www.wikidata.de-de.nina.az
Friedrich Wilhelm I 20 August 1802 in Schloss Philippsruhe bei Hanau 6 Januar 1875 in Prag war der letzte Kurfurst und Landesherr des Kurfurstentums Hessen aus dem Haus Hessen Kurfurst Friedrich Wilhelm Landgraf von Hessen Kassel Inhaltsverzeichnis 1 Jugend 2 Familie 3 Regierung 3 1 Regentschaft 3 2 Kurfurst 4 Exil und Tod 5 Ahnentafel 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseJugend BearbeitenFriedrich Wilhelm I war der Sohn des Landgrafen und Kurfursten Wilhelm II 1777 1847 und der Prinzessin Auguste von Preussen 1780 1841 Tochter von Konig Friedrich Wilhelm II Er war mit den meisten deutschen Herrscherhausern eng verwandt und unter anderem mutterlicherseits Cousin der preussischen Konige Friedrich Wilhelm IV und Wilhelm I sowie des niederlandischen Konigs Wilhelm II Die Ehe seiner Eltern war politisch zustande gekommen von Anfang an durch heftige Auseinandersetzungen gekennzeichnet und bald zerruttet Nach der Geburt der jungsten Tochter 1806 lebten die Gatten getrennt was 1815 durch einen zunachst geheimen Trennungsvertrag besiegelt wurde Der Kurfurst lebte mit seiner Geliebten und spateren zweiten Ehefrau der Grafin Emilie von Reichenbach Lessonitz zusammen die Kurfurstin bezog Schloss Schonfeld bei Kassel Um die Kurfurstin bildete sich ein zum Kurfursten oppositioneller Zirkel benannt nach dem Wohnsitz der Kurfurstin als Schonfelder Kreis dem neben Kurfurstin und Kurprinz auch der spater fuhrende Minister Ludwig Hassenpflug die Bruder Grimm und andere Intellektuelle angehorten Das Verhaltnis zwischen Friedrich Wilhelm und seinem Vater war so lange Zeit gestort Dazu trug auch bei dass der Kurprinz keine standesgemasse Ehe schloss was aber wohl auch zum Teil durch den Streit der Eltern verhindert wurde Erst kurz vor der Revolution von 1830 naherten Vater und Sohn sich einander wieder an Familie BearbeitenUm die Familienverhaltnisse des Kurprinzen stand es nach den Massstaben des 19 Jahrhunderts nicht zum Besten In seiner Studienzeit in Bonn hatte er die mit einem preussischen Leutnant verheiratete Gertrude Lehmann kennengelernt die Scheidung von ihrem Mann erreicht und sie im August 1831 geheiratet Sie war burgerlich und damit nicht standesgemass und als Geschiedene als Frau eines Thronfolgers inakzeptabel Nach seinem Regierungsantritt erhob er sie zur Grafin von Schaumburg und spater zur Furstin von Hanau Aus dieser morganatischen Ehe gingen hervor siehe auch Fursten von Hanau Augusta 1829 1887 Alexandrine 1830 1871 Friedrich Wilhelm 1832 1889 Moritz 1 Furst von Hanau 1834 1889 Wilhelm 2 Furst von Hanau 1836 1902 Maria 1839 1917 sie erhielt spater den Titel Prinzessin von Ardeck Karl 3 Furst von Hanau 1840 1905 Heinrich 4 Furst von Hanau 1842 1917 Philipp 1844 1914 Die Kinder waren nach dem hessischen Hausgesetz nicht nachfolgefahig fur das Fideikommissvermogen aber erbberechtigt fur das Privatvermogen Das Streben Friedrich Wilhelms richtete sich deshalb darauf dieses Privatvermogen um jeden Preis zu vermehren auch auf Kosten offentlicher Gelder oder seiner Aufgaben als Landesherr So kam es z B 1852 zu einer Regierungskrise weil der Kurfurst von der den Ausbau der Bahnstrecke Frankfurt Hanau der Frankfurt Hanauer Eisenbahn Gesellschaft in Richtung Kahl bzw Aschaffenburg finanzierenden Hanauer Bank Bernus du Fay ein Schmiergeld in Hohe von 100 000 Talern erwartete bevor er die entsprechende Konzession unterzeichnete Der leitende Minister Ludwig Hassenpflug bot daraufhin seinen Rucktritt an der Kurfurst verweigerte ihm aber die Demission 1 So wissen selbst wohlgesinnte Biographen von Friedrich Wilhelm kaum Positives zu berichten Auch von Zeitgenossen wird er als zogerlicher egozentrischer Autokrat beschrieben Das Wohl des Landes oder das seiner Untertanen waren keine Faktoren die Einfluss auf sein Handeln ausubten Regierung Bearbeiten nbsp Friedrich Wilhelm I Kurfurst von Hessen 1862Friedrich Wilhelm I neigte zu Arroganz und Selbstuberschatzung war von seinem Gottesgnadentum und dem monarchischen Prinzip bedingungslos uberzeugt und intellektuell trotz all der dem widersprechenden Ereignisse seiner Regierungszeit daruber auch nicht zu kritischer Reflexion fahig An den Aufgaben eines Landesherrn zeigte er kein Interesse dafur aber umso mehr an seinem furstlichen Status und den mit dieser Position verbundenen Privilegien Regentschaft Bearbeiten Im Zuge der Revolution von 1830 konzentrierte sich der Volkszorn unter anderem auf die Geliebte des Kurfursten Wilhelm II der ein schlechter Einfluss auf den Regenten nachgesagt wurde Im 19 Jahrhundert verstiess diese Liaison gegen die moralischen Massstabe des inzwischen in diesen Fragen fuhrenden Burgertums des Tragers der Revolution Wilhelm II sah sich letztlich vor die Wahl gestellt die Geliebte zu verlassen oder abzudanken Er wahlte die letzte Alternative wenn auch etwas kaschiert indem er den Kurprinzen Friedrich Wilhelm am 30 September 1831 zum Mitregenten ernannte faktisch jedoch keine Regierungsgeschafte mehr wahrnahm und sich ins benachbarte Frankfurt am Main ins Exil begab Friedrich Wilhelm regierte so zunachst von 1831 bis 1847 als Prinzregent und erst nach dem Tod seines Vaters 1847 bis zur preussischen Okkupation Kurhessens 1866 als Kurfurst Seine nach den Massstaben des 19 Jahrhunderts unstandesgemasse Ehe schwachte von Anfang an seinen Ruckhalt im Ausland seine reaktionare politische Haltung den Ruckhalt im eigenen Land Seit Antritt der Regentschaft versuchte er die nach damaligen Massstaben sehr liberale kurhessische Verfassung von 1831 wieder zu beseitigen Als Regent aber wagte er es nicht die Verfassung auch rechtlich anzutasten verfolgte vielmehr eine antiliberale monarchisch legitimistische Politik die dem Geist der Verfassung zuwiderlief Kurfurst Bearbeiten nbsp Die zweite Kurhessische Verfassung vom 13 April 1852 nbsp 1 Taler aus dem Jahr 1855Als regierender Landesherr trug Friedrich Wilhelm I den Titel Kurfurst und souveraner Landgraf von Hessen Grossherzog von Fulda Furst zu Hanau Hersfeld Fritzlar und Isenburg Graf zu Catzenelnbogen Dietz Ziegenhain Nidda und Schaumburg etc Jetzt als Kurfurst ging er auch offensiv gegen die Verfassung von 1831 vor Er berief den reaktionaren Ludwig Hassenpflug als leitenden Minister Dieser liess den Konflikt mit den Standen insbesondere hinsichtlich der Bewilligung von Steuern soweit eskalieren dass die Regierung handlungsunfahig wurde Als das Regieren uber Notverordnungen daran scheiterte dass diese wegen Verfassungswidrigkeit weder von Verwaltung noch den Gerichten und sogar noch nicht einmal dem Militar anerkannt wurden veranlasste er eine Intervention des Deutschen Bunds Bayrische und osterreichische Truppen von der Bevolkerung Strafbayern genannt besetzten das Land und erzwangen uber Einquartierungen den Gehorsam von Verwaltung und Gerichten Die Massnahmen gipfelten darin dass Kurhessen durch den Deutschen Bund 1851 eine neue sehr viel weniger liberale Verfassung oktroyiert wurde Erst 1862 wurde die alte Verfassung aufgrund ausseren Druckes wieder in Kraft gesetzt Diese Haltung machte den Kurfursten bei der eigenen Bevolkerung verhasst So wird etwa folgender Spottvers kolportiert 2 Vivat hoch die Republik Unsern Kurfurst ham wir dick Weil er sich so schlecht betragen woll n wir ihn zum Teufel jagen Am 20 August 1852 seinem 50 Geburtstag befand sich der Kurfurst mit der Eisenbahn auf der Ruckreise von Paris nach Deutschland Bei Commercy war der von ihm genutzte Zug in einen Eisenbahnunfall verwickelt Der Kurfurst musste 90 Minuten zu Fuss im Regen laufen um sich in Sicherheit zu bringen 3 Friedrich Wilhelm wurde bei der preussischen Besetzung Kassels im Preussisch Osterreichischen Krieg 1866 in seiner Residenz gefangen genommen und am 23 Juni als Staatsgefangener nach Stettin gebracht Er liess in Kurhessen einen auf denselben Tag datierten Scheidegruss plakatieren in dem er seine Beamten aufforderte fortan den neuen Herren zu dienen Nach dem Prager Frieden und der definitiven Annexion Kurhessens durch Preussen wurde zwischen letzterem und dem Kurfursten am 17 September 1866 in Stettin ein Vertrag abgeschlossen in dem Friedrich Wilhelm ohne jedoch auf seine Hoheitsrechte definitiv zu verzichten gegen eine finanzielle Abfindung seine Untertanen von ihren Pflichten ihm gegenuber entband Die extreme Unbeliebtheit des Kurfursten bei den Untertanen fuhrten dazu dass die Annexion des Kurfurstentums durch Preussen in Hessen allgemein begrusst und der ins bohmisch osterreichische Exil entschwundene ehemalige Landesherr kaum vermisst wurde Exil und Tod Bearbeiten nbsp Exilsitz Schloss Horovice Bohmen nbsp Grab Friedrich Wilhelms I auf dem Altstadter Friedhof Kassel Friedrich Wilhelm lebte bis zu seinem Tod auf seinen bohmischen Gutern Schloss Horovice und seinem Stadtpalais in Prag Er verfasste im Exil eine Denkschrift zu den Ereignissen von 1866 Sie beginnt mit den Worten Zwei Jahre sind verstrichen seitdem eine blutige Katastrophe die Umwalzung der deutschen Verhaltnisse herbeigefuhrt hat welche uber die Rechte von Kronen und Volkerschaften gleichmassig hinwegschreitend im Dienste dynastischer Selbstsucht das gemeinsame Vaterland zerriss die organischen Triebe einer tausendjahrigen Entwicklung abschnitt und Gebilde an ihre Stelle setzte deren Lebensfahigkeit und Uebereinstimmung mit den Wunschen und Interessen der Nation wohl am allerwenigsten von den eigenen Schopfern wird behauptet werden wollen Noch liegt die Zukunft hinter dunklem Schleier und nur dessen ist jeder Denkende sich bewusst dass noch unsagliches Elend noch heillose Wirrniss Deutschland ja ganz Europa bevorsteht ehe die Saat von 1866 beseitigt oder was Gott verhuten wolle zu Bluthe und Frucht gediehen sein wird 4 Friedrich Wilhelm starb am 6 Januar 1875 in Prag Er wurde in seiner ehemaligen Residenzstadt Kassel auf der Erbbegrabnisstatte des Hauses Hessen neben der Lutherkirche beigesetzt Fideikommiss und Anwartschaft auf den Thron fielen an die Nebenlinie Hessen Rumpenheim da die Kinder Friedrich Wilhelms nicht aus einer ebenburtigen ehelichen Verbindung stammten und damit nach dem Hausgesetz nicht nachfolgeberechtigt waren Ahnentafel BearbeitenAhnentafel des Kurfursten Friedrich Wilhelm I von Hessen KasselUrgrosseltern Landgraf Friedrich II 1720 1785 Prinzessin Maria von Grossbritannien 1723 1772 Konig Friedrich V von Danemark und Norwegen 1723 1766 Konigin Louise von Danemark und Norwegen 1724 1751 Prinz August Wilhelm von Preussen 1722 1758 Prinzessin Luise Amalie von Braunschweig Wolfenbuttel 1722 1780 Landgraf Ludwig IX von Hessen Darmstadt 1719 1790 Pfalzgrafin Henriette Karoline von Pfalz Zweibrucken 1721 1774 Grosseltern Kurfurst Wilhelm I 1743 1821 Prinzessin Wilhelmine Karoline von Danemark und Norwegen 1747 1820 Konig Friedrich Wilhelm II von Preussen 1744 1797 Konigin Friederike von Preussen 1751 1805 Eltern Kurfurst Wilhelm II 1777 1847 Prinzessin Auguste von Preussen 1780 1841 Friedrich Wilhelm I Siehe auch BearbeitenStammliste des Hauses Hanau HoroviceLiteratur BearbeitenGerd Fenner Ewald Grothe Marianne Heinz Heidrun Helwig Kurfurstin Auguste von Hessen 1789 1841 in ihrer Zeit Bruder Grimm Gesellschaft e V Kassel 1995 Ewald Grothe Kurfurstin Auguste von Hessen Kassel und der Schonfelder Kreis In Bernd Heidenreich Hrsg Furstenhof und Gelehrtenrepublik Hessische Lebenslaufe des 18 Jahrhunderts Hessische Landeszentrale fur politische Bildung Wiesbaden 1997 S 53 60 Ewald Grothe Friedrich Wilhelm I In Kassel Lexikon Hrsg von der Stadt Kassel Bd 1 euregio Verlag Kassel 2009 S 193 f Rudiger Ham Bundesintervention und Verfassungsrevision Der Deutsche Bund und die kurhessische Verfassungsfrage 1850 52 Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission fur Hessen Darmstadt Marburg 2004 ISBN 3 88443 092 0 Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 138 Walter Heinemeyer Friedrich Wilhelm In Neue Deutsche Biographie NDB Band 5 Duncker amp Humblot Berlin 1961 ISBN 3 428 00186 9 S 509 f Digitalisat Friedrich Wilhelm von Hessen Denkschrift Sr Koniglichen Hoheit des Kurfursten Friedrich Wilhelm I von Hessen betreffend die Auflosung des Deutschen Bundes und die Usurpation des Kurfurstenthums durch die Krone Preussen Prag 1868 Google Buchsuche Michel Huberty L Allemagne dynastique Les 15 familles qui ont fait l empire Bd 1 Hesse Reuss Saxe Le Perreux sur Marne 1976 ISBN 2 901138 01 2 Philipp Losch Der letzte deutsche Kurfurst Friedrich Wilhelm I von Hessen Marburg 1937 Karl Wippermann Friedrich Wilhelm In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 7 Duncker amp Humblot Leipzig 1877 S 528 535 Der Letzte seines Stammes In Die Gartenlaube 1866 Heft 44 S 692 696 Zwei Philosophen in ihrer Einsamkeit In Die Gartenlaube Heft 21 1867 S 335 336 Volltext Wikisource Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Frederick William Elector of Hesse Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Hessische Hausstiftung Schloss Fasanerie Grabstatte von Friedrich Wilhelm I in Kassel nahe der Lutherkirche Hessen Friedrich Wilhelm I Kurfurst von Hessische Biografie Stand 6 Januar 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Ham S 435 f Robert Noll von der Nahmer Bismarcks Reptilienfonds Mainz 1968 S 39 Losch S 89 Friedrich Wilhelm von Hessen Denkschrift VorgangerAmtNachfolgerWilhelm II Kurfurst von Hessen 1847 1866Konigreich PreussenNormdaten Person GND 118703250 lobid OGND AKS VIAF 5725465 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Friedrich Wilhelm I KURZBESCHREIBUNG letzter Kurfurst und souveraner Landgraf von Hessen KasselGEBURTSDATUM 20 August 1802GEBURTSORT Schloss Philippsruhe bei HanauSTERBEDATUM 6 Januar 1875STERBEORT Prag Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedrich Wilhelm I Hessen Kassel amp oldid 238612816