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Dieser Artikel behandelt das Kirchspiel als Gattungsbegriff Zum gleichnamigen Ortsteil der Stadt Dulmen siehe Kirchspiel Dulmen zur gleichnamigen Region Kirchspiel Aargau Kirchspiel bezeichnet einen Pfarrbezirk Parochie in dem mehrere Ortschaften einer bestimmten Pfarrkirche und deren Pfarrer zugeordnet sind In einigen Regionen wie in den Herzogtumern Schleswig und Holstein oder in den Hansestadten Bremen und Hamburg war ein Kirchspiel zugleich Verwaltungsbezirk Gerichtsbezirk wie in Mittelhessen oder Bezirk fur das militarische Aufgebot Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Regionale Bedeutung in Deutschland 2 1 Bremen 2 2 Dithmarschen 2 3 Hamburg 2 4 Herzogtum Lauenburg Westmecklenburg 3 Regionale Bedeutung in den Niederlanden 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenNach dem Etymologischen Worterbuch der deutschen Sprache ist ein Kirchspiel ein Bezirk in dem ein Pfarrer predigen und die kirchlichen Amtspflichten ausuben darf 1 es bezeichnete ursprunglich einen Pfarrbezirk Parochie in dem mehrere Ortschaften einer bestimmten Pfarrkirche und deren Pfarrer zugeordnet sind 2 Das Wort Kirchspiel ging im 13 Jahrhundert vom rheinischen Nordwesten aus wo auch das niederlandische dingspel zur Bezeichnung eines Rechtsgebietes galt 1 Ding ist die kontinentalgermanische Lautung von Thing Mit dem zusammengesetzten Hauptwort Kirchspiel ist eigentlich ein Kirchenpredigtbezirk gemeint Im Grundwort steckt nicht Spiel sondern althochdeutsch spel bzw mittelhochdeutsch spel spil mit der Bedeutung Rede Verkundigung Erzahlung bzw im theologischen Kontext Predigt Das Grundwort spel ist auch im Wort Beispiel enthalten 3 Im Prinzip So weit die Rede reicht In der altfriesischen Sprache lautete das Wort kerspel in Westfriesland in der Variante karspel z B Bovenkarspel und Hoogkarspel 1 Regionale Bedeutung in Deutschland BearbeitenBremen Bearbeiten In der Demokratisierung der Freien Hansestadt Bremen hatten die vier Kirchspiele des 15 und 17 Jahrhunderts benannt und eingeteilt nach vier damaligen Hauptkirchen der Stadt vor allem als Stadt bzw Verwaltungsbezirke eine massgebliche Funktion sie waren die Wahlbezirke der unterprivilegierten Handwerker und Burger die den Aufstand der 104 Manner 1530 1532 gegen Burgermeister Bremer Rat Kaufmannschaft insbesondere der Elterleute und Domkapitel der Stadt betrieben Die 104 waren jeweils viermal 26 Handwerker und Burger aus den einzelnen Kirchspielen Frustriert durch kleptokratische Verhaltensweisen der Stadtoberen und motiviert durch die sich seit 1517 ausbreitende Reformation bildeten sie eine erste de facto parlamentarische Vertretung der Bremer Burger Nach parlamentarischen rechtlichen kirchlichen und gewaltsamen Auseinandersetzungen die Tote forderten und zeitweilig die Vertreibung von verschiedenen Oberschichtsangehorigen aus der Stadt zur Folge hatten aber die Burger der Stadt auch spalteten wurde die Revolte 1532 niedergeschlagen Die Stadtoberen versprachen eine Reform des Stadtrechtes einschneidende Reformen zugunsten der Burger gab es aber erst ab 1816 nach der Bremer Franzosenzeit und die Radelsfuhrer wurden zum Teil unter konstruierten Vorwurfen verfolgt enteignet vertrieben oder auch hingerichtet Im Nachhinein werden die 104 als die erste Bremer Burgerschaft so der heutige Name des Bremer Parlaments betrachtet Wahrend des Aufstandes sturmten die 104 auch den Bremer Dom der seine Kirchspielfunktion im Jahrhundert davor abgab vertrieben das ebenfalls an der weltlichen Herrschaft beteiligte Domkapitel und setzten durch dass nur noch evangelisch und deutsch gepredigt wurde wodurch der Reformation in der Stadt enorm Vorschub geleistet wurde denn bereits zwei Jahre nach Niederschlagung des Aufstandes bekam Bremen 1534 eine neue kirchliche Verfassung 4 Dithmarschen Bearbeiten In der Bauernrepublik Dithmarschen bildeten die Kirchspiele unabhangige Einheiten Das erste Kirchspiel entstand im Pfarrbezirk Meldorf Sie bildeten nicht nur den Einzugsbereich der Pfarrkirche sondern waren zugleich Verwaltungsbereiche Sie wurden von einem Kollegium aus zwolf Grossbauern den Schlutern regiert Zur Zeit ihrer grossten Machtfulle um 1350 waren sie zustandig fur Deichwesen die Gerichtsgewalt Feuerpolizei Heeresaufgebot sowie den Abschluss von Vertragen mit auswartigen Machten Aus ihnen wurden spater die Kirchspielslandgemeinden gebildet noch heute tragen zwei Amter dort die Bezeichnung Amt Kirchspielslandgemeinde Mehrere Kirchspiele bildeten eine Dofft die einem Vogt unterstand Dieser fuhrte jahrlich eine Heerschau durch und fuhrte das bewaffnete Aufgebot im Konflikt 5 Hamburg Bearbeiten nbsp Kirchspiele der funf Hauptkirchen auf einem Stadtplan von 1827In Hamburg hatten die Kirchspiele der zunachst vier spater funf Hamburger Hauptkirchen seit der Reformation neben den traditionellen Aufgaben in der Armen und Krankenfursorge zunehmend politische und verwaltende Funktionen ubernommen Die Einwohner der Kirchspiele wahlten Vertreter in verschiedene Kollegien die an der Gesetzgebung mitwirkten uber die Einhaltung der Gesetze wachten ein Beschwerderecht gegenuber dem Rat bzw Senat besassen und Ratsherren anklagen konnten An der Spitze dieser Gremien stand das Kollegium der Oberalten je drei Alteste pro Kirchspiel die durch Zuwahl weiterer Diakone und Subdiakone zum Kollegium der 60er bzw 180er erganzt wurden Nach der Verfassung von 1860 wurden diese Kollegien aufgelost bzw durch die gewahlte Burgerschaft abgelost Lediglich das Kollegium der Oberalten besteht bis heute als ehrenamtlicher Stiftungsvorstand des Hospitals zum Heiligen Geist 6 Herzogtum Lauenburg Westmecklenburg Bearbeiten Fur den Kreis Herzogtum Lauenburg und Westmecklenburg gibt das Ratzeburger Zehntregister einen Uberblick uber die Parochialgemeinden um 1230 samt den dort eingepfarrten Dorfern Regionale Bedeutung in den Niederlanden BearbeitenEbenso wie im nordlichen Rheinland wurden die Pfarrbezirke in den mittelalterlichen Niederlanden faktisch identisch mit den Richteramtsbezirken und bildeten alsdann Teile der unteren Verwaltungsebene Die Festlegung der Kirchspielbegrenzungen datiert meistens aus dem 11 oder 12 Jahrhundert Fur die sakulare Verwaltungsaufgaben wurde in der Regel ein Kirchspielmeister kerspelmeester angestellt Nach der Reformation wurden die Kirchspiele in protestantische Pfarrbezirke mit amtlicher Funktion umgewandelt bis sie ab der Batavische Revolution im Jahre 1795 lediglich als Gemeinde gemeente angedeutet wurden In Nordholland und Friesland befinden sich noch mehrere Gemeinde und Orte mit karspel oder kerspel im Ortsnamen Siehe auch BearbeitenFilialkirche Sprengel UrpfarreiLiteratur BearbeitenKirchspiel In Jacob Grimm Wilhelm Grimm Deutsches Worterbuch Bd 11 K Kyrie eleison Sp 823 827 woerterbuchnetz de Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Kirchspiel Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Suche nach Kirchspiel im Online Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin Preussischer Kulturbesitz Achtung Die Datenbasis hat sich geandert bitte Ergebnis uberprufen und SBB 1 setzen Einzelnachweise Bearbeiten a b c Friedrich Kluge Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache De Gruyter Berlin New York 1975 Lemma Kirchspiel Fritz Bolle Knaurs Lexikon Droemer Munchen 1956 Lemma Kirchspiel Duden Das Herkunftsworterbuch Etymologie der deutschen Sprache Mannheim 2007 Lemmata Kirchspiel und Beispiel Herbert Schwarzwalder Geschichte der Freien Hansestadt Bremen Band I Edition Temmen Bremen 1995 ISBN 3 86108 283 7 S 184 206 Klaus Joachim Lorenzen Schmidt Ortwin Pelc Hrsg Das neue Schleswig Holstein Lexikon Wachholtz Neumunster 2006 Lemma Kirchspiel Vgl Burgerliche Kollegien und Kirchspiele in Franklin Kopitzsch Daniel Tilgner Hrsg Hamburg Lexikon Ellert amp Richter Hamburg 2010 S 120 und 390 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchspiel amp oldid 234863804