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Die Judische Gemeinde in Talheim im Landkreis Heilbronn in Baden Wurttemberg entstand 1778 nachdem zuvor nur vereinzelt Juden in Talheim gelebt hatten durch die Aufnahme einiger judischer Familien im westlichen Teil des Talheimer Oberschlosses das dadurch als Judenschloss bekannt wurde Die Talheimer Juden bildeten ab 1849 eine selbstandige Gemeinde sie hatten eine eigene Synagoge und von 1857 bis zum Ersten Weltkrieg auch ein eigenes Schulhaus Die Gemeinde wurde im Zuge der Judenverfolgung wahrend der Zeit des Nationalsozialismus ausgeloscht Die baufallige Synagoge ist 1952 eingesturzt und wurde wenig spater abgerissen Das Talheimer Judenschloss Der westliche Teil des Oberen Schlosses der ab 1778 von Juden bewohnt war Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Fruhe Erwahnung von Juden in Talheim 1 2 Juden im Talheimer Judenschloss 1 3 Rabbinatszugehorigkeit 1 4 Israelitische Volksschule 1 5 Niedergang der Gemeinde 1 6 Zeit des Nationalsozialismus 1 7 Ausloschung der Gemeinde 1 8 Nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Synagoge 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenFruhe Erwahnung von Juden in Talheim Bearbeiten Juden in Talheim wurden erstmals im spaten 15 Jahrhundert erwahnt Vermutlich waren es Juden die zuvor aus Heilbronn ausgewiesen worden waren und nun als Schutzjuden des Deutschen Ordens oder des ortlichen Adels in Talheim lebten da sich 1491 ein Talheimer Jude wegen des Verbleibs seines Heilbronner Besitzes an den Rat der Stadt Heilbronn wandte Einzelne Juden sind auch in spaterer Zeit nachgewiesen so in den Jahren 1514 und 1525 26 In der Talheimer Dorfordnung von 1599 gibt es ein Verbot bei Juden etwas zu leihen Allerdings ist unbekannt ob damals uberhaupt noch Juden in Talheim lebten In der Zeit nach dem Dreissigjahrigen Krieg gab es keine Juden in Talheim Im fruhen 18 Jahrhundert gibt es dann wieder Hinweise auf einzelne Juden in Talheim 1729 erteilte der Vogt von Flein seinen Untertanen ein Verbot des Viehhandels mit Juden aus Talheim und Sontheim 1736 hatte Reichsfreiherr von Gemmingen in seinem Teil des Talheimer Schlosses einen Juden aufgenommen Juden im Talheimer Judenschloss Bearbeiten nbsp Heutiges Ausseres des Schmidberg schen Schlosses Judenschloss nbsp An der Burgmauer stand das Wasch Back und Bethaus spater die SynagogeDer westliche Teil des Talheimer Oberschlosses war als wurttembergisches Lehen im Besitz der Familie von Schmidberg gewesen die 1777 ausstarb und das Schloss in baufalligem Zustand hinterliess Da es weder gelang die Schmidbergschen Erben zur Instandsetzung zu verpflichten noch einen neuen Pachter fur das Lehen zu finden bot der Oberamtmann Volz in Lauffen das Schloss vier judischen Familien zur Pacht an die zuvor in der Burg Horkheim gelebt hatten wo es mit dem dortigen Schutzherren Kriegsrat von Buhl immer wieder zu Streitigkeiten gekommen war Den vier Familien folgten binnen kurzem weitere zwei Familien und zwei Witwen die kunftig im Judenschloss in Talheim wohnten Die ersten judischen Pachter waren die Familien von Manasse Hirsch Samuel Isaak Hirsch Manasse Lazarus Mayer Max Lazarus und eines Synagogendieners sowie die Witwen des Nathan und des Susskind Kahn Der Umzug der Juden sorgte fur weitere Streitigkeiten da der Horkheimer Schutzherr von Buhl das ihm entgangene Schutzgeld von uber 3000 Gulden und weitere Ausgleichszahlungen einforderte Seine Witwe fuhrte den Streit auch uber seinen Tod 1792 hinaus fort sie forderte noch 1798 insgesamt 2150 Gulden und behauptete die Juden seien heimlich aus der Burg entwichen 1 Bei den Talheimer Juden handelte es sich wohl uberwiegend um jungere Familienmitglieder wahrend die Elterngeneration in Horkheim geblieben war Die frisch angesiedelte Gemeinde richtete das baufallige Schloss wieder her Bei der Renovierung erhielt das Dach seine heutige abgewalmte Form einer Pyramide 1792 gestattete die herzoglich wurttembergische Regierung den Talheimer Juden im Hof des Schlosses ein Back und Waschhaus zu errichten dessen Oberstock als Betraum vorgesehen war Am Vorabend der Einweihung des Gebaudes kam es am 3 Januar 1793 zum Affront mit dem Deutschen Orden und den ritterschaftlichen Ganerben die zwar kein Mitbestimmungsrecht im wurttembergischen Teil des Schlosses aber gemeinsamen Besitz am Dorf Talheim hatten und in dem Betraum eine von ihnen nicht genehmigte Synagoge sahen Der Deutsche Orden liess Kult und Einrichtungsgegenstande darunter verschiedene Vorhange Betstuhle Kronleuchter und den Opferstock beschlagnahmen und untersagte die Benutzung des Raumes Wegen dieses von den Juden als Landfriedensbruch betrachteten Vorgehens des Deutschen Ordens kam es zu einem zehnjahrigen Rechtsstreit zwischen dem Orden Wurttemberg und dem Ganerben Christoph von Gemmingen Das Eingreifen des Deutschen Ordens ist weniger als judenfeindlicher Akt denn als Machtprobe des Ordens mit Wurttemberg zu verstehen Der Ordens Amtmann gab an wenn man ihn zuvor gefragt hatte hatte er auch drei Synagogen erlaubt 2 Vorerst durfte der Betraum jedoch nicht benutzt werden Erst 1803 erfolgte die Ruckgabe der beschlagnahmten Kultgegenstande und auch das Abhalten von Gottesdiensten wurde erlaubt Die Zahl der Juden in Talheim betrug um das Jahr 1800 rund 50 Personen Diese bemuhten sich bereits ab 1797 darum das Schloss erwerben zu konnen doch scheiterte dieser Wunsch zunachst noch am geltenden Verbot des Gutererwerbs das erst 1807 fiel Seitdem Talheim 1806 ganz an das Konigreich Wurttemberg gekommen war konnten sich Juden auch ausserhalb des Schlosses niederlassen 1816 erwarb der Jude Aaron Salomon die Halfte des heutigen Gasthauses Ratskeller beim Rathaus aus ehemals Gemmingenschem Besitz 1821 erwarb die judische Gemeinde schliesslich den wurttembergischen Schlossteil bestehend aus Schmidbergschem Schlosschen mit Turm Schneck und Brunnen Bet Wasch und Backhaus sowie einem unterhalb stehenden Wohnhaus mit Garten fur 1910 Gulden 3 Nach 1822 erwarben Talheimer Juden weitere Hauser und Guter aus burgerlicher Hand Auch wenn sich Juden in Talheim damals schon ausserhalb der Burg niederliessen wurden sie vor 1828 nicht zur burgerlichen Gemeinde gezahlt vielmehr hatte der judische Gemeindevorsteher eine Stellung ahnlich dem Schultheissen in wurttembergischen Dorfgemeinden 4 Bis zum wurttembergischen Gesetz in Betreff der offentlichen Verhaltnisse der israelitischen Glaubensgenossen vom 25 April 1828 war Juden in Wurttemberg die Ausubung von akademischen und handwerklichen Berufen verboten Nach diesem ersten wurttembergischen Gleichstellungsgesetz wurde ein Berufsfindungsprogramm aufgelegt in dessen Folge Talheimer Juden zumeist Handwerksberufe erlernten die auch Handelsmoglichkeiten eroffneten wie Metzger und Viehhandler Schneider und Stoffhandler oder Schuster und Schuhhandler Weitere Gesetze zur Freizugigkeit und Gewerbefreiheit nach 1850 insbesondere das Gleichstellungsgesetz von 1864 brachten den wurttembergischen Juden nach und nach die vollen Burgerrechte fuhrten jedoch auch zum allmahlichen Niedergang der Landgemeinden da sich Juden wieder in Stadten niederlassen konnten wo es infolge der einsetzenden Industrialisierung vielfaltigere Verdienstmoglichkeiten gab Rabbinatszugehorigkeit Bearbeiten nbsp Bis 1843 war der judische Friedhof in Affaltrach auch Begrabnisstatte der Talheimer JudenIn den ersten Jahren wurden die Talheimer Juden von einem Rabbiner aus Freudental betreut eine behelfsmassige Synagoge war wohl in einem der Wohnraume des Schlossgebaudes eingerichtet Von 1832 bis 1849 war die israelitische Religionsgemeinschaft Talheim Filiale der israelitischen Religionsgemeinschaft Sontheim und erhielt einen Rabbiner aus dem damaligen Rabbinatssitz Lehrensteinsfeld In jener Zeit erfolgte 1836 eine bauliche Erweiterung des Bet Wasch und Backhauses das danach auch formlich als Synagoge bezeichnet wurde 1843 wurde bei Sontheim fur die Gemeinde Sontheim und ihre Filialen in Talheim und Horkheim der Judische Friedhof Sontheim angelegt zuvor wurden die Toten dieser Gemeinde noch auf dem judischen Friedhof Affaltrach beerdigt Am 23 August 1849 wurde die judische Gemeinde in Talheim zur selbststandigen israelitischen Kultusgemeinde erhoben 1867 erweiterte man die Synagoge nochmals baulich doch nahm die Gemeindegrosse die 1860 noch 122 Personen bei einer Gesamteinwohnerzahl Talheims von rund 1400 Personen betragen hatte durch die Abwanderung von Juden in die Stadte sowie die Auswanderung vornehmlich nach Amerika zu jener Zeit bereits ab 5 Israelitische Volksschule Bearbeiten nbsp Ehemaliges judisches Schulhaus in TalheimDie judischen Kinder besuchten in der fruhen Zeit der Gemeinde noch keine Schule Nach dem Gleichstellungsgesetz von 1828 besuchten 13 judische Kinder zeitweilig die evangelische Schule doch schon 1833 wurden die meisten judischen Kinder von einem Privatlehrer unterrichtet 1836 richtete die Gemeinde schliesslich eine israelitische Volksschule mit staatlich gepruftem Lehrer ein 1857 erwarb die Gemeinde das Haus an der Langen Gasse 5 das als Schulhaus mit Lehrerwohnung genutzt wurde 1861 hatte die Schule 31 Schuler doch aufgrund der abnehmenden Gemeindegrosse und der haufig wechselnden Lehrer konnte sich keine gute Bildungsarbeit entwickeln Ein Visitationsbericht vom 23 April 1885 bescheinigt der Schule einen ganz schlechten Zustand Obwohl nachfolgende Lehrer darunter Theodor Rothschild 6 wieder mittelmassige bis gute Beurteilungen erzielten wurde die Schule wahrend des Ersten Weltkrieges aufgelost woraufhin die judischen Schuler wieder die evangelische Volksschule besuchten Niedergang der Gemeinde Bearbeiten Zur Ab und Auswanderung kam in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts eine allmahliche Uberalterung Verarmung und Verschuldung der Gemeinde Von 1854 bis 1900 wanderten insgesamt 50 Talheimer Juden zumeist Jugendliche und jungere Familien nach Amerika aus wahrend die Alteren zumeist in Talheim blieben Die Schliessung der israelitischen Volksschule im Jahr 1914 hatte auch darin eine Ursache dass zeitweise nur noch ein Kind pro Jahr eingeschult worden war 1913 zahlte die Gemeinde noch 77 Personen Im Ersten Weltkrieg nahmen Talheimer Juden und Christen gemeinsam an Kampfen teil Unter den Gefallenen aus Talheim war mit Moritz Hirschfeld auch ein Jude Ein anderer Talheimer Jude Louis Menasse erhielt verschiedene Kriegsauszeichnungen Der judische Lehrer Straus sprach regelmassig bei Gefallenengedenkfeiern am Talheimer Kriegerdenkmal In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Gemeinde wieder einen bescheidenen Aufschwung wohl auch dadurch dass sie von dem judischen Fabrikanten Siegfried Levi auf Burg Stettenfels finanziell unterstutzt wurde der u a die Renovierung der Synagoge um 1930 teilweise finanzierte Dennoch blieb die Uberalterung der Gemeinde bestehen 1928 wurde das vorerst letzte Kind in der Gemeinde geboren danach uber zehn Jahre keines mehr 1932 zahlte die Gemeinde 87 Personen Fur die Zeit vor 1933 sind fur Talheim keine antisemitischen Vorfalle belegt 7 vielmehr berichten ortsgeschichtliche Quellen von einem guten Verhaltnis zwischen Juden und Christen das insbesondere durch den gemeinsamen Schulbesuch und die gemeinsam erlittene Notzeit des Ersten Weltkriegs entstanden war Die Talheimer Juden nahmen am offentlichen Leben teil und waren auch Mitglieder in ortlichen Vereinen wie dem Schutzen und dem Gesangverein Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Die nationalsozialistische Hetze ab 1933 zeigte vorerst nicht die beabsichtigte Wirkung auf das Verhalten der Burger vielmehr sind Falle passiven Widerstands von Talheimer Burgern gegen die Judenverfolgung bekannt 8 So trieb man weiterhin Geschafte miteinander und nahm auch wenig Anstoss am ortsbekannten Verhaltnis eines evangelischen Lehrers zu einer jungeren Judin das erst spater durch einen Denunzianten einer Dienststelle zugetragen wurde Judenfeindliche Massnahmen wurden zumeist von aussen angefacht Nach der Verkundung der Nurnberger Gesetze kam es 1936 zu judenfeindlichen Aktionen von Hitlerjungen aus Lauffen am Neckar 1937 wurde der so genannte Judenpranger in Talheim eingerichtet Dabei handelte es sich um eine Anschlagtafel vor dem Ratskeller auf der mit Juden verkehrende Talheimer denunziert wurden So sollten Kontakte zwischen Juden und dem Rest der Bevolkerung unterbunden werden Die Denunziationen trafen selbst ortliche Parteigenossen die sich bislang wenig judenfeindlich verhalten hatten Ein Talheimer SA Mann soll beispielsweise seine Dienststiefel bei einer judischen Schuhhandlerin gekauft haben derselbe Vorwurf wurde Ende 1937 auch gegen den stellvertretenden Burgermeister erhoben 9 Im selben Jahr hetzte die Schwabische Tageszeitung gegen die Talheimer Judengemeinde 10 von der bis November 1938 bereits 23 Personen uberwiegend in die USA auswanderten Ausserdem wurde 1938 die israelitische Gemeinde als Religionsgemeinschaft aufgehoben sie hatte kunftig nur noch den Status eines Vereins In der Reichspogromnacht vom 9 auf den 10 November 1938 kam es zunachst zu keinen Ausschreitungen in Talheim doch wurden am 10 November die meisten mannlichen Talheimer Juden von der Gestapo vorubergehend verhaftet und in der darauffolgenden Nacht vom 10 auf den 11 November 1938 suchten SA Manner aus Sontheim und Lauffen die Burg mit der Synagoge sowie die Wohnhauser von Juden im Ort heim demolierten die Gebaude und misshandelten die Bewohner Die auswartigen Schlagertrupps hatten gute Kenntnisse uber die personlichen Verhaltnisse der Talheimer Juden in der Literatur wird die Beteiligung ortlicher Nationalsozialisten an den Ausschreitungen fur moglich gehalten 11 Die geschandete Synagoge entging wohl nur aufgrund des sie umgebenden wertvollen historischen Baubestands des Oberschlosses der Brandstiftung Turen und Fenster waren zerschlagen und Lichtleitungen aus den Wanden gerissen Die Inneneinrichtung wurde auf den Kelterplatz geschafft und dort verbrannt 12 In den Tagen nach dem Pogrom kam es noch vereinzelt zu weiteren Ausschreitungen insbesondere von Talheimer Jugendlichen Bis Herbst 1939 wanderten weitere 15 Gemeindemitglieder aus Wie wahrend der Auswanderung des 19 Jahrhunderts waren die Auswanderer meist junge Leute wahrend die Alten da blieben Bereits 1938 gab es in der Gemeinde keine Kinder mehr da das 1928 geborene Madchen mit seinen Eltern emigriert war 1940 wurde nochmals ein Kind geboren Durch die Verordnung zur Wiederherstellung des Strassenbildes bei judischen Gewerbebetrieben nach der Reichspogromnacht waren die Talheimer Juden gezwungen die durch die gegen sie gerichteten Ausschreitungen entstandenen Schaden selbst zu bezahlen Im Januar 1939 wurde die judische Gemeinde zum Verkauf der Synagoge des Schulhauses und eines Baumstucks beim Schloss an die Gemeinde Talheim gedrangt wofur ihnen 600 RM auf die Forderung von 1000 RM zur Wiederherstellung der beschadigten Gebaude angerechnet wurden Zur Sicherung der restlichen Forderung wurde ausserdem das Bankguthaben der judischen Gemeinde eingezogen Der Kaufvertrag wurde erst 1941 durch einen Landrat genehmigt doch verlangte dieser eine Nachbesserung des Kaufpreises auf 2500 RM wahrend er die Aufwendung zur Behebung der Pogromschaden auf 1100 RM bezifferte Die Vertretung der Juden in Stuttgart klagte daraufhin vergeblich auf Ruckerstattung des eingezogenen Bankguthabens nebst Zinsen Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland in die die Talheimer Gemeinde seit 27 Mai 1941 eingegliedert war klagte auf Nachzahlung von 1400 RM aus dem erhohten Kaufpreis 1942 erging zwar noch eine Weisung des wurttembergischen Innenministers Jonathan Schmid zur jahrlichen Zahlung von 100 RM durch die Gemeinde Talheim an die Reichsvereinigung doch kam es wohl auch wegen der inzwischen begonnenen Deportation deutscher Juden zu keinerlei Zahlungen mehr 13 Ausloschung der Gemeinde Bearbeiten Als Betraum fungierte seit der Zerstorung der Synagoge ein Nebenraum im Gasthaus Lowen Im Mai 1939 begann die Zusammenlegung der verbliebenen Judenfamilien in wenige Wohnungen In der Synagoge wurden ab 1940 Kriegsgefangene und Fremdarbeiter einquartiert 1940 41 wurde die judische Gemeinde zum Bau der Strasse von Flein auf den Haigern zwangsverpflichtet die im Volksmund Judenstrasse genannt wurde Im Mai 1941 mussten die Talheimer Juden ihren Grundbesitz zwangsweise veraussern ausserdem wurden sie abermals auf weniger Wohnungen konzentriert wobei auch die Betstube im Lowen geraumt werden musste Von Dezember 1941 bis Dezember 1942 wurden die letzten in Talheim verbliebenen Juden in drei Deportationstransporten in verschiedene Konzentrationslager verschleppt Die Deportationen erfolgten per Kleinbahn oder Lastwagen nach Heilbronn von dort aus mit Guterwagen zum Stuttgarter Hauptbahnhof und weiter mit Fahrzeugen in ein Sammellager auf dem Killesberg wo Sammeltransporte zu den Vernichtungslagern im Osten zusammengestellt wurden Der Weg der Opfer der ersten Deportation vom Dezember 1941 fuhrte zumeist ins KZ Jungfernhof bei Riga die Deportierten des zweiten Transports vom Mai 1942 kamen in die Konzentrationslager Theresienstadt Izbica und Auschwitz das Ziel der letzten Deportierten vom Dezember 1942 ist unbekannt Vor Beginn der Deportationen war bereits eine Person ins KZ Buchenau verschleppt worden und dort zu Tode gekommen im Zuge der Deportationen wurden mindestens 31 weitere Talheimer Juden ermordet 14 Die Immobilien der Deportierten fielen an den Staat der einige der Gebaude an die Gemeinde Talheim vermietete einige wenige spater auch verkaufte Den Deportationen folgte jeweils im Abstand von wenigen Tagen im Auftrag des Finanzamtes Heilbronn die Versteigerung des zuruckgelassenen beweglichen judischen Besitzes Zumeist kamen Mobel und Hausstand zum Ausruf aber auch landwirtschaftliche Produktionsmaschinen Nachdem die Talheimer Bevolkerung den ersten Versteigerungen im Dezember 1941 eher skeptisch gegenuberstand wurde die Ankundigung zur nachsten Versteigerung im Juni 1942 mit der Anmerkung versehen dass diese Gegenstande die im Eigentum des Reichs sich befinden unbedenklich von jedem Partei und Volksgenossen erworben werden konnen 15 Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten nbsp Der Judische Friedhof Sontheim der von den Talheimer Juden mitgenutzt wurde Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte keiner der uberlebenden oder ausgewanderten Juden nach Talheim zuruck Das Kontrollratsgesetz 59 vom 10 November 1947 regelte die Ruckerstattung des judischen Eigentums Da nur Gegenstande von einem Wert von uber 1000 RM meldepflichtig waren in Talheim jedoch keine wertvollen Gegenstande aus den Versteigerungen der Jahre 1941 und 1942 hervorgegangen waren erstreckten sich die Ruckerstattungsanspruche in Talheim lediglich auf die judischen Grundstucke und Hauser die sich grosstenteils noch in Staatseigentum unter Verwaltung des wurttembergisch badischen Finanzministeriums befanden und in allen Fallen an die Besitzer oder ihre Erben unter zusatzlicher Zahlung von Nutzungsentschadigungen zuruckgegeben wurden Nach der Ruckerstattung der judischen Wohnhauser und Grundstucke wurden diese durch die Eigentumer bis auf ein Gebaude rasch an Talheimer Burger weiterveraussert Von Seiten judischer Burger die ihre Immobilien noch selbst vor der Auswanderung verkauft hatten wurden an die neuen Besitzer nur geringe Wertausgleichsforderungen gestellt 16 17 Das judische Schulhaus und die inzwischen baufallige Synagoge kamen von der Gemeinde Talheim an die JRSO die als Nachfolgeorganisation aller aufgeloster judischer Organisationen fungierte Fur die Nutzung von Schule und Synagoge hatte die Gemeinde Talheim 350 DM Entschadigung zu zahlen Die JRSO verausserte das Schulgebaude umgehend an einen Talheimer Landwirt und ubergab die Synagoge der Israelitischen Kultusvereinigung Wurttemberg und Hohenzollern in Stuttgart 18 Die Aufarbeitung der Geschichte der judischen Gemeinde von Talheim war ein Pilotprojekt in Baden Wurttemberg Der Talheimer Hauptlehrer Theobald Nebel konnte unter Mithilfe der Israelitischen Kultusvereinigung Wurttemberg und Hohenzollern der Hilfsstelle fur Rassenverfolgte bei der evangelischen Gesellschaft in Stuttgart des Archivdirektors Paul Sauer des Vorsitzenden der Kommission fur geschichtliche Landeskunde in Baden Wurttemberg Max Miller und mehrerer uberlebender Gemeindemitglieder bereits 1962 eine umfassende Schrift uber die Geschichte der Gemeinde vorlegen Die grundlegende Arbeit der Archivdirektion in Stuttgart zur Geschichte der judischen Gemeinden in Wurttemberg und Hohenzollern verfasst von Paul Sauer unter abermaliger Mitarbeit Nebels erschien erst vier Jahre spater 19 Synagoge Bearbeiten nbsp Platz der einstigen Synagoge mit Gedenktafeln an der inzwischen restaurierten Burgmauer des Talheimer OberschlossesDie Synagoge geht auf das 1792 errichtete Bet Wasch und Backhaus im Innenhof des Oberschlosses zuruck Ursprunglich hatte das giebelstandig zum Hof stehende Gebaude eine Breite von sechs Metern und eine Tiefe von sieben Metern Als ruckseitige Giebelwand nutzte man die historische Burgmauer durch die ein schrag zu einer alten Pechnase fuhrender Kamin gebrochen wurde 1836 wurde das Gebaude um etwa 2 50 Meter nach Westen verbreitert und erhielt im Westen und Norden des Obergeschosses eine Empore Durch diesen Umbau wurde auch eine Erhohung des Dachstuhls notig Im Obergeschoss befand sich kunftig die Synagoge im Untergeschoss eine Mikwe und eine Talmudschule mit Lehrerwohnung Die Mikwe wurde aus dem historischen Burgbrunnen gespeist 1863 wurde das Gebaude nochmals vergrossert indem man die einst innen befindlichen Treppen entfernte und an die westliche Aussenseite zwischen Synagoge und dem Schneck genannten Burgturm ein Treppenhaus anbaute Um 1930 wurde das Gebaude neu verputzt und wohl auch im Inneren renoviert In der Nacht nach dem Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge demoliert und die Inneneinrichtung auf dem Kelterplatz verbrannt 20 Im Januar 1939 gelangte das Gebaude in den Besitz der Gemeinde Talheim Ab April 1940 waren Kriegsgefangene in dem Gebaude untergebracht die Zwangsarbeit in den Talheimer Steinbruchen leisteten Die Gemeinde Talheim bot das Gebaude einem der Steinbruchbesitzer fur 1500 RM zum Kauf an doch wurde man sich nicht handelseinig Spater waren in dem Gebaude sowjetische Kriegsgefangene einquartiert Nach dem Krieg wurde das Gebaude abgedeckt da man die Ziegel zum Ausbessern anderer kriegsbeschadigter Dacher benotigte Dadurch verfiel das Gebaude zusehends 1949 wurde die Synagoge an die Israelitische Kultusvereinigung Wurttemberg und Hohenzollern in Stuttgart zuruckerstattet Nach einem Unwetter sturzten am 28 Marz 1952 der Oberstock und der Dachstuhl der Synagoge in sich zusammen lediglich die Grundmauern des Untergeschosses und des Treppenhauses hielten dem Einsturz stand Am 21 Mai 1952 kam die Ruine wie alle nicht mehr benutzten Synagogen des Landes in den Besitz des Landes Wurttemberg das die Beseitigung der Uberreste veranlasste 21 Bis 1980 waren an der Burgmauer noch Reste vom Verputz und der durch die Mauer fuhrende Kamin der Synagoge zu erkennen Danach wurde die Burgmauer in ihrem ursprunglichen Zustand vor Errichtung der Synagoge restauriert und an der Stelle der Synagoge eine Gedenktafel fur die Synagoge und die ehemaligen judischen Mitburger enthullt 2006 wurden an der Stelle der Synagoge von der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde Talheims zwei weitere Gedenktafeln enthullt 22 nbsp Historische Ansicht Schloss mit dem Dach der Synagoge links am Turm nbsp Historische Ansicht Links vom Schloss am Rundturm ist das Dach der Synagoge zu sehen Literatur BearbeitenTheobald Nebel Die Geschichte der judischen Gemeinde in Talheim Ein Beispiel fur das Schicksal des Judentums in Wurttemberg Gemeinde Talheim und Landkreis Heilbronn Talheim 1962 Theobald Nebel und Siegfried Daschler Seiler Die Geschichte der judischen Gemeinde in Talheim Ein Beispiel fur das Schicksal des Judentums in Wurttemberg 2 neubearbeitete Auflage Gemeinde Talheim Talheim 1990 Wolfram Angerbauer Hans Georg Frank Judische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn Geschichte Schicksale Dokumente Landkreis Heilbronn Heilbronn 1986 Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn Band 1 Paul Sauer Die judischen Gemeinden in Wurttemberg und Hohenzollern Denkmale Geschichte Schicksale Kohlhammer Stuttgart 1966 Veroffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden Wurttemberg Band 18 Weblinks BearbeitenJudische Gemeinde Talheim bei alemannia judaica de Mit Talheim verknupfte Eintrage in The Central Database of Shoah Victims Names Yad Vashem Mahnung gegen Rechts Talheim im nationalsozialistischen Deutschland 1933 1945 Memento vom 9 September 2006 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Lehnskammerbericht vom 11 Oktober 1798 Staatsarchiv Ludwigsburg B 109a Bu 22 zitiert nach Nebel Daschler Seiler Die Geschichte der judischen Gemeinde in Talheim 2 Auflage Talheim 1990 S 27 nach Angerbauer Frank 1986 S 232 ebenso in Nebel Daschler Seiler 1990 S 30 Angerbauer Frank Seite 232 Sauer 1966 S 174 Nebel Daschler Seiler 1990 S 41 ff Bauern Burger Gotterdammerung Memento vom 18 Dezember 2013 im Internet Archive auf Mahnung gegen Rechts abgerufen am 25 Dezember 2010 Ubereinstimmende Aussagen daruber sowohl bei Sauer 1966 S 175 als auch bei Angerbauer Frank 1986 S 234 und Nebel Daschler Seiler 1990 S 64 Nebel Daschler Seiler Die Geschichte der judischen Gemeinde in Talheim 2 Auflage Talheim 1990 S 70ff Nebel Daschler Seiler 1990 S 70ff Schwabische Tageszeitung vom 6 7 Dezember 1937 25 Jahrgang Nr 285 Sauer 1966 S 175 Nebel Daschler Seiler 1990 S 73 ff Nebel Daschler Seiler 1990 S 80 f Nebel Daschler Seiler 1990 S 101 ff dort zusammengestellt nach Familienregister der Israeliten Bd I des Burgermeisteramts Talheim den Bekanntmachungen der Gemeinde Talheim uber die Versteigerungen judischen Eigentums 1941 und 1942 sowie Aussagen der Bevolkerung erganzt durch Angaben in Veroffentlichungen von Paul Sauer Anschlag vom 2 Juni 1942 zitiert nach Nebel Daschler Seiler 1990 Nebel Daschler Seiler 1990 S 91 und 95ff In der amerikanischen Besatzungszone regelte das Gesetz Nr 59 vom 10 November 1947 die Ruckerstattung und Entschadigung von Opfern der nationalsozialistischen Unterdruckungsmassnahmen Demnach konnten judische Burger die ihre Immobilien unter Zwang verkauft hatten diese gegen Erstattung des damaligen Verkaufspreises von den Neueigentumern zuruckfordern Davon konnten emigrierte judische Burger jedoch haufig dann keinen Gebrauch machen wenn sie ihr Vermogen verloren hatten und uber die notwendigen Finanzmittel nicht verfugten Die Schwierigkeit langjahrige Verfahren uber mehrere Gerichtsinstanzen gegen ruckgabeunwillige Neueigentumer aus dem Ausland zu fuhren und zu finanzieren kam hinzu Die Zustimmung zu Vergleichen die die unter nationalsozialistischen Unterdruckungsmassnahmen erfolgten Eigentumsubertragungen gegen Ausgleichszahlungen rechtsstaatlich festschrieben war daher fur viele ohne Alternative Umfassendere Informationen zur allgemeinen Rechtslage Jurgen Lillteicher Die Ruckerstattung judischen Eigentums in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg Eine Studie uber Verfolgungserfahrung Rechtsstaatlichkeit und Vergangenheitspolitik 1945 1971 Dissertation 2003 Es ist unbekannt ob die fehlende Rechtsgrundlage zur Ruckubertragung von Immobilien bis November 1947 und die dann gultigen Bestimmungen und Verfahrensdauern im Fall emigrierter judischer Burger aus Talheim deren Nichtruckkehrentscheidung beeinflussten Nebel Daschler Seiler 1990 S 92ff Nebel Daschler Seiler 1990 S 11 Nebel Daschler Seiler 1990 S 41ff Nebel Daschler Seiler 1990 S 92ff Sabine Friedrich Schicksale der ermordeten Juden In Heilbronner Stimme vom 8 November 2006Ehemalige judische Gemeinden in Stadt und Landkreis Heilbronn Affaltrach Babstadt Bad Rappenau Bad Wimpfen Berwangen Biberach Bonfeld Eppingen Eschenau Gemmingen Grombach Gundelsheim Heilbronn Heinsheim Horkheim Ittlingen Kochendorf Korb Lehrensteinsfeld Massenbach Massenbachhausen Muhlbach Neckarsulm Neudenau Obergimpern Ohringen Oedheim Olnhausen Richen Schluchtern Siegelsbach Sontheim Stebbach Stein am Kocher Talheim Wollenberg Zaberfeld nbsp Dieser Artikel wurde am 1 Dezember 2008 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Talheim amp oldid 205869926