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Der Aufstand von Sankt Joachimsthal war eine Revolte von Bergarbeitern der erzgebirgischen Bergstadt Sankt Joachimsthal wahrend der Pfingstwoche des Jahres 1525 Obwohl der Aufstand in Verbindung mit den zeitgleich stattfindenden Ereignissen des Deutschen Bauernkrieges im thuringischen und suddeutschen Raum stand hatte die Erhebung spezifische Ursachen namlich die Auseinandersetzungen der Bergarbeiter mit der landesherrlichen Bergverwaltung An der Auseinandersetzung beteiligten sich rund 10 000 bis 18 000 Aufstandische die fur kurze Zeit die Kontrolle uber die Stadt erringen konnten Allerdings gelang es nicht die Revolte auf weitere erzgebirgische Bergstadte auszuweiten Die Grafen Schlick boten als Territorialherren eine Streitmacht von 2 500 bis 3 000 Bewaffneten gegen die Revolte auf Schliesslich konnte der Konflikt durch eine Verhandlung unblutig bewaltigt werden Der ausgehandelte Vergleich reglementierte die Befugnisse der Bergbeamten und wurde in einer neuen Bergordnung festgehalten die wegweisend fur weitere Rechtstexte des Montanwesens wurde Das alte 1548 verliehene Wappen von Sankt Joachimsthal Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 1 1 Silberfund bei Conradsgrun 1 2 Erhebung zur Bergstadt 1 3 Konflikte vor 1525 2 Ursachen 2 1 Soziale Lage bei den Bergarbeitern 2 2 Anhaltende Konflikte mit der Bergverwaltung 3 Joachimsthaler Aufstand 1525 3 1 Ablauf 3 2 Forderungen der Bergleute 3 3 Ergebnisse der Verhandlung 4 Folgen 5 Literatur 5 1 Zum Thema 5 2 Zum Hintergrund 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenSilberfund bei Conradsgrun Bearbeiten Im Jahre 1516 wurden auf der bohmischen Seite des Erzgebirgskammes nahe des damaligen Dorfes Conradsgrun im Territorium der Grafen Schlick ein reiches Silbervorkommen entdeckt 1 Der Fund des Edelmetalls lockte zahlreiche Menschen an sodass rasch eine ungeplante Siedlung entstand Meist waren es Bergleute aus den bereits erschlossenen sachsischen Revieren um Annaberg Geyer und Freiberg Aber auch aus Bohmen und dem Harz kamen Hauer ins Thal Neben den Bergleuten rekrutierte sich ein wichtiger Teil der Zugezogenen aus der bauerlichen Bevolkerung der Umgebung Letztgenannte befanden sich in der aufstrebenden Siedlung zwar in einem niedrigeren sozialen Stand waren aber als Haspelknechte und der gesamten nachgeordneten Bergindustrie ein unersetzlicher Quell an Arbeitskraft Die Bevolkerung des noch namenlosen Ortes wuchs daher schnell Lebten 1516 bereits 1 050 Menschen in der Siedlung waren es zum Zeitpunkt der Erhebung zur Stadt funf Jahre spater bereits 4 936 und im Jahr des Aufstandes sogar 13 411 2 Den Bevolkerungsscheitel erreichte Sankt Joachimsthal schliesslich 1533 In diesem Jahr zahlte die Bergstadt rund 18 000 Einwohner 2 Voraussetzung fur den Zuzug und das schnelle Wachstum war eine verhaltnismassig hohe Mobilitat der Bevolkerung des Erzgebirges im engeren und des obersachsisch thuringischen Raums im weiteren Sinne Denn nicht nur den Bergknappen sondern auch allen Bauern und Hintersassen wurde eine weitgefasste Freizugigkeit gewahrt vorausgesetzt sie konnten die einer Abzugssteuer vergleichbare Lehnware an ihren Grundherrn entrichten 3 Erhebung zur Bergstadt Bearbeiten nbsp Joachimstaler Pragejahr 1525 Avers mit dem heiligen Joachim AR ma DOM inorum SLI ckorum STE phani E t 7 FRA trum COM itum D e BA ssano Revers mit doppelschwanzigem bohmischen Lowen LVDOVICVS PRIM vs D ei GRACIA REX BO hemiae Ubersetzung Wappen der Herren Schlick Stephan und seiner Bruder Grafen von Bassano Ludwig I von Gottes Gnaden Konig von Bohmen Als Territorialherr forderten der Graf Stefan Schlick und seine Bruder den Aufstieg der Siedlung Im Jahre 1517 wurde sie in Anlehnung an Annaberg in Sankt Joachimsthal benannt Zur Demonstration ihrer Macht liessen die Grafen oberhalb der Stadt die Burg Freudenstein errichten 1520 erhielt der Ort Marktrecht und wurde somit zur Stadt erhoben 4 Gleichzeitig erhielt Stefan Schlick vom bohmischen Konig Ludwig II das Munzprivileg Wahrscheinlich hatte der Graf jedoch bereits ein Jahr zuvor angefangen das Silber aus dem Joachimsthaler Bergbau vor Ort in Munzen stempeln zu lassen Der in der Bergstadt gepragte Guldengroschen sollte als Joachimsthaler verkurzt zu Taler zu einer der wichtigsten fruhneuzeitlichen Wahrungen aufsteigen 5 Ebenso waren die Schlick bestrebt den Bergbau auf ihrem Territorium zu fordern und das zunachst verhaltnismassig freie Bergwesen in geregelte Bahnen zu lenken So wurde in der Stadt eine Bergverwaltung aufgebaut ein Berghauptmann bestellt und ein Zehntamt eingerichtet Das Bergwesen in Sankt Joachimsthal nahm in den ersten Jahren nach der Stadtgrundung sprunghaft zu und sollte bereits in der zweiten Dekade seinen Hohepunkt erreichen So summierte sich die Menge des aus dem Berg gebrachten Silbers im Jahr 1524 auf eine Ausbeute im Gegenwert von 138 546 Talern 6 1533 also das Jahr des Bevolkerungsscheitels stellt mit einer Gegenwert von insgesamt 241 875 Talern gleichzeitig das Jahr der grossten Ausbeute da 6 Das Lehnsbuch der Grafen vermerkt vor allem fur den Anfang der 1520er Jahre eine steigende Anzahl an vergebenen Schurfgenehmigungen Insbesondere der sachsische Adel aber auch Kaufleute aus den Handelsstadten Zwickau Leipzig und Nurnberg sowie Koln Basel und St Gallen erwarben Kuxe also Anteile am Joachimsthaler Bergbau 7 Die so gegrundeten Gewerkengesellschaften konnten grossere Kapitalsummen aufbringen um den Einbau und die Unterhaltung von Wasserkunsten zur Sumpfung der Gruben zu ermoglichen So konnte der Bergbau nachdem die oberflachennahen Erze abgebaut waren auch in grossere Teufen vordringen Vergebene Schurfgenehmigungen 8 Jahr Einzelgewerke Gewerkengesellschaften1521 430 991522 321 561523 352 701524 734 1161525 215 65Konflikte vor 1525 Bearbeiten Der schnelle Aufstieg Sankt Joachimsthals war bereits in den ersten Jahren von Konflikten durchzogen Die Bergstadt wurde in einer klimatischen und landwirtschaftlichen Ungunstregion angelegt 9 Die stetig steigende Bevolkerung war daher besonders in den ersten Jahren abhangig von einer externen Versorgung Gleichzeitig sorgte die Abhangigkeit von den Erfolgen des Bergbaus fur enorme Konjunkturschwankungen und teils rapide Teuerungen 1521 soll zudem das grosse Sterben also die Pest die Bergstadt heimgesucht haben 10 Das grosste Konfliktpotential lag jedoch in der Auseinandersetzung der in einer Knappschaft organisierten Bergarbeiter einerseits mit den Bergbeamten andererseits Einen ersten Aufruhr der im Auszug der Joachimsthaler Bergarbeiter ins ernestinische Buchholz gipfelte datieren sowohl der Schneeberger Chronist Petrus Albinus wie auch der Joachimsthaler Pfarrer Johannes Mathesius auf das Jahr 1518 11 12 Die Historikerin Ingrid Mittenzwei hat jedoch darauf hingewiesen dass diese Emporung wahrscheinlich bereits ein Jahr fruher stattfand denn zur Schlichtung dieser Auseinandersetzung wurde von den Grafen Schlick eine Bergordnung nach dem Annaberger Vorbild von 1509 erlassen Da die erste Joachimsthaler Ordnung bereits zu Pfingsten 1518 im Druck bei Jobst Gutknecht in Nurnberg erschien ist anzunehmen dass die vorangegangene Emporung sowie deren Schlichtung schon 1517 stattfanden 13 4 Bereits im Winter 1519 20 kam es unter den Bergarbeitern zur Bestrebung diese erste Joachimsthaler Ordnung erneut anzutasten Konkret richteten sich die Bergleute gegen die Samstagsschicht die es ihnen erheblich erschwerte den an diesem Tag stattfindenden Wochenmarkt aufzusuchen um sich mit Lebensmitteln zu versorgen 14 Zwar gelang die Abwendung eines erneuten Aufruhrs durch eine Konvention die die Samstagsschichten aber auch die fur die Bergarbeiter wichtigen Doppelschichten verbot doch war die Ruhe in der Bergstadt nur von kurzer Dauer Mittenzwei zitiert aus einer Quelle die fur den 25 Juli 1521 von der Verhaftung von sechs Personen wegen der Vorbereitung eines Aufstandes berichtet 14 Aus derselben Quelle geht hervor dass sich die Bergarbeiter im Jahr 1523 ein zweites Mal erhoben 14 Dieses Mal jedoch verliessen sie nicht die Schlicksche Grafschaft sondern lagerten ausserhalb der Stadt auf dem nordlich gelegenen Turknerberg Wie der Aufruhr geschlichtet wurde lasst sich heute nicht mehr rekonstruieren Ursachen BearbeitenSoziale Lage bei den Bergarbeitern Bearbeiten nbsp Zeitgenossische Darstellung eines Bergknappen mit Hackel in Hans Sachs Eygentliche Beschreibung Aller Stande auff Erden aus dem Jahre 1568 Die grosse Mehrheit aller im erzgebirgischen Bergbau des 16 Jahrhunderts tatigen Menschen egal ob Hauer Haspelknechte oder Bergjungen waren gegen einen festgesetzten Lohn in den Zechen tatig Gedingelohn indes war verboten Die erste Joachimsthaler Bergordnung von 1518 beziffert den Schichtlohn der Hauer in Artikel 104 wie folgt Ein jeglicher hewer soll von einer gantzen schicht die wochen tzwelff weiss groschen zu lone haben Georg W Schenk 15 Dabei handelte es sich jedoch nicht um den Wochenlohn sondern den Tagesschichtlohn Ein Joachimsthaler Hauer verdiente demnach in einer funftagigen Arbeitswoche einen Lohn von insgesamt 60 Weissgroschen Die Moglichkeit diesen Lohn aufzubessern wurde zwar bereits in der 1518er Ordnung stark begrenzt Artikel 85 verbot sowohl die Arbeit in mehreren Zechen als auch Doppelschichten bei Strafandrohung Ein Vergleich zwischen den Revieren zeigt jedoch dass im Silberbergbau die hochsten Lohne gezahlt worden sind und ein Hauer damit in Joachimsthal durchschnittlich zwei Groschen beziehungsweise rund 16 Prozent mehr verdienen konnte als in den Zinnrevieren um Altenberg oder Geyer Allerdings zeigen die Quellen auch dass es dirigistische Bestrebungen gab die Lohne in den unterschiedlichen Revieren auf gleichem Niveau zu halten So ist in einer Konvention zwischen den sachsischen Fursten den Grafen Schlick und derer von Rabenstein festgehalten dass ein gleich lohn nach wert der muntz so eins yeden land genge ist zu zahlen sei um die Arbeitskraft im Revier zu halten 16 Trotz des somit relativ klar fassbaren Einkommens der Bergarbeiter sind Ruckschlusse auf deren Reallohn und die damit verbundene Kaufkraft schwierig zu ermitteln da Preislisten nur fragmentarisch uberliefert sind Demnach kostete 1539 ein Pfund Mastochsenfleisch sechs ein Hecht 13 Pfennige 17 Stellt man nun dieser Auflistung Schatzungen des zeitgenossischen Pro Kopf Verbrauchs der gehobenen Nahrungsmittel Fisch und Fleisch jahrlich etwa 30 bis 60 Kilogramm Fleisch sowie funf bis zehn Kilogramm Fisch gegenuber lasst sich folgender Schluss ziehen Sowohl die Hauer als auch die etwas weniger verdienenden Haspelknechte waren durchaus in der Lage einen durchschnittlichen Haushalt gut zu ernahren und zu versorgen 18 Sie gehorten damit zu den gehobenen sozialen Schichten der Bergstadt Daraus lasst sich schlussfolgern dass nicht eine prekare soziale Lage die Ursache und die Verbesserung derselben Ziel des 1525er Aufstand der Joachimsthaler Bergarbeiter war Sondern die Verteidigung der eigenen Stellung trieb die Bergknappen genau in dem Moment auf die Barrikaden als ihnen empfindliche Verluste durch Ubergriffe seitens der Bergbeamten drohten oder massive Unterschlagungen offentlich gemacht aber ungenugend geahndet wurden Anhaltende Konflikte mit der Bergverwaltung Bearbeiten Auch nach der Verkundung der ersten Joachimsthaler Bergordnung von 1518 blieben die Konflikte zwischen der Knappschaft und den Bergbeamten nicht nur bestehen sondern spitzten sich noch weiter zu Seit 1519 fungierte der aus Dresden stammenden Peter Hettersberger seit als Zehntner in der Stadt 19 Obwohl die Annaberger Bergordnung von 1509 als vorlaufigen Abschluss des sachsische Bergrechts und Vorbild fur die Joachimsthaler Ordnung besagt dass sowohl Berghauptmann als auch Bergmeister keyne berkteyl haben auch in keynem verborgen schein nutzes davon gewarten durfen beteiligte sich ein beachtlicher Teil der Bergbeamter an den Gewerken so auch Peter Hettersberger 20 In einer Auflistung des Hans Rudhart uber die Zechen des Joachimsthaler Reviers wurde er als Betreiber mehrerer ertragreicher Gruben genannt 19 Trotzdem war Peter Hettersberger in umfangreiche Unterschlagungen und Veruntreuungen verwickelt und ein Jahr spater wegen des verursachten Korruptionsschaden offentlich angeklagt Der uberlieferte Vergleich nennt einen Schaden von 36 000 Gulden und listet die Grafen Schlick sowie die Gewerken als Geschadigte macht jedoch keine Angaben uber die Lohnausfalle unter den Bergarbeitern 21 Ob trotz des Vergleichs jemals Bergleute entschadigt worden sind geht nicht aus den Quellen hervor darf aber angezweifelt werden Die Bergchronik des David Hutter beziffert den Schatzwert des Vermogens des Peter Hetterbergers fur das Jahr 1523 immer noch auf 14 000 Gulden 19 Die Verhaltnisse in der Bergverwaltung blieben auch nach dem Prozess gegen Peter Hettersberger unverandert Joachimsthaler Aufstand 1525 BearbeitenAblauf Bearbeiten nbsp Ausbreitung der Unruhen des Deutschen Bauernkrieges 1525 Der grosste und in seinen Folgen weitreichendste Joachimsthaler Aufstand ereignete sich im Fruhjahr 1525 Im suddeutschen und thuringischen Raum spitzten sich die militarischen Auseinandersetzungen des Deutschen Bauernkrieges zu und fanden in der Schlacht von Frankenhausen am 15 Mai ihren Hohepunkt Die Emporungen griffen auch auf das Erzgebirge uber Auf sachsischer Seite hatten Bauern bereits am 9 Mai das Kloster Grunhain gesturmt und die Stadt Schlettau uberfallen Auch in anderen Regionen des Erzgebirges war es zu Unruhen gekommen Belegt sind Emporungen in Geyer Buchholz und Marienberg 22 In Sankt Joachimsthal war es bereits Ende April 1525 unruhig in der Bergstadt geworden und die Prediger Johann Bindemann und Johann Schlaginhauffen versuchten massigend auf die Bergarbeiter einzuwirken In der Bergstadt hatte sich trotz der aufgedeckten Korruption wenig in der Bergverwaltung geandert Als nun die Grafen Lorenz und Albrecht Schlick am 16 Mai mit 40 Reitern aufbrachen um dem sachsischen Herzog Georg im Kampf gegen die Reste der aufstandischen Bauern im thuringischen Raum zu unterstutzen entfesselte sich in Sankt Joachimsthal der Aufstand 23 Am 20 Mai einem Sonnabend und somit Markttag versammelten sich die Bergknappen auf dem Brotmarkt zu diesem Zeitpunkt rund 3 000 Menschen Die Lage eskalierte rasch und sowohl das Rathaus als auch das Haus des Berghauptmanns wurden noch am selben Tag gesturmt und Register Briefe sowie andere Dokumente vernichtet 24 Wahrend es Berghauptmann Heinrich von Konneritz gelang der aufgebrachten Menge zu entkommen wurde der Burgermeister Jobst Schober in ein Bergwerk gesperrt Ebenfalls ersturmt wurde kurz darauf die Schlicksche Festung Freudenstein uber der Stadt sodass die Bergknappen innerhalb kurzer Zeit die Kontrolle uber die Stadt erlangten 24 Unterdessen war das Lager auf mehr als 10 000 Aufstandische angewachsen von denen aber nur ein Teil der Bergarbeiterschaft entstammte Da die Emporung auch Zulauf aus der Umgebung erhielt sammelte sich ein zweites Lager von 8 000 Menschen aus der bauerlichen Bevolkerung 24 Die errungene Macht suchten die Joachimsthaler gegen etwaige Gegenreaktionen zu festigen indem die Zufahrtsstrassen zur Stadt blockiert und der Nachrichtenverkehr unterbunden wurde Auch im inneren versuchten die Aufstandischen die Anfangserfolge des Aufstands zu festigen zum Teil unter Gewaltanwendung Die aufstandischen Bergleute von Joachimsthal hatten mehrere Boten mit Briefen in die benachbarten sachsischen Bergstadte gesandt um Unterstutzung fur ihren Aufstand zu erhalten Die Antworten fielen jedoch negativ aus Nur in Annaberg wollten die ledigen Gesellen nach Joachimsthal ziehen Thomas Seidel ein Joachimsthaler verhandelte mit Altesten der Annaberger Knappschaft uber die Lieferung von 500 Spiessen sowie 2 Zentnern Pulver und mehreren Buchsen Auf bohmischer Seite trieben der aus Buchholz stammende Wolf Goftel und Andreas Cosener die Unruhe voran Goftel wollte in Graupen und Cosener in Elbogen Unterstutzung fur den Aufstand besorgen Nach ihrer Festnahme im Juli sagten sie aus dass sie auch im Vogtland sowie der Umgebung von Marienberg Geyer und Thum fur den Aufruhr gearbeitet hatten Zudem sei ein Angriff auf die Kloster Aue Zelle und Chemnitz geplant gewesen Die angestrebte allgemeine Erhebung jedoch blieb aus 25 nbsp Stahlstich der Ruine von Burg Freudenstein bei Sankt Joachimsthal von Peter Rohrich nach einer Zeichnung von Franz Alexander Heber Stattdessen schickten die Grafen Schlick zunachst Alexander von Leisnig als Unterhandler vor Gleichzeitig zogen sie starke Krafte von 2 500 bis 3 000 Bewaffneten zusammen Sechs Tage lang standen sich beide Parteien bewaffnet gegenuber bevor die Auseinandersetzung schliesslich ohne Blutvergiessen mit einem Vergleich beendet werden konnte In Annaberg hatte der Rat der Stadt alarmiert von den Ereignissen in Sankt Joachimsthal bereits am 23 Mai einen Brief nach Dresden an Herzog Johann geschickt In einem Antwortschreiben aus Dresden wurde der Stadtschreiber von Annaberg Magister Antonius Romhilt als Mithandler vorgeschlagen Der Annaberger Rat benannten als ferner den Amtsverweser Urban Osan und den Bergmeister Hans Rohling als Unterhandler Antonius Romhilt und der Annaberger Ratsherr Hieronymus Magdeburg reisten schliesslich nach Joachimsthal Dort trafen sie auf Vertreter der Joachimsthaler Knappschaft in Person von Erhard Gladitz Hans Lederer und Gregor Hacker Aus Freiberg stiessen der Huttenherr und Munzmeister Hans Hausmann sowie der Schichtmeister Ulrich Grosgen zur Verhandlung Die Schlicks hatten ihrerseits Hans Pflug von Rabenstein den Hofmeister Herzog Heinrichs von Sachsen Rudolf von Bunau sowie Oppel Vitzthum und den Pfarrer Jobst Tussel als Unterhandler bestimmt Als Wortfuhrer dieser Verhandlungspartei fungierte jedoch Georg von Breitenbach Fur die Seite der Bergarbeiter sprach der Magister Philipp Rosenecker Letztgenannter hatte schon im April 1525 fur den Plauener Rat mit den aufruhrerischen vogtlandischen Bauern verhandelt Die Besprechungen dauerten vier Tage 24 Forderungen der Bergleute Bearbeiten nbsp Stefan Schlick auf einem Gemalde von David Frumerie das dieser um 1667 fur Schloss Gripsholm malte Als Lehensherr stand er den Aufstandischen von Sankt Joachimsthal gegenuber Grundlage der Verhandlung war ein 17 Artikel umfassender Katalog an Forderungen den die aufstandischen Bergleute Joachimsthals verfasst hatten Darin forderten sie jedoch weder eine Verbesserung ihrer sozialen Lage etwa durch Lohnerhohung oder Schichtverkurzung Stattdessen forderten sie im 1 Artikel die Einhaltung der Bergfreiheit 25 In Artikel 3 und 4 wenden sie sich gegen die Ausfuhr von Silber und Munzen wodurch geldknappheitsbedingte Teuerungen unterbunden werden sollen 25 Artikel 5 fordert eine bessere Ordnung fur Gewicht und Lohnauszahlungen Artikel 17 fordert schliesslich die Einhaltung der Schlickschen Bergordnung von 1518 insbesondere bei der Reglung der Zahlung von Zubussen oder der Zuteilung der Ausbeute 25 Neben den okonomischen stellten die Bergleute auch personellen Forderungen auf Artikel 6 fordert das Recht der Knappschaft einen eigenen Zehntner neben den der Grafen einsetzen zu durfen 25 Gleiches wird fur die Einsetzung eines eigenen Huttenraiters also Rechners in Artikel 8 sowie eines eigenen Ausgebers der Ausbeute in Artikel 11 gefordert In Artikel 10 wird ein Mitspracherecht der Knappschaft bei den Besprechungen der Steiger mit dem Rat und dem Berghauptmann beansprucht 25 Das Schwergewicht der Forderungen in den 17 Artikel lag somit auf ein Mitspracherecht bei der Besetzung von nahezu allen relevanten Personalstellen um kunftige Korruption zu unterbinden Ergebnisse der Verhandlung Bearbeiten In der folgenden Verhandlung wurden von den 17 Artikeln der aufstandischen Bergarbeiter elf umfanglich angenommen der Rest verworfen oder nur teilweise berucksichtigt 26 Korruption wurde aufs scharfste verurteilt den Bergmeistern vorgeschrieben bei der Vermessung und Besichtigung der Gruben keinen hoheren Lohn als den in der Bergordnung festgeschriebenen zu verlangen den Steigern und Schichtmeistern verboten ihre Arbeit gegen Bezahlung von Dritten verrichten zu lassen 26 Jedoch musste auch die Bergknappschaft Niederlagen am Verhandlungstisch akzeptieren Ihre Fahne das Zeichen der eigenen Wehrhaftigkeit kam ebenso unter Verschluss wie die Knappschaftskasse 26 Eine Reglung die dem Ordnungsbedurfnis der Grafen Schlick zuzuschreiben ist kunftige Auseinandersetzungen zu erschweren Folgen BearbeitenDer Aufstand konnte somit unblutig bewaltigt werden Auch die folgende Strafverfolgung blieb zumindest auf bohmischer Seite moderat Zwar wurde eine Kommission aus je vier Vertretern der Bergknappschaft und der Grafen Schlick eingesetzt die die entstandenen Schaden festhalten sollte am Ende wurden jedoch lediglich 18 als Radelsfuhrer identifizierte Aufstandische angeklagt 27 Sie mussten nachdem sie ein offentliches Gestandnis abgelegt hatten die Urfehde schworen und konnten daraufhin sogar in der Stadt bleiben Aufstandische die sich auf sachsischer Seite des Erzgebirges an den Unruhen beteiligten und sich danach uber die bohmische Grenze abgesetzt hatten wurden auf Forderung des Herzog Georgs des Bartigen ausgeliefert Das Gleiche galt fur Wolf Goftel und Andreas Cosener die nach Folter und Gestandnis hingerichtet wurden Mit der Joachimsthaler Bergordnung von 1525 konnte ein tragfahiger Vergleich geschlossen werden Zwar hatten die Auseinandersetzungen dem Bergwesen zugesetzt sodass die Ausbeute im Jahr des Aufstandes auf 70 692 Taler sank 6 Jedoch erholte sich der Bergbau schnell Im Jahre 1533 erreichte die Ausbeute im Joachimsthaler Revier mit einem Gegenwert 241 875 Taler ihren Hohepunkt In der Bergstadt blieb es die folgenden Jahrzehnte ruhig Erst als mit dem Niedergang der Ausbeute des Silberbergbaus wieder Spannungen auftraten wurde 1548 von Konig Ferdinand I eine neue Bergordnung erlassen Letztgenanntes Dokument wurde in fast allen Revieren der bohmischen Kronlander ubernommen Literatur BearbeitenZum Thema Bearbeiten Johann Karl Seidemann Die Unruhen im Erzgebirge wahrend des deutschen Bauernkrieges Nach den Acten des koniglich Sachsischen Haupt Staatsarchivs zu Dresden Munchen 1865 Digitalisat Ingrid Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Berlin 1968 Siegfried Sieber Der Joachimsthaler Aufstand 1525 in seinen Beziehungen zu Sachsen In Bohemia Band 4 1963 Seite 40 53 Digitalisat Uwe Schirmer Das Erzgebirge im Ausstand Die Streiks in den Revieren zu Freiberg 1444 1469 Altenberg 1469 Schneeberg und Annaberg 1496 1498 sowie Joachimsthal 1517 1525 im regionalen Vergleich In Angelika Westermann Ekkehard Westermann Hrsg Streik im Revier Unruhe Protest und Ausstand vom 8 Bis 20 Jahrhundert St Katharinen 2007 S 65 93 Zum Hintergrund Bearbeiten Adolf Laube Bergarbeiter und Bauernbewegung in Deutschland von der Mitte des 15 Jahrhunderts bis zum Ende des Bauernkriegs 1525 26 In Angelika Westermann Ekkehard Westermann Hrsg Streik im Revier Unruhe Protest und Ausstand vom 8 bis 20 Jahrhundert St Katharinen 2007 S 113 136 Adolf Laube Zum Problem des Bundnisses von Bergarbeitern und Bauern im deutschen Bauernkrieg In Gerhard Heitz Hrsg Der Bauer im Klassenkampf Studien zur Geschichte des deutschen Bauernkrieges und der bauerlichen Klassenkampfe im Spatfeudalismus Sonderdruck Berlin 1975 Adolf Laube Studien uber den erzgebirgischen Silberbergbau von 1470 bis 1546 Berlin 1974 Ernst Barth Regionalgeschichtliche Bibliographie Die Zeit des deutschen Bauernkrieges von 1525 im Erzgebirge und im sachsischen Vogtland zusammengestellt im Auftrag des Arbeitskreises zur Erforschung der Geschichte der Bauern des Kulturbundes der DDR im Bezirk Karl Marx Stadt Karl Marx Stadt Chemnitz 1974 George H Waring The Silver Miners of the Erzgebirge and the Peasants War of 1525 in the Light of Recent Research In The Sixteenth Century Journal Jahrgang 18 Heft 2 1987 S 231 247 Georg W Schenk Uber die Anfange des Silberbergbaus von St Joachimsthal Teil I In Der Anschnitt Jahrgang 19 Heft 1 Bochum 1967 S 30 35 Hans Lorenz Bilder aus Alt Joachimsthal Sankt Joachimsthal 1925 Hubert Maximilian Ermisch Das sachsische Bergrecht des Mittelalters Leipzig 1887 Kaspar Graf Sternburg Umrisse einer Geschichte der bohmischen Bergwerke 2 Bd Prag 1838 Digitalisat Martin Volf Neue Erkenntnisse zur Bergstadt St Joachimsthal Jachymov zur Zeit des Zweiten Bergeschreys anhand archaologischer Untersuchungen In Christiane Hemker Hrsg Bergbau und Mobilitat im Mittelalter Archaologische historische und naturwissenschaftliche Fallstudien zum uber regionalen Kultur und Technologietransfer zwischen Montanrevieren Landesamt fur Archaologie Dresden 2020 S 152 156 Paul Ahle Die Unruhen im Erzgebirge wahrend des Bauernkrieges In Das Erzgebirge Gemeinverstandliche wissenschaftliche Aufsatze Band 3 Heft 1 Annaberg 1898 S 3 35 Siegfried Sieber Die Teilnahme erzgebirgischer Bergleute am Bauernkrieg 1525 In Freiberger Forschungshefte Sonderdruck aus Heft D11 Freiberg 1955 S 83 106 Uwe Schirmer Die Nahrungsmittelversorgung eines Bergbaureviers Das obersachsische Erzgebirge als Konsumregion 1470 1547 In Stephan Selzer Hrsg Die Konsumentenstadt Konsumenten in der Stadt des Mittelalters Koln Weimar Wien 2018 Uwe Schirmer Das spatmittelalterlich fruhneuzeitliche Erzgebirge als Wirtschafts und Sozialregion 1470 1550 In Martina Schattkowsky Hrsg Das Erzgebirge im 16 Jahrhundert Gestaltwandel einer Kulturlandschaft im Reformationszeitalter Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2013 S 45 76 Uwe Schirmer Die Annaberger Bergordnung von 1509 In Wolfgang Ingenhaeff Johann Bair Hrsg Bergbau und Recht Schwazer Silber Tagungsband des 5 Internationalen Montanhistorischen Kongress Schwaz Wattens 2006 S 213 228 Weblinks BearbeitenJohannes Mathesius Sarepta Oder Bergpostill Sampt der Jochimssthalischen kurtzen Chroniken Nurnberg 1562 Digitalisat Joachimsthaler Bergordnung aus dem Jahre 1548 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und 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Georg W Schenk Uber die Anfange des Silberbergbaus von St Joachimsthal Teil I In Der Anschnitt 19 Jahrgang Heft 1 1967 S 31 Hauke Kenzler Die hoch und spatmittelalterliche Besiedlung des Erzgebirges Strategien zur Kolonisation eines landwirtschaftlichen Ungunstraumes In Bamberger Schriften zur Archaologie des Mittelalters und der Neuzeit Band 4 Habelt Bonn 2012 ISBN 978 3 7749 3742 0 S 205 207 Ingrid Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Reprint De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 27 Petrus Albinus Meissnische Bergk Chronica Darinnen furnemlich von den Bergkwerken des Landes zu Meissen gehandelt wird Dresden 1590 S 563 Digitalisat Johannes Mathesius Sarepta Oder Bergpostill Sampt der Jochimssthalischen kurtzen Chroniken Nurnberg 1562 Digitalisat S 688 Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 87 Reprint a b c Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 89 Reprint Georg W Schenk Uber die Anfange des Silberbergbaus von St Joachimsthal Teil III In Der Anschnitt Jahrgang 19 Heft 5 1967 S 34 Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Reprint De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 65 Hans Lorenz Bilder aus Alt Joachimsthal Eigenverlag Sankt Joachimsthal 1925 S 60 Uwe Schirmer Die Nahrungsmittelversorgung eines Bergbaureviers Das obersachsische Erzgebirge als Konsumregion 1470 1547 In Stephan Selzer Hrsg Die Konsumentenstadt Konsumenten in der Stadt des Mittelalters Stadteforschung Reihe A Band 98 Verlag Bohlau Koln Weimar Wien 2018 ISBN 978 3 412 50830 2 S 232 a b c Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Reprint De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 24 Hubert Ermisch Das sachsische Bergrecht des Mittelalters Verlag Giesecke amp Devrient Leipzig 1887 S 165 Helmut Wilsdorf Petter Hettersbergers gewesenen Zehnters schriftliche Obligation gegen Herrn Schlicken weegen seiner grossen vorbrechung vnd darauff gethane Vrgicht In Bergbau und Bergleute Freiberger Forschungshefte D11 Berlin 1955 S 64 Siegfried Sieber Der Joachimsthaler Aufstand in seinen Beziehungen zu Sachsen In Zeitschrift fur Geschichte und Kultur der bohmischen Lander Band 4 Nr 1 1963 S 42 Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Reprint De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 89 91 a b c d Siegfried Sieber Der Joachimsthaler Aufstand in seinen Beziehungen zu Sachsen In Zeitschrift fur Geschichte und Kultur der bohmischen Lander Band 4 Nr 1 1963 S 46 50 a b c d e f Siegfried Sieber Der Joachimsthaler Aufstand in seinen Beziehungen zu Sachsen In Zeitschrift fur Geschichte und Kultur der bohmischen Lander Band 4 Nr 1 1963 S 49 50 a b c Ingried Mittenzwei Der Joachimsthaler Aufstand 1525 Seine Ursachen und Folgen Reprint De Gruyter Berlin 1969 ISBN 978 3 11 256849 1 S 115 Siegfried Sieber Der Joachimsthaler Aufstand in seinen Beziehungen zu Sachsen In Zeitschrift fur Geschichte und Kultur der bohmischen Lander Band 4 Nr 1 1963 S 51 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aufstand von Sankt Joachimsthal 1525 amp oldid 238087295