S 641 661 Shalini Randeria Zivilgesellschaft in postkolonialer Sicht in Jurgen Kocka et al Neues uber Zivilgesellschaft Aus historisch sozialwissenschaftlichem Blickwinkel Discussion Paper P01 801 Wissenschaftszentrum Berlin 2001 S 81 104Normdaten Sachbegriff GND 7668631 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Burgergesellschaft amp oldid 235766392