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Die Weissfrauenkirche war eine evangelische Kirche in der Altstadt von Frankfurt am Main Sie brannte nach einem Bombenangriff am 22 Marz 1944 aus Ihre Reste wurden beim Wiederaufbau 1952 zugunsten des Strassendurchbruches der Berliner Strasse beseitigt 1955 56 wurde eine neue Weissfrauenkirche westlich der Innenstadt im Bahnhofsviertel erbaut die 2002 04 zu einer Diakoniekirche umgewidmet wurde Weissfrauenkirche von der Weissfrauenstrasse nach Nordosten gesehen um 1900Heutige bauliche Situation am ehemaligen Standort der Weissfrauenkirche aus derselben Perspektive Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur und Ausstattung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas Weissfrauenkloster wurde 1228 als Stiftung Frankfurter Burger gegrundet und am 10 Juni 1228 durch Papst Gregor IX anerkannt Der Orden der Weissfrauen amtlich Magdalenerinnen oder Reuerinnen poenitentes genannt war im Jahr 1224 in Worms gestiftet worden Seine Aufgabe war zunachst die Verwahrung bussfertiger Strassendirnen ab ca 1250 auch die Versorgung unverheirateter Angehoriger der burgerlichen Familien Die Weissfrauen lebten nach der Regel des Heiligen Augustinus und der Ordnung der Nonnen des Heiligen Sixtus Sie trugen weisse einfache Kleider schliefen bekleidet und gegurtet auf Stroh und einem wollenen Tuch und durften niemals Mussiggang pflegen nbsp Weissfrauenkloster oben und Karmeliterkloster unten auf dem Merian Stich von 1628Bereits 1248 brannte das Kloster ab und musste erneuert werden Im Juli 1342 ereignete sich das Magdalenenhochwasser der hochste jemals gemessene Pegel des Mains Die gesamte Altstadt stand damals unter Wasser Auch in der Weissfrauenkirche soll das Wasser sieben Schuh hoch gestanden haben wie eine lateinische Inschrift belegte die bis zur Zerstorung im Zweiten Weltkrieg in der Kirche zu sehen war Der angegebene Wasserstand entspricht einem Pegel von ca 7 85 Meter das ist etwa ein Meter hoher als das zweithochste je registrierte Hochwasser von 1682 und etwa 2 40 Meter hoher als das letzte grosse Mainhochwasser von 1995 Seit 1342 fand jahrlich am Magdalenentag dem 22 Juli bis zum Beginn der Reformation eine vom Rat der Stadt angefuhrte Bussprozession vom Main zur Klosterkirche statt die seit 1316 das Patrozinium der heiligen Maria Magdalena trug 1468 bis 1470 wurde die Kirche im gotischen Stil erneuert Aufgrund zahlreicher Stiftungen war sie besonders reich mit besonders vielen Altaren und Votivgaben ausgestattet In der Weissfrauenkirche wurden mehrere Patrizier beigesetzt Die Familie Holzhausen besass in der Kirche ebenso wie in der Peterskirche in der Neustadt eine Grablege und eine eigene kleine Kapelle 1530 wurde in Frankfurt die Reformation eingefuhrt Wie andere Kloster in Frankfurt erlebte danach auch das Weissfrauenkloster einen raschen Niedergang 1540 verliessen die letzten Nonnen das Kloster 1542 wurde erstmals ein evangelischer Prediger eingesetzt Der Rat nahm das ehemalige Kloster fortan in Verwaltung und bestimmte die Einkunfte zur Versorgung hiesiger bedurftiger Jungfrauen und Witwen lutherischen Bekenntnisses Zwischen 1554 und 1562 wanderten uber 2000 reformierte Glaubensfluchtlinge aus Flandern und der Wallonie in Frankfurt ein vorwiegend Textilarbeiter Die meisten von ihnen waren auf der Flucht vor religioser Verfolgung aber auch wirtschaftliche Grunde fuhrten zur Emigration Viele von ihnen erwarben das Frankfurter Burgerrecht Sie leisteten den Burgereid in franzosischer Sprache und erhielten die Weissfrauenkirche fur ihren Gottesdienst zugewiesen Auch englische Glaubensfluchtlinge vor Maria Stuart wurden in der Weissfrauenkirche aufgenommen nbsp Weissfrauenkirche und kloster von Nordwesten vom fur den Bau der Bethmannstrasse geraumten Gebiet gesehen 1872 Zeichnung von Peter Becker 1562 untersagte jedoch der Rat der Stadt der sich inzwischen ganz dem lutherischen Bekenntnis zugewandt hatte den reformierten Gottesdienst in Frankfurt Daraufhin verliessen viele der Einwanderer die Stadt wieder Ab 1593 diente die Weissfrauenkirche als Predigtstatte fur die Niederlandische Gemeinde Augsburger Confession sowie aus Frankreich zugewanderte Lutheraner Zu ihrem Einzugsgebiet gehorten u a die bevorzugten Wohngebiete um den Grossen Hirschgraben Bis 1788 predigten die beiden an der Weissfrauenkirche tatigen Prediger darunter uber mehrere Generationen in direkter Folge Mitglieder der Familie Ritter in franzosischer und deutscher Sprache nbsp Weissfrauenkirche mit Kloster sudlich des ausgedehnten Gartens des Weissen Hirschs unmittelbar vor dessen Abbruch 1872 Zeichnung von Carl Theodor Reiffenstein 1813 grundete der Pfarrer und Reformer Anton Kirchner in den ehemaligen Klosterraumen die Weissfrauenschule die erste Frankfurter Realschule die speziell fur die Erziehung der Sohne von Handwerkerfamilien gedacht war 1819 wurde die Verwaltung des Weissfrauenstiftes mit der des Katharinenstiftes unter dem Namen Vereinigte weibliche Versorgungsanstalten zu St Katharinen und den Weissfrauen St Katharinen und Weissfrauenstift vereinigt Unter diesem Namen besteht die Einrichtung bis heute 1857 wurde die Kirche umfassend renoviert 1912 wurden die Klostergebaude abgerissen nachdem bereits 1872 die angrenzenden Liegenschaften des Weissen Hirsches und des Cronstettenstiftes fur die Anlage der Kaiserstrasse und der Bethmannstrasse beseitigt worden waren Auf diesem Gelande entstand 1875 das Hotel Frankfurter Hof Obwohl die Kirche relativ klein war und nur uber ein kleines Einzugsgebiet verfugte blieb sie bis zum Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes geistliches Zentrum in der Altstadt Zu den Geistlichen die hier wirkten gehorten u a Hermann Dechent der Frankfurter Kirchenhistoriker und Johannes Kubel letzter Konsistorialrat der Frankfurter Landeskirche und Mitbegrunder des Pfarrernotbundes Am 22 Marz 1944 brannte die Kirche nach einem Bombenangriff aus der die gesamte westliche Innenstadt Frankfurts mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern zerstorte Der herabsturzende Dachstuhl vernichtete alle darunter liegenden Gewolbe sowie fast die gesamte Ausstattung da diese nicht wie in anderen Frankfurter Kirchen gesichert worden war Dennoch war die Substanz des Bauwerks zu Kriegsende vergleichsweise gering beschadigt zeitgenossische Fotos 1 zeigen den Erhalt der Aussenmauern bis hinauf zum Dachstuhl sowie nahezu aller Architekturteile wie z B der Masswerke oder Portale Bald wieder aufgebaute andere Kirchen der Stadt vor allem die Liebfrauen und die Katharinenkirche waren weit starker zerstort und mussten praktisch komplett neu aufgemauert werden Da die Kirche zu den Dotationskirchen gehorte war die Stadt grundsatzlich zu ihrem Wiederaufbau verpflichtet Dies war auch zunachst geplant so dass 1947 und 1948 mit der Sicherung der Ruine begonnen wurde Doch stellte sich bald heraus dass aufgrund des Strukturwandels kunftig in der Altstadt sehr viel weniger Menschen als vor dem Krieg leben wurden Die gesamte Altstadt bildete deshalb fortan nur noch eine evangelische Gemeinde die Paulsgemeinde welche die Alte Nikolaikirche als Gemeindekirche erhielt nbsp Weissfrauenkirche Neubau von 1956 nbsp Ostseite des NeubausDeshalb schloss die evangelische Kirche 1952 einen Vertrag mit der Stadt in dem sie auf den Wiederaufbau der Weissfrauenkirche verzichtete Die Ruinen wurden ab Marz bis Juni 1953 beim Bau der Berliner Strasse beseitigt Die fruhere Dotation wurde aufgehoben stattdessen erhielt die evangelische Kirche das Dominikanerkloster und die dazugehorige Heiliggeistkirche zugewiesen 1956 errichtete der Architekt Werner W Neumann eine neue Weissfrauenkirche westlich der Innenstadt in der Gutleutstrasse im Bahnhofsviertel damals ein burgerliches Wohngebiet mit ca 10 000 protestantischen Christen Die neuen Fenster des Kirchenraums im Obergeschoss gestaltete der Darmstadter Bildhauer Helmut Lander Aufgrund der stark zuruckgegangenen Gemeindegliederzahlen schloss sich die Gemeinde 1997 mit der Gutleutgemeinde zur Evangelischen Gemeinde am Hauptbahnhof zusammen die zuvor in der Gutleutkirche war Nach dem 2002 erfolgten Zusammenschluss mit der Matthausgemeinde zur Hoffnungsgemeinde wurde die Weissfrauenkirche nicht mehr als Gemeindekirche genutzt Anfang 2004 wurde sie von der evangelischen Hoffnungsgemeinde an das Diakonische Werk ubergeben und wird nun als Diakoniekirche genutzt Architektur und Ausstattung BearbeitenDie Weissfrauenkirche war eine einschiffige Saalkirche mit einem kurzen 5 8 Chor Im Vergleich zu anderen Frankfurter Kirchen vor allem auch der unweit gelegenen Karmeliterkirche war die Weissfrauenkirche ausgesprochen klein und schlicht Westlich der Kirche lagen ursprunglich der Wohntrakt der Schwestern mit dem Kreuzgang in dem spater die Weissfrauenschule eingerichtet wurde Zwischen dem Kreuzgang und der Frankfurter Stadtmauer im Westen lag der Wirtschaftshof des Klosters an den sich nach Norden in Richtung der Grossen Gallusgasse ein ausgedehnter Garten anschloss Die Kirche besass zwei Portale eines im Westen und ein bei der Renovierung 1857 entstandenes im Suden Im Inneren war die Kirche reich mit Fresken geschmuckt die aus der Zeit um 1468 stammten und 1944 vollstandig zerstort wurden Sie zeigten drei Auferweckungsgeschichten die das Neue Testament von Jesus berichtet nach Matth 9 Tochterlein des Jairus Luk 7 Jungling zu Nain und Joh 11 Lazarus dazu das Jungste Gericht und eine 1478 1479 von Jorg Luft geschaffene Auferweckung Jesu Die sieben Masswerkfenster der Sudwand und das kleine ovale Fenster uber dem Westportal waren mit Glasmalereien des Kunstlers Otto Linnemann geschmuckt Die Kirche besass funf Altare die allesamt von reichen Patriziern gestiftet worden waren Neben dem Hochaltar dem Allerheiligenaltar gab es einen Marienaltar einen Magdalenenaltar einen St Nikolausaltar sowie einen Altar zum Heiligen Kreuz in der Holzhausenkapelle Das mit reichen Schnitzereien versehene holzerne Altargestuhl die Kanzel und die Orgelempore waren 1857 durch den Frankfurter Bildhauer Johannes Dielmann geschaffen worden von dem auch das 1864 entstandene Schillerdenkmal stammte Die 1857 entstandene Orgel war ein Werk des Orgelbauers Eberhard Friedrich Walcker der im gleichen Jahr auch ein grosses Werk fur die Katharinenkirche geschaffen hatte Erhalten blieben lediglich einige Epitaphien die sich an den Kirchenwanden befunden hatten die neugotische Engelsgruppe des Bildhauers August von Nordheim vom Sudportal sowie ein Olgemalde der Kreuzigung Jesus von einem unbekannten mittelrheinischen Meister um 1500 Wahrend der Abbrucharbeiten 1953 fanden unter Aufsicht des Historischen Museums Ausgrabungen in und um die Kirche statt Insgesamt wurden dabei rund 70 Grabstatten nachgewiesen Das Grab der Landgrafin Margarethe von Thuringen 1237 1270 konnte nicht aufgefunden werden Die Tochter Kaiser Friedrichs II war im Juni 1270 vor ihrem tyrannischen Gatten Albrecht dem Entarteten in das Weissfrauenkloster geflohen und hier am 8 August 1270 gestorben Literatur BearbeitenKarin Berkemann Nachkriegskirchen in Frankfurt am Main 1945 76 Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Hessen Stuttgart 2013 zugl Diss Neuendettelsau 2012 Fried Lubbecke Das Antlitz der Stadt Nach Frankfurts Planen von Faber Merian und Delkeskamp 1552 1864 Frankfurt am Main 1952 Verlag Waldemar Kramer Konstantin Hartte Abbruch und Verlust der Weissfrauenkirche In Frankfurter Kirchliches Jahrbuch 1954 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Weissfrauenkirche Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Weissfrauen Diakoniekirche FrankfurtEinzelnachweise Bearbeiten Siehe z B Hartwig Beseler Niels Gutschow Kriegsschicksale Deutscher Architektur Verluste Schaden Wiederaufbau Band II Sud Karl Wachholtz Verlag Neumunster 1988 S 807Historische Kirchen in Alt Frankfurt Kaiserdom St Bartholomaus Alte Nikolaikirche Leonhardskirche Karmeliterkloster Paulskirche Dominikanerkloster Liebfrauenkirche Katharinenkirche Peterskirche Dreikonigskirche DeutschordenskircheEhemalige Kirchen Allerheiligenkapelle Antoniterkirche Barfusserkirche Deutsch reformierte Kirche Franzosisch reformierte Kirche Heiliggeist Kirche Johanniterkirche Weissfrauenkirche 50 11 8 6775 Koordinaten 50 6 36 N 8 40 39 O Normdaten Geografikum GND 1105412423 lobid OGND AKS VIAF 75146824613007630679 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weissfrauenkirche amp oldid 234146092