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Eine Spinalanasthesie von lateinisch spinalis zu Wirbelsaule Ruckenmark gehorig und von Anasthesie oder Lumbalanasthesie von lateinisch lumbalis zur Lende gehorig ist eine ruckenmarknahe Form der Regionalanasthesie Durch die Injektion eines Lokalanasthetikums und gegebenenfalls weiterer Medikamente in den Hirnwasserraum Subarachnoidalraum in Hohe der Lendenwirbelsaule wird die Signalubermittlung in den vom Ruckenmark ausgehenden Nerven gehemmt Dadurch wird eine zeitweilige umkehrbare Blockade des sympathischen Nervensystems der Sensibilitat und der Motorik der unteren Korperhalfte erreicht Mogliche Nebenwirkungen sind Kreislaufschwankungen Ubelkeit sowie Rucken und postpunktionelle Kopfschmerzen die in den Tagen nach dem Verfahren auftreten konnen Schwerwiegende Komplikationen ruckenmarksnahe Blutergusse oder Infektionen Nervenschaden sind selten Die Ende des 19 Jahrhunderts in die klinische Praxis vor allem von August Bier und Theodore Tuffier 1857 1929 1 nicht ohne Vorlaufer in Amerika eingefuhrte Methode verlor mit den Fortschritten im Bereich der Narkose Allgemeinanasthesie an Bedeutung Im 20 Jahrhundert fuhrten Erkenntnisse uber die Vorteile der Regionalanasthesie bei bestimmten Patientengruppen zu einer Renaissance dieser Technik Als ein Standardverfahren der Anasthesie findet die Spinalanasthesie heute Anwendung bei einer Vielzahl von Operationen am Unterbauch im Becken der unteren Extremitat sowie in der Geburtshilfe und stellt bei diesen Eingriffen eine Alternative zu anderen ruckenmarksnahen Regionalverfahren wie der unter anderem lumbal im Lendelwirbel bzw Lumbalbereich und thorakal im Brustwirbelbereich durchfuhrbaren Periduralanasthesie Synonym Epiduralanasthesie und zur Narkose dar Durchfuhrung einer Spinalanasthesie am sitzenden PatientenInhaltsverzeichnis 1 Ubersicht uber das Verfahren 1 1 Anatomische Grundlagen und Prinzip der Spinalanasthesie 1 2 Abgrenzung zu anderen Verfahren 1 3 Varianten 1 4 Determinanten der Ausbreitungshohe 1 5 Verwendete Pharmaka 2 Indikationen und Gegenanzeigen 2 1 Anwendungsgebiete 2 2 Gegenanzeigen 3 Ablauf 3 1 Vorbereitung 3 2 Durchfuhrung 4 Nebenwirkungen und Komplikationen 4 1 Kreislaufstorungen 4 2 Postspinaler Kopfschmerz 4 3 Neurologische Komplikationen 4 4 Blutungen 4 5 Infektionen 4 6 Weitere Nebenwirkungen 5 Geschichtliche Aspekte 6 Literatur 7 EinzelnachweiseUbersicht uber das Verfahren BearbeitenAnatomische Grundlagen und Prinzip der Spinalanasthesie Bearbeiten nbsp Prinzip der Durchfuhrung einer Spinalanasthesie waagrechter Querschnitt Transversalebene Die Wirbelsaule des Menschen besteht aus 24 Wirbeln die die mechanische Stabilitat der Korperachse gewahrleisten Diese sind durch feste Bander verbunden und bestehen jeweils aus einem Wirbelkorper einem Wirbelbogen der das Ruckenmark 1 in der Abbildung und seine Haute umgibt sowie zwei Quer und einem Dornfortsatz an der ruckenwarts gerichteten dorsalen Seite Zwischen den Wirbeln treten Spinalnerven aus die den Korper segmental innervieren und so Motorik und Sensibilitat ermoglichen und daruber hinaus auch Fasern des vegetativen Nervensystems fuhren Als Bestandteil des zentralen Nervensystems ist das Ruckenmark von den Hirnhauten umgeben Von innen nach aussen sind dies die weiche Hirnhaut Pia mater die direkt dem Ruckenmark aufliegt die Spinnenhaut Arachnoidea und als aussere Begrenzung die harte Ruckenmarkshaut Dura mater Zwischen Pia mater und Arachnoidea liegt der Hirnwasserraum Subarachnoidalraum Liquorraum in dem das Hirnwasser Liquor cerebrospinalis zirkuliert nbsp Prinzip der Durchfuhrung einer Spinalanasthesie senkrechter Querschnitt in der Korpermitte Sagittalebene Dieser Liquorraum wird bei der Spinalanasthesie mit einer dunnen Kanule punktiert wobei die Nadel die Haut den Bandapparat zwischen den Dornfortsatzen der Wirbel Ligamentum supraspinale Ligamentum interspinale Ligamentum flavum den mit Fettgewebe und Gefassen gefullten ausserhalb der Hirnhaute liegenden Peri oder Epiduralraum 3 der Abbildung die Dura und die Arachnoidea durchdringt und mit der Spitze im Liquorraum 2 der Abbildung zu liegen kommt Dort hinein intrathekal werden Lokalanasthetika injiziert die auf Vorder und Hinterwurzel der Spinalnerven einwirken und deren Fahigkeit zur Ubertragung von Nervenimpulsen zeitlich begrenzt aufheben Wahrend der Entwicklung des Menschen wachst die Wirbelsaule schneller als das Ruckenmark so dass das Ruckenmark beim Erwachsenen auf Hohe des ersten zweiten Lendenwirbels im Conus medullaris endet die zugehorigen Spinalnerven aber weiter fusswarts kaudal ziehen und aus dem Ruckenmarkskanal austreten Sie bilden dabei den Pferdeschweif Cauda equina Dieser Umstand erlaubt eine Punktion in Hohe der mittleren Lendenwirbel ohne Verletzung des Ruckenmarks 2 Abgrenzung zu anderen Verfahren Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung von Spinalanasthesie A und Periduralanasthesie B Bei der Spinalanasthesie durchdringt die Nadel die harte Hirnhaut Dura mater so dass das injizierte Lokalanasthetikum sich im Liquor cerebrospinalis des Subarachnoidalraumes frei ausbreiten kann und Nervenfasern dort betaubt werden Bei der Periduralanasthesie hingegen wird die Dura mater nicht durchstochen Der eingebrachte Katheter kommt ausserhalb derselben im Periduralraum zu liegen so dass das Lokalanasthetikum hauptsachlich ausserhalb der Hirnhaute auf die vom Ruckenmark abgehenden Spinalnerven einwirkt Wahrend bei der Spinalanasthesie durch die Verteilung der Medikamente alle Nervenfasern unterhalb der Punktionsstelle und dadurch die gesamte untere Korperhalfte betaubt sind wird bei der Periduralanasthesie eine Betonung der Anasthesie in den korrespondierenden Dermatomen der Punktionshohe erreicht 3 Bei der Lumbalpunktion wird in gleicher Weise wie bei der Spinalanasthesie der Liquorraum punktiert Sie dient der Liquordruckmessung und diagnostischen Liquorentnahme die bei Verdacht auf Infektionen des zentralen Nervensystems Metastasierung und zur Antikorperdiagnostik durchgefuhrt wird 4 Im Rahmen einer Chemotherapie werden mittels einer Lumbalpunktion auch Zytostatika intrathekal injiziert Varianten Bearbeiten nbsp Betaubte Dermatome bei einer mittelhohen SpinalanasthesieZumeist wird die Spinalanasthesie als einmalige Injektion Single Shot durchgefuhrt Dabei wird je nach Ausbreitung der sensorischen Blockade zwischen tiefer unterhalb Dermatom Segment Th 12 Hohe der Leiste mittelhoher bis Segment Th 10 Hohe Bauchnabel und hoher bis Segment Th 4 Hohe der Brustwarzen Spinalanasthesie unterschieden Eine Sonderform der Spinalanasthesie ist der Sattel oder Sakralblock bei dem sich die Ausdehnung auf die sakralen Spinalnerven die hauptsachlich den Genitalbereich versorgen S2 5 beschrankt Durch die Einlage eines Katheters konnen im Gegensatz zur einmaligen Punktion kontinuierlich Medikamente eingebracht appliziert werden kontinuierliche Spinalanasthesie CSA 5 Eine weitere Variante ist die Kombination einer Spinal mit einer Epi Periduralanasthesie Kombinierte Spinal und Epiduralanasthesie CSE Dabei wird durch die liegende Periduralnadel eine Spinalnadel vorgeschoben und eine Spinalanasthesie durchgefuhrt Im Anschluss wird ein Periduralkatheter in den Periduralraum eingelegt Durch den liegenden Katheter ist eine bedarfsgerechte Dosierung der Medikamente und auch eine effektive postoperative Schmerztherapie moglich 6 Determinanten der Ausbreitungshohe Bearbeiten Die Wirkhohe der Spinalanasthesie hangt von der Ausbreitung der injizierten Wirkstoffe im Liquorraum ab Diese wird primar von der Gesamtdosis und der Dichte Barizitat der Lokalanasthetika bestimmt Man unterscheidet isobare Losungen die dieselbe Dichte wie der Liquor aufweisen von hyperbaren Praparationen die durch den Zusatz von Glukose eine hohere Dichte erreichen Isobare Losungen verbleiben grossteils im Bereich der Punktionsstelle Die Dichte ist allerdings leicht temperaturabhangig so dass durch die Erwarmung im Korper die Ausbreitung schwieriger als bei den hyperbaren Lokalanasthetika vorauszusagen ist Letztere sinken der Schwerkraft folgend nach unten kaudal ab wodurch sich durch die Lagerung des Patienten die Ausbreitung kontrollieren lasst Durch eine Flachlagerung lasst sich eine der isobaren Anwendung vergleichbare Ausbreitung erreichen durch Sitzen ein Sattelblock durch Seitlagerung lasst sich die Anasthesie einseitig betonen Der Einsatz von hypobaren Losungen mit geringer Dichte erfolgt nur in Ausnahmefallen 7 8 Weitere Faktoren Determinanten die die Ausbreitung beeinflussen sind die individuell stark schwankende Liquormenge und Raumverhaltnisse im Liquorraum Letztere werden von der Statur des Patienten beeinflusst bei erhohtem Druck im Bauchraum wie bei Fettsucht Adipositas Schwangerschaft oder Aszites ist der Liquorraum komprimiert die Dosis muss entsprechend verringert werden 8 Geringere Auswirkungen haben die Geschwindigkeit der Injektion das injizierte Gesamtvolumen sowie eine absichtliche mehrfache Verwirbelung des Lokalanasthetikums mit dem Liquor Barbotage 7 Verwendete Pharmaka Bearbeiten nbsp Strukturformeln von Bupivacain eines der am haufigsten genutzten LokalanasthetikaDie Wirkdauer der Spinalanasthesie ist von den verwendeten Substanzen abhangig Lokalanasthetika sind die Standardmedikamente zur Durchfuhrung einer Spinalanasthesie Sie diffundieren in die Nerven blockieren Natriumkanale der Zellmembran und verringern dadurch den Einstrom von Natriumionen Auf diese Weise wird die Bildung von Aktionspotentialen verhindert eine Signalubermittlung in Nerven ist nicht mehr moglich Lidocain war aufgrund der kurzen Anschlagszeit und einer mittellangen Wirkdauer von 60 90 Minuten lange der Standard zur Spinalanasthesie wird nach Berichten uber vorubergehende und bleibende Nervenschaden aber kaum noch eingesetzt 9 Bupivacain ist ein vielfach eingesetztes Mittel mit langerer Wirkdauer fur das im Gegensatz zu Lidocain nur geringe Raten von Nervenschadigungen beschrieben sind Es existieren sowohl isobare als auch hyperbare Losungen Mepivacain Prilocain und Ropivacain sind weitere genutzte Alternativen Procain wird in den Vereinigten Staaten angewendet in Europa jedoch wenig eingesetzt Die Wirkdauer von Prilocain und Mepivacain ist mit etwa einer Stunde relativ kurz was die Anwendung bei kurzen und ambulant durchgefuhrten Eingriffen attraktiv macht Als Lokalanasthetikum vom Aminoester Typ ist bei Procain das Risiko einer allergischen Reaktion jedoch hoher als bei den anderen Substanzen die zu den Aminoamiden gehoren 10 Durch die Kombination mit weiteren Arzneistoffen Adjuvanzien sollen die Wirkung der Lokalanasthetika verlangert und Nebenwirkungen reduziert werden Dies wird etwa durch den oft praktizierten Zusatz von Opioiden erreicht Dazu werden deren fettlosliche Formen etwa Fentanyl oder Sufentanil benutzt die uber Opioid Rezeptoren die im Hinterhorn des Ruckenmarkes lokalisiert sind wirken Vereinzelt konnen typische Opioid Nebenwirkungen wie Juckreiz Ubelkeit oder ein verminderter Atemantrieb Atemdepression auftreten Wasserlosliche Derivate wie Morphin bewirken eine wesentlich starkere Atemdepression und mussen daher entsprechend zuruckhaltend dosiert werden 11 und der Patient sollte eventuell langer uberwacht werden 12 Der Einsatz von Clonidin 13 oder Ketamin 14 wird seltener praktiziert Adrenalin das bei anderen Regionalanasthesieverfahren zu Wirkverlangerung zugesetzt wird eignet sich nicht zur Anwendung bei der Spinalanasthesie 15 Indikationen und Gegenanzeigen BearbeitenAnwendungsgebiete Bearbeiten nbsp KaiserschnittDie Spinalanasthesie ist ein Standardverfahren der Anasthesie mit relativ einfacher Durchfuhrung raschem Wirkeintritt und kompletter Schmerzausschaltung Sie stellt eine Alternative zur Narkose und der Periduralanasthesie dar die bei chirurgischen Eingriffen am Unterbauch beispielsweise Leistenhernien Operationen gynakologischen und urologischen Operationen im Beckenbereich sowie orthopadischen unfallchirurgischen oder gefasschirurgischen Eingriffen an der unteren Extremitat angewendet werden kann Die kontinuierliche Spinalanasthesie bietet daruber hinaus die Moglichkeit der fortgesetzten postoperativen Schmerztherapie Ungeeignet ist die Spinalanasthesie hingegen fur Eingriffe am Oberbauch und hoher gelegenen Regionen des Korpers 16 In der Geburtshilfe ist die Spinalanasthesie zum Kaiserschnitt Sectio caesarea ein Standardverfahren Wahrend noch bis in die 1990er Jahre in Deutschland die Haufigkeit der Vollnarkose uberwog hatte sich bereits 2005 die Spinalanasthesie als bevorzugtes Verfahren deutlich durchgesetzt 17 Mit einer Spinalanasthesie wird das bei Schwangeren erhohte Aspirationsrisikos einer Narkose vermieden Vollnarkosen sind jedoch weiterhin erforderlich wenn bei einer Notfall Entbindung die Zeit bis zum vollstandigen Wirkeintritt einer Spinal oder Periduralanasthesie nicht abgewartet werden kann 18 Die Spinalanasthesie ist eine Moglichkeit bei Patienten mit Neigung zu maligner Hyperthermie eine solche Komplikation zu vermeiden da die Substanzen keine Ausloser Trigger fur die Erkrankung darstellen Auch bei zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Atemwegssicherung und nicht nuchternen Patienten kann der Spinalanasthesie gegenuber einer Allgemeinanasthesie der Vorzug gegeben werden 16 Auch Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen Asthma bronchiale COPD profitieren vom Verzicht auf eine Narkose Es gibt Hinweise dass durch die ruckenmarksnahen Anasthesieverfahren die Rate verschiedener Komplikationen Beinvenenthrombose Lungenembolie Blutverlust Lungenkomplikationen und moglicherweise auch die Sterblichkeitsrate gesenkt werden kann 19 die Datenlage ist jedoch fur eine abschliessende Beurteilung nicht ausreichend 20 Auch die Frage ob die ruckenmarksnahen Verfahren bei Patienten mit schweren kardialen oder pulmonalen Vorerkrankungen Erkrankungen von Herz oder Lunge Vorteile bieten wird kontrovers diskutiert Eine Uberlegenheit gegenuber der Allgemeinanasthesie konnte bisher nicht gezeigt werden 21 Gegenanzeigen Bearbeiten Absolute Kontraindikationen stellen Unvertraglichkeiten gegenuber den eingesetzten Anasthetika lokale Infektionen im Bereich der Punktionsstelle unbehandelte korperweite Infektionskrankheiten Bakteriamie ein unbehandelter Volumenmangel Hypovolamie ein erhohter Hirndruck sowie eine manifeste Blutungsneigung durch genetisch bedingte Gerinnungsstorungen oder eine therapeutische Gerinnungshemmung dar vgl Tabelle 22 Eine solche Behandlung mit gerinnungshemmenden Mitteln muss vor der Durchfuhrung einer Spinalanasthesie bei unfraktioniertem Heparin vier Stunden bei niedermolekularen Heparinen hingegen zwolf prophylaktische Niedrigdosierung beziehungsweise 24 Stunden therapeutische Dosis pausiert werden Clopidogrel muss sieben Ticlopidin zehn Tage zuvor abgesetzt werden nach der Einnahme von Cumarinen Phenprocoumon u a muss ein INR lt 1 4 erreicht sein Die alleinige Behandlung mit Acetylsalicylsaure in niedriger Dosis bis 100 mg pro Tag erfordert keine Behandlungspause mehr Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft fur Anasthesie und Intensivmedizin 23 Ein Mangel an Blutplattchen Thrombozytopenie erhoht das Risiko fur eine Blutungskomplikation Eine absolute Untergrenze bis zu der eine Spinalanasthesie durchgefuhrt werden kann ist seitens der Fachgesellschaften nicht festgelegt Vielmehr muss die Gesamtsituation der Blutgerinnung berucksichtigt werden 24 Die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten zur Erhohung der Thrombozytenzahl im Blut vor einer Spinalanasthesie wird ab einem Wert von kleiner 50 000 ml empfohlen so dass dies als Orientierung fur die Untergrenze herangezogen werden kann Bei der Periduralanasthesie bei der meist dickere Nadeln verwendet werden wird schon bei weniger als 80 000 ml eine Transfusion empfohlen 25 Relative Kontraindikationen sind chronische Ruckenschmerzen eine systemische Infektion unter antibiotischer Behandlung ein Morbus Bechterew eine signifikante Aortenstenose oder andere Herzklappenfehler die Syringomyelie sowie eine pulmonale Hypertonie Bei diesen Zustanden mussen Vorteile durch die Spinalanasthesie gegen die Risiken abgewogen werden 22 Empfohlene Zeitintervalle zwischen ruckenmarksnahen Regionalanasthesie und Antikoagulation mit gerinnungsaktiven Medikamenten 26 27 Substanz Vor Punktion bzw Katheterentfernung Nach Punktion bzw KatheterentfernungUnfraktioniertes Heparin UFH 4 6 h 1 hNiedermolekulare Heparine NMH Prophylaxe 12 h 4 hNiedermolekulare Heparine NMH Therapie 24 h 4 hFondaparinux 36 42 h 6 12 hVitamin K Antagonisten INR lt 1 4 nach KatheterentfernungClopidogrel 7 Tage nach KatheterentfernungPrasugrel 7 10 Tage 6 hTiclopidin 10 Tage nach KatheterentfernungAbciximab 48 h 4 hTirofiban 8 h 4 hProstacyclin PGI2 0 5 h sofortDabigatranetexilat gt 34 h 4 6 hRivaroxaban 22 26 h 4 6 hApixaban 26 30 h 4 6 hTicagrelor 5 Tage 6 hCilostazol 42 h 5 hDipyridamol plus ASS 48 h sofortAblauf BearbeitenVorbereitung Bearbeiten Wie bei anderen Anasthesieverfahren findet im Vorfeld ein Aufklarungsgesprach zwischen Patient und Anasthesist statt Am Tag der Operation muss Nuchternheit eingehalten werden da moglicherweise im Falle von Komplikationen oder ungenugender Wirkung ein Verfahrenswechsel auf eine Narkose stattfinden muss Oft wird vor dem Eingriff als Pramedikation ein beruhigendes und spannungslosendes Mittel Sedativum verabreicht Die Spinalanasthesie wird am Patienten im Sitzen oder in Seitenlage durchgefuhrt In sitzender Position wird der Patient von vorne durch eine Hilfsperson gestutzt Ein venoser Zugang muss sicher platziert sein Notfallausrustung zur Verfugung stehen Mittels Basismonitoring EKG Uberwachung Pulsoxymetrie Blutdruckmessung wird der Patient kontinuierlich uberwacht Durchfuhrung Bearbeiten nbsp Spinalnadeln vom Typ QuinckeZur Applikation der Spinalanasthesie wird mit einer Spinalkanule zwischen dem zweiten und dritten L2 L3 oder dritten und vierten Lendenwirbel L3 L4 punktiert Nach mehrfacher Desinfektion sowie ortlicher Betaubung wird die Kanule unter sterilen Bedingungen zwischen zwei Dornfortsatzen eingestochen Dabei kann gerade von hinten median in der Ebene der Dornfortsatze oder mit leichter seitlicher Abweichung von 10 paramedian punktiert werden Alternativ kann der laterale Zugang nach Taylor genutzt werden bei der der Einstich im Winkel von 45 von seitlich und unten erfolgt Die Mitarbeit des Patienten ist wichtig weil er durch Abrunden des Ruckens Katzenbuckel den Abstand der Dornfortsatze vergrossern kann Vor allem bei alteren Menschen behindern verknocherte Bander das Vorschieben der Nadel Deshalb wird oft eine grosslumigere Fuhrungskanule Introducer benutzt Hat diese die Bandstrukturen durchdrungen wird die eigentliche dunne Punktionsnadel durch sie eingefuhrt und damit der Subarachnoidalraum punktiert Beruhrt die Nadel eine Nervenwurzel kann es wahrend der Punktion kurzzeitig zu Missempfindungen Parasthesien in den Beinen kommen Nach Durchtritt durch die Dura tropft der klare Liquor cerebrospinalis aus der Nadel heraus und zeigt dem durchfuhrenden Arzt dass die Nadel korrekt platziert ist nbsp Durchfuhrung der Spinalanasthesie beim sitzenden Patienten Der abtropfende Liquor zeigt die korrekte Lage der Kanule an Der klare Liquor kann durch Schlierenbildung in der aufgesetzten Spritze mit dem Lokalanasthetikum erkannt werden Bei blutigem Liquor Punktion eines Blutgefasses oder fehlendem Liquorruckfluss muss die Kanule entfernt und neu eingestochen werden Nach dem Einspritzen der an den Patienten angepassten Dosis Lokalanasthetikum setzt die Wirkung nahezu sofort ein und beginnt mit einem Warmegefuhl der Beine oder des Gesasses Innerhalb von Minuten setzen Empfindungs und Schmerzlosigkeit sowie eine Einschrankung der Beweglichkeit ein Durch die Lagerung des Patienten lasst sich bei der Verwendung hyperbarer Lokalanasthetika die Ausbreitung des betaubten Gebietes beeinflussen mittelhohe Ausbreitung Sakralblock einseitig betonte Anasthesie Nach Injektion der Anasthetika steht je nach benutzter Substanz ein Zeitraum von 1 2 5 Stunden fur den operativen Eingriff zur Verfugung Oft wird der Patient durch die intravenose Verabreichung entsprechender Medikamente meist Benzodiazepine wie Midazolam zur Stressminderung etwas sediert Wahrend der gesamten Wirkdauer muss der Patient durch Fachpersonal und technisches Monitoring uberwacht werden da fruhere Konzepte einer Fixierungszeit der Spinalanasthesie heute als obsolet angesehen werden und durch ein Aufsteigen der injizierten Anasthetika im Liquorraum Komplikationen auftreten konnen Ist die Operation abgeschlossen wird die Uberwachung im Aufwachraum fortgesetzt bis die Spinalanasthesie sich deutlich zuruckgebildet hat 28 Nebenwirkungen und Komplikationen BearbeitenRelativ haufige Nebenwirkungen einer Spinalanasthesie sind Blutdruckschwankungen Herzrhythmusstorungen Ruckenschmerzen Ubelkeit und Erbrechen sowie postoperativ der postpunktionelle Kopfschmerz und Harnverhalt Diese Probleme werden aufgrund der kontinuierlichen Uberwachung in der Regel rasch vom Anasthesisten erkannt und ohne Folgen behandelt 29 Schwerwiegende Komplikationen wie schwere Kreislaufstorungen oder bleibende Nervenschaden durch direkte Schadigung Infektionen oder Blutungen sind seltene Ereignisse Die Haufigkeit ist dabei nur schwer zu ermitteln Probleme sind fehlende Studien mit ausreichender Patientenzahl ungenaue und abweichende heterogene Definitionen der Schaden in diesen Untersuchungen sowie die Abgrenzung von anderen moglichen Schadigungsmechanismen wie dem operativen Eingriff selbst der Lagerung bestehenden moglicherweise unbekannten Erkrankungen oder spontan auftretenden Ereignissen Blutungen Infektionen die oft nur schwer moglich ist 30 31 Kreislaufstorungen Bearbeiten Ein Abfall des arteriellen Blutdrucks Hypotonie ist die haufigste Nebenwirkung einer Spinalanasthesie die bei bis zu einem Drittel der Patienten auftritt Sie entsteht durch die Betaubung des sympathischen Nervensystems Sympathikolyse der unteren Korperhalfte wodurch die Gefasse weitgestellt Vasodilatation und das zirkulierende Blutvolumen und damit der Ruckstrom zum Herzen vermindert sind Je hoher die Ausbreitung der Spinalanasthesie reicht desto ausgepragter ist der hypotone Effekt Er wird zuweilen von einer Verlangsamung der Herzfrequenz Bradykardie und Ubelkeit begleitet Der Abfall ist bei Patienten mit Flussigkeitsmangel besonders ausgepragt weshalb vor der Durchfuhrung einer Spinalanasthesie prophylaktisch Elektrolytlosungen als Infusion verabreicht werden um ein solches Defizit auszugleichen Auch Blutverluste Lagerungsmanover und das Ablassen einer Stauung bei Blutleere begunstigen die Hypotonie Behandelt wird eine Hypotonie mit Volumengabe per Infusion durch eine leichte Kopftieflagerung Trendelenburg Lage beeinflusst bis etwa 10 die Ausbreitung des Lokalanasthetikums nur wenig sowie durch die Gabe von Medikamenten falls notwendig Dabei werden Katecholamin Derivate wie Cafedrin Theodrenalin Akrinor oder seltener Noradrenalin eingesetzt bei Bradykardien auch Atropin oder Orciprenalin 32 Wahrend Storungen des Blutdrucks oder der Herzfrequenz in der Regel effektiv behandelt werden konnen treten selten auch schwere Verlaufsformen bis zum Kreislaufstillstand auf ca 3 10 000 33 Postspinaler Kopfschmerz Bearbeiten Hauptartikel postpunktioneller Kopfschmerz Der postpunktionelle oder postspinale Kopfschmerz postdural puncture headache PDPH gehort zu den unangenehmen Nebenwirkungen der Spinalanasthesie hat jedoch in der Regel eine gute Prognose Als Entstehungsmechanismus wird ein Liquorverlustsyndrom durch die Perforationsstelle der harten Hirnhaut postuliert Durch dieses Leck tritt Liquor aus wobei sich ein Unterdruck im Liquorraum entwickelt wenn der Verlust die Neubildungsrate ubersteigt Eine Dehnung schmerzempfindlicher Strukturen des Gehirns Hirnhaute Gefasse Falx cerebri eine kompensatorische Gefassweitstellung Vasodilatation und moglicherweise ein erhohter Hirndruck durch einen verminderten venosen Abfluss der Gehirngefasse bewirken in der Summe die Ausbildung des Kopfschmerzes Das Syndrom wurde schon bei der Beschreibung der Spinalanasthesie durch August Bier 1899 s u erwahnt Der Kopfschmerz tritt stark von der eingesetzten Spinalnadel abhangig bei 0 5 18 der Patienten auf und beginnt meist ab dem zweiten Tag nach der Punktion Im Liegen tritt eine Besserung im Sitzen und Stehen sowie bei Kopfschutteln und erhohtem Bauchdruck eine Verschlimmerung der Beschwerden auf Der postpunktionelle Kopfschmerz kann von Ubelkeit Erbrechen Schwindel Nackensteifigkeit Ruckenschmerzen Licht und Gerauschempfindlichkeit Auftreten von Doppelbildern und Sehstorungen durch Irritationen des dritten vierten und sechsten Hirnnerven sowie vermindertem Horvermogen oder Tinnitus durch Irritationen des achten Hirnnerven begleitet werden nbsp Anschliff verschiedener Spinalnadeltypen A Quincke schneidend B Sprotte C Ballpen beide atraumatisch Die Behandlung erfolgt primar konservativ durch Bettruhe ausreichende Flussigkeitszufuhr und Schmerzmedikation Bei Erfolglosigkeit dieser Massnahmen werden verschiedene invasive Therapieverfahren angewendet als Mittel der Wahl gilt der epidurale Blutpatch Dabei wird steril entnommenes Blut des Patienten auf Hohe der Punktionsstelle in den Epiduralraum injiziert Dieses komprimiert und verschliesst die Perforation der Hirnhaut Die wichtigste Massnahme zur Prophylaxe eines postpunktionellen Kopfschmerzes ist die Verwendung von moglichst dunnen Punktionsnadeln mit atraumatischer Spitze Pencil Point Spitze die weitaus geringere Raten an Kopfschmerz 0 5 1 aufweisen als Nadeln mit grosserem Durchmesser und schneidender schrag angeschliffener Spitze z B Quincke Nadel 34 35 Entwickelt wurde die atraumatsche Spitze der 1979 eingefuhrten Sprotte Kanule von dem Anasthesisten und Schmerztherapeuten Gunter Sprotte 1945 in Zusammenarbeit mit der Firma Pajunk 36 Neurologische Komplikationen Bearbeiten Bei Schadigungen von Nerven kann zwischen primar durch die Spinalanasthesie entstandenen und sekundar entwickelten Schaden unterschieden werden Als primare Schadigungsmechanismen sind mechanische Verletzungen durch die Nadel oder toxische Effekte der injizierten Losungen moglich als sekundare Infektionen und Blutungen mit raumforderndem Charakter s u die durch Druck auf die Nerven Kompression Schaden verursachen konnen 37 Nervenschaden die nach einem operativen Eingriff auftreten sind nur selten durch Nadelverletzungen einer Spinalanasthesie bedingt sondern oft Folge der Lagerung der Operation oder unabhangiger Faktoren wie Vorerkrankungen Die Haufigkeit an Schaden von Spinalnerven durch eine Spinalanasthesie wird auf 3 8 10 000 geschatzt von denen ein grosser Teil reversibel ist 30 Als transiente neurologische Symptome TNS bezeichnet man symmetrische in die Beine ausstrahlende Ruckenschmerzen ohne sensible Ausfalle die typischerweise innerhalb weniger Stunden nach dem Anasthesieverfahren beginnen und innerhalb von Tagen wieder ohne Folgen abklingen Sie sind durch die Toxizitat der Lokalanasthetika bedingt und treten bei etwa einem Prozent der Patienten auf Wird Lidocain benutzt ist die Rate jedoch deutlich hoher 38 39 Die Ursache fur das selten auftretende Cauda equina Syndrom 0 02 0 16 10 000 30 ist ebenfalls in der Neurotoxizitat der Lokalanasthetika begrundet Eine Schwache der unteren Extremitaten Storung von Wasserlassen und Stuhlgang sowie Sensibilitatsstorungen im Genitalbereich Reithosenanasthesie sind klinische Zeichen Diese Schaden sind oft dauerhaft 37 Blutungen Bearbeiten Durch Verletzungen von Blutgefassen beim Vorschieben der Nadel in den Ruckenmarkskanal konnen Blutungen des Epidural und Spinalraums verursacht werden Raumfordernde Blutergusse Hamatome entstehen jedoch nur sehr selten auf diese Weise ihre Haufigkeit wird auf 1 220 000 geschatzt Patienten die unter Gerinnungsstorungen leiden oder gerinnungshemmende Medikamente einnehmen haben ein etwas erhohtes Risiko ca 1 40 000 Klinisch stehen ein Ausfall der Reflexe Areflexie Muskelschwache und Sensibilitatsstorungen unterhalb des Niveaus der Kompression im Vordergrund typischerweise nachdem die Wirkung der Spinalanasthesie sich primar zuruckgebildet hat Da durch eine ruckenmarksnahe Blutung eine dauerhafte Nervenschadigung verursacht werden kann muss im Verdachtsfall zur Diagnosesicherung eine MRT Aufnahme durchgefuhrt werden Wird dabei eine blutungsbedingte Kompression der Nerven identifiziert muss umgehend eine operative Entlastung Laminektomie erfolgen Zur Vermeidung von Blutungen mussen zwischen der Verabreichung gerinnungshemmender Arzneimittel und ruckenmarksnahen Punktionen bestimmte Zeitabstande s o eingehalten werden 23 37 40 Infektionen Bearbeiten Infektiose Komplikationen nach einer einmaligen Spinalanasthesie sind sehr selten Mogliche Ursachen sind die Verschleppung von Keimen aus einer bestehenden Infektion oder ein Einbringen durch eine kontaminierte Nadel oder ungenugend steriles Arbeiten wodurch Erreger in der Spinalraum und Epiduralraum eindringen konnen Mogliche Manifestationen sind Entzundungen der Hirnhaute Meningitis sowie die Ausbildung eines Abszesses eitrige Raumforderung des Epiduralraumes zwischen Dura und Periost Verlassliche Zahlen zur Haufigkeit liegen nicht vor wahrend das Risiko fur Katheterverfahren stark variierend auf 1 1000 bis 1 100 000 geschatzt wird ist ein Auftreten nach einer einmaligen Injektion eine Raritat Eine Abgrenzung zu spontan auftretenden Abszessen 0 2 1 2 10 000 ist nur schwer moglich Die haufigsten Erreger sind Staphylokokken deren Vorkommen in der Hautflora die Wichtigkeit von grundlicher Desinfektion der Punktionsstelle und streng steriler Durchfuhrung der Punktion zeigt Eine Meningitis zeigt sich typischerweise nach 24 48 Stunden durch Fieber Nackensteifigkeit Meningismus Kopfschmerzen und Lichtscheue Photophobie Bei Verdacht muss eine diagnostische Lumbalpunktion durchgefuhrt werden um mittels Liquoruntersuchung die Erreger zu bestimmen und mit gezielter Antibiotikatherapie behandeln zu konnen Eine Sonderform ist die aseptische Meningitis bei der kein Erregernachweis gelingt Eine schwerwiegende Komplikation ist die Ausbildung eines Abszesses des Epiduralraumes Die Symptome sind variabel und umfassen Fieber Ruckenschmerzen sowie neurologische Ausfalle Die wegweisende Diagnostik umfasst insbesondere bildgebende Verfahren MRT Therapeutisch werden Antibiotika eingesetzt eine fruhe chirurgische Entlastung ist in den meisten Fallen notwendig In einem Drittel der Falle bleiben gravierende in einem weiteren Drittel leichte Nervenschaden zuruck Die Sterblichkeit aufgrund der Entwicklung einer Sepsis liegt bei etwa 10 15 41 37 42 Weitere Nebenwirkungen Bearbeiten Ubelkeit und Erbrechen treten in bis zu 15 der Spinalanasthesien auf Ruckenschmerzen werden von etwa 10 der Patienten angegeben eine ursachliche Zuordnung zu Anasthesieverfahren Operation oder Lagerung ist nur schwer moglich Ein Harnverhalt tritt bei 1 5 3 der Patienten auf die operativ keinen Dauerkatheter in die Harnblase eingelegt bekommen Ursache ist ein Ungleichgewicht von hemmenden Einfluss des Sympathikus und fordernden Einfluss des Parasympathikus auf die Blasenentleerung 43 Zur Behandlung muss unter Umstanden eine sterile Einmalkatheterisierung durchgefuhrt werden Eine schwere Nebenwirkung ist eine zu hoch aufsteigende Spinalanasthesie wie sie etwa bei versehentlicher Uberdosierung der Medikamente auftreten kann Verteilen sich diese im gesamten Spinalraum spricht man von einer totalen Spinalanasthesie Bewusstlosigkeit Atem und Kreislaufstillstand konnen die Folge sein und mussen durch endotracheale Intubation und Beatmung Katecholamin Therapie sowie gegebenenfalls durch Wiederbelebungsmassnahmen behandelt werden Bei adaquater Therapie ist in der Regel eine vollstandige Ruckbildung Restitutio ad integrum moglich 44 Ein technisches Versagen der Spinalanasthesie Unmoglichkeit der Durchfuhrung Nadelverbiegung sehr selten Nadelbruch ist direkt vom Durchmesser der Spinalnadel abhangig Bei Standardnadeln Gauge 25 betragt diese Rate weniger als funf Prozent nimmt bei dunneren Nadeln jedoch zu Da eine grossere Nadeldicke mit einer hoheren Rate an postpunktionellem Kopfschmerz assoziiert ist ist die Auswahl der Nadel ein Kompromiss 29 Geschichtliche Aspekte BearbeitenDie ersten Punktionen des lumbalen Liquorraumes wurden 1891 von Heinrich Irenaeus Quincke in Kiel durchgefuhrt allerdings zur diagnostischen Entnahme von Liquor Er entwickelte dazu eine schrag angeschliffene Punktionsnadel Quincke Nadel 45 nbsp James Leonard Corning nbsp August BierAm 24 August 1898 fuhrten der Chirurg August Bier und sein Assistent August Hildebrandt 1868 1954 ebenfalls in Kiel in einem gegenseitigen Versuch erfolgreich Spinalanasthesien durch und damit ein 46 47 Durch die Injektion von Kokain wurde ein starker Schlag mit einem Eisenhammer gegen das Schienbein und starkes Drucken und Ziehen am Hoden nicht mehr als schmerzhaft empfunden Beide entwickelten in der Folge einen stark ausgepragten postspinalen Kopfschmerz mit Ubelkeit und Erbrechen 48 Der US Amerikaner James Leonard Corning hatte 1885 bereits ahnliche Versuche unternommen und in ruckenmarksnahe Strukturen Kokain eingespritzt woraufhin eine Gefuhllosigkeit von Beinen und Genitalien zu beobachten war 49 Ob dabei eine Spinalanasthesie gelang oder die Substanzen nur in die Bandstrukturen appliziert wurden ist umstritten Im Anschluss an die 1899 erfolgte Veroffentlichung von August Bier der 1898 im Tierversuch die Spinalanasthesie untersucht hat 50 entwickelte sich eine Kontroverse um das erste erfolgreich durchgefuhrte Anasthesieverfahren dieser Art was sowohl Bier als auch Corning fur sich beanspruchten In der Folge zerstritt sich Bier auch mit seinem Assistenten Hildebrandt der unzufrieden war da Bier ihn nicht als Mitautor aufgefuhrt hatte Heute wird Corning die Schaffung der experimentellen und theoretischen Voraussetzungen fur die Spinalanasthesie zugeschrieben Bier die erfolgreiche Anwendung und anschliessende Etablierung des Verfahrens in der Klinik 48 Bier warnte vor dem von ihm zuvor empfohlenen Verfahren der Lumbalanasthesie mit Kokain da es haufig zu ernsten Zwischenfallen fuhrte Erst nachdem 1903 das weniger toxische von Ernest Fourneau entwickelte Lokalanasthestikum Stovain erhaltlich war praktizierte er die Lumbalanasthesie wieder Zu den ersten Amerikanern welche die Spinalanasthesie anwendeten gehoren die Chirurgen Dudley Tait und Guido E Caglieri in San Francisco 51 sowie der Gefasschirurg Rudolph Matas 1860 1957 in New Orleans der sie 1899 52 mit Hilfe von Felix A Larue Hermann B Gessner und Carroll Allen bei einer Hamorrhoidenoperation durchgefuhrt hatte 53 54 Der Franzose Theodore Tuffier 1857 1929 empfahl die Spinalanasthesie 1899 55 fur operative Eingriffe am Urogenitaltrakt 56 Mediziner wie Pierre Marie Georges Charles Guillain und Charles Achard wendeten die subarachnoidale Injektion von Kokain auch zur Behandlung von Nervenschmerzen im Lendenbereich und in den Beinen wie beim Ischiasschmerz oder dem Hexenschuss Lumbago an 57 Anfang des 20 Jahrhunderts etablierte sich die Spinalanasthesie in der Geburtshilfe In den 1930er Jahren brachten Veroffentlichungen uber Todesfalle bei der Spinalanasthesie zum Kaiserschnitt diese Anwendung jedoch in Verruf man ermutigte die Schwangeren stattdessen zu naturlichen Geburtsverfahren und zur Psychoprophylaxe Aufgrund der Vernachlassigung der Schmerztherapie unter Geburt wird diese Zeit auch als die dunklen Jahre der geburtshilflichen Anasthesie bezeichnet Erst in den 1950er Jahren anderte sich diese Sichtweise wieder Heute ist die Spinalanasthesie ein Standardverfahren bei der Durchfuhrung eines Kaiserschnittes 58 1951 entwickelten Whitacre und Hart Kanulen mit Pencilpoint Spitze Deren Einfuhrung in die klinische Praxis fuhrte zu einer signifikanten Reduktion der Rate von postspinalem Kopfschmerz der zuvor bei einem Grossteil der Patienten aufgetreten war 59 Die erste kontinuierliche Spinalanasthesie unter der Belassung der Spinalnadel wahrend der Operation am Punktionsort wurde schon 1907 durch den Chirurgen Dean durchgefuhrt 60 Die Etablierung dieses Verfahrens durch die Entwicklung ausreichend dunner Katheter wodurch akzeptabel geringe Raten an postspinalem Kopfschmerz erreicht werden konnten fand jedoch erst in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts statt Literatur BearbeitenD Jankovic Regionalblockaden und Infiltrationstherapie 3 Auflage Abw Wissenschaftsverlag 2003 ISBN 3 936072 16 7 R Rossaint C Werner B Zwissler Die Anasthesiologie Allgemeine und spezielle Anasthesiologie Schmerztherapie und Intensivmedizin 2 Auflage Springer 2008 ISBN 978 3 540 76301 7 F Gerheuser D Crass Spinalanasthesie In Anaesthesist 2005 Dec 54 12 S 1245 1267 Review PMID 16317479 Michael Heck Michael Fresenius Repetitorium Anasthesiologie 5 Auflage Springer 2007 ISBN 978 3 540 46575 1 Einzelnachweise Bearbeiten Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 51 Rossaint u a 2008 S 620 624 Jankovic 2003 S 263 271 Gerheuser und Crass 2005 S 1246 1248 F Gerheuser A Roth Periduralanasthesie In Anaesthesist Band 56 Nr 5 Mai 2007 S 499 523 doi 10 1007 s00101 007 1181 1 PMID 17431551 Diagnostische Liquorpunktion Memento vom 15 Dezember 2007 im Internet Archive Leitlinie der deutschen Gesellschaft fur Neurologie 2005 N M Denny D E Selander Continuous spinal anaesthesia In Br J Anaesth 1998 Oct 81 4 S 590 597 PMID 9924237 B Neruda Entwicklung und gegenwartiger Stand der kombinierten Spinal Periduralanasthesie In Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2005 Aug 40 8 S 459 468 PMID 16078156 a b Rossaint u a 2008 S 636f a b G Hocking J A Wildsmith Intrathecal drug spread In Br J Anaesth 2004 Oct 93 4 S 568 578 PMID 15220175 D Zaric C Christiansen N L Pace Y Punjasawadwong Transient neurologic symptoms TNS following spinal 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Anasthesiologie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie Ausgabe 04 April 2012 S 242 254 doi 10 1055 s 002 23167 S A Kozek Langenecker D Fries M Gutl N Hofmann P Innerhofer W Kneifl L Neuner P Perger T Pernerstorfer G Pfanner u a Lokoregionalanasthesien unter gerinnungshemmender Medikation Empfehlungen der Arbeitsgruppe Perioperative Gerinnung AGPG der Osterreichischen Gesellschaft fur Anasthesiologie und Intensivmedizin OGARI In Der Anaesthesist Volume 54 Number 5 2005 S 476 484 doi 10 1007 s00101 005 0827 0 Jankovic 2003 S 273 278 Rossaint u a 2008 S 634 642 Gerheuser und Crass 2005 S 1253 f a b Rossaint u a 2008 S 643f Jankovic 2003 S 285f a b c R Brull C J McCartney V W Chan H El Beheiry Neurological complications after regional anesthesia contemporary estimates of risk In Anesth Analg 2007 Apr 104 4 S 965 974 Review PMID 17377115 E M Pogatzki Zahn M Wenk H Wassmann W L Heindel H Van Aken Schwere Komplikationen durch Regionalanalgesieverfahren Symptome Diagnose und Therapie 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