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Als Reinheitsgebot wird in Deutschland seit dem 20 Jahrhundert die Vorstellung bezeichnet dass Bier nur aus Hopfen Gersten Malz Hefe und Wasser hergestellt werden soll Dabei wird auf verschiedene zum Teil jahrhundertealte Regelungen und Vorschriften Bezug genommen Dies wird bis zum heutigen Tag teilweise als deutsches Kulturgut wahrgenommen und dahingehend vermarktet Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Brauordnungen 2 1 Augsburg 2 2 Nurnberg 2 3 Eichstatt 2 4 Weimar 2 5 Rheinland 2 6 Munchen 2 7 Weissensee Thuringen 2 8 Regensburg 2 9 Bamberg 2 10 Landshut 3 Die Bayerische Landesordnung von 1516 4 Heutige Rechtslage 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie erste Erwahnung der Bezeichnung Reinheitsgebot ist in einem Sitzungsprotokoll des bayerischen Landtags vom 4 Marz 1918 belegt Der Abgeordnete und zugleich Leiter der Buchstelle bei der Akademie fur Landwirtschaft und Brauerei Weihenstephan Hans Rauch hob bereits damals eine Vorschrift von 1516 als Tradition hervor Laut dem Leiter des Bayerischen Hauptstaatsarchivs Erich Stahleder wurde der Vorschrift mit der neuen Bezeichnung Reinheitsgebot bewusst eine neue Aufgabe ubertragen die des Promotors in einer zunehmend von der Werbung abhangigen Branche Die Bezeichnung setzte sich jedoch erst allmahlich durch ausserhalb Bayerns erst wahrend des Streits um das sogenannte Sussbier in den 1950er Jahren Sowohl bayerische als auch ausserbayerische Zeitungen berichteten haufig sehr emotional uber eine Reihe von gerichtlichen Auseinandersetzungen aufgrund steigender Importe zuckerhaltiger Biere aus anderen Bundeslandern nach Bayern In Bayern war der Zusatz von Zucker bei der Herstellung von Bier nicht zugelassen Unter Berufung auf ein bayerisches Reinheitsgebot erreichte schliesslich der Bayerische Brauerbund in Zusammenarbeit mit der bayerischen Staatsregierung dass zuckerhaltiges Bier nicht mehr unter der Bezeichnung Bier nach Bayern importiert werden durfte 1 Zunachst wurde noch ausschliesslich von einem bayerischen Reinheitsgebot gesprochen Dies anderte sich mit Bestrebungen der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1960er Jahren zur Harmonisierung des Rechts zur Bierherstellung Der Deutsche Brauer Bund wehrte sich gemeinsam mit Vertretern der deutschen Regierung gegen eine Importerlaubnis fur Biere aus anderen Mitgliedstaaten der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft unter Berufung auf ein deutsches Reinheitsgebot Vor allem in den 1980er Jahren wurde dieses durch ein umfangreiches Aktionsprogramm der Brauwirtschaft und die mediale Berichterstattung beworben und auslandische Biere als Chemiebier gebrandmarkt 2 Seit 1995 findet jahrlich am 23 April ein sogenannter Tag des Deutschen Bieres statt mit dem die deutsche Brauwirtschaft an das Reinheitsgebot erinnern mochte Dieses Datum wurde gewahlt da am 23 April 1516 fur das Herzogtum Bayern eine neue Landesordnung erlassen wurde die eine Textpassage enthalt auf die sich zumeist bezogen wird wenn von einem Reinheitsgebot die Rede ist 3 Wir wollen auch sonderlichen das furan allenthalben in unnsern Steten Marckten und auf dem Lannde zu kainem Pier merer Stuckh dann allain Gersten Hopffen unnd Wasser genommen und gepraucht sollen werden Inzwischen wird jedoch auch haufig auf andere historische Verordnungen Bezug genommen um eine lange Tradition des Reinheitsgebots zu betonen Dabei werden zum Teil auch weitere Wortverbindungen verwendet wie Munchner Reinheitsgebot oder Weissenseer Reinheitsgebot Brauordnungen Bearbeiten nbsp Kronkorkenaufdruck auf einer Flasche Augustiner Hell 500 Jahre Munchner Reinheitsgebot seit 1487 nbsp Erinnerung an den Erlass von Herzog Albrecht IV am 30 November 1487 Viktualienmarkt in MunchenBrauordnungen waren im Mittelalter weit verbreitet und wurden von Stadtraten Zunften oder Landesherren erlassen Viele sind nicht mehr erhalten Folgende chronologische Aufzahlung enthalt nur Regelungen die aus heutiger Sicht im Sinne des Reinheitsgebots interpretiert werden Die meisten mittelalterlichen und fruhneuzeitlichen Brauordnungen entsprachen jedoch nicht der heutigen Vorstellung des Reinheitsgebots Augsburg Bearbeiten Als Friedrich Barbarossa am 21 Juni 1156 der Stadt Augsburg das Stadtrecht verlieh fand in der Rechtsverordnung auch die Bierqualitat Erwahnung So heisst es in einem Paragraphen der Justitia Civitatis Augustensi des altesten deutschen Stadtrechts uberhaupt Wenn ein Bierschenker schlechtes Bier macht oder ungerechtes Mass gibt soll er gestraft werden Nurnberg Bearbeiten Der Nurnberger Stadtrat erliess 1303 aufgrund einer Hungersnot dass zum Bierbrauen nur Gerste und kein anderes Getreide verwendet werden darf da jene vor allem zum Brotbacken benotigt wurden Dieses Gerstengebot wurde in spateren Ratserlassen mehrfach bekraftigt und fuhrte gegen Ende des 15 Jahrhunderts zu einer strengen Regulierung des Brauwesens in Bezug auf Rezepturen Brautechniken sowie der Preisgestaltung die auch mit einem Eid beschworen werden mussten 1579 wurde mit dem sogenannten Realrecht auch aus Feuerschutzgrunden festgelegt in welchen Hausern das Brauen erlaubt war Gegen Ende des 16 Jahrhunderts gab es in der Stadt somit 42 offizielle Braustatten bei rund 40 000 Einwohnern Ein von der Stadt beauftragter Bierkieser uberprufte die Lagerzeit und weitere Qualitatskriterien des Brauprozesses Wurden diese nicht eingehalten fuhrte ein Peinlein ein Gehilfe des Henkers eine offentlichkeitswirksame Strafaktion durch So ist aus dem Jahr 1627 ein letztmaliges offentliches Ausschutten von betroffenen Bierfassern in die Pegnitz uberliefert Auch auf Grund der wichtigen Einnahmen durch die Getrankesteuer wurde bereits fruh die Einfuhr auswartiger Biere untersagt und 1672 ein eigenes stadtisches Weizenbrauhaus zur Starkung der Monopolstellung eingerichtet Diese eigene stadtische Brauordnung hatte Bestand bis zum Ende der Reichsherrlichkeit Nurnbergs und der damit verbundenen Einfuhrung der Gewerbefreiheit im Jahr 1806 4 5 Eichstatt Bearbeiten Am 25 November 1319 wurde von Philipp von Rathsamhausen dem damaligen Furstbischof des Hochstifts Eichstatt ein Gesetz erlassen das nur Gerste Hopfen und Wasser zum Bierbrauen erlaubt 6 Weimar Bearbeiten Eine Verordnung der Stadt Weimar aus dem Jahr 1348 besagt unter anderem dass kein Brauer etwas anderes als Malz und Hopfen zu seinem Bier tun soll Rheinland Bearbeiten In einigen Stadten insbesondere im Rheinland war Hopfen im 14 Jahrhundert als Bierzusatz noch verboten So verbot 1381 der Erzbischof von Koln der das Monopol auf Grut besass das Brauen und die Einfuhr von Hopfenbier 7 Munchen Bearbeiten 1363 wurde in Munchen zwolf Stadtraten die Bieraufsicht ubertragen und 1447 wurde vom Stadtrat verordnet dass die Brauer der Stadt allein Gerste Hopfen und Wasser zur Bierherstellung verwenden durfen also dieselben Inhaltsstoffe die spater auch in der bayerischen Landesordnung von 1516 erwahnt werden Am 30 November 1487 erliess dann Herzog Albrecht IV eine Norm gleichen Inhalts zunachst fur Munchen die spater auf Oberbayern ausgedehnt wurde Neben Preisfestsetzung und Festlegung der erlaubten Zutaten enthielt das Gesetz auch die Verordnung dass das Bier beschaut werden musste Dieser Erlass Albrechts wurde spater ab den 1980er Jahren von den Munchner Brauereien als Munchner Reinheitsgebot bezeichnet Weissensee Thuringen Bearbeiten Im Wirtshausgesetz der Stadt Weissensee Thuringen der Statuta thaberna 1434 sind mannigfaltige Gesetze uber das Benehmen in Wirtshausern und das Brauen von Bier enthalten 8 Die Bestandteile fur das Bierbrauen wurden darin auf Wasser Malz und Hopfen eingeschrankt 9 Regensburg Bearbeiten 1469 verordnete der Stadtrat in Regensburg dass nur Gerstenmalz Hopfen und Wasser zum Bierbrauen verwendet werden darf Bamberg Bearbeiten Am 12 Oktober 1489 erneuerte Furstbischof Heinrich III mit der Bamberger Umgeldordnung die Steuergesetzgebung und bestimmte fur Bier beim Brauen und Sieden nichts anderes als Malz Hopfen und Wasser zu nehmen in sollichem Biere in Breven und im Syeden nichts mere dann maltz hopffen und wasser nehmen und brauchen 10 11 Landshut Bearbeiten 1493 erliess Herzog Georg der Reiche fur das Herzogtum Bayern Landshut die Vorschrift dass die Brauer nur Malz Hopfen und Wasser verwenden durften bei Vermeidung von Strafe an Leib und Gut Die Bayerische Landesordnung von 1516 Bearbeiten nbsp Bayerische Landesausstellung 2016Nach dem Landshuter Erbfolgekrieg und der Wiedervereinigung der bayerischen Teilherzogtumer mussten auch die bis dahin unterschiedlichen bayerischen Landrechte harmonisiert werden Die von Leonhard von Eck verfasste neue Landesordnung 12 wurde am 23 April 1516 durch die bayerischen Herzoge Wilhelm IV und Ludwig X in Ingolstadt erlassen Die Tatsache dass in dieser neuen harmonisierten Verordnung von Gerste und nicht von Malz die Rede ist weist darauf hin dass die Sohne von Herzog Albrecht IV auf das Munchner Reinheitsgebot ihres Vaters und nicht auf das spatere Landshuter Reinheitsgebot Bezug genommen und dieses insoweit auf ganz Bayern erweitert haben Die darin enthaltene und als Bayerisches Reinheitsgebot bezeichnete Textpassage regulierte einerseits die Preise andererseits die Inhaltsstoffe des Bieres Item wir ordnen setzen und wollen mit Rathe unnser Lanndtschaft das furan allennthalben in dem Furstenthumb Bayren auf dem Lannde auch in unnsern Stetten und Marckthen da desshalb hieuor kain sonndere Ordnung ist von Michaelis bis auff Georij ain Mass oder Kopfpiers uber ainen Pfenning Muncher Werung unnd von Sant Jorgentag bis auff Michaelis die mass uber zwen Pfenning derselben Werung unnd derennden der Kopf ist uber drey Haller bey nachgesetzter Pene nicht gegeben noch aussgeschennckht sol werden Wo auch ainer nit Merzen sonder annder Pier prawen oder sonnst haben wurde sol Er doch das kains wegs hoher dann die mass umb ainen Pfenning schennckhen und verkauffen Wir wollen auch sonnderlichen das furan allenthalben in unsern Stetten Marckthen unnd auf dem Lannde zu kainem Pier merer Stuckh dann allain Gersten Hopffen und Wasser genomen unnd gepraucht solle werden Welher aber dise unnsere Ordnung wissentlich uberfaren unnd nit hallten wurde dem sol von seiner Gerichtzobrigkait dasselbig vas Pier zuestraff unnachlasslich so offt es geschicht genomen werden Jedoch wo ain Geuwirt von ainem Pierprewen in unnsern Stettn Marckten oder aufm Lande yezuezeyten ainen Emer Piers zwen oder drey kauffen und wider unntter den gemainen Pawzsuolck ausschennckhen wurde demselbenn allain aber sonnst nyemandts sol die mass oder der kopff piers umb ainen haller hoher dann oben gesetzt ist zegeben unnd ausszeschennckhen erlaubt unnd unuerpotten sein Wir verordnen setzen und wollen mit dem Rat unserer Landschaft dass forthin uberall im Furstentum Bayern sowohl auf dem Lande wie auch in unseren Stadten und Markten die keine besondere Ordnung dafur haben von Michaeli 29 September bis Georgi 23 April eine Mass bayerische entspricht 1 069 Liter oder ein Kopf halbkugelformiges Geschirr fur Flussigkeiten nicht ganz eine Mass Bier fur nicht mehr als einen Pfennig Munchener Wahrung und von Georgi bis Michaeli die Mass fur nicht mehr als zwei Pfennig derselben Wahrung der Kopf fur nicht mehr als drei Heller gewohnlich ein halber Pfennig bei Androhung unten angefuhrter Strafe gegeben und ausgeschenkt werden soll Wo aber einer nicht Marzen sondern anderes Bier brauen oder sonstwie haben wurde soll er es keineswegs hoher als um einen Pfennig die Mass ausschenken und verkaufen Ganz besonders wollen wir dass forthin allenthalben in unseren Stadten Markten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stucke als alleinGerste Hopfen und Wasserverwendet und gebraucht werden sollen Wer diese unsere Anordnung wissentlich ubertritt und nicht einhalt dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier so oft es vorkommt unnachsichtlich weggenommen werden Wo jedoch ein Gauwirt von einem Bierbrau in unseren Stadten Markten oder auf dem Lande einen zwei oder drei Eimer enthalt etwa 64 Liter Bier kauft und wieder ausschenkt an das gemeine Bauernvolk soll ihm allein und sonst niemand erlaubt und unverboten sein die Mass oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben ist zu geben und auszuschenken Auch soll uns als Landesfursten vorbehalten sein fur den Fall dass aus Mangel und Verteuerung des Getreides starke Beschwernis entstunde nachdem die Jahrgange auch die Gegend und die Reifezeiten in unserem Land verschieden sind zum allgemeinen Nutzen Einschrankungen zu verordnen wie solches am Schluss uber den Furkauf ausfuhrlich ausgedruckt und gesetzt ist Die Brauvorschriften waren eine Reaktion auf zahlreiche Klagen uber schlechtes Bier Dabei waren die obrigkeitlichen Bierpreisfestlegungen selbst ein wesentlicher Grund fur Bierfalschungen Um ihren Gewinn trotz steigender Rohstoffpreise und unterschiedlicher regionaler Bedingungen zu sichern reagierten viele Brauer mit einer schlechteren Qualitat 13 Ein weiterer Grund fur den Erlass war die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung Der wertvollere Weizen oder Roggen war den Backern vorbehalten Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer sieht einen weiteren Grund darin den beruhigenden und zugleich konservierenden Hopfen zum Brauen zu verwenden und andere berauschende Zutaten etwa Sumpfporst oder Schwarzes Bilsenkraut zu verbieten Der Ethnopharmakologe Christian Ratsch sieht im bayerischen Reinheitsgebot auch ein fruhes Drogengesetz Es bestehe der Verdacht dass vor allem der Gebrauch heidnischer Ritualpflanzen unterdruckt werden sollte So sind Bilsenkraut Sumpfporst Tollkirschen Schlafmohn Muskatnuss oder Wermut als psychoaktive Bierzusatze im mittelalterlichen Deutschland belegt 14 Laut der Soziologin Eva Barlosius reagierte die bayerische Verordnung nicht auf gesundheitliche Bedenken wie oft argumentiert wurde sondern sollte den ansassigen Brauereien Wettbewerbsvorteile verschaffen weil im Rheinland und in Norddeutschland zu dieser Zeit noch vorwiegend Gagel und andere Grut Krauter dem Bier beigesetzt wurden die in Bayern nicht wuchsen 15 Zur Hefe finden sich keine Angaben Als Grund dafur wird haufig angenommen dass die Existenz derartiger Mikroorganismen schlicht noch unbekannt war Dies stimmt nur insofern als die genaue Wirkungsweise der Hefe bei der alkoholischen Garung unbekannt war Hefe an sich war bekannt Brauer gaben die Hefe des letzten Garvorgangs der neu zu vergarenden Anstellwurze zu Ein Hefner im mittelalterlichen Brauwesen ein eigenstandiger Beruf pflegte und vermehrte die Hefe uber Braupausen hinweg 16 Im Munchner Backer und Brauerstreit war es bereits 1481 darum gegangen ob die Backer den Brauern deren bei der Garung gebildete Uberschusshefe nach altem Brauch abkaufen mussen Die weitverbreitete Behauptung das bayerische Reinheitsgebot sei das alteste Lebensmittelgesetz der Welt ist eine Marketingaussage der Bayerischen Brauereiwirtschaft So enthalt der Codex Hammurapi aus dem 18 Jahrhundert v Chr in den Paragrafen 108 111 Anweisungen wie mit Personen die Bier ausschenken verfahren werden soll Jedoch wird nicht erwahnt woraus Bier zu brauen ist 17 Entgegen der weit verbreiteten Auffassung einer Kontinuitat des Reinheitsgebots bestand die in der bayerischen Landesordnung von 1516 erlassene Brauvorschrift nur kurz Bereits ein herzoglicher Erlass von 1551 erlaubte Koriander und Lorbeer als weitere Zutaten bayerischer Biere und verbot dagegen ausdrucklich die Verwendung von Bilsenkraut und Seidelbast Die bayerische Landesverordnung von 1616 liess zudem Salz Wacholder und Kummel zur Bierproduktion zu 18 1548 erhielt der Freiherr von Degenberg das Privileg nordlich der Donau Weizenbier zu brauen obwohl Weizen gemass der bayerischen Landesordnung von 1516 zum Bierbrauen nicht zulassig war Als 1602 das Geschlecht der Freiherren von Degenberg ausstarb fiel das Privileg zum Weizenbierbrauen an den Herzog Maximilian I zuruck woraufhin dieser mehrere Weizenbierbrauhauser errichtete Weizenbier Bayerisches Weizenbier Heutige Rechtslage BearbeitenErst im Verlauf des 19 Jahrhunderts wurde das Verbot zur Bierherstellung andere Zutaten als Gerstenmalz und Hopfen zu verwenden in Bayern wieder gesetzlich verankert zum Beispiel im Landtagsabschied vom 10 November 1861 in der Aufhebung des Biertarifs vom 19 Mai 1865 und im Malzaufschlagsgesetz aus dem Jahr 1868 19 Nach der Grundung des Deutschen Kaiserreichs 1871 blieb die Gesetzeslage in den deutschen Staaten uneinheitlich Das Brausteuergesetz vom 3 Juni 1906 regelte fur das Gebiet der norddeutschen Brausteuergemeinschaft die Bierbereitung 20 Fur untergariges Bier waren Gerstenmalz Hopfen Hefe und Wasser als Zutaten zugelassen Fur obergariges Bier waren auch andere Malzsorten Rohr Ruben Invert Starkezucker und daraus hergestellte Farbstoffe sowie Sussstoffe fur obergarige Einfachbiere erlaubt Ausgenommen von diesen Regelungen war das Haus und Hobbybrauen bei dem Bier nur in geringen Mengen hergestellt wird Das Biersteuergesetz BierStG vom 9 Juli 1923 ubernahm die Regelungen von 1906 Ausserdem konnten Ausnahmen fur die Bereitung besonderer Biere und fur Biere die zum Export bestimmt waren gestattet werden Diese Ausnahmeregelungen galten jedoch nicht fur suddeutsche Brauereien in Bayern Baden und Wurttemberg Auch durften suddeutsche Brauereien Zucker und aus Zucker hergestellte Farbmittel nicht zur Bereitung obergarigen Bieres verwenden 21 Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in der Bizone mit Ausnahme von Bayern eine Zeit lang weitere Zusatzstoffe wie Kartoffelflocken Zuckerrubenschnitzel Hirse oder Zucker zugelassen 22 In der DDR regelte die TGL 7764 bis zur Wiedervereinigung am 3 Oktober 1990 welche Zusatzstoffe zum Brauen zugelassen waren Zugelassen waren neben Wasser Hopfen und Malz auch Gerstenrohfrucht Reisgriess Maisgriess Zucker Starkecouleur Natriumsaccharin Pepsinkonzentrat Milchsaure Salz Tannin Kieselgelpraparate und Ascorbinsaure In der Bundesrepublik Deutschland wurden mit dem Biersteuergesetz vom 14 Marz 1952 BGBl I S 149 die Regelungen des Biersteuergesetzes von 1923 neu gefasst In Bayern galt dagegen weiterhin das absolute Reinheitsgebot wonach die Verwendung von Zucker und von aus Zucker hergestellten Farbmitteln sowie von Sussstoff bei der Bereitung obergarigen Biers ausgeschlossen wurde 23 Auf Grund einer Klage der EWG Kommission 1984 entschied der Europaische Gerichtshof am 12 Marz 1987 dass das Verbot auslandische Biere die nicht nach den deutschen Regeln hergestellt wurden in Deutschland unter der Bezeichnung Bier zu verkaufen gegen die Warenverkehrsfreiheit des EWG Vertrages verstosst EuGH Rs 178 84 Slg 1987 1227 24 Die Beschrankung der Bezeichnung Bier auf Produkte die dem deutschen Reinheitsgebot entsprachen war nicht durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt weil dafur Kennzeichnungsregelungen ausreichend sind Daruber hinaus war das absolute Verkehrsverbot fur Biere mit Zusatzstoffen ungerechtfertigt weil es unverhaltnismassig und auch nicht nach Art 36 EWGV ex Art 30 EGV heute Artikel 36 AEUV zwingende Grunde des Gemeinwohls gerechtfertigt war Mit der Neufassung des Biersteuergesetz BierStG 1993 wurden die Regelungen des alten BierStG zur Bierherstellung und zum Reinheitsgebot als sogenanntes Vorlaufiges Biergesetz VorlBierG beibehalten und die einschlagigen steuerlichen Bestimmungen ubernommen Erlaubt wurde zudem die Verwendung von Hopfenextrakten sowie die Schonung des Bieres mit Hilfe von Polyvinylpolypyrrolidon 25 In 3 der Zusatzstoff Zulassungsverordnung von 1998 war die Zugabe von Farbstoffen verboten wenn das Bier unter der Bezeichnung nach deutschem Reinheitsgebot gebraut gekennzeichnet wurde Aktuell regelt 3 Lebensmittelzusatzstoff Durchfuhrungsverordnung diese oder gleichsinnige Angaben Das Gesetz wurde 2005 durch Art 7 Nr 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel und des Futtermittelrechts BGBl 2005 I Nr 55 aufgehoben Die Vorschriften uber die Bereitung von Bier sind gemass 1 Absatz 1 Nr 2 des Gesetzes uber den Ubergang auf das neue Lebensmittel und Futtermittelrecht weiterhin anzuwenden Gultig ist ferner die Durchfuhrungsverordnung zum Vorlaufigen Biergesetz welche Definitionen der Bierzutaten enthalt 26 Was als Bier bezeichnet werden darf regelt die Bierverordnung von 2005 27 Demnach ist die Einhaltung der im Vorlaufigen Biergesetz normierten Herstellungsvorschriften massgeblich Besonders strenge Vorschriften gelten nur noch fur die untergarige Bierherstellung in Deutschland fur den deutschen Markt Hersteller von importiertem Bier sind aufgrund des nach dem Urteil des Europaischen Gerichtshofes von 1987 angepassten deutschen Rechts nicht an diese Vorschriften gebunden auch deutsche Brauereien konnen davon abweichen wenn sie untergariges Bier fur den Export produzieren oder fur besondere Biere eine Ausnahmegenehmigung erhalten Was als Bier besteuert wird regelt 1 BierStG in Verbindung mit der europaischen Verordnung EWG Nr 2658 87 Literatur BearbeitenWie das Pier summer vnd winter aufhn lannd sol geschennckt werden In Das buch der gemeinen landpot Landsordnung Satzung vnd Gebreuch des Furstennthumbs in Obern vnd Nidern Bairn Jm Funftzehnhundert vnd Sechtzehendem Jar aufgericht Hans Schobser Munchen 1516 S 102 103 online Digitalisat der Bayerischen Landesordnung von 1516 der Bayerischen StaatsBibliothek Inv Nr 2 L impr membr 44 45 63 Karin Hackel Stehr Das Brauwesen in Bayern vom 14 bis 16 Jahrhundert insbesondere die Entstehung und Entwicklung des Reinheitsgebotes 1516 Technische Universitat Berlin 1988 DNB 891361030 Inaugural Dissertation Christian Ratsch Urbock Bier jenseits von Hopfen und Malz AT Verlag Aarau CH 1996 ISBN 3 85502 553 3 Erich Stahleder 500 Jahre Landshuter Reinheitsgebot In Jahrbuch der Gesellschaft fur Geschichte und Bibliographie des Brauwesens 1993 S 55 66 ISSN 0072 422X Carl Wendlern Der vollkommene Bierbrauer Oder kurzer Unterricht alle Arten Biere zu brauen Reprint Verlag Leipzig 1994 ISBN 3 8262 0201 5 Erstausgabe 1784 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Reinheitsgebot Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Deutsches Reinheitsgebot Bier Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien reinheitsgebot de Website des Deutschen Brauer Bund Klaus Rupprecht Reinheitsgebot 1516 In Historisches Lexikon Bayerns Bayerische Brautradition nach dem Reinheitsgebot ist immaterielles Kulturerbe Auf www bayerisches bier deEinzelnachweise Bearbeiten Birgit Speckle Streit ums Bier in Bayern Wertvorstellungen um Reinheit Gemeinschaft und Tradition Munchener Universitatsschriften Munchner Beitrage zur Volkskunde Band 27 Waxmann Verlag 2001 ISBN 3 89325 919 8 S 9 10 82 84 Birgit Speckle Streit ums Bier in Bayern 2001 S 9 10 222 Das Buech der gemeinen Landpot Landsordnung Satzung vnnd Gebreuch des Furstenthumbs in Obern vnnd Nidern Bairn Jm Funftzehenhundert vnnd Sechtzehendem Jar aufgericht Schobser Munchen 1545 Vierter Teil Blatt 36 verso Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek Von Gerstengebot bis Weizenbrauhaus Nurnbergs traditionsreiches Brauhandwerk auf nn de vom 9 Marz 2022 abgerufen am 9 Marz 2022 Jochen Sprotte Das Kontrollsystem des Nurnberger Rates uber die mittelalterlichen Brauer und deren Biere In Jahrbuch der Gesellschaft fur Geschichte des Brauwesens e V 2018 ISSN 1860 8922 S 233 290 hier 241 242 Eichstatts Braugebot aus dem Jahr 1319 auf www donaukurier de abgerufen am 24 April 2016 Kolner Brauerei Verband e V 3 Bier in Koln vor 1800 Abgerufen am 15 Oktober 2016 Michael Kirchschlager Thomas Stolle Lothar Freund Mario Pohle Reinheitsgebot 1434 Runneburg Weissensee Thuringen Abgerufen am 15 Oktober 2016 Im Artikel 12 der Statuta thaberna heisst es Zu dem Bier brauen soll man nicht mehr nehmen als soviel Malz als man zu den drei Gebrauen von dreizehn Maltern an ein Viertel Gerstenmalz braucht Es sollen auch nicht in das Bier weder Harz noch keinerlei andere Ungeferck Dazu soll man nichts anderes geben als Hopfen Malz und Wasser hophin malcz und wasser Markus Raupach Sensation Forscher entdecken BambergerReinheitsgebot Abgerufen am 25 April 2021 Katharina Unsin Simone Hausladen und Franziska Ehrenfeld 27 Jahre vor den Bayern Bambergs Reinheitsgebot Abgerufen am 25 April 2021 500 Jahre Reinheitsgebot Von wegen Einheitsgebot Abgerufen am 15 Oktober 2016 Karin Hackel Stehr Das Brauwesen in Bayern vom 14 bis 16 Jahrhundert insbesondere die Entstehung und Entwicklung des Reinheitsgebotes 1516 Inaugural Dissertation Berlin 1987 S 2449 Bier In Christian Ratsch Albert Hofmann Enzyklopadie der psychoaktiven Pflanzen Botanik Ethnopharmakologie und Anwendung AT Verlag 1998 ISBN 3 85502 570 3 S 733 f Eva Barlosius Soziologie des Essens eine sozial und kulturwissenschaftliche Einfuhrung in die Ernahrungsforschung Juventa Verlag 1999 ISBN 3 7799 1464 6 S 213 Franz Meussdoerffer Martin Zarnkow Das Bier Eine Geschichte von Hopfen und Malz C H Beck Verlag 2014 ISBN 978 3 406 66668 1 S 84 Peter Eichhorn Von Ale bis Zwickel Das ABC des Bieres 2011 ISBN 978 3 941784 13 0 S 12 13 Karin Hackel Stehr Das Brauwesen in Bayern vom 14 bis 16 Jahrhundert insbesondere die Entstehung und Entwicklung des Reinheitsgebotes 1516 Inaugural Dissertation Berlin 1987 S 2450 2472 Juristisches Gutachten fur den Bayerischen Brauerbund vom 21 August 1954 nbsp Wikisource Brausteuergesetz Deutsches Reich 1906 Quellen und Volltexte Holger Gerstenberg in Walter Zipfel Olaf Sosnitza Kurt Dietrich Rathke Hrsg Lebensmittelrecht Vorlaufiges Biergesetz Vorb Rn 9 136 EL 2009 Der bayerische Sussbierkrieg In Die Zeit 28 Dezember 1962 Bekanntmachung uber Biersteuer Memento vom 26 August 2014 im Webarchiv archive today auf gesetze bayern de EuGH Rs 178 84 vom 12 Marz 1987 Reinheitsgebot fur Bier Memento vom 30 April 2005 im Internet Archive Vorlaufiges Biergesetz In Bundesgesetzblatt 1993 Teil I S 1400 online auf archiv jura uni saarland de BGBl Modellprojekt Teil I und Teil II Oktober 1990 bis Dezember 1997 Verordnung zur Durchfuhrung des Vorlaufigen Biergesetzes BierV nichtamtliches Inhaltsverzeichnis Abgerufen am 15 Oktober 2016 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4177585 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reinheitsgebot amp oldid 237635544