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Mit dem Preussenschlag auch als Staatsstreich in Preussen bezeichnet wurde am 20 Juli 1932 durch eine erste Notverordnung des Reichsprasidenten die geschaftsfuhrende und legale Regierung des Freistaates Preussen durch den Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar ersetzt Eine zweite Verordnung vom selben Tag ubertrug dem Reichswehrminister die vollziehende Gewalt in Preussen und schrankte die Grundrechte ein Die Notverordnung des Reichsprasidenten Berlin im Juli 1932 Telegramm von Papen an Hans Simons im Zuge des PreussenschlagsSo ging die Staatsgewalt im von der Preussenkoalition unter dem Sozialdemokraten Otto Braun gefuhrten grossten Land des Deutschen Reiches auf die Reichsregierung von Franz von Papen uber Alle zivilgesellschaftlichen wie auch staatlichen Moglichkeiten des Protests oder Widerstands waren durch den Reichsprasidenten Paul von Hindenburg fur illegal erklart worden Folgen des Preussenschlages waren die Schwachung der foderalistischen Verfassung der Weimarer Republik und die Erleichterung der spateren Zentralisierung des Reiches unter Adolf Hitler Hauptergebnis war jedoch die Ausschaltung des letzten moglichen Widerstandes des grossten deutschen Staates gegen Papens Politik der Errichtung eines Neuen Staates Hitlers Weg zur Macht wurde so entscheidend erleichtert Motive und Chancen der Ereignisse werden unter Historikern kontrovers diskutiert Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Kontext 1 1 Diskussion um eine Neuordnung des Reiches 1 2 Papens Idee eines Neuen Staates 2 Situation in Preussen nach den Landtagswahlen vom 24 April 1932 3 Vorgehen Papens und Hindenburgs 4 Ablauf des Preussenschlages 5 Mitglieder der ersten Kommissariatsregierung 6 Reaktion der preussischen Staatsregierung 7 Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 25 Oktober 1932 8 Historische Bewertung der Ereignisse 9 Quellen 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseHistorischer Kontext BearbeitenDiskussion um eine Neuordnung des Reiches Bearbeiten Hauptartikel Reichsreform Weimarer Republik Das Verhaltnis von Reich und Preussen war seit den spaten 1920er Jahren Gegenstand einer Diskussion besonders offentlichkeitswirksam von Seiten des Bundes zur Erneuerung des Reiches dem auch Papen angehorte Ziel dieses von Hans Luther gegrundeten und nach ihm benannten Kreises war die Starkung der Zentralgewalt die Neugliederung Norddeutschlands besonders Preussens und die Schaffung eines autoritaren Prasidialregimes Einzelne Punkte seines Programms waren die Ersetzung von Regierung und Parlament Preussens durch Reichsprasident Reichsregierung und Reichstag und die Ernennung von Provinzkommissaren durch den Kanzler Schon 1928 kam ausserdem eine Landerkonferenz aus Mitgliedern des Reichskabinetts und samtlichen Ministerprasidenten zu der gemeinsamen Entschliessung dass die Weimarer Regelung des Verhaltnisses zwischen Reich und Landern unbefriedigend sei und einer grundsatzlichen Reform bedurfe und dass eine starke Reichsgewalt notwendig sei 1 2 Ein Verfassungsausschuss wurde eingesetzt der praktikable Vorschlage fur eine Verfassungs und Verwaltungsreform sowie fur eine sparsame Finanzwirtschaft erarbeiten sollte 3 Am 21 Juni 1930 lagen die Gutachten vor Die vier Hauptforderungen waren in der Darstellung von Arnold Brecht damals Ministerialdirektor der preussischen Staatskanzlei und Architekt des Reformplans spater Hauptvertreter der Preussischen Regierung im Prozess gegen die Notverordnung die Zentralverwaltung der preussischen Staatsregierung mit der Zentralverwaltung der Reichsregierung zu vereinigen die regionalen und ortlichen preussischen Behorden mit denen des Reiches zu vereinigen Preussen als Staat oder Land vollstandig zu beseitigen nbsp Aktenvermerk Hans Simons zum Telegramm von Papen Vorderseite nbsp Aktenvermerk Hans Simons zum Telegramm von Papen Ruckseite und die dreizehn preussischen Provinzen einschliesslich Berlins als neue Lander unmittelbar der Reichsregierung zu unterstellen 4 5 Die Reformbemuhungen sahen sich meist dem Einspruch Bayerns und Preussens ausgesetzt 6 Eine Umsetzung des Programms war wegen der politischen Entwicklungen nicht mehr moglich aber wie Everhard Holtmann darstellt Kernstucke des Reformpakets etwa die Aufhebung der Eigenstaatlichkeit Preussens wurden im innenpolitischen Machtkampf hinfort gezielt instrumentalisiert 7 Papens Idee eines Neuen Staates Bearbeiten Papens Initiative fur den Preussenschlag muss innerhalb des Plans der Errichtung eines Neuen Staates verstanden werden ein Konzept das vor allem Walther Schotte und Edgar Jung propagiert hatten Es ging ihnen nicht um die Begunstigung der Nationalsozialisten sondern um die Schaffung einer autoritaren Vorform der Monarchie eines autoritaren Prasidialregimes mit einem vom Vertrauen des Prasidenten abhangigen Kanzler und mit einer in ihren Rechten stark eingeschrankten Volksvertretung ahnlich der Verfassung des Kaiserreiches Langfristiges Ziel Papens war die Wiederherstellung der Monarchie der Hohenzollern Der Neue Staat sollte uber partikularen Interessen stehen und fur die wirtschaftliche Entwicklung die notige Sicherheit Ordnung und Ruhe schaffen 8 Situation in Preussen nach den Landtagswahlen vom 24 April 1932 BearbeitenDer Freistaat Preussen war seit 1920 von einer stabilen Koalition Preussenkoalition aus SPD Zentrum und DDP regiert worden Bei den preussischen Landtagswahlen am 24 April 1932 errangen die NSDAP 162 und die KPD 57 zusammen also 219 Sitze von insgesamt 423 Mandaten Alle anderen Parteien zusammen erhielten erstmals nur eine Minderheit von 204 Sitzen Ohne eine der demokratiefeindlichen Parteien konnte also keine Regierung mit parlamentarischer Mehrheit gebildet werden was dazu fuhrte dass nach dem formalen Rucktritt der gesamten bisherigen Landesregierung des Kabinetts Braun III diese gemass Artikel 59 der Landesverfassung 9 geschaftsfuhrend im Amt blieb Diese Lage ahnelte der anderer Lander Bayern Sachsen Hessen Wurttemberg und Hamburg mit denen sich die Reichsregierung jedoch nicht befasste Vorgehen Papens und Hindenburgs BearbeitenRechnerisch moglich war in Preussen eine Mitte Rechts Regierung aus NSDAP 162 Sitze und Zentrum 67 Sitze mit einer Mehrheit von 229 Sitzen Zusammen mit den 31 Sitzen der DNVP hatte diese Koalition sogar 260 von 423 Sitzen gehabt Eine solche Koalition strebte Reichskanzler Franz von Papen an die NSDAP aber beanspruchte die Macht fur sich allein Per Brief forderte der formal nicht zustandige Papen am 7 Juni 1932 den der NSDAP angehorenden Landtagsprasidenten Hanns Kerrl auf die geschaftsfuhrende preussische Regierung durch eine gewahlte zu ersetzen was dieser jedoch aufgrund des Scheiterns von Koalitionsverhandlungen nicht gewahrleisten konnte Daraufhin visierte Papen andere Moglichkeiten an Die erste hatte in der Durchfuhrung der schon langer debattierten Reichsreform bestanden die Preussen aufgelost bzw aufgeteilt hatte Weil dieser Weg erst langfristig zum Ziel gefuhrt hatte schwer erreichbar und hochumstritten war favorisierte Papen eine andere Moglichkeit Er plante einen Reichskommissar anstelle der bisherigen Regierung zu ernennen und diese neue Ordnung notigenfalls mit Hilfe der Reichswehr durchzusetzen In ahnlicher Weise war schon 1923 im Deutschen Oktober durch Reichsprasident Friedrich Ebert SPD die Reichsexekution durchgesetzt worden Angesichts demokratisch gewahlter Linksregierungen unter Einschluss der Kommunisten in Sachsen und Thuringen war die gewaltsame Absetzung dieser Regierungen dadurch begrundet worden dass in diesen Landern Ruhe und Ordnung gefahrdet seien es bestand die Sorge vor einem von den Kommunisten geplanten und von der Komintern in Moskau tatsachlich angeordneten 10 Revolutionsversuch Nachdem die Regierung von Sachsen sich geweigert hatte illegal aufgestellte Arbeitermilizen entwaffnen zu lassen war die Reichsexekution verhangt und vollzogen worden 11 Lediglich in Hamburg war die Anordnung der Komintern zur Revolution dergestalt erfullt worden dass es zu einem kleineren kommunistischen Aufstand mit Todesopfern kam der aber von der Polizei niedergeschlagen wurde 12 Eine analoge Begrundung fand man nun aber fur Preussen in den Auseinandersetzungen der von der Regierung Papen wieder zugelassenen SA mit den Kommunisten und Sozialdemokraten die im Sommer 1932 einen Hohepunkt im Altonaer Blutsonntag am 17 Juli 1932 fanden Die burgerkriegsahnlichen Auseinandersetzungen und der unglucklich verlaufende Polizeieinsatz unterschieden sich aber merklich von der Reichsexekution gegen Sachsen des Jahres 1923 An der Verfassungstreue und dem polizeilichen Handlungswillen der sachsischen Linksregierung hatten tatsachlich Zweifel bestanden 13 davon konnte im Falle Preussens keine Rede sein Schon drei Tage vorher am 14 Juli hatte Reichsprasident Paul von Hindenburg auf Wunsch Papens der ihn zu diesem Zweck mit dem Innenminister Gayl in Neudeck aufgesucht hatte eine undatierte Notverordnung gemass Artikel 48 WRV unterzeichnet Durch sie bevollmachtigte er den Reichskanzler zum Reichskommissar fur Preussen und ermoglichte ihm die Amtsenthebung der geschaftsfuhrenden preussischen Regierung 14 Hindenburg uberliess Papen damit die Wahl des Zeitpunktes von der Vollmacht Gebrauch zu machen Papen wahlte dazu den 20 Juli Die dritte Moglichkeit die darin bestanden hatte abzuwarten und die geschaftsfuhrende Minderheitsregierung Preussens im Amt zu belassen und darauf zu vertrauen dass sie die Lage auch ohne parlamentarische Mehrheit in den Griff bekommen wurde zog Papen von vornherein nicht in Betracht Ablauf des Preussenschlages BearbeitenAm Mittwoch dem 20 Juli 1932 suchten um 10 Uhr auf Ersuchen Papens der stellvertretende Ministerprasident Heinrich Hirtsiefer statt des amtierenden aber erkrankten Otto Braun der Innenminister Carl Severing und dessen Kollege vom Finanzressort Otto Klepper Papen in der Reichskanzlei auf Papen gab den verfassungsmassigen Ministern den Inhalt der Hindenburg Verordnung zu seiner Einsetzung als Reichskommissar und die von ihm zu verfugende Absetzung der geschaftsfuhrenden Regierung bekannt Diese Absetzung sei erforderlich da so Papen die offentliche Sicherheit und Ordnung in Preussen nicht mehr gewahrleistet erscheine Mit sofortiger Wirkung wurde der Ausnahmezustand verhangt und die Reichswehr wurde zum Inhaber der vollziehenden Gewalt ernannt 15 Gegen diesen Staatsstreich verwahrten sich die Vertreter Preussens Preussen habe keine Pflicht aus Reichsverfassung und Reichsgesetzen verletzt sondern ebenso viel fur die Sicherheit getan wie andere Lander obgleich es die meisten und grossten Gefahrenzonen besitze Die Regierung Braun bestritt also die Verfassungsmassigkeit der Notverordnung Den Vorschlag Papens die Amtsgeschafte freiwillig abzugeben beantwortete Severing abschlagig Er weiche nur der Gewalt Otto Klepper berichtete ein Jahr spater in einem Aufsatz in der Exilzeitung Das neue Tagebuch dass er nach diesem Satz erhofft hatte Severing werde sich zur Wehr setzen zumal Papen und der ebenfalls anwesende Innenminister Wilhelm Freiherr von Gayl sehr unsicher gewirkt hatten 16 Ich schlug vor die Sitzung mit Papen fur eine Stunde zu unterbrechen um das weitere Vorgehen der preussischen Regierung zu besprechen und ging zu Tur Aber Severing erklarte er habe nichts mehr mit mir zu beraten und blieb sitzen Erst jetzt also nachdem gewiss war dass kein Widerstand bevorstand erhielt der Staatssekretar Planck den Auftrag das Reichswehrkommando in Marsch zu setzen 17 Daraufhin erteilte Reichswehrminister Kurt von Schleicher dem bereits geheim nach Berlin beorderten Hauptmann Vincenz Muller der eigentlich Kommandeur einer Einheit in Munchen war den Befehl die Preussische Polizeifuhrung zu entmachten Diese weigerten sich mit Verweis auf die Nichtzustandigkeit der Reichswehr Auf Zeit spielend forderten sie den ubergebenen Befehl textlich zu verandern 18 Die Federfuhrung und die Kontrolle dieser Ablaufe lagen eindeutig bei Kurt von Schleicher der hier gemeinsam mit Eugen Ott die analogen Schritte und zum Teil auch das fast deckungsgleiche Vorgehen in den einzelnen preussischen Regionen zur Entmachtung der Exekutive koordinierte Von langer Hand vorbereitet standen in den einzelnen Provinzen geheim angereiste Vertrauenspersonen von Papens und von Schleichers bereits zur Amterubernahme bereit Insofern trug diese Aktion den Charakter eines Staatsstreiches in sich 19 Nach Ende der Unterredung verliessen die preussischen Minister die Reichskanzlei Am Nachmittag des gleichen Tages liess sich Severing der uber eine Polizeimacht von 90 000 preussischen Polizeibeamten gebot von einer Delegation bestehend aus dem von Papen neu ernannten Polizeiprasidenten mit zwei Polizisten aus seinem Buro und Ministerium vertreiben Papen hatte bereits um 11 30 Uhr mit der Reichswehr damals noch in einer Starke von 100 000 Mann den militarischen Ausnahmezustand verhangt und besetzte nach dem Zuruckweichen der preussischen Regierung das preussische Innenministerium das Berliner Polizeiprasidium und die Zentrale der Schutzpolizei nbsp Polizei Vizeprasident Weiss rechts und der Kommandeur der Schutzpolizei Heimannsberg links die wahrend des Preussenschlags verhaftet wurden Das Foto wurde zu einem fruheren Zeitpunkt aufgenommen Der Berliner Polizeiprasident Albert Grzesinski sein Stellvertreter Bernhard Weiss und der Kommandeur der Schutzpolizei der zentrumsnahe Politiker Magnus Heimannsberg wurden wegen ihrer Weigerung sich dem Befehl der Reichswehrfuhrung zu unterwerfen um 17 00 Uhr in Arrest genommen 20 Erst nachdem sie sich per Unterschrift verpflichtet hatten keinerlei Amtshandlungen mehr vorzunehmen wurden sie am folgenden Tag freigelassen Unmittelbar nach der Absetzung der Landesregierung begann eine gross angelegte Sauberungsaktion Diese war bereits langfristig vorbereitet indem fur die in die eigene Hand zu nehmenden Amter ausgewahlte Vertrauenspersonen sich bereits am Ort des Handelns eingefunden hatten Zahlreiche Amtstrager die den bisherigen Koalitionsparteien angehorten vor allem der SPD wurden in den einstweiligen Ruhestand versetzt und durch konservative Beamte in der Mehrzahl Deutschnationale ersetzt In besonderer Weise richtete sich dieser Schritt neben dem Kabinett von Otto Braun gegen die sozialdemokratischen Ober und Regierungsprasidenten und fuhrenden Sozialdemokraten innerhalb der Polizeiorganisationen Nach dem Ruhestand folgten entweder dann mit dem Erlass vom 12 November 1932 die Entlassung oder die Abordnung in die Provinz Allein 69 Ministerialbeamte republikanischer Gesinnung wurden auf diesem Weg kaltgestellt Darunter neben Mitgliedern des Kabinetts Braun der Vize Oberprasident der Provinz Ostpreussen Carl Steinhoff der Landrat von Calau Carl Freter und weitere Doch das war nur der erste Schritt Noch am gleichen Tag stellten sich mehrere der deutschen Lander sofort auf die Seite Preussens So rief die bayerische Regierung am 20 Juli 1932 den Staatsgerichtshof an Baden folge mit dem gleichen Schritt am folgenden Tag Auch Wurttemberg legte sofort Rechtsverwahrung gegen die erlassenen Notverordnungen ein Hessen erganzte mit einem sofortigen personlichen Brief an den Reichsprasidenten 21 Hoch her und von Protesten und offener Kritik an von Papen gerichtet ging es auf der am 23 Juli 1932 stattfindenden Landerkonferenz in Stuttgart Die hier von den einzelnen Landesregierungen geausserten Einschatzungen zur Lage war vor allem von der Sorge getragen dass in den kommenden Tagen ein gleiches Procedere auch ihren Landern durch die Reichsregierung drohe 22 Diese Entwicklung zog sich bis weit in das Jahr 1933 hinein Mit den gezielten Eingriffen gegenuber der Polizei vor allem der Politischen Polizei wurde in Preussen ein wesentlicher Teil des Machtapparates bereits vor der Kanzlerschaft Adolf Hitlers von SPD und demokratischen Kraften bereinigt Kaum Widerstand gab es vor allem deshalb weil der SPD Vorstand schon am 16 Juli beschlossen hatte sich nicht mit den zur Verfugung stehenden Machtmitteln zu wehren um keinen Burgerkrieg heraufzubeschworen Mitglieder der ersten Kommissariatsregierung BearbeitenInneres und Stellvertreter des Reichskommissars und Reichskanzlers Papen Franz Bracht bisheriger Oberburgermeister von Essen Handel Friedrich Ernst Reichskommissar fur Bankenaufsicht im Kabinett von Heinrich Bruning Finanzen Franz Schleusener Staatssekretar im preussischen Finanzministerium Justiz Heinrich Holscher Staatssekretar im preussischen Justizministerium Kultus Aloys Lammers Staatssekretar im preussischen Kultusministerium Landwirtschaft Fritz Mussehl Ministerialdirektor im preussischen Landwirtschaftsministerium Volkswohlfahrt Adolf Scheidt Ministerialdirektor im preussischen WohlfahrtsministeriumSiehe auch Liste der Reichskommissare zur Fuhrung der Geschafte der preussischen Landesregierung 1932 und 1933Reaktion der preussischen Staatsregierung BearbeitenDie preussische Regierung lehnte es trotz ihrer vorherigen Beteuerungen ab auf die offiziell durch Staatsnotstand und Notverordnung begrundete Gewalt mit Gegengewalt zu reagieren Der Einsatz der preussischen Polizei und des Reichsbanners wurde abgelehnt Auch ein gewaltfreier Widerstand in Form eines Generalstreiks wurde verworfen weil dieser angesichts der Arbeitslosigkeit in der Weltwirtschaftskrise kaum durchsetzbar schien Ebenso wenig Aussicht auf Erfolg sah man in einem Aufruf zum zivilen Ungehorsam der Beamten Fur alle Falle eines offenen Widerstandes rechnete die Regierung mit dem Ausbruch eines Burgerkriegs vor allem im Rahmen des bewaffneten Zusammenstosses von Reichswehr und Landespolizei den man unter allen Umstanden vermeiden wollte Ausserdem hatte man den Rechtsweg noch nicht ausgeschopft Daher reichte die Regierung am 21 Juli 1932 zunachst einen Antrag auf eine einstweilige Verfugung und eine Verfassungsklage beim Staatsgerichtshof des Reichsgerichts ein Vertreten wurde sie dabei von Ministerialdirektor Arnold Brecht Der Antrag auf einstweilige Verfugung wurde am 25 Juli 1932 abgelehnt da das Gericht der endgultigen Entscheidung nicht vorgreifen wollte Goebbels notierte am 21 Juli in seinem Tagebuch Die Roten haben ihre grosse Stunde verpasst Die kommt nie wieder Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 25 Oktober 1932 Bearbeiten Hauptartikel Preussen contra Reich Der Staatsgerichtshof nannte in seinem Urteil in der Sache Preussen contra Reich vom 25 Oktober die Massnahmen des Reichskommissars Papen der juristisch von Carl Schmitt 23 Erwin Jacobi und Carl Bilfinger vertreten wurde zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit wegen des Staatsnotstandes teilweise rechtens jedoch behalte die Regierung Braun ihre staatsrechtliche Stellung gegenuber Landtag Reichstag Reichsrat und Reichsregierung Ihre Absetzung wurde als nicht gerechtfertigt betrachtet In der Zwischenzeit hatte Papens kommissarische Regierung die Spitzen von Verwaltungsapparat und Polizei bereits ausgetauscht Nach der Entscheidung des Reichsgerichts trat die nun staatsrechtlich rehabilitierte aber ihrer realen Macht beraubte Braun Regierung als sogenannte Hoheitsregierung wieder zu ihren wochentlichen Kabinettssitzungen zusammen Die tatsachliche Macht lag aber bei den Vertretern der Reichsexekution der Kommissarsregierung unter Franz Bracht Die Bestimmungen des Urteils des Reichsgerichts wurden von der Reichsregierung nicht beachtet Die befristete Tatigkeit der kommissarischen Verwaltung wurde nie beendet Die Offentlichkeit griff das Thema mit sarkastischen Wortspielen wie Brecht hat das Recht aber Bracht hat die Macht und Bracht bricht Brecht auf 24 Karl Dietrich Bracher bewertete das kompromisshafte 25 Urteil als eines von grotesker Zwiespaltigkeit da sein rechtlicher Teil fur den preussischen Standpunkt spreche wahrend sein politischer Grundtenor mit der Anerkennung des einmal Geschehenen dem staatsstreichformigen Belieben einer nur auf die Autoritat des Reichsprasidenten und die Machtmittel der Reichswehr gestutzten Regierung entgegenkam 26 Historische Bewertung der Ereignisse BearbeitenHagen Schulze fasste die Einschatzung der politischen Lage am 20 Juli 1932 seitens der preussischen Regierungsverantwortlichen Braun und Severing sowie der wichtigsten Vertreter der Eisernen Front des Bundnisses von SPD dem Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund ADGB und dem Reichsbanner Schwarz Rot Gold so zusammen dass jede realistische Uberlegung gegen ausserparlamentarische und ausserrechtliche Aktionen gesprochen habe Die preussische Polizei hatte sich gegen die Reichswehr nicht behaupten konnen auf die Unterstutzung durch nichtpreussische deutsche Lander ware nicht zu zahlen gewesen und ein Generalstreik ware in sich zusammengebrochen Schulze selbst urteilte in seiner Otto Braun Biographie dass jede grossere Widerstandsaktion Katastrophenpolitik gewesen ware Ein Generalstreik gar in Verbindung mit militarischen Unternehmungen der Polizei oder des Reichsbanners hatte im Zeichen des militarischen Ausnahmezustands mit aller Wahrscheinlichkeit zu einer Militardiktatur Schleichers gefuhrt vorausgesetzt dass SA und SS die Gelegenheit nicht genutzt hatten um durch einen Gewaltstreich ein nationalsozialistisches Regime zu etablieren und die ersehnte Nacht der langen Messer stattfinden zu lassen 27 Hans Mommsen sah im Vorgehen gegen Preussen einen mit verwaltungspolitischen Mittel vorangetragenen Klassenkampf von oben der auf einem Zusammenspiel zwischen hochkonservativer Kamarilla und Reichswehr mit den Nationalsozialisten beruhte 28 Der Parteienforscher Franz Walter kam 2007 zu der Einschatzung ein paar reaktionare Barone hatten lediglich einen halben Tag gebraucht um das politische Renommierwerk der Sozialdemokraten eben das republikanische Preussen zu zertrummern ohne dass die SPD diesem Treiben auch nur ansatzweise ernsthaft begegnete Es war wie immer Auf Kundgebungen der Partei wurden martialische Reden gehalten emporte Proteste bekundet scharf formulierte Resolutionen verabschiedet Das war es dann aber auch schon Im Sommer 1932 sei der Minderheit der Republikaner in Deutschland der Glaube an sich selbst unverkennbar verloren gegangen was Hitler den Machtantritt leicht gemacht habe 29 Heinrich August Winkler beurteilte die durch von Papen und von Schleicher vollzogene Aktion am 20 Juli 1932 in seiner umfassenden Arbeit uber die Geschichte der Weimarer Republik 1993 als einen Staatsstreich Sie war nach seinen Auffassungen nicht nur ein Schlag gegen die Republik sondern ein lang angelegter Schlag gegen den Foderalismus 30 Mehrere Jahre spater in einer speziellen Arbeit vom Juli 2022 beurteilt er die Chancen eines erfolgreichen Widerstands der republiktreuen Krafte gegen den Preussenschlag vom 20 Juli 1932 ahnlich skeptisch wie Hagen Schulze Die Ausgangslage fur einen Generalstreik ware 1932 eine ganzlich andere gewesen als bei jenem gegen den Kapp Putsch 1920 Da habe Vollbeschaftigung geherrscht wahrend man sich 1932 mit 5 6 Millionen Erwerbslosen auf dem Hohepunkt der Weltwirtschaftskrise befunden und fur Streikende der eigene Arbeitsplatz unmittelbar auf dem Spiel gestanden habe Dass die preussische Polizei sich gegen den gerade erst wiedergewahlten Reichsprasidenten Hindenburg hatte in den Kampf schicken lassen sei kaum vorstellbar Und auf kommunistische Unterstutzung fur die sozialdemokratische Regierung Braun sei schon gar nicht zu rechnen gewesen Aus Winklers Sicht war der Altonaer Blutsonntag am 17 Juli 1932 die letzte Gelegenheit fur die preussische Regierung den bereits geplanten aber noch nicht terminierten Staatsstreich vielleicht aufzuhalten Dazu hatte man auf die Hamburger Ereignisse die von rechts als Versagen gegen den linken Strassenterror angeprangert wurden entschlossen reagieren und dem Vorschlag des Berliner Polizeiprasidenten Grzesinski folgen sollen den Polizeiprasidenten von Altona sowie den zustandigen Regierungsprasidenten wegen Versagens im Amt sofort ihrer Posten zu entheben Die seit dem Verlust der parlamentarischen Mehrheit im April 1932 nur noch geschaftsfuhrend amtierenden Otto Braun der sich zudem selbst bereits beurlaubt hatte und Carl Severing hatten zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits weitgehend resigniert 31 Quellen BearbeitenPreussen contra Reich vor dem Staatsgerichtshof Stenogramm der Verhandlungen vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig vom 10 bis 14 und vom 17 Oktober 1932 J H W Dietz Berlin 1933 Zentrales Staatsarchiv Preussisches Geheimes Staatsarchiv Merseburg Rep 90a Abt B Tit III 2 b Nr 6 Band 181 und Band 182 1 bis 20 heute befinden sich diese Unterlagen im Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz in Berlin Dahlem Literatur BearbeitenJurgen Bay Der Preussenkonflikt 1932 33 Ein Kapitel aus der Verfassungsgeschichte der Weimarer Republik Erlangen 1965 zugleich Dissertation Universitat Erlangen Nurnberg 1965 Wolfgang Benz Imanuel Geiss Staatsstreich gegen Preussen 20 Juli 1932 Vorwort Johannes Rau Hrsg Minister fur Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein Westfalen Verlag Landeszentrale fur politische Bildung Dusseldorf 1983 Ludwig Biewer Der Preussenschlag vom 20 Juli 1932 Ursachen Ereignisse Folgen und Wertung In Blatter fur deutsche Landesgeschichte Jg 119 1983 ISSN 0006 4408 S 159 172 online Heribert Blaschke Das Ende des preussischen Staates Eine verfassungsrechtliche Untersuchung Waindinger Ensdorf Saar 1960 zugleich Dissertation Universitat des Saarlandes 1960 Karl Dietrich Bracher Die Auflosung der Weimarer Republik Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie Unveranderter mit einer Einleitung zur Taschenbuchausgabe und einer Erganzung zur Bibliographie versehener 2 Nachdruck der 5 Auflage 1971 Droste Dusseldorf 1984 ISBN 3 7700 0908 8 Arnold Brecht Die Auflosung der Weimarer Republik und die politische Wissenschaft In Zeitschrift fur Politik NF 2 Jg Heft 4 Dezember 1955 S 291 308 Ludwig Dierske War eine Abwehr des Preussenschlages vom 20 Juli 1932 moglich In Zeitschrift fur Politik 1970 Vol 17 3 S 197 245 Henning Grund Preussenschlag und Staatsgerichtshof im Jahre 1932 Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit Band 5 Nomos Baden Baden 1976 ISBN 3 7890 0209 7 zugleich Dissertation Universitat Gottingen 1976 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Preussenschlag Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wolfgang Scheuermann Peilicke Preussenschlag In Deutsches Historisches Museum Hrsg LeMO 22 Januar 2002 Verordnung des Reichsprasidenten betreffend die Wiederherstellung der offentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preussen vom 20 Juli 1932 und die Verordnung des Reichsprasidenten betreffend die Wiederherstellung der offentlichen Sicherheit und Ordnung in Gross Berlin und Provinz Brandenburg vom 20 Juli 1932 im Wortlaut bei 1000dokumente de PDF Franz Walter Putsch am 20 Juli 1932 Wie der Mythos Preussen zerschlagen wurde In Spiegel Online 19 Juli 2007 Einzelnachweise Bearbeiten Die Weimarer Republik Band 3 Kapitel 5 Nicht mehr online verfugbar In www blz bayern de Archiviert vom Original am 17 Marz 2016 abgerufen am 25 Marz 2016 zit nach Franz Albrecht 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Blatter fur deutsche Landesgeschichte Band 119 1983 S 159 172 hier S 169 Stefan Oeter Integration und Subsidiaritat im deutschen Bundesstaatsrecht Untersuchungen zu Bundesstaatstheorie unter dem Grundgesetz Mohr Siebeck 1998 ISBN 978 3 16 146885 8 books google com abgerufen am 25 Marz 2016 Karl Dietrich Bracher Schriften des Instituts fur Politische Wissenschaft Duncker amp Humblot 1955 books google com abgerufen am 25 Marz 2016 Hagen Schulze Otto Braun oder Preussens demokratische Sendung Eine Biographie Propylaen Frankfurt am Main u a 1977 S 753 f Hans Mommsen Die verspielte Freiheit Aufstieg und Untergang der Weimarer Republik Propylaenverlag Berlin 2019 S 611 Franz Walter Putsch am 20 Juli 1932 Wie der Mythos Preussen zerschlagen wurde Der Spiegel 19 Juli 2007 Abruf am 3 Oktober 2019 Heinrich August Winkler Weimar 1918 1933 Die Geschichte der ersten Deutschen Republik Verlag C H Beck Munchen 1993 S 503f Heinrich August Winkler Der andere 20 Juli Der Preussenschlag von 1932 Wie vor 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