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Das Lubecker Waisenhaus in der Altstadt von Lubeck wurde um 1546 gegrundet und gehort damit zu den altesten Waisenhausern in Deutschland Lubecker Waisenhaus von 1810 bis 1929Der Michaelis KonventIm WaisenhausIm WaisenhausLubecker Waisenkinder in Tracht um 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Geschichte 3 Inneres des Gebaudes vor der Auflosung 4 Waisenhauserziehung 5 Verweise 5 1 Literatur 5 2 Archive 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDas Waisenhaus das kurz nach der Zeit der Reformation in dem Jahr 1546 47 gegrundet wurde gehorte zu den altesten Anstalten dieser Art in Deutschland In Augsburg wurde ein solches 1572 in Hamburg 1597 in Frankfurt am Main 1647 gegrundet Veranlassung zu dieser Grundung war nach einer 1847 vom Verlag Gebruder Borchers in Lubeck aus Anlass des 300 jahrigen Bestehens erschienenen Schrift eine grosse Hungersnot im Winter 1546 47 1 Der vorhergehende Winter war so strenge dass man von Seeland nach Schonen zu Fuss uber das Eis gehen konnte war Ursache dass das Winterkorn in der Erde erfror und die Ernte uberaus schlecht ausfiel Da nun auch die aus der Fremde erwarteten Zufuhren bei der Verbreitung dieses Ungemachs uber alle benachbarten Lander ausblieben so entstand in Lubeck eine solche Teurung dass man bald weder Korn noch Brod anders als zu unmassigsten und fur die Armen ganz unerschwinglichen Preisen erhalten konnte Festschrift zum 300jahrigem Bestehen der Anstalt Die Chronisten berichten dass bereits um 3 Uhr in der fruh Hunderte die Backhauser besetzt hielten Die armere Klasse musste daher auf Gerste und Birkenrinde als Ersatz ausweichen Zu der Hungersnot in der Stadt hielt schweres Fieber Einzug Deren Auswirkungen waren verheerend So standen plotzlich zahlreiche vater und mutterlose Kinder auf den Strassen und offentlichen Platzen um zumeist erfolglos Brot zu erbetteln Geschichte BearbeitenDie Grundung der offentlichen Aufsicht unterstehender Privatwohltatigkeitsanstalt in Lubeck ging auf die Initiative angesehener menschenfreundlicher Burger zuruck Sie hielten beim Rat an ob dieser nicht fur die der Fursorger beraubten Kinder ein Lokal einstweilen zur Verfugung stellen konnte Dort konnte man die zusammengesuchten Kinder unterbringen und verpflegen Der Rat stellte ein in der Muhlenstrasse heute Nr 63 gelegenes Haus zur Verfugung Dieses Gasthaus wurde 1376 von Everhard Klingenberg gestiftet Es war dereinst fur Pilgrimme erschaffen und stand nachdem die Wallfahrten unterblieben leer Zu Vorstehern der Stiftung wurden vom Rat zwolf Burger erwahlt Davon waren je zwei aus den funf stadtischen Kirchspielen Von diesen zehn wurde ein verarmter Schiffskapitan nebst seiner Frau ersterer unter der Benennung eines Gastmeisters angestellt Zur Sicherstellung der Anstaltsokonomie wurde ihnen ein unverheirateter Lehrer zur Beteiligung beigestellt Der Beschluss der Vorsteherschaft unterlag bis zuletzt der Zustimmung des Senats und der Burgerschaft Da sie zu Beginn einzig auf die Mildtatigkeit einzelner Burger angewiesen war gestaltete sich der Erhalt der fur deren Vorsteher am Anfang schwierig Die segensreiche Wirksamkeit einer solchen Anstalt wusste jedoch schnell die Burger der Stadt zu uberzeugen und sie mit grosseren Liebesgaben Capitalien und Jahresrenten zu bedenken Als die erste derartige Gabe ist verzeichnet Anno 1551 Im Juny ys dene armen vader und moderlosen Kynderen togerefen 1 Hus in der Molenstraten utt selygen Klawes Wyttennsynem Testament ys ferkofft to Tobyas Attmer for 1300 CM Fundationsbuch des Waisenhauses Neben testamentarischen Verfugungen wurden der Stiftung bald auch andere Gaben zugewendet Anno 1553 den 23 November ys den armen Kynderen de Egendom des Brunsthavens gegefen welkes ys jarlyker Borynge 25 warvan se betteren end bewemotten ys an hovetstolle 500 CM Dytt ys geschenn von den samtlyken Naberenn nadem man den Staven wolde fargan latten also datt edt eyn Staven blyven salt alle Tyden Anno 1552 up Johannys ys den armen Kynderen gegeffen van den oldesten Frykkaryen der Kerken tom Dome en Hoffet Stolle ys 200 CM Anno 1558 den 19 im Apryl ys den armen Kynderen gegeffen worden dorch Gert van Booke Hans Wyttenn Hyndryk Tatendorp und Gert von Lotteren herkammende van jttlyken geborgenen Guderen wovan de summa ys 211 CM In den ersten zehn Jahren ihres Bestehens erwarb die Anstalt so einen fur jene Zeit sehr ansehnlichen Kapitalfonds von fast 5000 Courantmark Man ist dann darauf bedacht gewesen den Waisen ein eigenes Haus zu erwerben Das bevorzugte Objekt war die nur provisorisch eingeraumte Pilgerherberge Die Unterhandlungen zwischen den Vorstehern der Waisen und den Klingberg schen Erben scheiterten jedoch Nach mehreren vergeblichen Bemuhen war 1556 der Ankauf des Hinrich Schulten schen Brauhauses in der Rittergassen gegenuber der St Annenkirche abgeschlossen als jedoch der Rat durch einen Eilbeschluss den Waisen das an der Weberstrassenecke gegenuber der Aegidienkirche liegende Gebaude des bisherigen Michaelis oder Segeberg Konvents im heutigen Aegidienhof als neue Wohnung zuwies 1703 wurde der frisch gewahlte Ratsherr Gotthard Ploennies aus dem Rat entlassen weil er am Tag des Kinderfestes des Waisenhauses welches vor dem Muhlentor stattfand auf der Einhaltung der Torsperre bestand Das Wappen des Waisenhauses 2 und das Abzeichen der Zoglinge 3 das die Jungen in rot und die Madchen in blau trugen sind hierauf zuruckzufuhren Zwar schien die blau rote Tracht siehe nebenstehende um 1894 von Gotthardt Kuehl gemalte Gemalde der Zoglinge gegen Ende nicht mehr zeitgemass zu sein doch wurde sie bis zur Auflosung des Waisenhauses weiter getragen Der Weberstrasse gegenuber befindet sich neben der Kirche auch das Lubecker Logenhaus An diesem befindet sich ein Schild welches darauf verweist dass dort am 22 Marz 1663 August Hermann Francke dem spateren Grunder des Waisenhauses zu Halle das Licht der Welt erblickte Von 1557 bis 1810 diente der Konvent dem Zweck der Waisenpflege Mit dem Reichsdeputationshauptschluss wurde das Lubecker Domkapitel aufgelost und eine der freiwerdenden Kurien die an der Ecke Domkirchhof Fegefeuer gelegene ehemalige Kurie des Domdekans Dechaney Domkirchhof Nr 7 wurde 1805 als neuer Standort des Waisenhauses erworben Durch Erwerb der ehemaligen Kurtzrock schen Kurie an der Parade konnte das Grundstuck noch erweitert werden Von 1831 bis 1834 beherbergte das Haus nachdem die Zoglinge ins Bernstorff sche Haus am Koberg umquartiert waren ein Cholera Hospital Von den Vorsteherschaften wurden fur das Waisenhaus im Laufe der zeit mehrere Grundstucke erworben So besass die Anstalt seit 1708 entlang des Weges nach Stockelsdorf der heutigen Fackenburger Allee einen Garten In jenem lag ein Herrenhaus das dem Vorsteher zur Sommerlust diente Dem gegenuber bot die heutige Waisenallee den Zoglingen Platz bei ihrem Vogelschiessen dem spateren Waisenkinderfest Spater wurde das Fest im Schutzenhof dann im Konzerthaus Lubeck abgehalten Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde es nicht mehr gefeiert Vor dem Muhlentor besass das Waisenhaus Hopfenland Die Auflosung am 1 April 1929 sollte nur vorlaufig sein Das vorhandene Stiftungskapital wurde weiterhin verwaltet und sollte durch den Betrieb einer Jugendherberge dem Wohl der Jugend dienstbar gemacht werden Die Schuler des Internats waren auf die einzelnen Schulen verteilt Sie wurden entweder in Privatpflege untergebracht oder dem Kinderheimen An der Mauer und dem Wakenitzhof zugewiesen Das nun ehemalige Lubecker Waisenhaus wurde Jugendherberge und 1930 zum Haus der Jugend Mit Beginn des Dritten Reichs wurde es in Herbert Norkus Heim umbenannt und 1934 zusatzlich Sitz des HJ Banns 162 4 Ab 1936 hatte auch die Kreisjugendverwaltung der DAF sowie die Ortsgruppe Lubeck des Reichsverbands Deutscher Jugendherbergen hier ihre Buros 1938 zog noch die Abteilung Jugendpflege des Jugendamtes hinzu In der Nacht zum Palmsonntag 1942 wurde das Haus beim Luftangriff auf Lubeck vollkommen zerstort Ein schlichter Nachkriegsbau steht heute an seiner Stelle Er dient nach wie vor Aufgaben der Jugendhilfe Inneres des Gebaudes vor der Auflosung BearbeitenDer reine Klassizismus druckte sich in den das Portal einschliessenden Pfeilern aus Obwohl diese als zu schmachtig fur den machtig wirkenden Bau galten Lediglich der Rundbogen gab dem Gebaude noch eine vorklassizistische Note Durch das Portal gelangte man auf eine fliesenbelegte Diele von der man durch die Seitentur auf den Lindenumstandenen Spielplatz kam Vis a vis war das Sitzungszimmer mit den bis ins Jahr 1633 zuruckreichenden Familienwappen der Vorsteher Im unteren Stockwerk war ein grosser Saal der sowohl als Essraum Spielraum als auch Unterrichtszwecke genutzt wurde sowie zwei Klassenraume die gleichzeitig Tagesraume der Kinder waren Gotthardt Kuehl gab mit seinen um 1894 entstanden Bildern einen lebhaften Eindruck von ihnen Im ersten Stockwerk befanden sich die Wohnraume der Angestellten zwei weitere Klassenzimmer der Handarbeitsraum sowie die Krankenstuben Im 2 Stockwerk waren die Schlafraume Neuzeitliche eiserne Bettstellen boten eine bequeme Lagerstatte und die Wascheinrichtungen waren auf dem neusten Stand Waisenhauserziehung BearbeitenDie vielfach anerkannte Schule der Anstalt gab besonders den Madchen im Handarbeitsunterricht eine rein praktische Ausbildung So hatte die gesamte Wasche eigenstandig instand gehalten und erneuert zu werden Ein jedes von ihnen nahte zum Schluss seine Aussteuer zum Eintritt in den Beruf Verweise BearbeitenLiteratur Bearbeiten Charles Hornung Petit Das Lubecker Waisenhaus Kurzer Bericht uber seine Entstehung und Entwicklung bis auf die Gegenwart Lubeck 1918 Das Waisenhaus zu Lubeck 1546 1929 Umgestaltung der Anstalt In Vaterstadtische Blatter Nr 14 Jahrgang 1929 30 Ausgabe vom 14 April 1929 Das Waisenhaus zu Lubeck 1546 1929 Umgestaltung der Anstalt In Vaterstadtische Blatter Nr 15 Jahrgang 1929 30 Ausgabe vom 28 April 1929 An der Schwelle zum Klassizismus In Vaterstadtische Blatter Jahrgang 1919 20 Ausgabe vom 14 September 1919 Das Waisenhaus zu Lubeck In Vaterstadtische Blatter Nr 37 Jahrgang 1897 Ausgabe vom 19 September 1897 Hans Regkmann Lubeckische Chronik Vogelin Heidelberg 1620 David Friedrich Richter Das Waisenhaus zu Lubeck in seinem dreihundertjahrigen Bestehen Lubeck Rohden 1847 Johann Rudolph Becker Hrsg Umstandliche Geschichte der Kaiserl und des Heil Romischen Reichs freyen Stadt Lubeck 1782 1805 Lubecker Adressbuch des Jahres 1929 ff Friedrich Bruns Hugo Rahtgens Lutz Wilde Die Bau und Kunstdenkmaler der Hansestadt Lubeck Band I 2 Teil Rathaus und offentliche Gebaude der Stadt Max Schmidt Romhild Lubeck 1974 S 386 391 ISBN 9783795000349 Archive Bearbeiten Stadtarchiv der Hansestadt LubeckWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Lubecker Waisenhaus Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Anm Genau wie bei der Grundung herrschte auch bei der Aufhebung ein ungewohnlich strenger Winter Der heilige Michael Schutzpatron der Deutschen im Kampf mit dem Drachen Kreuz im Schild der Heiligen Die 162 war eine Reminiszenz an das letzte Lubecker Regiment Infanterie Regiment Lubeck 3 Hanseatisches Nr 162 53 862533 10 687545 Koordinaten 53 51 45 1 N 10 41 15 2 O Normdaten Korperschaft GND 3047827 3 lobid OGND AKS LCCN no2013055566 VIAF 135789791 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lubecker Waisenhaus amp oldid 238763050